Deshalb kann ich nur sagen: Nicht nur der SPD fehlt wohl Wolfgang Clement in ihrer Programmatik. Auch der Union fehlen Wirtschaftspolitiker wie Wolfgang Clement, die endlich wieder marktwirtschaftliche Ideen und Programmatik in der Union beheimaten. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch der FDP fehlen inzwischen gute Leute, wie sie sie früher gehabt hat. Aber das ist weniger unser Problem, das ist mehr ihr Problem.
Es gibt ein viel größeres Problem, das die FDP hat. Die FDP hat das Problem damit, die Lebensleistung von Menschen anzuerkennen, die 45 Jahre gearbeitet haben.
Meine Damen und Herren, das ist der eigentliche Skandal in diesem Hause. Das wird aus Ihrem Antrag deutlich. Es ist wieder einmal der Untergang des Abendlandes und mit ihm des gesamten hessischen Handwerks und des hessischen Mittelstandes. Aber im Ernst: Das kommt uns alles gar nicht neu vor. Das haben wir alles schon einmal debattiert.
Ich erinnere mich sehr genau an das Zeter und Mordio, das in diesem Hause geschrien worden ist, als es um die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes ging. Es ging darum, hier die Arbeitnehmerfreizügigkeit neu zu regeln und die Leiharbeit einzudämmen. Ich habe Ihnen damals ganz getreu der Joghurtreklame versprochen: Früher oder später kriegen wir auch Sie auf dieser Seite des Hauses. – Ich stelle fest: Ich habe Wort gehalten.
Ich will Ihnen eines sagen: Es gibt in Deutschland ganz viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die uns danken werden, dass wir das in Berlin gemeinsam mit der CDU eingeführt haben, damit sie endlich abschlagsfrei nach 45 Jahren Arbeit in Rente gehen können.
Es hilft da auch nichts, dass hier ein Schreckensszenario aufgebaut wird. Herr Kollege Rentsch, wir sollten uns in aller Ruhe einmal die Fakten anschauen. Dann stellen wir erst einmal fest, dass bis zum Stand 2012 in der Bundesrepublik Deutschland etwa 39 % – umgerechnet sind das 257.000 Menschen – früher als mit 63 Jahren schon in Rente gegangen sind, und zwar mit Abschlägen.
Aus den vorhandenen Daten lässt sich recht verlässlich errechnen, dass mit der Einführung der Rente mit 63 Jahren etwa 200.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Anspruch hätten, abschlagsfrei in Rente zu gehen. Wir wissen aber aus den Erhebungen sehr genau – auch die sind relativ verlässlich –, dass das maximal ein Viertel davon in Anspruch nehmen wird.
Herr Kollege Rentsch, im Klartext heißt das: Es werden keinesfalls 200.000 Menschen zusätzlich früher in Rente gehen, wie Sie oder manch anderer uns glauben machen will. Fakt ist aber, dass weniger Menschen einen Abschlag in Kauf nehmen müssen. Das ist das Entscheidende für uns.
Jetzt beleuchten wir einmal ganz kurz das angeführte Argument, durch die Neuregelung würde der Frühverrentung Tür und Tor geöffnet. Fakt ist, dass schon heute nach altem Recht diese zweifelhafte Möglichkeit bestanden hätte. Herr Rentsch, dieser Logik folgend, müssten das hessische Handwerk und der hessische Mittelstand schon längst ernsthaft Schaden genommen haben.
Das ist aber nicht eingetreten. Es gibt gute Gründe, warum in der Vergangenheit nur unwesentlich versucht wurde, diese Möglichkeit zu nutzen. Das war gerade wegen des drohenden Fachkräftemangels.
Gott sei Dank ist inzwischen eine Wandlung eingetreten. Immer mehr ältere Arbeitnehmer, als es noch vor wenigen Jahren der Fall war, bleiben im Arbeitsprozess, weil auch die Arbeitgeber erkannt haben, dass das wertvolle Arbeitskräfte sind, und zwar auch dann, wenn sie über 60 Jahre alt sind.
Zum anderen wäre eine solche befürchtete Praxis für beide Seiten, also für die Arbeitnehmer und auch für die Arbeitgeber, relativ kostspielig. Es würde zu Einbußen durch Bezug des Arbeitslosengeldes kommen. Es würde eine geringere Rente auch infolge der niedrigeren Rentenbeiträge während der Zeit der Arbeitslosigkeit geben. Es käme zu Einbußen durch Sperrfristen. Die Arbeitgeber hätten auf der anderen Seite nicht weniger kostspielige Abfindungen zu zahlen. Jetzt frage ich Sie ernsthaft: Wer will das in Kauf nehmen? – Die Realität sieht inzwischen ganz anders aus.
Man erkennt also sehr schnell, dass das von Ihnen befürchtete Unheil so nicht eintreten wird. Ich glaube, das Gegenteil ist sogar der Fall. Ihre Argumente sind nach einer Betrachtung sogar geradezu unlogisch.
Wenn Sie schon so große Sorgen haben, dass das hessische Handwerk und der Mittelstand zunehmend unter Fachkräftemangel leiden werden, dann machen Sie doch endlich einmal eines: Helfen Sie uns doch endlich dabei, das Übel an der Wurzel zu packen. Schauen Sie einfach einmal in den Fachkräftebericht hinein, der vor eineinhalb Jahren erstellt worden ist. Helfen Sie uns endlich einmal dabei, mehr Betreuungsplätze zu schaffen, damit die Frauen wieder in den Arbeitsprozess zurückkehren können.
Helfen Sie uns dabei, arbeitslose qualifizierte behinderte Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten könnten, in diesen hineinzubringen. Helfen Sie uns dabei, dass junge Menschen wieder mehr Chancen bekommen, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Das sind die eigentlichen
Ich bin sehr gespannt, wie sich diese Seite des Hauses zu dem Antrag verhalten wird. Ich will nur sagen: Im Koalitionsvertrag ist das festgehalten. – Ich frage mich: Gilt auch in Hessen „pacta sunt servanda“? – Schauen wir einmal.
Wenn es irgendwo klemmt, haben wir für diesen Fall unseren Friedensrichter Günter Rudolph. Der wird Ihnen dann dabei helfen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Neuauflage der Großen Koalition nahm gerade ihre Arbeit auf und startete gleich eine riesige PR-Kampagne für die sogenannte Rentenreform. Allein diese Werbung hat gut 1 Million € gekostet. Das will ich an der Stelle auch einmal erwähnen.
Schaut man sich aber die Details dieser sogenannten Rente ab 63 Jahren an, sieht man, dass leider nicht allzu viel dahintersteckt. Das hat vor allem diesen Grund: Nur sehr wenige Menschen könnten überhaupt in den Genuss der Rente ab 63 Jahren kommen. Deutschlandweit kamen im Jahr 2012 nur etwa 10.000 Männer und 2.000 Frauen beim Renteneintritt auf 45 Beitragsjahre. Das ist nicht einmal ein Zehntel eines Rentenjahrgangs.
Von diesem kleinen Kreis können dann gerade einmal vier Geburtenjahrgänge, nämlich die von 1949 bis 1952, die Rente mit 63,0 Jahren in Anspruch nehmen. Danach erhöht sich nämlich das Renteneintrittsalter mit jedem Jahrgang um zwei Monate.
Das heißt also: Alle heute unter 50-Jährigen gucken in die Röhre. Für sie gibt es keine Rente ab 63.
Die Rente ab 63 Jahren, so wie sie die Große Koalition auf den Weg gebracht hat, ist also eine Mogelpackung, die nur sehr wenigen Menschen Verbesserungen bringen wird. Sie wird groß beworben. Aber es steckt leider sehr wenig dahinter.
Der Irrweg der Rente ab 67 Jahren wird parallel weiter beschritten. Immer wieder bezeichnend ist, dass, wenn man Befürworter der Rente ab 67 Jahren fragt, ob das für den Dachdecker gelten soll, immer gesagt wird: Nein, für den natürlich nicht. – Wenn man nach der Erzieherin fragt, wird gesagt: Nein, für die natürlich auch nicht.
Bei Krankenschwestern, Altenpflegern oder Straßenwärtern ist es kaum vorstellbar, dass diese Menschen bis ins hohe Alter hinein körperlich schwer arbeiten und das dann auch noch im Schichtdienst tun. Nach einer Umfrage der IG Metall rechnen beispielsweise fast 70 % der Beschäftigten im Baugewerbe nicht damit, dass sie bis zur Erreichung
Für die meisten Menschen ist die Rente ab 67 Jahren also eine Rentenkürzung. Das betrifft besonders die Menschen, die zu Niedriglöhnen gearbeitet haben und die ohnehin durch Erwerbslosigkeit eine geringere Rente zu erwarten haben. Wenn man diesen Menschen auch noch erzählt, sie sollten doch privat für ihr Alter vorsorgen und ihr Geld irgendwie an den Kapitalmärkten vermehren, dann halte ich das einfach nur für zynisch.
Das Ganze wird dann noch ungerechter, wenn man sich im Vergleich dazu einmal anschaut, wie die Altersversorgung der Abgeordneten aussieht, die für andere die Rentenkürzung beschließen. Ich will auch noch erwähnen, dass es der Großen Koalition offensichtlich ein dringlicheres Anliegen war, sich erst einmal die Diäten um 10 % zu erhöhen, als endlich den gesetzlichen Mindestlohn einzuführen.
Die Rente ab 67 Jahren führt direkt in die Altersarmut. Das haben die Gewerkschaften immer wieder scharf kritisiert. Die Zugeständnisse, die jetzt für einen sehr kleinen Personenkreis gemacht werden, sollen davon einfach nur ablenken.