Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! – Herr Minister, Sie bekommen da Lob, wo Sie es verdient haben. Da, wo Sie kein Lob verdient haben, bekommen Sie auch keines. Keine Sorge.
Wir freuen uns über die Zuwächse in Hessen, die wir sechs Jahre hintereinander im Tourismus zu verzeichnen hatten. Es ist richtig – uns brauche ich das nicht zu erzählen: Hessen ist eine Reise wert –, dass es gute Gründe hat, warum Menschen bei uns ihre Freizeit, ihre Kurzurlaube und vieles andere mehr verbringen. Wobei natürlich der Teil der beruflich bedingten Übernachtungen laut den Statistiken besonders groß ist. Wir nutzen Hessen also nicht nur für den Urlaub, sondern auch zum Arbeiten.
Herr Minister, Sie haben völlig zu Recht in Ihrer Pressekonferenz in der letzten Woche mitgeteilt, dass das Potenzial, das wir in Hessen haben, sehr groß, aber bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Auf die Frage, wie wir dorthin kommen, komme ich gleich.
Wenn wir Steigerungsraten haben – Frau Wolff hat schon einige Zahlen genannt, vor allem woher wir diese Zuwächse generieren konnten, nämlich gerade von den ausländischen Zielmärkten –, dann ist es für uns auch für die Zukunft wichtig, dort weiterzuarbeiten. Bei 220.000 Arbeitsplätzen, die direkt oder indirekt vom Tourismus abhängen, ist es notwendig und richtig. Gerade im ländlichen Raum ist der Tourismus ein wichtiges Beschäftigungsfeld.
Die vier Maßnahmen, die wir als Land Hessen beschreiben, die der Marketingbeirat mit entwickelt hat, also die Bereiche Stadt, Land, Wellness und Tagen, sind in dieser Fokussierung notwendig. Wenn ich mir aber dann anschaue, wie wir als Land auftreten, dann stelle ich fest, wir beschränken uns insbesondere in der Außendarstellung – das sieht man auch an der Pressekonferenz – auf Stadt und Tagen. Die Stadt Frankfurt und die Stadt Wiesbaden waren dabei, aber nicht das Lahntal, nicht die Grimmheimat Nordhessen, nicht der Vogelsberg, nicht die Rhön, nicht der Odenwald und, und, und.
Diese vier Teilbereiche sind richtig beschrieben. Bei der Pressekonferenz haben Sie dargestellt, dass etwas für den ländlichen Raum getan werden müsse. Warum haben Sie niemanden aus dem ländlichen Raum dazugeholt, der sagt, was der Tourismus im ländlichen Raum machen kann? Der ländliche Raum wird in Hessen offensichtlich durch Frankfurt und Wiesbaden vertreten.
Natürlich hat Frankfurt mit einem Viertel der Übernachtungen den größten Anteil. Natürlich ist es wichtig, auf diese Zugpferde zu setzen, mit ihnen zu kooperieren und deutlich zu machen, wo unsere Schwerpunkte sind. Herr Minister, wenn Sie in Ihrer Pressekonferenz feststellen, dass traditionelle Tourismusdestinationen in Hessen eben nicht von den Aufschwüngen der letzten Jahre profitiert haben, wie das Wiesbaden, Frankfurt und andere konnten, dann muss Landespolitik doch irgendwann einmal eine Situation nicht nur beschreiben, sondern Antworten geben, was sich dort konkret tun kann. Das ist doch Ihre Aufgabe.
Diese Präsentationen sind richtig und wichtig, auch die Außenwerbung für Hessen als Tourismusland. Nicht jeder verbindet unser Land mit der Vorstellung als Tourismusstandort. Kollegin Wolff hat völlig recht, das ist richtig und notwendig. Wir sind sehr gespannt, wie sich der Auftritt des Landes Hessen bei der ITB in Berlin verändert hat. Also weg von der Darstellung: Hessen, das sind Frankfurt und ein paar Städte, und dann kommt der Rest. – Es sollte stattdessen dargestellt werden, was wir in unserer Vielschichtigkeit alles haben. Wir hätten das mit dem Tourismusbeitrag letztes Jahr hinbekommen, wenn Sie es nicht in die allgemeine HGO-Novelle hineingequetscht hätten. Das hatte dort nämlich überhaupt nichts zu suchen. Er ist notwendig in der Finanzierung.
Vergessen Sie aber dabei bitte die Kurorte nicht, weil Sie schon in einer ganz anderen Problematik sind. Sie haben, auch in der Art ihrer Finanzierung, andere Qualitätsanforderungen und Standards. Wenn ich das Thema Wellness und Gesundheitstourismus insgesamt aufziehe, dann müssen Kurorte eine besondere Berücksichtigung finden.
Elf Destinationen in Hessen: Überall reden wir davon, wie wir diese Ebene finanzieren. Mit dem Drei-Ebenen-Modell ist es völlig richtig beschrieben, wie wir arbeiten wollen. Wenn man in den Destinationen nachfragt, wie die Arbeit funktioniert und wie die Finanzierung aussieht, dann lautet die Antwort immer wieder: Das machen Städte, Landkreise und Gemeinden. Das läuft unter der Überschrift „freiwillige Ausgaben“.
Dann kommt der andere Minister und sagt: Freiwillige Ausgaben sind zu kürzen, wo es nur geht. Geld habt ihr von uns nicht zu erwarten, ihr müsst aber sehen, wie ihr mit euren Zahlen hinkommt.
Man könnte das vor Ort auch anders organisieren. Das, was dem Touristen zugutekommt, kommt den Bürgerinnen und Bürgern ebenso zugute. Wenn ich aber die Axt daran lege, dass mittel- und langfristige Potenziale sich überhaupt entwickeln und gehoben werden können, dann sind wir bei der Frage, wie sich die Destinationsebenen so aufstellen können, dass sie langfristig finanzierbar sind, dass sie mitfinanziert werden. Dann ist es nicht ausreichend, nur zu sagen: Es ist alles gut und richtig.
Herr Präsident, damit komme ich zum Schluss. Alles in allem ist Hessen ein Tourismusland, auch wenn es nicht jeder auf den ersten Blick sieht. Wir haben Potenziale. Es wäre aber an der Zeit, dass das Land neben den Beiträgen wie Beratung, wie Unterstützung, wie kostenfreie Zertifizierungen die Themen nicht nur beschreibt und anschieben will, sondern wirklich bei der Umsetzung hilft, damit nicht diejenigen vor Ort die Arbeit machen müssen, um ihr Marketing hinzubekommen. Dabei ist auch das Land Hessen gefordert. Gerade wenn ich den Blick in den ländlichen Raum werfe, stelle ich fest, wir haben noch viel Arbeit vor uns. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir uns in diesem Haus einig darüber sind, dass Hessen ein schönes Land und eine Reise wert ist. Das ist es auch tatsächlich. Das hat sehr viel mit einer wunderbaren und vielfältigen Landschaft zu tun, das hat sehr viel mit den Menschen in Hessen zu tun, die sich große Mühe geben, gastfreundlich zu sein, die Schönheiten ihrer Region darzustellen und in ihren Dörfern, Städten und Gemeinden dafür zu sorgen, dass es attraktive Punkte gibt, die es lohnt zu besuchen, dass es Wellness gibt, die historische Bausubstanz erhalten wird, man flusswandern kann, es Radwege gibt etc. etc.
Das hat aber relativ wenig mit der Landesregierung zu tun. Tatsächlich gibt es eine Tourismusförderung, die in diesem Land von Jahr zu Jahr abgeschmolzen wird. Wenn die Zahlen der Besucher trotzdem steigen, dann liegt es doch eher daran, dass Hessen für Besucher attraktiv ist und die Kommunen vor Ort dafür Sorge tragen, dass die Besucher kommen. Es liegt weniger daran, dass sich die Landesregierung dafür loben kann, dass sie sich ein Bein für die Tourismusförderung ausreißt. Das tut sie nämlich nicht.
Wir haben die Hessen-Agentur. Die Hessen-Agentur weist auf acht Stellen hin, wo man wunderbar Kanu fahren kann. Sie hat einen eigenen Link dafür, wo das Kanufahren beschrieben wird.
Ich möchte aus einer Kleinen Anfrage von Herrn Kollegen Warnecke aus dem letzten Jahr zitieren. Er hat danach gefragt, wie der Wassersport im Bereich der Werra gefördert wird. Dort steht unter Frage 2:
Mit welchen Mitteln wurde in den zurückliegenden zehn Jahren die Unterhaltung oder der Bau von Einrichtungen für den Wassersport durch das Land Hessen in bezeichnetem Flussabschnitt finanziert?
Das Land Hessen hat in den zurückliegenden zehn Jahren keine Sportfördermittel für den Bau von Einrichtungen für den Wassersport des Flussabschnitts …
Die Pflege und Wartung erfolgt in der Regel durch die Kommunen; sie ist nicht einheitlich geregelt. Verpflichtungen seitens der Betreiber oder Gemeinden bestehen laut den dem HMdIS vorliegenden Informationen nicht.
Das heißt, es ist der Kommune überlassen, ob sie es tut oder nicht, und das Land tut es schon einmal gar nicht. Und dann stellt man sich hierhin und sagt: Wir sind klasse. – Ich weiß nicht, wer da tatsächlich klasse ist. Es sind doch eher die Kommunen vor Ort.
Dann können wir auch noch die EU loben. Das wollen wir an dieser Stelle auch gerne tun; denn damit kommen Sie zu dem Kern des Problems,
dass nämlich ein erheblicher Teil der Mittel, die vonseiten des Landes fließen, gar keine Landesmittel, sondern in Wahrheit EU-Mittel sind. Das heißt, der Anteil, den das Land in die Tourismusförderung gibt, schmilzt noch sehr viel stärker ab, weil er zu einem großen Teil aus EU-Mitteln generiert wird. Das Land hat also überhaupt keinen Anlass dafür, zu sagen: „Wir loben uns hier und heute“; denn was das Land tut, ist nur: Es zeigt einen Messestand – zu dem wir nicht hin können, wie wir gerade gehört haben –, und es gibt eine Presseerklärung heraus, wie toll es sei. Damit ist das, was von der Landesregierung für die Infrastruktur des Tourismus in diesem Land getan wird, so gut wie erschöpft. – Das ist es nicht wert, hier eine Aktuelle Stunde dazu zu vergeben, meine Damen und Herren. Ich habe noch einmal nachgeschaut: In der Geschäftsordnung steht, die Fraktionen „können“ eine Aktuelle Stunde beantragen, da steht aber nicht, sie müssten.
Ich glaube allerdings, dass Sie es sich gut überlegen sollten, ob wir nicht wirklich über Tourismus in der Art und Weise reden sollten, was in diesem Land noch getan werden könnte, um ihn zu fördern, und wo man die Kommunen unterstützen müsste.
(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)
Wenn eine Kommune wie Bad Sooden-Allendorf darüber nachdenkt, ob sie die Blumenbeete im Kurpark mit Grassamen einstreut, weil sie sich die Blumen nicht mehr leisten kann, zeigt das die Situation der Orte, die in erheblichem Maße vom Tourismus leben. Hier sollten Sie sich einmal an die Nase fassen: Blumenbeete mit Gras einsähen, weil kein Geld mehr für die Unterhaltung da ist, weil man sich weder die Bepflanzung noch die Gärtner leisten kann, und das ist einer Kurstadt – das ist das, was Hessen geschafft hat.
(Holger Bellino (CDU): Reden Sie doch einmal zum Tourismus in der ehemaligen DDR! Das ist ja unterirdisch!)
Schauen Sie sich einmal Bad Karlshafen an. Schauen Sie sich einmal diese architektonische Perle an, die dort zerfällt und die in einem ganz, ganz großen Ausmaß gefördert werden müsste, weil es nämlich in ein paar Jahren nicht mehr möglich sein wird, dort noch irgendetwas zu retten. Schauen Sie sich in dem Zusammenhang auch einmal die Wahlergebnisse dort an.
(Holger Bellino (CDU): Entspannen Sie sich doch einmal! Leute wie Sie schaden Hessen! – Zuruf des Abg. Armin Schwarz (CDU))