Protocol of the Session on February 4, 2016

Ich ringe noch nach Worten, um überhaupt fassen zu können, was ich gerade gehört habe. Ich werde aber noch darauf eingehen.

Ich will an erster Stelle deutlich betonen: Es ist ausgesprochen erfreulich, dass wir in Hessen den Rekordkurs auf dem Arbeitsmarkt fortsetzen konnten und im Jahre 2015 den niedrigsten Stand an Arbeitslosen sei 23 Jahren gehabt haben. Eine bemerkenswerte Zahl an dieser Stelle ist, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten überproportional auf 2,35 Millionen angestiegen ist. Dieser Zuwachs hat vor allem in kleinen und mittleren Betrieben stattgefunden. Laut Aussage der Bundesagentur für Arbeit bewegt sich auch die Nachfrage nach Arbeitskräften in Hessen aktuell auf einem Rekordniveau.

Man kann natürlich mit Fug und Recht fragen, ob Hessen von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Bundes profitiert und man sich in Hessen der Herausforderungen überhaupt angenommen hat. Natürlich ist die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes nicht losgelöst von der konjunkturellen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland zu sehen.

Selbstverständlich bemühen wir uns im Rahmen unserer Möglichkeiten – das gilt meiner Meinung nach ebenso für die vorangegangenen Landesregierungen und deren Wirtschafts- und Sozialminister wie auch für die aktuelle Regierung –, Rahmenbedingungen in unserem Land zu herzustellen, die ein Investitionsklima erzeugen, Arbeitsplätze schaffen und das Wirtschaften ermöglichen. Daneben müssen wir uns intensiv um diejenigen kümmern, die Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben, sei es, weil sie schwer vermittelbar sind, Fortbildungsbedarf haben oder längere Zeit arbeitslos sind.

Deswegen will ich als der für die Zielsteuerung von 16 kommunalen Jobcentern in Hessen zuständige Ressortminister an dieser Stelle deutlich sagen: Es freut mich ganz besonders, dass insbesondere die Integrationsquoten hier überdurchschnittliche Werte im Vergleich zum Bund und zu Westdeutschland aufweisen. Das hat sehr wohl etwas mit Landes- und nicht mit Bundespolitik zu tun. Es ist die Frage, wie wir das angehen und inwiefern wir beim Abschluss von Zielvereinbarungen mit den Jobcentern eine spezielle Personengruppe berücksichtigen und letztlich auch in den Arbeitsmarkt integrieren können.

Bei der allgemeinen Integrationsquote der SGB-II-Bezieher sowie der Alleinerziehenden steht Hessen im Vergleich zu Westdeutschland auch überdurchschnittlich gut da. Deshalb ist der Rückgang der Zahl der Langzeitarbeitslosen in Hessen um 3,2 % gegenüber dem Vorjahresmonat im Vergleich zum Bundesschnitt ein Hoffnungszeichen. Das heißt nicht, dass wir uns damit zufriedengeben dürfen. Deswegen legen wir eigene Programme auf. Ich muss sehr deutlich sagen: Das Programm, das wir aufgelegt haben, hat in Hessen eine unglaubliche Resonanz gefunden. Es ist abgesichert durch das Sozialbudget für Langzeitarbeitslose mit verschiedenen Vermittlungshemmnissen und hat eine sehr kurze Ausschreibungsfrist – wohlgemerkt: von September bis November letzten Jahres.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Wir haben mehr Anträge gehabt, als wir bedienen können. Wir werden – abgesichert über das Sozialbudget – 7 Millionen € in die Hand nehmen und uns kommunal- und trägerübergreifend mit Unternehmen zusammensetzen, um uns speziell der Zielgruppe der Langzeitarbeitslosen zu widmen und ihnen eine Chance der Integration in den Arbeitsmarkt zu geben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man das im Ländervergleich unter Hinzuziehung der ifo-Prognose sieht, dann geht man auch in Zukunft von einer positiven Beschäftigungsentwicklung in Hessen aus. Dafür spricht auch die Konjunkturabteilung der Helaba, die für Hessen mit einem höheren Wirtschaftswachstum als im Bund rechnet.

Wenn wir nicht nur die Arbeitsmarktdaten, sondern auch die Kraft und Dynamik der hessischen Wirtschaft betrachten, muss man feststellen, dass genau das Zusammenspiel zwischen Landesregierung und Wirtschaft für den Erfolg verantwortlich ist. Hessen ist für ausländische Investoren und inländische Gründer unverändert attraktiv. Wir sind, hinter den Stadtstaaten, nach wie vor Gründerland Nummer eins. Unter den Rahmenbedingungen, die wir in Hessen selbst gestalten können, legen wir bei der Infrastruktur, den Hochschulen, der Qualifizierung von Arbeitskräften und dem Technologietransfer Daten vor, die sich im bundesweiten Vergleich mehr als sehen lassen können.

Das ist nicht nur abstrakt, das kann man an verschiedenen Daten sehen. Wenn Sie beispielsweise die Patentstatistik anschauen, werden Sie feststellen, dass wir in Hessen einen deutlichen Vorsprung gegenüber anderen Bundesländern haben.

Herr Minister, ich erinnere Sie sehr freundschaftlich an die Redezeit.

Das stärkt uns den Rücken, damit wir die Herausforderungen der Zukunft auch bestehen können.

Herr Kollege Rock, wenn Sie sich die Veröffentlichungen der Agentur für Arbeit in Hessen angesehen haben, dann werden Sie festgestellt haben, dass die Flüchtlinge auf dem hessischen Arbeitsmarkt noch überhaupt nicht angekommen sind. Sie finden sich dort noch überhaupt nicht wieder.

Aber obwohl wir das genau wissen, haben wir uns schon im November letzten Jahres dazu entschieden, in dem Aktionsplan zur Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts sowohl die Mittel aus dem Wirtschaftsministerium als auch die des Sozialministeriums um mehrere Millionen Euro zu steigern – um Sprachqualifikationen zu ermöglichen, Integration und Ausbildung von jugendlichen Ausländern, Flüchtlingen und Asylbewerbern, auf den Weg zu bringen, um alltagsintegrierte Sprachkurse anbieten zu können, und zwar beginnend mit der Erstaufnahme, nicht erst ab der Zuweisung. Bei den Zielvereinbarungen mit den Kommunen haben wir mehr als 10 Millionen € zusätzlich investiert, speziell mit der Zielrichtung, für Jugendliche, Flüchtlinge und Asylbewerber, einen Weg zu finden, sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die werden auch gut angenommen.

Wer sich dann hierhin stellt und erklärt, an dieser Stelle würde keine Vorsorge getroffen und nichts gemacht, der weiß nicht, wovon er redet. Das ist eigentlich schade.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Rentsch, FDPFraktion, für zweieinhalb Minuten.

Herr Präsident! Herr Staatsminister Grüttner, ich hätte es mir gewünscht, dass Sie an einem solchen Tag vom Rednerpult aus auch einmal über die Herausforderungen sprechen, denen wir uns gegenübersehen.

Dass Sie sich in einer solchen Situation selbst loben, ist in Ordnung. Das ist auch legitim. Wahrscheinlich wird das jede Landesregierung in dieser Situation tun.

(Zuruf des Abg. Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber es gibt doch eine Reihe von Umständen, die die Hessische Landesregierung auch zum Nachdenken anregen sollten. Ich hätte mir gewünscht, wir würden davon auch etwas hören, wenn z. B. ein Unternehmen wie SGL Carbon im Industriepark Griesheim schließt – und damit möglicherweise der gesamte Industriepark infrage steht –, weil SGL die Energiepreise nicht mehr zahlen kann. Ich hätte gerne einmal etwas von Ihnen zu der Frage gehört, wie wir

wirkliche Integration von Flüchtlingen – die ja jetzt im Arbeitsmarkt ankommen, das haben Sie selbst gesagt – ermöglichen. Das sind nicht nur landespolitische Themen. Aber z. B. das, was der Sachverständigenrat der Bundesregierung vorgeschlagen hat, nämlich die Ausnahmen bei den Langzeitarbeitslosen beim Mindestlohn auch auf Flüchtlinge zu übertragen – warum wird so etwas nicht von der Landesregierung unterstützt? Das sind Themen, die uns interessieren.

(Beifall bei der FDP)

In einer Situation, in der wir einen Rekordzins haben, der so niedrig ist wie selten zuvor, in der wir einen Ölpreis haben, der so niedrig ist wie selten zuvor, in der wir Exportgewinne – auch durch die Währung – haben, weil der Euro so steht, wie er steht, kann man doch nicht sagen, dass das Wirtschaftswachstum in der Bundesrepublik für uns Maßstab sein darf, wenn es darum geht, die Leistung von Hessen zu definieren. Ganz im Gegenteil, Herr Kollege Grüttner, wir müssen doch darüber diskutieren, was wir jetzt tun können, um die Konjunktur weiterhin gut am Laufen zu halten. Dazu braucht es doch jetzt Antworten.

Bei aller Liebe und bei dem, was ich auch gerade wieder in dieser Debatte gehört habe: Der Mindestlohn hätte keine Auswirkungen. Ich empfehle einmal das Gutachten des Walter Eucken Instituts zu diesem Thema, Prof. Feld, der sich damit gründlich auseinandergesetzt hat. Natürlich haben wir zurzeit eine Steigerung der Lohnstückkosten, auch aufgrund des Mindestlohns. Natürlich erleben wir in Deutschland, aber auch in Hessen, dass die Investitionen des Landes, aber auch die auf privater Ebene zurückgehen. Wo sind denn darauf die Antworten der Landesregierung?

(Beifall bei der FDP)

Dass Sie als Landesregierung in einer Situation, in der das Land so viele Steuermittel zur Verfügung hat wie niemals zuvor, die Investitionen des Landes zurückfahren, das ist eine Unverschämtheit und zeigt, dass Sie definitiv an der falschen Stelle die Schwerpunkte setzen. Das ist das Problem dieser Landesregierung.

(Beifall bei der FDP)

Ja, loben Sie sich selbst. Das ist auch legitim. Ich kann auch nicht alles, was Sie tun, als falsch erachten, ganz im Gegenteil. Aber ich hätte mir gewünscht, dass es in dieser Debatte auch einmal den Blick nach vorne gibt. Denn die Probleme, mit denen sich Hessen zu beschäftigen hat, sind relativ massiv. Ich will dazu nochmals das Beispiel Industriepark Griesheim aufführen: SGL ist eines der zentralen Unternehmen dieses Industrieparks gewesen. Wenn die gehen, hat das Nachwirkungen. Dass von dieser Landesregierung noch nicht einmal in einer solchen Debatte etwas dazu gesagt wird, das ist ein Armutszeugnis – bei aller Liebe.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Rentsch. – Wir sind am Ende der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 53.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 55 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Regierung Bouffier schafft schlechte Rahmenbedingungen bei K+S für Erhalt der Wirtschaftskraft und der Arbeitsplätze in der Region – erst Entzug der

Versenkerlaubnis, dann Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, im Anschluss sofortige Klage des BUND und jetzt auch noch neue Debatten um Oberweserpipeline) – Drucks. 19/3089 –

Im Anschluss an diese Aktuelle Stunde stimmen wir ab über den Tagesordnungspunkt 63:

Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine umweltfreundliche Kaliproduktion ist möglich – Hessen muss seine Wirtschaftspolitik zulasten unserer Umwelt und anderer Bundesländer korrigieren – Drucks. 19/3103 –

In der Aussprache beginnt Kollege Lenders, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Vergangenheit haben wir uns schon oft mit dem Vier-Phasen-Plan beschäftigt, der die Abwässerproblematik bei Kali + Salz lösen soll. Wir haben uns einigermaßen darauf verlassen, dass – wie das die Frau Staatsministerin Hinz immer vorgetragen hat – das in Abstimmung mit den anderen Ländern geschieht.

Meine Damen und Herren, dann aber lesen wir in einer dpa-Meldung vom 31. Januar, dass der Umweltminister der GRÜNEN aus Niedersachsen

(Florian Rentsch (FDP): Das gibts doch gar nicht!)

dass die in Niedersachsen ein eigenes Interesse haben, ist schon klar – den Regierungspräsidenten in Kassel schwer angreift, der wieder einmal dazu herhalten muss, um die Politik der Landesregierung zu verteidigen. Da heißt es dann: Das sei nicht akzeptabel und stehe im Widerspruch zu der bisherigen Vereinbarung – so der dortige Umweltminister Stefan Wenzel von den GRÜNEN.

Meine Damen und Herren, als Landesregierung müssen Sie uns dann auch schon einmal erklären, woraus sich denn jetzt diese Widersprüche ergeben, welches die bisherigen Vereinbarungen waren. Bis dato hatten wir den Eindruck, dass es immer eine Abstimmung unter den Bundesländern gegeben hätte. Das aber scheint offensichtlich nicht der Fall zu sein.

(Beifall bei der FDP)

Weiter wird der GRÜNEN-Minister aus Niedersachsen zitiert, dass er unter diesen Voraussetzungen dem Wirtschaftsplan nicht zustimmen könne. Meine Damen und Herren, das lässt uns dann doch sehr hellhörig werden, vor allen Dingen auch deshalb, weil wir in der letzten Sitzung des Umweltausschusses einen gewissen – so will ich es einmal sagen – Tenorwechsel der GRÜNEN-Abgeordneten Erfurth hören durften, was die Oberweserpipeline anbelangt.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was? – Gegenruf des Abg. Florian Rentsch (FDP): Ja, so ist es!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, Frau Staatsministerin Hinz, das, was Sie hier machen, ist am Ende die Vorbereitung eines Wahlbetrugs – zumindest ist das eine Irreführung des Wählers.

(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der CDU – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Dorn, der Verzicht, den Sie hier jetzt skizzieren – dass man auf die Oberweserpipeline verzichten könnte –, entbehrt jeder Grundlage und widerspricht allen Diskussionen, die wir in den letzten Monaten übereinstimmend in den Fraktionen hier geführt haben.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))