Protocol of the Session on December 17, 2015

Zum anderen wurden die Mittel innerhalb der Hochschulen teilweise sehr unterschiedlich auf die Fachbereiche verteilt. Man braucht sich z. B. nur das finanzielle Gefälle zwischen den Fachbereichen anzuschauen. Deswegen haben wir die Situation, dass wir immer noch Hochschulen und ganze Fachbereiche haben, wo der Putz von der Decke bröckelt, und deshalb ist es natürlich notwendig, dass das HEUREKA-Programm weitergeführt wird.

Die Studierendenzahlen steigen weiter. Die Hörsäle platzen aus allen Nähten. Wir brauchen selbstverständlich moderne Räumlichkeiten. Auch deshalb ist es notwendig, dass das Bauprogramm weitergeht.

Das Thema energetische Sanierung wird im Antrag kurz angesprochen. Natürlich ist es notwendig, dass das Land Hessen, dass die öffentliche Hand ihre Vorbildfunktion wahrnimmt und bei der Sanierung vorangeht.

Zu einer guten Infrastruktur – darauf will ich am Rande hinweisen – gehören nicht nur die Finanzierung von Standortwechseln und der Neubau eines Getränketechnologiezentrums – das laut Ihrem Antrag international Neid hervorrufen wird –, sondern auch der Ausbau von studentischem Wohnraum und von Kindertagesstätten auf dem Campus. All das sind Dinge, die richtig und notwendig sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister, wenn man notwendige Sanierungsmaßnahmen vornimmt, dann braucht man sich dafür nicht zu loben. Genauso gut könnte sich der Kultusminister hierhin stellen und sich dafür loben, dass er die Gehälter der Lehrer auszahlt, oder der Verkehrsminister könnte sich hierhin stellen und sich dafür loben, dass er Straßen ausbessert – wobei das Zweite gelegentlich sogar getan wird. Die Verkehrsminister in diesem Lande lassen sich in der Tat für jeden Meter Straße feiern, als hätten sie ihn selbst asphaltiert oder als hätten sie den modernen Straßenbau überhaupt erfunden. Halten wir fest: Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass eine Landesregierung ihre Arbeit tut.

Dazu gehört, dass man dringend notwendige Sanierungsarbeiten vornimmt. Deshalb ist es richtig, wenn man den Sanierungsstau, den Investitionsstau jetzt ein wenig auflöst. Ausreichend sind die hierfür eingeplanten Mittel nicht. Das wissen Sie selbst. Sie können damit eben nur einen Teil der Probleme mildern. Viele Probleme, die wir heutzutage an den Hochschulen haben – gerade bei bezahlbarem Wohnraum –, werden nicht gelöst. Dabei muss man natürlich noch einmal darauf hinweisen, dass wir dadurch, dass der Bund die BAföG-Mittel übernommen hat, glücklicherweise 80 Millionen € mehr im Landeshaushalt haben. Auch dafür hat sich die Landesregierung gefeiert, obwohl das gar nicht ihr Verdienst ist.

Ich glaube, ich kann festhalten, dass uns die Hochschulen und das bauliche Vorankommen der Hochschulen in diesem Hause sehr am Herzen liegen. Ich finde, es ist notwendig, in die öffentlichen Hochschulen zu investieren. Ich spreche bewusst von „öffentlichen Hochschulen“; in der letzten Legislaturperiode ist ja auch eine private Hochschule mit 24 Millionen € gefördert worden. Wenn es richtig ist, was ich gerade gelesen habe, müsste man Herr Dr. h.c. Hahn ab sofort Dr. h.c. mult. Hahn nennen, weil er ja jetzt auch noch von der EBS eine Ehrendoktorwürde bekommen hat, deren Gründungskuratoriumsvorsitzender er war. Ich finde es völlig verständlich, wenn man einen Doktortitel haben möchte; aber dass man dafür mit 24 Millionen € Steuergeld eine Hochschule aus dem Boden stampfen muss, das finde ich doch ein bisschen übertrieben.

(Heiterkeit bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der FDP)

Herr Rentsch, auch Sie wären doch ein Anwärter für eine Doktorwürde. Auch Sie waren doch im Stiftungskuratorium. Was ist eigentlich los? Warum tragen Sie noch nicht

der Titel Dr. h.c.? Einige hier im Landtag haben sich doch um die EBS verdient gemacht, da gäbe es doch eine ganze Menge Anlässe, sich zu bedanken und Ehrendoktorwürden zu verleihen.

(Heiterkeit bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – René Rock (FDP): Reden Sie zur Sache, Frau Wissler!)

Ich habe noch dreieinhalb Minuten Zeit. Ich wüsste auch nicht, was ich zehn Minuten lang zu HEUREKA sagen sollte.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Ich nutze die Zeit und die Gelegenheit, unsere Solidarität mit den studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften an der Goethe-Uni in Frankfurt auszudrücken. Diese haben nämlich gestern dafür gestreikt, dass es endlich einen Tarifvertrag gibt. Sie haben selbstverständlich unsere Unterstützung. Das möchte hier gerne noch einmal kundtun.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Der Herr Minister hat uns in der letzten Plenarwoche fernöstliche Weisheiten vorgetragen und Ho Chi Minh zitiert. Ich will nicht so weit in den Osten gehen, sondern auf den Mann zu sprechen kommen, der das Wort Heureka geprägt hat, auf Archimedes. Heureka bedeutet: Ich habe es gefunden. – Von Archimedes ist auch der Spruch überliefert: „Gib mir einen Punkt, wo ich hintreten kann, und ich bewege die Erde.“ – Weltbewegend ist das nicht gerade, was Sie gerade vorgelegt haben, aber vielleicht liegt das nur daran, dass Sie den Punkt, wo Sie hintreten könnten, den festen Standpunkt noch nicht gefunden haben.

Von daher kann man das HEUREKA-Programm gut und richtig finden, aber man muss sich dafür nicht feiern und loben lassen, weil es selbstverständlich ist, dass die Landesregierung die anstehenden Aufgaben erledigt und die Hochschulen vernünftig mit Mitteln ausstattet.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Wissler. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Reul das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor hier weitere Doktorwürden verteilt werden, möchte ich mit einem Zitat beginnen:

Alf Zimmer ahnte nicht, dass er einen lebensgefährlichen Beruf ausübt. Rektor der Universität Regensburg – das klingt nach gelehrtem Austausch an beschaulicher Stätte und nicht nach tödlicher Bedrohung.

Doch eines Mittags wäre es beinahe um ihn geschehen. Als nämlich der Rektor das Gebäude der Philosophischen Fakultäten passierte, sah er sich aus heiterem Himmel attackiert. Ein dicker Brocken löste sich aus der Betonfassade und krachte auf den Bauzaun neben seinem Kopf. „Das war ganz schön knapp“, sagt der 64-Jährige.

Ein weiteres Beispiel, das im Deutschlandfunk in dem Beitrag „Hilfe, mein Campus stürzt ein“ gesendet wurde: „Allein in Kiel fehlt Baugeld in dreistelliger Millionenhöhe.“ Über den Sanierungsstau in Hamburg wird in der „Welt“ wie folgt berichtet: „Wenn es durch das Dach regnet, werden Eimer aufgestellt. Die Toilettenanlagen sind teilweise mehr als 40 Jahre alt. Die Fahrstuhl und erst recht die Brandschutztechniken sind völlig veraltet. Die Fassade bröckelt so stark, dass Feuchtigkeit ins Mauerwerk dringt. In seiner Antwort bezifferte der Senat den Sanierungsbedarf in diesem Bereich auf insgesamt 192 Millionen €.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies finden wir in Hessen nicht vor, und wir sind stolz auf die Programme HEUREKA und HEUREKA II.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Diskussion und die Kritik am baulichen Zustand vieler Universitätsgebäude, insbesondere aus den Sechziger- und Siebzigerjahren, sind keineswegs neu oder originell. Sie werden in allen Ländern geführt, je nach Standort mit größerer oder geringerer Intensität. Sie erinnern sich: Die Sprengung des AfE-Turmes im Frühjahr vergangenen Jahres in Frankfurt hat noch einmal sehr augenfällig gezeigt, dass nicht alle im Zuge der Bildungsexpansion jener Jahre errichteten Hochschulgebäude den heutigen Anforderungen, insbesondere hinsichtlich des Energieverbrauchs, genügen. Das war auch nicht unbedingt Sinn und Zweck dieser Gebäude. Sie wurden nicht nur vielfach unter Hochdruck errichtet, wie z. B. die Ruhr-Universität Bochum in den Sechzigerjahren, sondern waren in Teilen auch dazu bestimmt, den sogenannten Studentenberg abzuarbeiten.

Moderne Forschung und Lehre benötigen jedoch moderne Räumlichkeiten. Hochschulen, außeruniversitäre Forschungsinstitute und Forschergruppe sind wichtige Grundlagen für Innovation und für zukunftsträchtige Arbeitsplätze, damit für die wirtschaftliche und soziale Stärke unseres Landes die richtigen Ergebnisse erreicht werden. Die Forschungsergebnisse von heute sind nämlich die Produkte und Dienstleistungen von morgen. Bildung und Lehre können deshalb nur dann auf hohem Niveau stattfinden, wenn die räumlichen und sächlichen Voraussetzungen gegeben sind. Darum kümmern wir uns in Hessen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich kurz daran erinnern: Die Hessische Landesregierung unter Karlheinz Weimar und Wissenschaftsminister Udo Corts hat bereits vor etlichen Jahren die richtigen Konsequenzen aus dieser Erkenntnis gezogen.

Am 20. März 2007 wurde nämlich das Programm „Hochschul Entwicklungs- und Umbauprogramm: RundErneuerung, Konzentration und Ausbau von Forschung und Lehre in Hessen“ mit dem griffigen Begriff HEUREKA vorgestellt.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wurden Mitte der Neunzigerjahre – jetzt hören Sie sehr genau zu – für den Erhalt und die Sanierung der hessischen Hochschulstandorte lediglich rund 66 Millionen € pro Jahr ausgegeben, belief sich dieser Ansatz im Jahr 2006 bereits auf 184 Millionen €. Ab 2008 sollten jedes Jahr weitere 250 Millionen € fließen. Das ergibt eine Gesamtsumme von 3 Milliarden € bis 2019 – eine unglaubliche Summe,

wenn man die Investitionen der vergangenen Jahre vergleicht.

Man kann festhalten, dass sich die Gesamtausgaben im Zeitraum von 1996 bis 2007 verdoppelt haben. Meine Damen, meine Herren, eine erste Zwischenbilanz kann nur lauten: Dies ist ein voller Erfolg für den Hochschulstandort Hessen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte ein paar Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit nennen: Investiert wurden 42 Millionen € für die Einweihung neuer Gebäude für die Hochschul- und Landesbibliothek, die Mensa und das Student Service Center an der Hochschule in Fulda. Für den Abschluss des Wettbewerbs für den Neubau des Labor- und Technologiezentrums am Gießener Standort der Technischen Hochschule Mittelhessen wurden insgesamt 40 Millionen € investiert. 11,7 Millionen € wurden für das Richtfest am LOEWE-Zentrum für Synthetische Mikrobiologie in Marburg verwendet.

(Zuruf der SPD: Richtfest?)

Herr Kollege, ich glaube, wenn Sie nicht nur Gedichte zur Weihnachtszeit vortragen, sondern sich hier auch sachlich beteiligen würden, würden Sie uns und der Debatte helfen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Insgesamt entstanden 108 Millionen € Baukosten für den Neubau der zentralen Universitätsbibliothek der PhilippsUniversität in Marburg. Es entsteht auf insgesamt 18.000 m² Fläche bis Mitte 2017 das Herzstück des künftigen Campus. Weitere 3 Millionen € wurden für die Kindertagesstätte an der Universität Frankfurt verwendet: die größte Uni-Kindertagesstätte in Hessen mit insgesamt 135 neuen Plätzen.

Ich könnte diese Bilanz beliebig fortsetzen. Der Kollege May hat auch schon einige Punkte aufgezählt. Aber wenn Sie mit offenen Augen über den Campus Westend in Frankfurt gehen oder die TU Darmstadt besuchen, erleben Sie ganz andere Standorte und eine ganz andere Stimmung als vor zehn oder 15 Jahren. Es ist eine völlig andere Situation gegenüber den Erlebnissen, die der eine oder andere vielleicht vor längerer Zeit während seines eigenen Studiums an diesen Standorten gemacht haben wird.

Meine Damen, meine Herren, wir sind aber nicht bei dem Programm und dem Jahr 2019 stehen geblieben. Es müsste eigentlich das Jahr 2020 heißen. Wie Sie wissen, haben wir dort aufgrund der Schuldenbremse den Betrag strecken müssen.

Ein großes Kompliment geht aber an unseren Minister. Er hat nämlich die Initiative ergriffen, HEUREKA II aufzulegen – auch mithilfe von Bundesmitteln –: insgesamt zusätzlich 1 Milliarde € für die notwendigen Investitionen in unsere Hochschulen und die Planungssicherheit in den zukünftigen Jahren. Gerade diese Planungssicherheit ist ein ganz wichtiger Punkt, damit die Universitäten wissen, womit sie rechnen können, und damit sie sich auch weiterhin innovativ entwickeln können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insgesamt haben wir Wort gehalten; denn das, was Sie uns teilweise vorzuwerfen versuchen – dass wir hier ein Programm gekürzt hätten –, ist nicht der Fall. Wir haben das Programm erweitert. Wir haben das Programm ausgebaut und werden es auch zukünftig weiterentwickeln. Ich kann Sie nur dazu auffordern: Beteiligen Sie sich konstruktiv daran. Machen Sie mit.

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Kümmern Sie sich mit darum, dass Hessen ein exzellenter Standort für Wissenschaft, Forschung und Lehre und darüber hinaus bundesweit führend ist. Dazu kann ich Sie nur ermuntern.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben auch die Chancen genutzt, um für die Zeit ab 2021 neue Schwerpunkte zu setzen. So werden die Hochschulen für angewandte Wissenschaften zwischen 20 und 35 Millionen € erhalten, und an Ausgaben für die Universitäten sind in HEUREKA II 90 bis maximal 110 Millionen € vorgesehen.

Aber auch darüber gehen wir hinaus. So wollen wir die Entwicklung der beiden Kunsthochschulen, der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt und der Hochschule für Gestaltung in Offenbach, insoweit in den Mittelpunkt stellen, als dass mit beiden Projekten auch wichtige Stadtentwicklungsimpulse gesetzt werden können.