Wenn man sich die Zahlen aber genau ansieht, wird man auch hier erkennen, dass es für die Beamtinnen mit der Gleichstellung noch lange dauern wird. Wenn es, wie in diesem Bereich, im aktuellen Schneckentempo weitergeht, wird es sage und schreibe 27 Jahre dauern, bis tatsächlich eine paritätische Verteilung vorhanden ist.
Wenn man sich die Besoldungsgruppen ansieht, wird die Spreizung besonders deutlich. In den drei höchsten Besoldungsgruppen gibt es überhaupt keine Richterin, in der niedrigsten Besoldungsgruppe fast 50 %.
Ein zweites Feld möchte ich exemplarisch herausnehmen, das sind die Hochschulen. 21,9 % der Professuren haben in Hessen Frauen inne. Trotz Förderung gab es zwischen 2009 und 2012 nur eine Steigerung um sage und schreibe 2 %. Eine Untersuchung der Europäischen Union hat einmal einen Vergleich hergestellt. Dabei waren 53 % der Professuren in Finnland, 49 % in Litauen, 44 % in Schweden und 41 % in Polen von Frauen besetzt. Ich könnte Sie mit dieser Liste noch länger quälen, da Deutschland mit 25 % auf dem vorletzten Platz vor Malta liegt. Wie erwähnt, Hessen liegt mit 21,9 % noch hinter Malta.
Wenn der Frauenanteil jedes Jahr um ein halbes Prozent steigt, wie es in den vergangenen Jahren war, dann werden wir alle hier im Saal die paritätische Besetzung bei den Hochschulprofessuren nicht mehr erleben.
Die Statistik. Wenn es in diesem Schneckentempo weitergeht wie in den letzten Jahren, werden Sie und ich ganz bestimmt nicht mehr da sein, die jüngeren Kolleginnen und Kollegen aber auch nicht.
Das Schulterklopfen, das Sie vorhin vorgenommen haben, ist viel zu früh. Wenn es in dem Tempo weitergeht, kann man das in 20 Jahren noch einmal überlegen. Es gibt viel zu tun, bevor wir eine Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst haben, und das, obwohl so viele Frauen hier arbeiten.
Auffallend ist der hohe Anteil von Frauen in Teilzeitbeschäftigung – das hatten wir vorhin schon einmal –, er steigt weiter. 87 % der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Das zeigt das große Interesse, zu arbeiten und trotzdem noch Mensch zu bleiben. Das heißt, sich um die Familie, Freunde und andere Dinge zu kümmern. Es ist allerdings wenig frauen- und wenig mitarbeiterfreundlich, wenn Elternzeiten weitgehend durch innerorganisatorische Maßnahmen ausgeglichen werden. Dies führt zu weiterer Arbeitsverdichtung und erhöht den Arbeitsstress. Der Hessische Rundfunk weicht als Einziger von dieser Regel ab. Die befristete Einstellung von Ausbildungsabsolventen ist meines Erachtens ebenfalls keine beispielgebende Lösung. Eine frauen- und familienfreundliche Verwaltung kann nur dann realisiert werden, wenn die Arbeitsverdichtung zurückgeht und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht weiterhin unter massivem Zeit- und Vorgesetztendruck ste
Ich komme schnell zum Ende meiner Rede. – Dann hätte sich auch das Problem erledigt, dass Teilzeitkräfte größere Hürden überwinden müssen, um in Führungsfunktionen zu kommen. Ich meine damit nicht auf 41 Stunden zu gehen, sondern eher in Richtung 30 Stunden. Der öffentliche Dienst sollte bei der Gleichstellung von Frauen eine Vorreiterrolle einnehmen.
Bei der Entwicklung familienfreundlicher Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen ist eine Schnecke des Fortschritts am Horizont leider noch nicht zu sehen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Erfurth, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte zu Beginn ein paar Zahlen aus dem Bericht zitieren. Es sind Zahlen aus dem letzten Berichtsjahr 2012. Der Frauenanteil im Landesdienst betrug insgesamt 54,5 %. Die Zahl bei den Auszubildenden – obwohl durchaus rückläufig, das war nicht versteckt und konnte genau nachgelesen werden – betrug immerhin 60 %, also über der Hälfte der Auszubildenden. Im höheren Landesdienst haben wir mit 59,1 % eine sehr hohe Ausbildungsquote bei den Frauen. Bei den Arbeitnehmerinnen sind es im höheren Dienst 56,7 %.
Das zeigt, dass Frauen in der Regel gut ausgebildet sind, hoch motiviert und auch in den Landesdienst eintreten wollen. Ich finde, das ist zunächst einmal eine Zahl, bei der man sagen kann: Auf den ersten Blick okay, gut, dass Frauen sich interessieren und nicht zu Hause bleiben wollen. – Wenn man oberflächlich wäre, könnte man auch sagen: Frauen, regt euch nicht auf, es ist doch alles gut, ihr habt doch die Hälfte der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst.
Aber – auch darauf haben alle hingewiesen, und das ist auch richtig so – wer sich vertiefter mit den Daten beschäftigt stellt rasch fest, dieser oberflächliche Blick trügt, die alte Gleichung der Frauenpolitik stimmt nach wie vor. Diese alte Gleichung hat schon immer gelautet: je höher das Amt, je besser die Bezahlung, desto weniger Frauen. – Diese Gleichung stimmt, das hat der Sozialminister vorge
tragen, es steht so auch im Vorwort. Darauf haben alle meine Vorrednerinnen und Vorredner hingewiesen. Es ist noch immer so: Frauen in Führungs- und Leitungspositionen sind deutlich unterrepräsentiert. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Wir wissen, dass wir daran arbeiten müssen, Frau Alex.
Genau das ist der Punkt, warum wir an diesem Punkt im neuen Gleichberechtigungsgesetz sehr intensiv gearbeitet haben. Das Gesetz, welches die Koalitionsfraktionen Ihnen vorgelegt haben, hat auch genau dies im Fokus: Wir müssen daran arbeiten, dass sich der Frauenanteil in Führungsund Leitungspositionen ändert. Genau da gebe ich Herrn Rock auch recht: Wir können gesetzliche Rahmenbedingungen setzen, wir können versuchen, einen Rechtsrahmen zu schaffen, aber wir ändern mit Gesetzen keine gesellschaftliche Wirklichkeit.
Deshalb müssen wir versuchen, an einem Rahmen zu arbeiten, und diesen Rahmen versucht das neue, in Beratungen befindliche Hessische Gleichberechtigungsgesetz zu setzen. Wir haben in § 4 ein neues Leitprinzip formuliert – man könnte auch „Leitbild“ sagen –, das wir künftig in der hessischen Verwaltung für alle Adressaten dieses Gesetzes formulieren. Wir wollen nämlich darauf hinwirken, dass sich Führungskräfte ihrer Aufgabe bewusst sind, für Chancengleichheit von Männern und Frauen zu sorgen. Das ist ein genauso wichtiges Prinzip, wie darauf hinzuarbeiten, dass Arbeit erledigt wird. Sie müssen sich auch darum kümmern, dass Chancengleichheit von Männern und Frauen gewährleistet wird.
Das klingt erst einmal nach einem hehren Ziel. Aber wir haben es auch unterlegt: Es gibt nämlich die Pflicht, Frauen besonders für Führungs- und Leitungspositionen zu qualifizieren. Es gibt in diesem Gesetzentwurf die Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass Frauen motiviert werden, solche Fortbildungsmaßnahmen wahrzunehmen, dass diese überhaupt angeboten werden und – Frau Kollegin Ravensburg hat darauf hingewiesen – dass sie beispielsweise als Inhouseseminare angeboten werden, um es Frauen und Männern mit Familienaufgaben zu ermöglichen, diese Führungsqualifikationen zu erreichen. Man braucht diesen Unterbau, dann kann sich tatsächlich auch der Anteil von Führungskräften erhöhen.
So gibt es z. B. in dem vorgelegten Gesetzentwurf die Verpflichtung, bei Ausschreibungen darauf hinzuwirken, dass alle Stellen in Teilzeit besetzt werden können, und zwar auf allen Hierarchieebenen. Damit wird klargestellt, dass wir einen Weg ebnen möchten, durch den auch Frauen in Führungspositionen arbeiten wollen.
In dem Punkt haben wir gesagt, es müssen alle Stellen auch als für Teilzeit geeignet ausgeschrieben werden, über alle Hierarchieebenen hinweg. Dann gilt das Prinzip, dass
Wir müssen darüber eine Kultur des Ermöglichens an allen Dienststellen in Gang setzen. Das wird nicht alle mit Jubel und Freude erfüllen, sondern man muss dann darüber nachdenken, wie Arbeit so organisiert werden kann, dass auch Menschen in Teilzeit diese Arbeit künftig so erfüllen können, dass sie sich für alle zufriedenstellend erledigen lässt.
Dass eine solche Strategie zum Erfolg führen kann, zeigt der Weg, den der Landkreis Marburg-Biedenkopf mit seinem besonderen Konzept für Nachwuchsförderung eingeschlagen hat. Dort hat man es genau so gemacht und ist dort so herangegangen, indem besondere Fortbildung angeboten wurde und genau danach gesucht wurde, wo Frauen ihre Potenziale haben. Das ist der richtige Weg, den wir einschlagen müssen, damit Frauen stärker in Führungspositionen vertreten sind.
Wir sind uns in der Koalition sehr einig darüber, dass das Gesetz nur den Wandel anstoßen und den Rahmen für einen Wandel setzen kann. Deshalb haben wir den Personalverantwortlichen auch einen Strauß von Maßnahmen an die Hand gegeben, wie sie eine geschlechtergerechte Personalentwicklung betreiben können – das geht von den eben erwähnten besonderen Fortbildungsmaßnahmen über Personalkostenbudgetierung bis hin zu einem veränderten Beurteilungswesen, das auch Unterschiede in Erwerbsbiografien berücksichtigen kann.
Das Beispiel beim RP Kassel zeigt, dass Personalkostenbudgetierung ein sehr erfolgreicher Weg sein kann, um auch Unterrepräsentanz von Frauen anzugehen, und – auch das finde ich sehr wichtig – dass eine Dienststelle nicht zusammenbricht, wenn plötzlich anders dafür gesorgt wird, Frauen in Führungspositionen bringen zu können, und man Gehirnschmalz darauf verwendet, diese vermeintlich unüberwindliche Hürde zu überwinden.
Über die Instrumente, die wir in dem Vorschlag zum HGlG, das wir in der übernächsten Woche in einer Anhörung haben, beraten werden, entscheiden die Dienststellen. Das geben wir ihnen an die Hand. Das Ziel aber ist klar, meine Damen und Herren: Es müssen mehr Frauen in Führungspositionen,
damit wir beim nächsten Bericht auch hier sagen können, wir haben es geschafft, Frau Alex, auch wenn wir noch nicht alles erreicht haben. – Ich danke Ihnen.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit stelle ich fest, dass der Bericht vonseiten der Landesregierung gegeben wurde und die Aussprache erfolgt ist.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Sechstes Gesetz zur Änderung des Verwaltungsfachhochschulgesetzes – Drucks. 19/2391 zu Drucks. 19/2199 –
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu dem vorgetragenen Gesetzentwurf: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum einstimmig, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen.
Dann lasse ich über den Gesetzentwurf in zweiter Lesung abstimmen. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Haus. Damit wird dieser Gesetzentwurf zum Gesetz erhoben. Vielen Dank.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Umweltinformationsgesetzes – Drucks. 19/2402 zu Drucks. 19/2072 –