Protocol of the Session on September 23, 2015

(Günter Rudolph (SPD): Der kritisiert uns doch immer! Das ist doch nichts Besonderes!)

Unser Motiv war und ist, dass wir für den Wahlbetrug der CDU – Sie hatten versprochen, es gebe keine neuen Steuern – nicht die Hand heben wollten.

(Michael Boddenberg (CDU): Wie bitte? Das ist eine Unverschämtheit! Vorsicht mit dem Wort „Wahlbetrug“! Das können nur Sie!)

Dass aber ausgerechnet die GRÜNEN uns nach ihrem Regierungsantritt und ihrem Agieren damit angreifen, wir würden zu wenig für die Einnahmeseite tun, das ist schon richtig dreist.

(Beifall des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Ich glaube, mehr als 15 Jahre haben es die GRÜNEN gefordert und jedes Jahr einen Haushaltsantrag gestellt, von Jahr zu Jahr: Sie wollten einen Wassercent, wir nennen es Grundwasserabgabe, es gibt auch die Bezeichnung „Wasserbenutzungsabgaben“. Diesen Antrag haben sie Jahr für Jahr gestellt. Dann waren sie in der Regierung und haben

sich auf einmal dagegen gestellt – obwohl das in ihrem Wahlprogramm ebenfalls verankert ist.

(Timon Gremmels (SPD): Umweltlotto!)

Herr Wagner – er ist nicht da –, Herr Kaufmann, Herr AlWazir – er ist auch nicht da – und all seine grünen Freunde werden wiederum Gelegenheit haben, zu dokumentieren, ob ihnen ihr Wahlprogramm wichtig ist. Wir werden auch in diesem Jahr einen entsprechenden Antrag vorlegen, und daran wird sich möglicherweise einmal mehr die Doppelzüngigkeit von Herrn Wagner erweisen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte auf einige Politikbereiche eingehen, ohne der Debatte über die Einzelpläne in der zweiten Lesung vorzugreifen. Ich möchte mich an den von Ihnen genannten Schwerpunkten abarbeiten, Herr Dr. Schäfer, und diese auch mit der Realität konfrontieren.

Zum Schulbereich haben wir heute Morgen eine umfangreiche Debatte geführt. Das ist zentrale Länderkompetenz, und hier werden auch die entscheidenden Grundlagen für den Lebensweg unserer Kinder festgelegt. Deswegen haben Sie das zu Recht als ersten Punkt genannt. Es ist aber wieder dieses schreckliche Wort der „demografischen Rendite“ gefallen, das nicht sehr schön ist, weil wirtschaftsund betriebspolitische Formulierungen in einen Bereich hineinrutschen, in dem es eigentlich um Menschen geht.

Aber der Streit fängt damit an, dass Sie zwar mehr für Inklusion tun – da ist Hessen besonders rückständig –, dafür aber in anderen Bereichen kürzen. An den Oberstufen und den Grundschulen die Lehrerversorgung deswegen zu kürzen, ist aus unserer Sicht schlicht ein falsches Modell.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der angeführte Pakt für den Nachmittag ist ein trauriges Modell, das wenig Akzeptanz gefunden hat. Der Kollege Wagner von den GRÜNEN ist leider nicht da, aber er war unterwegs – er ist ja durchaus in Hessen unterwegs. Wenn Sie die Reaktion von betroffenen Eltern sehen, stellen Sie fest: Viel Kritik am Pakt für den Nachmittag, maximal Note Vier minus erteilten die Besucher den Veranstaltern, den Machern des Pakts für den Nachmittag. Hierzu muss man eigentlich sagen: Ob Fünf plus oder Vier minus, das ist an dieser Stelle egal, jedenfalls ist es völlig unzureichend,

(Beifall bei der SPD)

weit weg von einem „Befriedigend“, und von „Gut“ und „Sehr gut“ weit, weit entfernt.

(Michael Boddenberg (CDU): Keinen einzigen Brief habe ich dazu bekommen! Keine einzige Zeile! Gar nichts!)

Der Fraktionsvorsitzende der CDU fordert Eltern auf, ihm endlich einmal die Situation darzustellen. Vielleicht kommt der eine oder andere Elternteil dem ja nach. – Vielleicht gehen Sie auch einmal an die Schulen und werden mit der Realität konfrontiert, Herr Boddenberg. Ich glaube, das würde Ihnen ganz guttun.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Michael Bod- denberg (CDU))

Von der Finanzierung der Schulsozialarbeit zieht sich das Land zurück. Das ist so, da können Sie noch so viel Gegenteiliges behaupten. Dieses USF-Programm ist kein Ersatz und auch völlig unzureichend. Das Schulprogramm,

das Sie jetzt mit dem Modell PuSch ersetzt haben, wird in Fachkreisen als „Pfusch“ bezeichnet. Ich glaube, das ist der richtige Begriff dafür.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Sie haben den Hochschulbereich angesprochen, in dem Sie sich loben lassen wollen – für den Hochschulpakt und für die Erhöhung der Budgets. Die finden auch statt, das ist korrekt dargestellt. Aber da steckt kein Euro Landesgeld drin. Sie profitieren von Bundesmitteln. Sie profitieren davon, dass der Bund den Ländern BAföG-Mittel bereitstellt. Diese BAföG-Mittel werden sozusagen zur Entlastung des Haushalts genutzt und an die Hochschulen weitergereicht.

(Michael Boddenberg (CDU): Was machen denn die anderen Länder? Was ist mit Schleswig-Holstein?)

Den Dank sollte die CDU an die Bundesministerin Frau Wanka, CDU, weiterleiten und sich bei der Großen Koalition bedanken. Das wäre richtig.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Eine eigene Leistung liegt an dieser Stelle auf jeden Fall nicht vor. Und wer sich im Hochschulbereich ein bisschen auskennt, weiß, wir müssten eigentlich viel, viel mehr tun, als es mit den bereitgestellten Mitteln der Fall ist. Aber wir spielen nicht „Wünsch dir was“. Daher ist es gut, dass an dieser Stelle etwas passiert, aber es sind Bundesmittel und keine eigene Leistung.

Als nächsten Punkt haben Sie tatsächlich die Stärkung des Straßenbaus genannt. Das aber ist wirklich unwahr, Herr Minister.

(Günter Rudolph (SPD): Das ist dreist!)

Von einer Stärkung des Straßenbaus kann in Hessen wahrlich keine Rede sein. Das Gegenteil ist der Fall: Der Substanzverlust nimmt zu, die Lage wird immer schlimmer. Eigentlich bräuchte man 2 Milliarden €. Ich glaube, das ist unstreitig, und das hat die Landesregierung auch schon eingeräumt. 90 Millionen € haben Sie jetzt für den Straßenbau veranschlagt. Damit kann dieser Substanzverlust überhaupt nicht aufgefangen werden.

Ich wende mich an die CDU, Herr Boddenberg. Dass die GRÜNEN nicht mehr Mittel für den Straßenbau ausgeben wollen,

(Günter Rudolph (SPD): Wissen wir!)

wissen wir aus der eigenen Regierungszeit. Aber dass Sie sich darauf einlassen, dass Sie in Kauf nehmen, dass die Substanz, ja, dass der Wirtschaftsstandort Hessen gefährdet wird, das ist einer CDU unwürdig. Damit verraten Sie eigene Interessen und die eigene Wählerklientel.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Lenders (FDP) – Michael Boddenberg (CDU): Netter Versuch, Herr Kollege! Übrigens, da Sie von 1999 gesprochen haben: Es ist viermal so viel wie zu Ihrer Zeit! – Gegenrufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

Dem FDP-Kollegen Lenders gebührt die Ehre, dass er durch eine Kleine Anfrage das ganze Täuschungsmanöver der Landesregierung offenbart hat. Die Landesregierung hatte – der Minister hat es heute wieder getan – mit dem Hinweis auf die eher geringen Mittel verteidigt, dass man eine deutliche Schwerpunktsetzung bei der Sanierung pla

ne. Neubauprojekte würden nach hinten gezogen, sodass man mehr Mittel für die Sanierung zur Verfügung habe. Das ist auch der Redetext, den der Minister heute hier vorgetragen hat. Die Anfrage des Kollegen Lenders offenbart, dass die Sanierungsquoten in diesem Jahr bei 72 % liegen. Wissen Sie, wo sie 2012 lagen? – Bei 78 %, 2011 sogar bei 82 %. In der gesamten Regierungszeit, so Ihr Plan – das offenbart die Antwort auf die Anfrage des Kollegen Lenders –, wird die Quote niemals 80 % erreichen.

Herr Kollege Lenders, Ihnen gilt das Kompliment, dass Sie die Landesregierung bei einer Unwahrheit ertappt haben.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Die Sanierungsquote steigt nicht. Das ist eine Täuschung der Wählerklientel der CDU, aber auch der der GRÜNEN. Zu sagen: „Kein Neubau; wir überlegen Sanierung“, ist schlicht die Unwahrheit.

In absoluten Zahlen wird das Drama noch deutlicher. Wieder aus der Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Lenders: Für die Sanierung standen 2012 96 Millionen € bereit, 2013 62 Millionen € und 2014 64 Millionen €. In der neuen Regierungszeit, 2015, waren es 65 Millionen €, für 2016 sind 66 Millionen € vorgesehen. – Das ist ja keine Mittelsteigerung, meine Damen und Herren; das ist eher eine Kürzung, zumal es erheblichen Sanierungsbedarf gibt.

Übrigens: Nächste Anfrage des Kollegen Lenders.

(Gerhard Merz (SPD): Bekommst du etwas für das Lob?)

Wenn ein FDP-Politiker einmal einen Treffer gesetzt hat, dann muss man das anerkennen. Das kommt auch manchmal vor.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Na, na!)

Frage Kollege Lenders, Behauptung: Es würden ja mehr Mittel für Radwege ausgegeben. – Meine Damen und Herren, die Anfrage ergibt: Kein Cent mehr wird für den Radwegebau ausgegeben. Das Mittelprogramm der schwarzgelben Regierung wird weitergeführt. Auch an dieser Stelle ist es einfach die Unwahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Da ich gerade bei den unlauteren Argumenten im Bereich des Wirtschafts- und Verkehrsministers bin, noch einige Sätze zur derzeitigen Rundfunkwerbung für Ausbildungsplatzzuschüsse. Man erweckt mit dieser Werbung den Eindruck, dass es der Landesregierung ein großes Anliegen sei, Unterstützung für Lehrfirmen zu formulieren.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nun ja, für die PR von Herrn Schäfer gibt es mehr Geld!)

Die Wirklichkeit des Haushaltsentwurfs sieht anders aus. Im Bereich der beruflichen Bildung werden 4,4 Millionen € gekürzt. Über das Altbewerberprogramm habe ich schon gesprochen: Es geht um 1,1 Millionen € zurück. Dabei ist doch hier jeder Euro gut ausgegebenes Geld, Stichwort: Rendite. Wenn Sie das Wort rentierlich benutzen: An dieser Stelle würde jeder Euro rentierlich sein. Das glaube ich mit großer Sicherheit.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Lenders (FDP))