Meine Damen und Herren, bei den Diskussionen um das Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz war es wahrscheinlich gar nicht so sehr interessant, was am Ende alles hineingefunden hat, sondern das, was man alles herausgehalten hat. Dazu gehörte in der Tat ein Mindestlohn.
Wir sehen jetzt, was die Kollegin von der LINKEN auch schon angesprochen hat: Wir erleben schon jetzt einen Wettbewerb darum, wie hoch denn dieser Mindestlohn sein soll. Sollen das die 8,50 € sein, die jetzt von den Sozialdemokraten in Berlin durchgesetzt worden sind? Sollen das 10 € sein? Oder sollen es demnächst 12 € sein? Wir werden eine lustige Debatte dazu bekommen,
und dabei haben wir doch vergessen, was uns die Sachverständigen in der Anhörung dazu gesagt haben: Wir können in Hessen in einem Vergabegesetz keinen eigenen Mindestlohn festschreiben. Meine Damen und Herren, warum nehmen Sie das nicht einfach zur Kenntnis?
Frau Kollegin, die Kernarbeitsnormen, die Sie in Ihren Antrag hineingeschrieben haben – Kollege Kai Klose hat schon angedeutet – –
Herr Kollege Lenders, die Frau Kollegin Waschke würde Ihnen so gerne zu später Stunde noch eine Frage stellen.
Herr Kollege Lenders, Sie haben gerade gesagt, man könne den Mindestlohn nicht in einem Vergabegesetz eines Landes regeln. Wie erklären Sie sich dann, dass das beispiels
Frau Waschke, ich kann Ihnen nur das wiedergeben, was die Anzuhörenden im Lande Hessen gesagt haben. Die haben uns ganz deutlich hineingeschrieben: In Hessen ist das nicht zu lösen. Ich gebe Ihnen gerne die Protokolle, dort können Sie es nachlesen.
(Beifall des Abg. Wolfgang Greilich (FDP) – Dr. Walter Arnold (CDU): Es sei denn, das regelt ein Bundesgesetz!)
Es sei denn, es regelt ein Bundesgesetz. Das können wir dann weiter ausdiskutieren. Das wird jetzt kommen. – Aber die Kollegin Wissler hat schon angedeutet, sie hätte gerne einen Mindestlohn von 10 € je Stunde. Dann beschäftigen wir uns einmal damit: Wenn ein Mindestlohn von 8,50 € auf Bundesebene festgeschrieben wird, wie können wir dann mit der Forderung von 10 € umgehen, die jetzt von der LINKEN erhoben wird? Ich bin gespannt, wie sich das in dieser Beratung wiederfinden wird.
Ich finde es hoch spannend, warum DIE LINKE diesen Gesetzentwurf schon jetzt eingebracht hat. Wir sind so fair und lassen der neuen Landesregierung wenigstens 100 Tage, damit sie etwas erarbeiten und uns vorlegen kann. Aber gut, dieser Gesetzentwurf ist natürlich schon geeignet, einen wirklichen Keil zwischen CDU und GRÜNE zu treiben.
Denn, lieber Herr Klose, eines muss man schon sagen: Für vieles von dem, was in diesem Gesetzentwurf der LINKEN steht, habt ihr bei den Beratungen zum Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz fleißig gestritten. Damals war das nicht alles Teufelszeug – so, wie sich das jetzt gerade anhörte. Da bin ich aber einmal gespannt.
Eines ist auch klar: Wir werden natürlich auch sehr genau darauf achten, ob die CDU die gemeinsame Linie der Politik von CDU und FDP nun verlässt und ob sie ein wirklich transparentes und mittelstandsfreundliches Gesetz verwässert und genau das Gegenteil von dem erreicht, was wir mit dem Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz erreicht haben, nämlich eine mittelstandsfreundliche Politik.
Wir werden weiterhin für unser Gesetz streiten, das im Moment gültiges Recht ist. Es hat sich bis dato bewährt. Ich habe von überhaupt niemandem Kritik an dem Gesetz gehört
oder auch nur die Anregung, dass wir es unbedingt evaluieren müssen. Das ist allein den Koalitionsverhandlungen geschuldet.
Die FDP wird weiterhin für ein schlankes, übersichtliches, transparentes und mittelstandfreundliches Gesetz eintreten – wie das, das zurzeit Geltung besitzt. Meine Damen und Herren, davon werden wir uns nicht abbringen lassen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion zeigt, dass unsere gemeinsamen Beratungen über eine Novellierung des Hessischen Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetzes zu den spannenden Themen der nächsten Wochen in diesem Hause gehören werden.
Herr Kollege Lenders, ich darf damit beginnen, dass diese Diskussion mit Sicherheit keinen Keil in die neue Koalition von Schwarz und Grün treiben wird. Da kann ich Sie beruhigen.
Wir haben in den Koalitionsverhandlungen und -vereinbarungen einen, wie ich glaube, sehr klaren Weg vereinbart, der vor allen Dingen geeignet ist, dem Mittelstand zu nutzen und ihm nicht zu schaden.
Frau Kollegin Wissler, als ich gelesen habe, dass Sie einen Gesetzentwurf zur Änderung des Hessischen Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge einbringen wollen, war ich sehr gespannt. Was Sie aber eingebracht haben, ist im Grunde genommen Ihr wortgetreu aus der vorigen Legislaturperiode übernommener Gesetzentwurf.
Das Einzige, was Sie geändert, aber nicht verbessert haben, sind Ihre Ausführungen zur Prüfbehörde. Ansonsten ist alles genau so, wie Sie es schon einmal eingebracht haben. Es gibt keine Änderungen. Die Forderung nach einem Mindestlohn von 10 € pro Stunde ist nicht neu.
Ihre Forderung auf Anwendung der ILO-Kernarbeitsnormen ist die gleiche geblieben. All das sind löbliche Ansätze – das haben wir schon erörtert –, aber sie gehören nicht in ein Vergabegesetz.
Ich möchte noch einmal deutlich sagen: Wir haben uns als Koalitionspartner darauf verständigt, den Entwurf für ein Mittelstands-, Tariftreue- und Vergabegesetz zu erarbeiten und hier in den Landtag einzubringen, der so gestaltet ist, dass er – ich zitiere aus dem Wortlaut der Koalitionsvereinbarung – „den wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln“ gewährleistet und gleichzeitig „einen fairen Wettbewerb der Auftragnehmer“ sichert.
Dieser Entwurf wird neue Elemente beinhalten. Darauf hat Herr Kollege Klose schon hingewiesen. Wir werden z. B. der Tariftreue weiteren Raum geben, wobei ich sagen muss: Frau Kollegen Barth, bitte lesen Sie einmal § 3 des jetzigen Vergabegesetzes. Da geht es um Tariftreue; die kann man sicherlich noch ein Stückchen erweitern.
Wir werden uns auch um die bei Omnibusunternehmen Beschäftigten zu kümmern haben. Das ist keine Frage. Das räume ich gerne ein. Das werden wir auch tun. Aber was Tariftreue, Transparenz, die Bundesregelung betreffend Mindestlohn anbelangt, das werden wir in den Entwurf alles hineinschreiben.
Ich glaube, wir haben auch gut daran getan, die bewährten Freigrenzen für freihändige Vergaben und für beschränkte Ausschreibungen beizubehalten. Auch das gehört zu dem, was wir mit unserem Koalitionspartner verhandelt haben.
Was die sozialen und ökologischen Kriterien bei der Vergabeentscheidung anbelangt, haben wir einen guten Weg gefunden. Die öffentlichen Auftraggeber, die sich so etwas vorstellen, können das jetzt tun, ohne das Gesetz zu verletzen, aber die, die das nicht wollen, müssen es nicht tun, weil es ihnen freigestellt ist.
Frau Kollegin Wissler, Sie sind wieder einmal auf die ILOKernarbeitsnormen zu sprechen gekommen. Ich möchte Ihnen einmal deutlich sagen, dass die ILO-Kernarbeitsnormen in den 120 Mitgliedstaaten dieser Organisation anerkannt und durch völkerrechtliche Übereinkommen festgeschrieben sind.
Nein, eben nicht, weil durch Art. 25 des Grundgesetzes völkerrechtliche Übereinkommen den Rang eines einfachen Bundesgesetzes haben, sodass wir das, was dort festgeschrieben ist, nicht noch einmal im Vergabegesetz regeln müssen.
Es kommt ein ganz wichtiger Punkt hinzu. Wir wollen, dass die Regelungen im Hessischen Vergabegesetz für die Unternehmen, die ihm unterworfen sind, nachvollziehbar sind. Die Frage, ob ein Produkt, das ein Mittelständler einsetzen will, nach den ILO-Kernarbeitsnormen angefertigt wurde oder nicht, ist in der Regel für diesen nicht nachvollziehbar. Deshalb werden wir auch in den neuen Gesetzentwurf diesen Passus nicht aufnehmen.