Protocol of the Session on April 30, 2015

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wie wir jetzt gehört haben, wurde der erweiterte Zukunftspakt Hessische Landwirtschaft von der Landesregierung und von insgesamt 27 beteiligten Verbänden unterschrieben. Darunter sind Ökobetriebe, Vertreter der konventionellen Landwirtschaft und Umweltverbände – alle, die etwas mit dem Thema Landwirtschaft zu tun haben. Wir haben dem Zukunftspakt Landwirtschaft damit eine wirklich gute Grundlage gegeben, und vor allen Dingen zeigen wir damit auch noch einmal deutlich, es geht hier nicht um eine ideologisch ausgerichtete Landwirtschaftspolitik in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Mit dem Förderprogramm, das jetzt verabschiedet worden ist, werden die Leistungen der Landwirtinnen und Landwirte für die Umwelt, für den Klimaschutz, für das Tierwohl und für die Artenvielfalt, aber auch für den Erhalt der Kulturlandschaft honoriert. Der schonende Umgang mit dem Boden, z. B. das Anlegen von Blühstreifen für den Erhalt der Arten, die Reduzierung des Einsatzes von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln oder der Verzicht darauf oder innovative Ideen – all das sind Maßnahmen, die mit dem neuen Programm gefördert werden, und das ist gut so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Als Hessin und Frankfurterin freue ich mich natürlich besonders, dass mit dem neuen Programm auch die Streuobstwiesen wieder gefördert werden und somit die Äpfel für das Stöffchen auch aus der Region kommen können.

Mit dem Programm werden öffentliche Gelder im besten Sinne für gesellschaftliche Leistungen investiert. Das ist gut angelegtes Geld.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

Wir haben einen neuen Förderschwerpunkt in dem Programm. Das ist die vielfältige Fruchtfolge. Wir kommen also weg von den wenigen Kulturarten und hin zu einer Vielzahl. Das ist ökologisch sehr wertvoll für Böden, für die Artenvielfalt, und man hat weniger Schädlinge. Ich glaube, Herr Wiegel kann das als Landwirt wahrscheinlich noch besser erklären als ich. Das ist jetzt ein neuer Förderschwerpunkt, der vor allem auch die konventionellen Landwirte anspricht und vielleicht an der einen oder anderen Stelle auch eine Brücke baut und die konventionellen Landwirte animiert, ökologisch zu arbeiten. Es ist also ein sehr gutes Programm, was hier auf den Weg gebracht worden ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Es ist ein relativ kompliziertes Programm, wie man hört. Es ist kein ganz einfaches, aber ein sehr gutes, ein sehr effektives Programm. Ich finde es gut, dass wir es in Hessen geschafft haben, dieses Programm jetzt anzustoßen. Andere Bundesländer haben es versucht und wieder die Finger davon gelassen. Ich finde es gut, dass wir uns an dieses Programm wagen. Auch hier hat die Landesregierung – das muss man sagen – die richtigen Prioritäten gesetzt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir wollen eine zukunftsgerichtete Landwirtschaft und benötigen das Wissen und die Ideen aller Akteure. Hier greift das neue Programm der Europäischen Innovationspartnerschaft: Wissenschaft und Forschung gemeinsam mit den Akteuren vor Ort tun sich zusammen und versuchen, zu den aktuellen Fragen der Landwirtschaft Lösungen zu finden. Das ist eigentlich genau das, was die FDP immer fordert: wissensbasierte Landwirtschaftspolitik. Eine dieser Ideen beschäftigt sich beispielsweise mit dem Thema heimischer Futtermittel, damit die hessischen Landwirtinnen und Landwirte regional erzeugte Futtermittel in guter Qualität an die Nutztiere füttern können. Das heißt, wir brauchen die Futtermittel dann nicht zu importieren, und wir brauchen dann vor allen Dingen kein Gen-Soja von außerhalb von Hessen, sondern wir haben dann heimische Futtermittel, die nicht gentechnisch verändert sind. Von daher: ein sehr gutes Programm.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt bereits 13 Projekte dieser Art, und das Interesse bei der Auftaktveranstaltung zu diesem Programm hat gezeigt, dass es richtig war, dieses Programm jetzt anzuschieben. Dort werden beispielsweise auch ganz praktische Dinge angegangen, auf die die Gesellschaft eine Antwort verlangt, z. B. die Frage: Wie vermeiden wir Tiertransporte zum Schlachthof? Gibt es Möglichkeiten, das Tier nicht zum Schlachthof transportieren zu müssen? Gibt es die Möglichkeit, wenn das Tier auf dem Hof, auf der Weide getötet wird, das tote Tier zum Schlachthof zu transportieren, um qualvolle lange Tiertransporte zu vermeiden? – Ein Thema, das natürlich etwas schwierig ist. Aber ich glaube, es lohnt sich, diesen Fragen, zu denen die Gesellschaft von der Landwirtschaft auch eine Antwort fordert, mit diesem Programm nachzugehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

All diese Maßnahmen und Projekte stärken den ländlichen Raum, wie in der zweiten Säule der Agrarförderung vorgesehen. Sie schaffen materiell Wertschöpfung, und sie schaffen natürlich auch Identität. Sie sorgen dafür, dass der ländliche Raum attraktiv bleibt. So etwas kann man nicht von oben verordnen; wir brauchen selbstverständlich die Ideen und das Engagement der lokalen Gruppen. Erst diese Ideen und dieses Engagement erfüllen das Programm mit Leben. Daher freue ich mich, dass alle 24 Gruppen, die sich für LEADER beworben haben, berücksichtigt werden konnten. Das sind so viele wie nie zuvor.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

In dieses Programm sollen in den nächsten Jahren 50 Millionen € fließen. Auch das ist gut angelegtes Geld. Was ich an dem LEADER-Programm so schön finde, ist der Bottom-up-Ansatz, wie es neudeutsch heißt, also die Entwicklung des Konzepts in der Region selbst; denn die Menschen vor Ort wissen selbst am besten, was sie brauchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Kommen Sie zum Ende, Frau Feldmayer.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Ich glaube, dieser Entwicklungsplan für den ländlichen Raum ist ein riesengroßes Investitionsprogramm, das nicht nur rein wirtschaftliche Effekte erzielen wird, sondern das auch das Herz Hessens, nämlich den ländlichen Raum, nachhaltig stärken wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Frau Feldmayer. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Warnecke zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zu den Kern- oder Mindestbestandteilen der Daseinsvorsorge gehören ganz besonders ausreichend schnelle Internetanschlüsse, eine ärztliche Mindestversorgung, Vorhandensein von Kindergarten und Grundschule, eine hinreichende öffentliche Verkehrsinfrastruktur und auch ein gut funktionierendes Gemeinwesen.

Das sagt der Deutsche Bauernverband auf seiner Internetseite.

(Beifall bei der SPD)

Damit hat er völlig recht. Das, was wir hier vorliegen haben, ist sicherlich nicht die Zukunft des ländlichen Raumes, sondern es ist zu einem Teil das, was den Landwirtinnen und Landwirten für die Leistungen zusteht, die sie auf ihren Flächen erbringen. Das andere, was in dieser Konzeption drinsteckt, ist ein kleiner Teil der Aufgaben, die im ländlichen Raum mit Geld versehen werden, die im ländlichen Raum zu leisten sind. Diese Mittel, die dafür veranschlagt werden, lösen all die Probleme im ländlichen Raum, die die Landespolitik zu verantworten hat, nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind im ländlichen Raum reich: Wir haben kluge, selbstbewusste Menschen. Wir haben viele natürliche Rohstoffe, die von den Menschen im wahrsten Sinne des Wortes erarbeitet und verwertet werden müssen. Wir haben aber auch eine Verkehrsinfrastruktur, die wir im ländlichen Raum so originär eigentlich gar nicht brauchen. Wir haben an Infrastruktur beispielsweise die SuedLink-Trasse, die diskutiert wird, weil sie mittlerweile von vielen Menschen als Last gesehen wird. Ich spreche nur an, was viele Menschen empfinden, und dies hat damit zu tun, dass sich viele Menschen im ländlichen Raum zu kurz gekommen fühlen. Wir sprechen hier Programme an, die Jahr für Jahr mit der einen oder anderen Änderung versehen werden. Noch in der letzten Legislaturperiode wurde beispielsweise den Kommunen im Rahmen der Dorferneuerung – das haben wir mitbekommen – die Umsatzsteuer nicht mehr erstattet. Das bedeutet weniger Geld für die gleiche Aufgabe. Dabei geht es dann auch um Wertschätzung. Ja, es geht um Wertschätzung, aber es geht auch darum, wie wichtig der Rest des Landes den ländlichen Raum nimmt.

Wir haben im ländlichen Raum duale Studiengänge. Das ist eine ganz tolle Sache. Nur, wissen Sie, dass die Arbeit

geber Menschen, die sie in ihrer Ausbildung haben, anschließend mit Studiengebühren belasten müssen? Die Unternehmen zahlen dafür Studiengebühren, dass im ländlichen Raum Hochschuleinrichtungen vorhanden sind, dass sie im ländlichen Raum Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben. Es gibt Unternehmen, die möglicherweise im weltweiten Wettbewerb erfolgreich sind, die weltweit vielleicht nur drei oder vier Mitbewerber haben, die ernst zu nehmen sind, und die diese Menschen für ihre Unternehmungen brauchen und dafür zahlen, dass sie diese Personen – da könnte ich Ihnen eine Menge nennen –, die sie im ländlichen Raum brauchen, auch behalten. Wenn der junge Mensch erst einmal nach Darmstadt gegangen ist, um dort zu studieren, ist die Wahrscheinlichkeit, zurückzukommen, als relativ gering einzuschätzen. Möglicherweise muss der Arbeitgeber am Anfang sogar mehr Lohn bezahlen als in Darmstadt oder im Ballungszentrum. Das sind alles Fragen, die die ländliche Infrastruktur massiv berühren wie auch die Zukunft des ländlichen Raums.

Nun zu dem Aspekt, den Sie in dem Antrag ansprechen, dass es Fördermittel der EU gäbe – es wäre reichlich beknackt, im Lande Hessen auf diese zu verzichten, um das einmal deutlich zu formulieren – und dass diese Fördermittel nun den Entwicklungsplan für den ländlichen Raum darstellten, der „Verlässlichkeit und Perspektive“ schaffe. Ich will Ihnen angesichts der Diskussionen um den Kommunalen Finanzausgleich sagen: Viele Bürgermeister und viele ehrenamtlich Tätige hätten von dem Geld viel mehr, das auch dem ländlichen Raum entzogen wird und in den Kommunen möglicherweise den klitzekleinen Spielraum zwischen dem ausmacht, was man noch freiwillig machen kann und was die vielen Ehrenamtlichen im ländlichen Raum beispielsweise im Kulturbereich leisten. Fahren Sie einmal in so einen Landkreis und schauen Sie in den Zeitungen, was dort am Wochenende los ist. Wenn wir das hochrechnen, ist der ländliche Raum mit seinen kulturellen Aktivitäten viel besser dran als so manche Großstadt, die ein teuer subventioniertes Theater hat

(Zuruf von der CDU: Ach was!)

ja, schauen Sie sich das einmal an –, angefangen bei den Kirchenchören, den Posaunenchören, den Kirmesveranstaltungen bis hin zu den Jubiläen, die stattfinden, und der einen oder anderen Theaterinitiative. Schauen Sie sich einmal an, was dort alles los ist und in der Regel mit ganz wenig Geld gefördert wird.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der einen Seite wird über solch ein Programm zum größten Teil zu Recht die Landwirtschaft gefördert. Auf der anderen Seite habe ich im Haushalt zur Dorferneuerung gelesen, dass jetzt umstrukturiert werde; die Kürzung von 1 Million € steht jedenfalls erst einmal. Jetzt heißt es, alles werde umressortiert, sodass wir am Ende einmal schauen müssen: Was ist das netto oder brutto? Im Haushalt steht aber schon wieder eine Kürzung. Diese mag im Gesamtfördervolumen nicht da sein; da kennen auch wir die Tricks. Dann wird nämlich das gesamte Fördervolumen gleich behalten, aber man fördert den privaten Bereich möglicherweise stärker. Dieser wird nämlich nicht ganz so hoch gefördert wie der öffentliche Bereich, weil der öffentliche Bereich die notwendigen Kompensationsmittel möglicherweise gar nicht mehr hat. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Eindruck aus dem ländlichen Raum.

Wir sind keine Bittsteller. Wir sagen einfach: Das steht uns zu. Es steht uns zu, dass vor Ort eine ordentliche Gerichtsbarkeit vorhanden ist. Uns steht zu, dass unsere Kreisstraßen erneuert werden. Es ist bei uns im Landkreis so, dass wir gut 280 km haben; davon werden noch 3 km gefördert. Jetzt muss so eine Kreisstraße mindestens 90 Jahre lang halten. Dazu kann ich nur sagen: Das ist ein sportliches Ziel, oder der ländliche Raum bezahlt es selbst. In eher verdichteten Räumen gibt es weniger Kreisstraßen; manchmal gibt es sogar gar keine Landesstraßen mehr, weil entweder alles örtlich geregelt ist oder es Bundesstraßen sind. Das sind alles Probleme im ländlichen Raum, die hiermit gar nicht angesprochen werden. Deshalb finde ich diese Unterüberschrift schon gewagt: „Entwicklungsplan für den ländlichen Raum schafft Verlässlichkeit und Perspektive“.

Zu Recht sprechen Sie dort an, dass sich der Landtag dafür ausspreche, „auch künftig die volle Kofinanzierung der ELER-Mittel, die die Europäische Union bereitstellt, sicherzustellen“. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit, sonst gehen die Mittel nämlich verloren.

(Beifall bei der SPD – Kurt Wiegel (CDU): In Schleswig-Holstein sah das ganz anders aus!)

Ja, in Schleswig-Holstein. – Jetzt gibt es wieder das sportliche Ziel, zu prüfen, wer in welchem Bundesland wie gehandelt hat. Wir reden hier aber über das reiche Hessen.

(Manfred Pentz (CDU): Wegen euch sind wir nicht so reich!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden über das reiche Hessen. Das reiche Hessen bekommt übrigens, damit es die Fachleute wissen, wenn sie die Bundesländer alle vergleichen, mit 268 Millionen € am wenigsten Geld – mit Ausnahme des Landes Rheinland-Pfalz, das mit 259 Millionen € knapp hinter uns ist und des nicht ganz so großen Saarlands mit 29 Millionen €.

(Timon Gremmels (SPD): So ist es!)

Das ärmere Schleswig-Holstein ist – da kann ich Ihnen die Zahl sagen – mit 348 Millionen € dabei. Jetzt muss man immer sagen: Die Ärmeren müssen größere Kofinanzierungsmittel beibringen, was für die Ärmeren wahrscheinlich nicht ganz so leicht ist. – Insofern gibt es in dem ganzen Prozess, den Sie, Herr Wiegel, zu Recht beschrieben haben, schon eine Logik. Ich sage auch nicht, dass das Geld verloren gehen muss. Ich sage nur: Die Leistung eines reichen Bundeslandes, Kofinanzierungsmittel aufzubieten, ist weniger groß als die eines armen Bundeslandes. – Das war nur das Argument, da wir bei den Mitteln so weit hinten stehen. Bayern bekommt 1,3 Milliarden €. Sie wissen ja, Bayern ist bei Subventionen immer so schlecht dran; denen geht es in Bayern so dreckig. Die kriegen nur 1,3 Milliarden € und wir 268 Millionen €. Dies nur einmal für den Hinterkopf; darüber gibt es ganz viele Diskussionen.

(Manfred Pentz (CDU): Ja, über den Länderfinanzausgleich!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, letztlich will ich noch einen Punkt zur Debatte aufgreifen, die Herr Gremmels zum Thema SuedLink für uns führen durfte, wie es sich mit der Windkraft im ländlichen Raum und der Beteiligung der Kommunen verhält. Glauben Sie denn, da wir die Debatte so komisch geführt haben, dass Hessen-Forst auf exterritorialem Gelände liegt?

(Heiterkeit bei der SPD)

Glauben Sie, dass der Wald, in dem die Windkraftanlagen gebaut werden, die Frage aufwirft, ob die Kommunen hierauf irgendeinen Anspruch hätten? Oder glauben Sie nicht, dass man auf diese zugehen könnte, damit sie einen Teil dessen, was im ländlichen Raum vielleicht auch als Last empfunden wird, durch eine monetäre Zahlung für Initiativen und dergleichen zumindest kompensieren können? Hierzu hat eine Diskussion stattgefunden, als würde das Land Hessen im ländlichen Raum irgendwelche Ländereien besitzen, nach dem Motto: Das ist unser und damit hat es sich, und wo die Moneten hingehen, ist Sache des Landeshaushalts.

(Beifall bei der SPD)