Protocol of the Session on April 29, 2015

Ich will jetzt als einziges Beispiel nur den Ortsvorsitzenden der CDU einer dem Herrn Dietz benachbarten Gemeinde, nämlich Friedberg, ansprechen. Er hat in der vergangenen Woche lautstark erklärt, dass es jetzt in Friedberg höhere Steuern geben müsse – ich meine die Gewerbe- und die Grundsteuer – und dass es auch ansonsten schwieriger werde, sei die Schuld der in Friedberg regierenden Sozialdemokraten. Diese Arbeitsteilung lassen wir Freie Demokraten den Christdemokraten nicht durchgehen.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP) und bei der SPD)

Wenn Sie das hier so beschließen wollen und wenn Sie mit dieser berühmten Zangenbewegung arbeiten wollen, nämlich auf der einen Seite den neuen Kommunalen Finanzausgleich und auf der anderen Seite die Beuth-Erlasse, wenn Sie das alles hier so tragen wollen, dann ist das Ihr gutes Recht. Mehrheit ist Mehrheit.

Vor Ort sagen Sie dann aber: Ätsch, wir haben damit nichts zu tun, das sind die anderen. – So verliert man im Übrigen Kommunalwahlen nur. So kann man sie nicht gewinnen. Wir werden überall dort, wo es so ist, aufdecken, dass die Christdemokraten jedenfalls mit einer gespaltenen Zunge reden. Vielleicht handeln sie sogar danach. Lieber Thomas Schäfer, souverän ist das nicht.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP) und bei Abgeordneten der SPD)

Ich kann, zusammenfassend, eigentlich genau das vortragen, was auf den letzten Seiten der Stellungnahme der In

dustrie- und Handelskammer als Fazit auf den Seiten 28 und 29 steht. Ich kann es noch kürzer machen und sagen: Man hätte den Gesetzentwurf und man hätte den neuen Kommunalen Finanzausgleich auch leistungsfreundlicher insbesondere für die wirtschaftenden Kommunen machen können. Man hätte verhindern können, dass die Bürgerinnen und Bürger, das Gewerbe und die Mieter vor Ort durch massive Steuererhöhungen in Hessen belastet werden.

(Beifall des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Man hätte der kommunalen Selbstverwaltung in Hessen etwas mehr Freiraum geben können.

Diese drei markanten Ziele, die politisch mit dem Kommunalen Finanzausgleich verbunden sind, werden Sie erkennbar nicht erfüllen. Meine sehr geehrten Freunde der Union, sonst würden Ihre Parteifreunde vor Ort nicht die Flucht antreten und das nicht verteidigen, was Sie uns hier in Wiesbaden vortragen.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP) und bei Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich aus dem schon von Thomas Schäfer zitierten Fazit der IHK-Arbeitsgemeinschaft Hessen zitieren:

Die IHK-Arbeitsgemeinschaft lehnt die geplante Erhöhung der Nivellierungshebesätze im KFA ab, da dies letztlich den Wirtschaftsstandort Hessen schädigt.

Dass Unions-Christen eine derartige Äußerung kalt lässt, das überrascht mich. Ich habe in den letzten 20, 25 Jahren der Zusammenarbeit mit den Unions-Christen in diesem Hause von der Union andere Wörter gehört. Ich bin überrascht, dass Sie den Wirtschaftsstandort Hessen schädigen. Sie machen das schon mit Ihren Attacken gegen den Frankfurter Rhein-Main-Flughafen.

(Michael Boddenberg (CDU): Na, also!)

Was Sie mit diesem Schlag gegen das Gewerbe durch die Nivellierungssätze, mit diesem Schlag gegen die Mieterinnen und Mieter machen wollen, das spricht nicht für Sie.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Abschließend: Ich bin mir nicht sicher, ob das Korridormodell aus Thüringen in der jetzt ausgerechneten Form auch tatsächlich vor dem Staatsgerichtshof in Hessen Bestand haben wird.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Ich bin mir deshalb nicht sicher, dass es Bestand haben wird – die IHK hat rechtlich sehr fundiert auch darauf hingewiesen – –

(Clemens Reif (CDU): Was hat die IHK mit dem KFA zu tun?)

Clemens Reif, warum bist du eigentlich so nervös? Sehr geehrter Herr Kollege, Ihre Zwischenrufe sind immer sehr prägnant, aber manchmal haben sie mit der Sache nicht wirklich etwas zu tun.

(Clemens Reif (CDU): Eben! – Lachen des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Korridormodell, so, wie Sie es angewandt haben, hat nämlich eine immanente Wirkung, und die heißt: Es gibt einfach immer weniger. Bei diesem Modell, wie Sie es nutzen wollen,

kann es niemals mehr geben. Es kann noch nicht einmal 100 % geben – es sei denn, alle hätten 100 %. Ansonsten muss es de facto weniger geben. Sie rechnen es zweimal herunter; das ist etwas für Statistiker,

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

lieber Herr Kollege Reif, das ist nichts für Finanzwissenschaftler. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein System, bei dem die Kommunen nur verlieren können.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb werden wir die Beratung natürlich konstruktiv begleiten. Möglicherweise werden wir Ihnen auch noch den einen oder anderen Änderungsvorschlag unterbreiten.

Ich bedanke mich dafür – und damit will ich am Ende versöhnlich schließen –:Herr Dr. Schäfer, erstmals bei einem so wichtigen Gesetzentwurf in diesem Lande, jedenfalls seit ich es überschauen kann, ist das Parlament schon mitgenommen worden, bevor der Gesetzentwurf im Parlament eingebracht worden ist.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wir wussten also schon seit einem oder eineinhalb Jahren, was auf die Kommunen und auf die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande zukommt. Das muss noch verbessert werden. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Willi van Ooyen, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der Einbringung des neuen KFA kommt die Landesregierung einem Urteil des Staatsgerichtshofs nach. Was wir heute erleben, ist also kein besonderer Erfolg der Hessischen Landesregierung, sondern es ist die Folge einer juristischen Niederlage.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nie- derlage? – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ja, ja, darauf kommen wir noch. – Der Ausgangspunkt dieser KFA-Reform ist daher nicht der Wille der Landesregierung, endlich etwas besser zu machen,

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

sondern der Ausgangspunkt ist die Klage der Stadt Alsfeld gegen den verfassungswidrigen Kommunalen Finanzausgleich, den Schwarz-Gelb ab 2011 um etwa 350 Millionen € jährlich gekürzt hatte.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Kürzung war der Anlass für die Kommunen, gegen den KFA zu klagen.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Man muss sagen, dass das Urteil des Staatsgerichtshofs vor allem zwei Dinge festgestellt hat: Erstens ist der alte KFA nicht mit der Hessischen Verfassung vereinbar, weil er die tatsächlichen Bedarfe der Kommunen nicht berücksichtigt hat. Zum Zweiten allerdings hat der Staatsgerichtshof auch

festgestellt, dass die Landesregierung bei dieser Bedarfsbemessung Spielräume hat.

Nur weil sich die Kolleginnen und Kollegen von CDU und GRÜNEN darauf immer beziehen, dass der neue KFA verfassungsgemäß sei: Erstens ist das eine Selbstverständlichkeit

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

zumindest außerhalb Hessens – für die politische Bewertung eines neuen KFA,

(Günter Rudolph (SPD): Das muss sich jetzt noch beweisen!)

und zweitens kann dies nicht das einzige Kriterium sein.

Hier muss man schlicht sagen, dass die Landesregierung aus dem Urteil des Staatsgerichtshofs die Konsequenz zieht: Es gibt keinen Cent mehr für die Kommunen. Die kommunalfeindliche Politik der Vorgängerregierung wird einfach fortgesetzt. Sie haben in einem aufwendigen Verfahren viele Sitzungen abgehalten – davon haben Sie gesprochen –, an denen die Kommunalen Spitzenverbände beteiligt wurden, deren Ergebnis jedoch schon von vornherein feststand. Diese Landesregierung hat viel Energie und Mühe investiert, um letztlich dazu zu kommen, dass der neue KFA, oh Wunder, im Volumen das Land nicht zusätzlich belasten wird. Der Unterschied zum alten KFA ist lediglich folgender: Der alte KFA wurde willkürlich gekürzt – der neue wird aus Berechnung zu klein dimensioniert.

Dieser KFA ist keine Willkür – Herr Schork, in Neu-Isenburg haben Sie darauf hingewiesen, das sei keine Willkür. Ich sage: Er ist eiskalte Berechnung – Berechnung einer Landesregierung, die nicht gewillt ist, die Kommunen in Hessen endlich so auszustatten, dass sie ihre Aufgaben tatsächlich erfüllen können.