Herr Präsident, ich komme zum Schluss meiner Rede. – Der Ministerpräsident und die Landesregierung sind jetzt gefordert. Sie sind mit Aufklärung gefordert, und zwar lückenloser Aufklärung, wie Sie das selbst bezeichnet haben. Das heißt aber auch, dass Sie Ihre Akten vollständig und ungeschwärzt herausgeben und dass es vor allen Dingen weitreichende Aussagegenehmigungen gibt. Eine Aufklärung hinter verschlossenen Türen ist keine Aufklärung. Sie müssen jetzt handeln. Herr Ministerpräsident, Sie haben bislang nur die Presse beleidigt. Die SPD steht zur Pressefreiheit. Jetzt ist Aufklärung gefragt.
Herr Präsident, ich komme zu meinem letzten Satz. – Sie müssen jetzt Ihrer Ankündigung, dass Sie Aufklärung haben wollen, Taten folgen lassen. – Herzlichen Dank.
(Lang anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der LINKEN – Holger Bellino (CDU): Das war eine erbärmliche Rede!)
Frau Kollegin Faeser, vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Boddenberg. Er ist Vorsitzender der CDU-Fraktion.
Ich glaube, wir sollten zunächst einmal feststellen, was uns in diesem Haus in dieser wichtigen Frage eint. Uns eint in dieser wichtigen Frage, dass selbstverständlich alles unternommen werden muss, um die Fehler zu suchen, die entweder in den Strukturen der Sicherheitsbehörden gelegen haben oder vielleicht heute noch liegen. Wir müssen auch menschliches Fehlverhalten untersuchen. Vor allen Dingen müssen wir diese Strukturen verändern, falls dies notwendig ist.
Das Zweite ist Folgendes: Es muss unser aller Interesse sein, dass der Strafprozess in München nach rechtsstaatlichen Prinzipien und möglichst fehlerfrei verläuft, damit die Täter einer gerechten Strafe zugeführt werden.
Ich möchte noch eine letzte Bemerkung vorab machen. Frau Faeser, Kolleginnen und Kollegen, wir sollten bei all dem, was wir hier sagen, nicht vergessen, dass es Angehörige gibt, die sehr genau beobachten, was auch im Hessischen Landtag passiert.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie bei der SPD, der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bis heute hat es eine ganze Reihe Untersuchungen gegeben. Der Deutsche Bundestag hatte einen Untersuchungsausschuss eingerichtet.
Ministerpräsident Volker Bouffier wurde dort als Zeuge vernommen. Es gibt über diese Einvernahme im Internet einen Bericht als Wortprotokoll mit über 78 Seiten.
Der Untersuchungsausschuss des Bundestages ist zu einer ganzen Reihe Vorschläge gekommen. Er sagt, dass besser vernetzt werden müsse und dass bei der Aus- und Fortbildung Dinge verbessert werden müssten. Er kommt auch zu Empfehlungen hinsichtlich der Auswahl und der Eignung der V-Leute. Das alles sind Vorschläge, die selbstverständlich Eingang in die Beratungen im Lande Hessen finden werden.
Es gibt mittlerweile den zweiten Untersuchungsausschuss in Thüringen sowie einen in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen. Wie schon erwähnt, gibt es den Prozess in München.
Wir haben schon im vorletzten Jahr mit der Kanther-Kommission begonnen, die ihre ersten Ergebnisse aus den notwendigen Überprüfungen im Sommer vorgestellt hat. Es ging da um Schlussfolgerungen für unser Bundesland.
Herr Schäfer-Gümbel, es gibt eine Expertenkommission. Darüber haben wir beide zu Beginn der Legislaturperiode gesprochen. Sie ist parteiübergreifend und mit Vertreterinnen und Vertretern aller demokratischen Parteien besetzt.
Zu Ihrer dauerhaft vorgetragenen Mär, wir wollten uns bei der Aufklärung nicht genauso wie Sie engagieren, will ich zunächst feststellen: Wir haben gemeinsam über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses gesprochen.
Herr Schäfer-Gümbel, wir haben das damit genauso gesehen, wie es der Innenminister Gall des Landes BadenWürttemberg noch im letzten Jahr gesehen hat. Er hat im vorletzten Jahr genauso wenig wie Sie einen Untersuchungsausschuss für notwendig erachtet. Herr Präsident, ich werde jetzt aus dem Protokoll der Plenarsitzung vom 21. November 2012 Herrn Kollegen Schäfer-Gümbel zitieren. Er hat Ende des Jahres 2012 gesagt:
Allerdings will ich gerne einen Punkt vor die Klammer ziehen, der mir in dieser Debatte wichtig ist.
Herr Bouffier, wir haben als Fraktion ganz bewusst entschieden, dass wir, nach dem aus unserer Sicht weit überwiegend erfolgreich arbeitenden Untersuchungsausschuss zum Thema NSU in Berlin, in diesem Landtag keinen Untersuchungsausschuss beantragen werden.
Herr Schäfer-Gümbel, wenn Sie das heute anders sehen, dann ist das in Ordnung. Aber es gehört zur Wahrheit dazu, dass auch Sie seinerzeit die Welt anders gesehen haben.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Das kommt ausgerechnet von Ihnen!)
Ich will etwas anderes aufgreifen. Herr Schäfer-Gümbel hat in den letzten Tagen behauptet, die Frage der Aufklärung rund um den NSU sei Gegenstand der Sondierungsgespräche gewesen.
Er hat der „Frankfurter Rundschau“ erklärt, das sei der wesentliche Grund für das Nichtzustandekommen einer Regierungsbeteiligung der SPD gewesen.
Herr Schäfer-Gümbel, das tut Ihnen weh. Wie Sie wissen, ist diese Behauptung falsch. Sie haben seinerzeit auf sieben Seiten im Internet erklärt, worüber in den Sondierungsverhandlungen gesprochen wurde. Da steht kein einziges Wort zu dem von Ihnen angeführten Thema NSU-Untersuchungsausschuss. Das entlarvt sich also selbst.
Es gibt eine ganze Reihe Vorwürfe. Es gibt den Vorwurf, dass Verfassungsschützer gedeckt werden sollten. Herr Schäfer-Gümbel, dazu gehört, dass wir im Jahr 2006, als über die Frage der Zeugeneinvernahme gesprochen wurde, eine Sicherheitslage in diesem Land hatten, die außergewöhnlich war. Es gab viele islamistische Anschlagsdrohungen und -potenziale. Die Situation war außergewöhnlich.
Meine Damen und Herren, ich will die Frage stellen, wie Sie auf die Idee kommen, dass wir verzögern wollten.
Sie werfen Nebelkerzen und wundern sich, dass Ihnen, auch pressebegleitet, vorgeworfen wird, dass das Werfen der Nebelkerzen am Ende dazu führt, dass Sie das Wesentliche nicht mehr sehen. Wir waren es, die dafür gesorgt haben, dass Ihr vorgelegter unzureichender Beweisantrag, den das Oberlandesgericht zurückgewiesen hat, so aufgearbeitet wurde, dass wir am Ende zu einem vernünftigen Verfahren der Aktenherausgabe gekommen sind.
Herr Kollege Boddenberg, zunächst einmal möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die Redezeit langsam zu Ende geht. – Einen Moment bitte. – Frau Kollegin Nancy Faeser will Ihnen trotzdem eine Schluss- oder Zwischenfrage stellen.
Herr Präsident, das können wir nachher klären. Es wurde so oft dazwischengerufen, dass meine Redezeit schon knapp geworden ist.
Herr Kollege Boddenberg, einen Moment. – Wir achten schon darauf, dass hier alle gleich behandelt werden. Es gibt da kein Problem. Sie haben weiterhin das Wort.
Ich will einen letzten Satz zu dem sagen, was Sie, Frau Faeser, eben angesprochen haben, und zu dieser ungeheuerlichen Behauptung. Es ist ein ungeheuerlicher Vorgang, dass behauptet wird, der Verfassungsschutz habe irgendetwas von diesem Ereignis gewusst. Hierzu sagt Bundesanwalt Herbert Diemer:
Diese Deutung halten die Bundesanwälte für falsch. Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten trägt vor, nichts in den abgehörten Gesprächen würde diese Version stützen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Aufforderung an Sie in der Opposition ist folgende: Wir besorgen uns die entsprechenden Protokolle und Unterlagen, die wir zur Bewertung brauchen. Also: Wir klären auf.