Protocol of the Session on February 5, 2014

Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache zu den Tagesordnungspunkten 17 und 29 beendet.

Wir kommen zur Abstimmung über die beiden Anträge. Mir wurde mitgeteilt, dass der Antrag der SPD-Fraktion, Tagesordnungspunkt 29, direkt abgestimmt werden soll.

Ich rufe zunächst den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/32, zur Abstimmung auf. Wer ihm seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen von SPD und LINKEN. Wer enthält sich? – Das ist die Fraktion der FDP. Damit ist dieser Antrag so angenommen.

Ich rufe nun den Dringlichen Antrag der Fraktion der SPD, Drucks. 19/64, auf und frage, wer ihm seine Zustimmung gibt. – Das sind die Fraktionen von SPD, LINKEN und FDP. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen von CDU und GRÜNEN. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Kolleginnen und Kollegen, wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 11:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Ministerin Puttrich muss Verantwortung für rechtswidrige BiblisStilllegung übernehmen – Drucks. 19/26 –

verbunden mit Tagesordnungspunkt 31:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend möglichen Schaden aus Stilllegung des Kernkraftwerks Biblis vom Land Hessen abwenden – Drucks. 19/66 –

Als Erstem erteile ich Herrn Abg. Schmitt von der SPDFraktion das Wort.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Jetzt kommt der neue Stil! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Herr Irmer, das aus Ihrem Munde!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben den vorliegenden Antrag gestellt und den Tagesordnungspunkt gesetzt, weil wir glauben, dass ungeheures, unglaubliches Fehlverhalten der ehemaligen Umweltministerin Puttrich in Hessen endlich politische Konsequenzen haben muss.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Dieses Fehlverhalten, diese unglaublichen, leichtfertigen juristischen Fehler, die bei der Anordnung der vorläufigen Stilllegungsverfügung ergangen sind, hat die Ministerin zu verantworten. Diese Fehler können und werden sehr wahrscheinlich den hessischen Steuerzahler viele Millionen Euro kosten.

Meine Damen und Herren, nach Akteneinsicht kann man sagen, dies ist alles noch viel schlimmer als von uns geglaubt. Zunächst haben wir geglaubt, es war ein Alleingang der Umweltministerin; ihr Haus hat es alleine entwickelt. Nach Aktenstudium stellten wir fest, dass es Warnungen aus dem Justizministerium gegeben hat, so vorzugehen. Es gab Warnungen, auf die Anhörung zu verzichten.

(Zurufe von der SPD: Hört, hört!)

Es gab sogar den Hinweis, dass die Formulierung: „RWE kennt das Vorgehen der Behörde aus den Medien“, als Begründung auf gar keinen Fall halten wird. – Trotzdem ist die Verfügung erlassen worden, und deswegen tragen Sie dafür die zentrale Verantwortung.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Michael Siebel (SPD): Unglaublicher Vorgang!)

Diese törichte Ignoranz einfachster rechtlicher Vorschriften, nämlich dass Betroffene anzuhören sind – das ist erstes Semester Jura. Jeder Verwaltungslehrling lernt es in den ersten Tagen.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Sie haben es nicht gemacht. Das sind haarsträubende und leichtsinnige Fehler. Da muss ich sagen: Wer solche leichtsinnigen und haarsträubenden Fehler macht, der darf keinem Kabinett angehören, ob als Umweltministerin oder zuständig für den Bundesrat.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Trotz Kenntnis dieser Inkompetenz hat Ministerpräsident Bouffier Frau Puttrich wieder ins Kabinett berufen.

(Ismail Tipi (CDU): Gute Wahl!)

Nach Einblick in die Ministeriumsakten wird klar, warum. Denn der Fall Puttrich ist auch ein Fall Bouffier.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): So ist es!)

Herr Bouffier ist selbst tiefer in den Erlass der Verfügung verstrickt, als es bisher bekannt war.

(Zurufe von der SPD: Hört, hört!)

Die Staatskanzlei wurde gezielt davon unterrichtet – es gab einen Hinweis in einer E-Mail –, dass auf die Anhörung verzichtet werden soll, dass diese Passage jetzt in den Entwurf aufgenommen wurde. Außerdem hat die Staatskanzlei selbst Änderungen im Verfügungsentwurf vorgenommen. Deswegen ist der Fall Puttrich zu einem Fall Bouffier geworden, nicht nur wegen der Wiederberufung von Frau Puttrich ins Kabinett,

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

sondern weil die Staatskanzlei selbst an diesem Verfügungsentwurf mitgewirkt hat. Wie gesagt, wie fahrlässig vorgegangen worden ist, ergibt sich aus dem Vermerk des Justizministeriums. Da ist sogar – das ist auch witzig – die

richtige Rechtsgrundlage genannt worden, es ist auf Abs. 3 Satz 1 hingewiesen worden. Das Justizministerium hat es in der kurzen Prüfung besser gewusst als alle anderen. Außerdem ist der Hinweis auf die mangelnde Begründung „Medien“ erfolgt. – Die FDP ist an dieser Stelle fein raus. Das kann auch einmal geschehen.

(Beifall bei der SPD)

Aber was ist mit dieser Warnung passiert? Was ist mit der Warnung aus dem Justizministerium passiert?

(Clemens Reif (CDU): Haben Sie das juristisch prüfen lassen?)

Es ist überhaupt nichts passiert. Es gibt überhaupt keine Reaktion, es ist nichts festzustellen. Sie ist anscheinend abgeheftet worden. Sie ist eingegangen, das ist unstrittig, aber es ist überhaupt nichts damit gemacht worden.

Selbst der Hinweis aus dem Justizministerium: „Falls ihr es mit der Anhörung nicht hinbekommt, kann man notfalls eine Anhörung nachholen“, ist nicht aufgegriffen worden. Spätestens nachdem RWE – am 30. März war das bekannt, am 1. April ist die Klage eingereicht worden; zwölf Tage, nachdem das Moratorium in Kraft gesetzt wurde – die Klage eingereicht hat, hätte die Anhörung nachgeholt werden müssen, um Schaden zu minimieren.

(Beifall bei der SPD)

Aber selbst das wurde verpennt, Frau Ministerin Puttrich. Nach der Akteneinsicht bleibt weiterhin völlig unklar, wer diesen Anhörungsverzicht angeregt hat und wieso er gekommen ist.

Wer hat den Anhörungsverzicht angeregt? War es der Ministerpräsident? Herr Bouffier, Sie haben heute die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen. War es die Ministerin Frau Puttrich? War es der Staatssekretär? War es der Abteilungsleiter, oder war es der Pförtner?

(Günter Schork (CDU): Vielleicht warst du es!)

Herr Bouffier, wir wollen heute von Ihnen wissen, wer diesen Anhörungsverzicht angeregt hat. Wer ist dafür verantwortlich?

Meine Damen und Herren, RWE hat spätestens am Tag, als die Verfügung herausgegeben wurde – einen Tag davor gab es schon dpa-Meldungen –, gesagt: Wir werden dagegen vorgehen. – Warum hat man bei dem hohen Schadensrisiko, das bestanden hat, auf die Anhörung verzichtet? Das bleibt völlig unklar.

Das Gericht hat festgestellt, eine Anhörung wäre möglich gewesen, auch wenn man sagt, es musste schnell gehandelt werden. Das Urteil des VGH hat festgestellt: Eine Anhörung zwischen dem 14. und 18. März wäre möglich gewesen, dem Gericht ist nicht erkenntlich, warum das in dieser Frist nicht möglich gewesen wäre.

Meine Damen und Herren, damit ist auch die Begründung: „Wir mussten rasch handeln“, kein Argument. Das Argument ist Ihnen von dem Gericht weggenommen worden. Es hat ausdrücklich und ausführlich dazu Stellung genommen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zahlreiche Falschbehauptungen von Frau Puttrich und leider auch von Herrn Bouffier gilt es zu korrigieren. Leider setzen Sie – und jetzt sind leider auch die GRÜNEN beteiligt – die Falschinformation der

Öffentlichkeit fort. Dieser Antrag, der hier vorgelegt wird, ist wirklich eine Täuschung der Öffentlichkeit.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Er ist eine Anmaßung gegenüber der dritten Gewalt. Frau Justizministerin, so einem Antrag können Sie nicht zustimmen – Sie werden in der CDU-Fraktion wahrscheinlich sogar zugestimmt haben –, worin steht: „Der Landtag macht deutlich, dass die Rechtswidrigkeit der Verfügung keinerlei Schadenersatzanspruch der Betreiberin des Kernkraftwerks Biblis begründet.“ – Meine Damen und Herren, es ist Sache der Gerichte, das festzustellen, und nicht die des Hessischen Landtags. Wo sind wir denn?

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))