Protocol of the Session on November 4, 2014

Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 26. Plenarsitzung des Hessischen Landtags am heutigen Dienstag, dem 4. November, und heiße Sie, die Landesregierung und die Gäste herzlich willkommen.

(Zurufe: Mikrofon! – Günter Rudolph (SPD): Nichts verstanden!)

Ich kann hier nicht schreien.

(Günter Rudolph (SPD): Es nutzt ja nichts!)

Herr Kollege Rudolph kann mich ja ersetzen, er ist lauter.

(Clemens Reif (CDU): Wir hören nichts!)

Ich höre auch nichts.

(Manfred Pentz (CDU): Das ist die zweite Reihe! – Gegenruf des Abg. Clemens Reif (CDU): Das ist ein neuer Diskriminierungsvorwurf!)

Meine Damen und Herren, ich darf Sie nochmals zu unserer heutigen Sitzung herzlich begrüßen und hoffe, dass wir heute gut durchkommen.

Zunächst will ich die Beschlussfähigkeit feststellen. – Dem widerspricht niemand, dann ist das so.

Die Tagesordnung vom 27. Oktober 2014 mit insgesamt zwei Punkten liegt Ihnen vor. Wie Sie den Tagesordnungspunkten 1 und 2 entnehmen können, werden wir uns heute eingehend mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Hessen für das Haushaltsjahr 2015, Drucks. 19/ 1001, sowie mit dem Antrag der Landesregierung betreffend Finanzplan des Landes Hessen für die Jahre 2014 bis 2018, Drucks. 19/1050, befassen.

Noch nicht umgedruckt – aber ich habe ihn hier liegen – ist ein Dringlicher Antrag der SPD. Deswegen kann ich ihn noch nicht aufrufen. Ich muss warten, bis er umgedruckt ist.

Dann gehen wir erst in der Tagesordnung voran, wie ich sie vorgelesen habe. – Dem widerspricht keiner, sodass wir sie genehmigt haben.

Wir tagen heute bis zur Erledigung der Tagesordnung. Wir beginnen mit Punkt 1, wie oben erwähnt, gemeinsam mit Punkt 2.

Frau Ministerin Puttrich ist ab 17 Uhr nicht mehr hier. Herr Al-Wazir ist ganztägig entschuldigt. Kollege Frankenberger ist erkrankt. Ich wünsche ihm von hier aus gute Besserung.

Meine Damen und Herren, ich habe eben im Foyer des Landtags eine Ausstellung mit dem Titel „Die Mauer ist kaputt!“ eröffnet. Diese Ausstellung ist deswegen etwas ganz Besonderes, weil sie sehr authentisch die Stunden am 9., 10., 11. und 12. November des Jahres 1989 fotografisch dokumentiert. Der Fotograf ist kein anderer als der Präsident des Landesparlaments unserer Partnerregion Wielkopolska, Herr Lech Dymarski. Ihn darf ich auf der Tribüne ganz herzlich begrüßen.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen diese Ausstellung wirklich empfehlen; denn eine Ausstellung zur deutschen Einheit, zum Mauerfall in Berlin von einem, der mittlerweile unser Freund geworden ist, aus unserer Nachbarschaft in Polen, aus der Wielkopolska, ist mit Sicherheit etwas Einmaliges. Deswegen bitte ich Sie, sich das anzuschauen. Die Ausstellung ist bis zum 12. November im Hause zu sehen.

Damit kommen wir zu Tagesordnungspunkt 1:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Hessen für das Haushaltsjahr 2015 (Haus- haltsgesetz 2015) – Drucks. 19/1001 –

Dazu Tagesordnungspunkt 2:

Antrag der Landesregierung betreffend Finanzplan des Landes Hessen für die Jahre 2014 bis 2018 – Drucks. 19/1050 –

Wir beraten beide Punkte in verbundener Debatte, zusammen 45 Minuten pro Fraktion, entsprechend die Richtlinie für die Regierung. Die Reihenfolge in der Aussprache ist festgelegt.

(Abg. Norbert Schmitt (SPD) begibt sich nach vorn.)

Noch nicht, Herr Kollege. Sie können mir die Wortmeldung ruhig geben. Nach dem Minister kommen Sie dran, dann geht es los.

Zur Einbringung des Landeshaushalts 2015 erteile ich dem hessischen Finanzminister Dr. Thomas Schäfer das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor wenigen Monaten haben wir in diesem Hause noch den Nachtragshaushaltsplan für das laufende Jahr beraten und beschlossen, der die ersten Schwerpunkte der neuen Landesregierung abbildet. Nun habe ich die Aufgabe, vor allem aber auch die Freude, den ersten Haushaltsplan einzubringen, für den die neue Landesregierung in Gänze verantwortlich zeichnet.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Koalitionsvertrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt eindeutig klar: Solide Finanzen sind für uns unerlässlich. Dazu stehen diese Landesregierung und insbesondere ich als Finanzminister felsenfest. Dieser Koalitionsvertrag bildet mit seinen Vorgaben den Grundriss, nach dem wir in den kommenden Jahren stabile, strukturstarke Haushalte bauen wollen. Der Abschluss, der Schlussstein, soll der erste Haushalt ohne neue Schulden spätestens im Jahr 2019 sein.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daran arbeiten wir hart, aber dennoch partnerschaftlich konstruktiv. Von dieser Atmosphäre waren die Gespräche mit allen Ressorts im Vorfeld der Haushaltsausstellung getragen, und dafür danke ich meinen Kolleginnen und Kollegen im Kabinett sehr herzlich.

Das Ergebnis dieser Beratungen überzeugt. Klar ausgerichtet an den gesetzlichen Vorgaben der Schuldenbremse, sinkt die Nettokreditaufnahme im Jahr 2015 auf 730 Millionen €. Die mittelfristige Finanzplanung bildet den weiteren Abbaupfad ehrlich ab, ohne auf globale Minderausgaben zurückgreifen zu müssen. Ganz im Gegenteil, im Gegensatz zu vielen vergangenen Jahren haben wir sogar einen Sicherheitspuffer eingeplant.

2018 weist der Landeshaushalt nach derzeitiger Planung einen positiven Finanzierungssaldo auf. Das heißt, vereinfacht ausgedrückt, wir nehmen 2018 erstmalig mehr Geld ein, als wir ausgeben. Wenn wir das schaffen, wäre es das erste Mal seit 1969. Uns gelingt dann das, woran sich die politisch Verantwortlichen die letzten 45 Jahre vergeblich versucht haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger erwarten genau das von uns. Der Haushalt 2015 ist auf diesem Weg ein kraftvoller Auftakt dieser Regierung für diese Entwicklung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bereits vor wenigen Monaten haben wir das Fundament für unsere zukünftige Planung gelegt, als wir die finanzpolitischen Leitlinien formuliert und beschlossen haben.

Es ist ein Novum in der Architektur hessischer Haushaltspolitik, dass sich eine Landesregierung bereits zu Beginn ihrer Regierungsverantwortung an einen finanziellen Fahrplan für die gesamte Wahlperiode bindet. Das ist erkennbar die schwarz-grüne Handschrift für generationengerechte Finanzpolitik. Mag die Farbgebung dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen bislang eher außergewöhnlich sein, so zeigt sich doch eindeutig: Sie denkt in neuen Bahnen, geht neue Wege, und das – davon bin ich fest überzeugt – zum Wohle dieses Landes heute und für die Zukunft.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich die wesentlichen Eckpunkte der Leitlinien noch einmal wiederholen; denn daran wird die Neuausrichtung unserer Finanzpolitik sehr deutlich: Die in der Finanzplanung enthaltenen Ansätze bilden künftig grundsätzlich die Obergrenze der Ressorteckwerte. Mehrausgaben müssen in Zukunft regelmäßig unmittelbar, vollständig und dauerhaft primär aus dem gleichen Politikbereich gegenfinanziert werden. Wir zwingen uns damit selbst, Maß zu halten.

In der Vergangenheit wurde im Konfliktfall allzu häufig und allzu leicht der Ausweg in einer höheren Nettoneuverschuldung gesucht. Dieser Weg ist nunmehr durch die Schuldenbremse in der hessischen Verfassung versperrt – zum Glück, meine Damen und Herren. Zu diesem Weg haben sich fast alle Fraktionen aus diesem Haus entschlossen, und 70 % der Hessinnen und Hessen haben diesen Kurs in einer Volksabstimmung bestätigt. Dafür bin ich den Parlamentariern in diesem Haus, aber vor allem den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land sehr, sehr dankbar.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich, bevor ich auf die Details des neuen Haushalts eingehe, einige Worte zu den Rahmenbedingungen verlieren, um uns allen noch einmal vor Augen zu führen,

in welchem Umfeld wir uns derzeit bewegen. Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 registrierten wir – zumindest in Hessen – eine wachsende Wirtschaftsleistung, sinkende Arbeitslosenzahlen und stetig steigende Steuereinnahmen.

Wir können uns in Hessen wahrlich nicht über schlechte Rahmenbedingungen beklagen, sondern können uns eher gemeinschaftlich darüber freuen, wie schnell wir durch die Krise gekommen sind. Dazu hat auch die hessische Landespolitik mit ihren eigenen konjunkturell stützenden Maßnahmen einen wichtigen Beitrag geleistet.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang gern noch einmal daran, dass wir mit einem eigenen hessischen Sonderinvestitionsprogramm zu den etwas über 700 Millionen € des Bundes noch einmal 1,7 Milliarden € zusätzlich aus Landesmitteln gepackt haben. Zusammen mit den Komplementärmitteln von Land und Kommunen zu den Bundesmitteln hatte das hessische Konjunkturpaket eine Größe von mehr als 2,6 Milliarden €. Die Spuren, die diese stützenden Ausgaben im Haushalt hinterlassen haben, waren enorm, vor allem im Handwerk in unserem Land.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mittlerweile hat sich nicht nur die Wirtschaft erholt – auch trotz der aktuell nicht mehr nur erfreulichen Nachricht von den Prognosen –, ebenso haben sich die öffentlichen Haushalte erholen können. So erreichte Deutschland 2013 insgesamt einen leicht positiven gesamtstaatlichen Finanzierungssaldo von 0,2 % des Bruttoinlandsprodukts. Damit wurden die Anforderungen des Fiskalpakts und des Stabilitäts- und Wachstumspakts deutlich übertroffen.

Die Schuldenquote in Deutschland ist wieder unter die Marke von 80 % des Bruttoinlandsprodukts gesunken. Die Weichenstellung durch die Verankerung der Schuldenbremse im Grundgesetz macht sich bezahlt. Mit jedem Schritt, den die öffentlichen Haushalte dichter an die schwarze Null rücken, sinkt die Schuldenquote des Gesamtstaates.

Die Freude trübt sich jedoch schnell, wirft man einen Blick über die Grenzen Hessens hinaus bzw. auf die gesamtwirtschaftlichen Indikatoren, die einen Fingerzeig auf die mögliche Entwicklung der nächsten Monate und Jahre geben. Zwar haben mittlerweile Spanien, Irland und Portugal den Eurorettungsschirm verlassen und weisen teilweise auch wieder eine stärker wachsende Wirtschaft auf. Die Lage bleibt dennoch angespannt angesichts der Tatsache, dass in Spanien und Griechenland immer noch fast ein Viertel der Menschen ohne Arbeitsplatz ist.

Wer also glaubt, die strukturellen Probleme Europas wären überwunden, der irrt meines Erachtens. Dass ein Land wie Frankreich bei seinen Reform- und Konsolidierungsbemühungen kaum Fortschritte macht, kann zu ernsthaften Problemen für den gesamten Euroraum führen. Die gesenkte Wachstumsprognose für 2014 und 2015 ist ein erstes Anzeichen dafür, dass sich auch in Deutschland die konjunkturelle Lage verschlechtern könnte. In diesen Tagen – heute, morgen und übermorgen – tagt der Arbeitskreis Steuerschätzungen in Wismar. Man darf gespannt darauf sein, ob und, wenn ja, inwieweit sich die reduzierten Wachstumserwartungen auf das Schätzergebnis niederschlagen.

Für das laufende Jahr kann ich für unser Land feststellen, dass die Steuereinnahmen bis zum heutigen Tag eine eher