Protocol of the Session on October 16, 2014

Deshalb sind wir alle aufgerufen, uns über dieses Thema Gedanken zu machen.

(Beifall bei der FDP)

Wer das Herbstgutachten liest, stellt fest, es heißt dort, dass die seit längerer Zeit erwartete Konjunkturbelebung ausbleibt. Wir hatten im ifo-Geschäftsklimaindex sehr negative Daten in den letzten fünf Monaten in Folge. Die Weltwirtschaft weist schlechte Daten auf. Auch wer sich die Quartalsabschlüsse der DAX-Unternehmen anschaut, wird feststellen, dort gibt es klare Indizien dafür, dass sich die Wirtschaft in eine schwierige Richtung entwickelt. Deswegen ist es angesichts der zurückgehenden Auftragseingänge bei deutschen Unternehmen völlig klar, wir müssen Sorge dafür tragen, dass es wieder wirtschaftlich gute Rahmenbedingungen für Investitionen in diesem Land gibt.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Michael Bodden- berg (CDU))

Diese Frage beantworten der Sachverständigenrat und die führenden Wirtschaftsunternehmen sehr kritisch; denn neben der weltwirtschaftlichen Entwicklung sind es auch die binnengemachten Probleme, die sehr massiv sind: Die kalte Progression ist nicht geregelt. Die Mütterrente, die Rente mit 63 und die Frauenquote sind eingeführt worden. Hinzu kommen die Erhöhung der Pflegeleistungen und die Erhöhung der Pflegekarenzzeiten. Die Energiewende läuft in eine falsche Richtung. Infrastrukturprobleme werden nicht gelöst. Diese wirtschaftlich notwendigen Fragen, was die Rahmenbedingungen angeht, werden von dieser Bundesregierung in keiner Weise angegangen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Jetzt aber! Sie befinden sich gerade im doppelten Sinkflug!)

Im Gegenteil, diese Kanzlerin und diese Regierung verschärfen die Situation in Deutschland massiv. Das, was hier passiert, ist unverantwortlich.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, man kann eben nicht ewig über seine Verhältnisse leben, und deshalb war es richtig, dass unter Gerhard Schröder und Wolfgang Clement die Agenda 2010 ins Leben gerufen wurde.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Kollege Rentsch muss das hier vortragen! In Berlin geht es ja nicht mehr!)

So, wie zurzeit unter Führung der Union und der Kanzlerin und mit Assistenz der SPD in Berlin Politik gemacht wird, wird einer Agenda 2020 nicht mehr auszuweichen sein; denn die Rahmenbedingungen sind mittlerweile so katastrophal sind, dass man nicht immer weiter gegen die Grundsätze der deutschen Volkswirtschaft agieren kann.

(Beifall bei der FDP)

Das funktioniert nicht. Deswegen ist es auf der anderen Seite ebenso wichtig, dass wir Rahmenbedingungen setzen, durch die wieder Investitionen in diesem Land hervorgerufen werden. Es gibt eine Reihe von direkten, ganz konkreten Hinweisen der Wirtschaftsforschungsinstitute darauf, was man machen kann.

Neben der Tatsache, dass die Wirtschaftsforschungsinstitute die Abgabenlast gerade der mittelständischen Unternehmen als viel zu hoch einstufen – die steuerlichen Rahmenbedingungen müssen so gesetzt werden, dass diese Unternehmen wieder investieren können –, sind es gerade die Essentials unserer Volkswirtschaft, die gute Infrastruktur, die wir hatten und wiederbekommen müssen, und entsprechende Rahmenbedingungen, was moderne Technologien und Forschung angeht.

Neben der hier angesprochenen Forschungsförderung, die dringend erforderlich ist, damit unsere Unternehmen genauso wie ihre Mitbewerber endlich wieder in die Forschung investieren können und nicht benachteiligt sind, nur weil sie ihren Unternehmensstandort in Deutschland haben und nicht in Frankreich oder in den USA, ist die Energiewende eines der zentralen Themen in diesem Gutachten.

Neben der unglaublichen Preissteigerung – machen Sie sich bei der gerade stattfindenden kleinen EEG-Senkung nichts vor; das wird ab dem 01.01.2016 in eine völlig andere Richtung gehen, das zahlen die Bürger und die Unternehmen in diesem Land – sind auch die Versorgungssicherheit und die Netzstabilität ein zentrales Thema für die führende Industrienation in Europa.

Deshalb will ich eine Prognose wagen: Wenn wir diese Debatte in Deutschland nicht so führen, dass wir wieder Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und damit für mehr Wohlstand und mehr Arbeitsplätze setzen, wird auch die deutsche Lokomotive, die Europa durch diese Krise geführt hat, nicht mehr so stark sein können. Was wäre denn die Alternative dazu? Die Alternative wäre, dass die ganze Eurozone gemeinsam mit Deutschland letztendlich in einer konjunkturellen Katastrophe endet. Das bedeutet Massenarbeitslosigkeit in ganz Europa. Deshalb ist die Verantwortung, die wir hier haben, so groß.

(Beifall bei der FDP)

Schauen wir nach Hessen: Wir haben in Hessen einen Wachstumsmotor mit dem Frankfurter Flughafen, und dieser Frankfurter Flughafen ist eine der zentralen – –

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das war aber ein langer Anflug!)

Frau Kollegin Wissler, der Übergang war gar nicht so unkompliziert. Das muss man ehrlich sagen.

(Minister Tarek Al-Wazir: Wirklich ein langer An- flug!)

Herr Kollege Al-Wazir, dass Sie sich nicht mit Weltwirtschaft beschäftigen, habe ich in den letzten Tagen gemerkt. Aber das Ministerium hat mehr Kompetenzen als nur Energiewende und Fluglärmvermeidung.

(Beifall bei der FDP)

Es ist Ihre Aufgabe, sich nicht nur mit dem Fluglärm am Frankfurter Flughafen zu befassen, sondern vor allem auch einmal die Wachstumsperspektiven dieses Jobmotors in den Blick zu nehmen. Es geht nicht nur um die negativen Seiten dieses Flughafens. Das würde ich mir wünschen.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb kann man, wenn man sich die Zahlen anschaut, feststellen: Ohne den Frankfurter Flughafen wäre Hessen nicht der Erfolgsstandort für die Wirtschaft, der es ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Nein, Herr Dr. Arnold, wir bestreiten das gar nicht. Zu Ihrem Antrag werde ich noch etwas sagen. Aber es ist auch gut, dass wir beide diesen Grundkonsens haben: dass es uns, wenn wir über diesen Flughafen debattieren, nicht nur um das geht, was negativ ist, sondern dass wir mit der Entscheidung, den Flughafen zu erweitern und einen Planfeststellungsbeschluss zu machen, der 701.000 Flüge vorsieht, immer erreichen wollten, dass dieser Flughafen weiter wächst und mehr Wohlstand und mehr Arbeitsplätze in unserem Land – und in der ganzen Bundesrepublik – erzeugt. Das war unser Ziel. Wir, die FDP, bleiben bei diesem Ziel.

(Beifall bei der FDP)

Ihr Koalitionspartner hat lange, auch in diesem Haus, die These vertreten: Wachstum muss nicht sein; man kann doch auch zufrieden sein mit dem, was man hat. – Diese Theorie, die nicht so sehr aus der Volkswirtschaft, sondern eher aus der Esoterik stammt, führt aber dazu, dass wir in Deutschland einen Rückschritt machen, wenn wir kein Wachstum haben.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Was steht denn dazu im Koalitionsvertrag?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, kein Wachstum bedeutet – Herr Kollege Arnold, es ist toll, dass wir uns einig sind, das ist doch prima –, dass wir an dieser Stelle für mehr Wachstum sorgen müssen. Deshalb sage ich Ihnen: Wer mehr Wachstum einer Aktiengesellschaft will, eiert auch nicht herum, wenn es darum geht, dass notwendige Voraussetzungen geschaffen werden, damit dieses Wachstum weiter eintritt.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Wo steht denn das im Koalitionsvertrag?)

Deshalb stellt sich die Frage – ob Sie das machen, weiß ich nicht, aber ich komme dazu noch –: Was müssen wir ma

chen, um mehr Wachstum zu erzeugen? Abgesehen von der Tatsache, dass ich finde, dass der Fraport-Vorstand mit seinen Entscheidungen und dem, was in der letzten Zeit dort gemacht worden ist, auf jeden Fall Rahmenbedingungen geschaffen hat, dass dort mehr Wachstum passieren kann, sind wir natürlich auch als Landtag und als Gesellschafter dieser wichtigen Institution aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es Wachstum wirklich gibt und diesen Flughafen nicht von innen oder außen zu bekämpfen. Herr Kollege Arnold, das ist die Pflicht, die wir haben.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Ich weiß nicht, ob Sie das, was Herr Kollege Kaufmann im Aufsichtsrat macht, als Förderung des Unternehmenszwecks sehen oder nicht. Aber das steht heute nicht zur Debatte. Das müssen Sie beantworten; Sie haben die Entscheidung getroffen, einen der profiliertesten Flughafengegner in den Aufsichtsrat der Fraport zu holen. Diese Entscheidung haben nicht wir getroffen; das haben wir auch nicht zu verantworten. Das war Ihre Entscheidung.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU: Ei, ei, ei!)

Alle Zahlen weisen darauf hin, dass dieser Flughafen in den nächsten Jahren Wachstumspotenziale hat. Das Gutachten der Fraport ist eindeutig, wenn es darum geht, das Wachstumspotenzial zu prophezeien. Wer sich den Wettbewerb mit anderen Flughäfen anschaut, stellt fest, dass wir von 2012 auf 2013 eben von Platz 11 auf Platz 12 zurückgefallen sind.

Deshalb ist es richtig, dass Stefan Schulte mit seinem Team gesagt hat: Wir wollen weiter Rahmenbedingungen schaffen; und das Terminal 3 ist eine Notwendigkeit, um das Wachstum an diesem Flughafen weiter zu forcieren. – Es geht um Investitionen von 2,5 bis 3 Milliarden €. Deshalb ist die Conclusio dieser Debatte doch, dass jeder, der in dieser Landesregierung Verantwortung trägt, dafür Sorge trägt, dass die Frage Terminal 3 positiv beantwortet wird und nicht negativ.

Herr Kollege Dr. Arnold, stattdessen machen Sie – jetzt komme ich wieder zu Ihnen – einen Antrag mit einem Punkt drei, in dem steht, die Landesregierung bitte den Landtag, diese Unterlagen kritisch zu prüfen – abgesehen von dem Aspekt, dass Baurecht nicht gleich Baupflicht ist. Ich als Jurist verweise nur einmal auf § 64 Abs. 7 der Hessischen Bauordnung, aber das kann man lange diskutieren.

Meine Damen und Herren, was soll denn das bedeuten? Was heißt denn, „kritisch zu prüfen“? In dem Moment, in dem der Vorstand der Fraport den Antrag gestellt hat, das Terminal 3 zu bauen, hat er nach den Vorschriften des Aktiengesetzes diese Pflicht zu erfüllen. Ich zitiere § 93 Abs. 1 Satz 1 des Aktiengesetzes:

Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden.

Werfen Sie ihnen vor, dass sie das nicht gemacht haben? Die Abberufung der Vorstandsmitglieder geht nach § 84 Abs. 3 Aktiengesetz bei grober Pflichtverletzung. Sehen Sie das bei dem Vorstand der Fraport? Oder was ist die Botschaft dieses Antrags? Auf welcher Rechtsgrundlage wollen Sie denn die Entscheidung der Fraport bewerten?

All diese Debatten sind doch nur dem geschuldet, was wir seit Jahren kennen, und mündeten im Wahlprogramm der GRÜNEN. Das ist doch die Grundlage für diese ganze abstruse Debatte, die dazu führt, dass eine der größten Investitionen in unserem Land, die so notwendig ist, möglicherweise in Gefahr gerät.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Herr Präsident, deshalb mein letzter Satz. – Der Verzicht auf den Bau des Terminals 3 sowie eine rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen der Bevölkerung, dem Land und der Betreiber gegen einen weiteren Ausbau am Flughafen Frankfurt ist das Wahlprogramm der GRÜNEN. Das ist der Grund, warum wir diese Debatte überhaupt führen: Damit Herr Al-Wazir aus seinen großmundigen Ankündigungen, die er im Wahlkampf gemacht hat, einen Ausweg bekommt. – Herr Kollege Dr. Arnold, wenn das aber dazu führt, dass dieser Flughafen und sein Potenzial im Rahmen des Wettbewerbs mit anderen Flughäfen in Gefahr geraten, dann geht hier Partei vor Staat.

Allerletzter Satz, bitte.

Ich werfe Ihnen vor, dass Sie sehenden Auges in eine solche Debatte laufen und den GRÜNEN diese Luft lassen, damit diese wieder mit ihrer Wählerklientel übereinkommen. Das ist ein Fehler an der Volkswirtschaft, und das kann für unseren Standort eine Gefahr bedeuten, was den Wettbewerb und den Wohlstand angeht. Das darf nicht eintreten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)