Protocol of the Session on October 16, 2014

Erstens. Die Regelungen zur Dauer der Praxisphase sollten im Interesse der Gleichbehandlung der vom Gesetz erfassten Ausbildungen einheitlich sein. Wenn gleiche Augenhö

he der Kindheitspädagogen mit den übrigen Sozialberufen ein Thema war, das mit dem Gesetz endlich gelöst wird, dann sollte auch die Praxisphase vergleichbar geregelt sein. Sie dauert in der Regel ein Jahr, oder sie wird im Rahmen der Erprobungsphase auf 100 Tage verkürzt, was dann vom Ministerium genehmigt werden und in eine spezifische Evaluation nach fünf Jahren münden muss.

Zweitens. Fachlich sollte Orientierungspunkt das Reglement der Erzieherinnenausbildung an staatlichen Fachschulen sein, das ebenfalls ein volles Anerkennungsjahr vorsieht und die von JMK und KMK zugelassene Verkürzung lediglich auf individuellen Antrag gewährt. Es macht schlicht und ergreifend Sinn, dass die Arbeit mit Kindern nicht on the Job ausprobiert, sondern in einer sehr sorgfältigen und zeitlich ausreichenden Verzahnung von Theorie und Praxis erlernt wird.

Drittens. Die bestehenden hessischen Studiengänge der Kindheitspädagogik und auch die Studierenden haben studienorganisatorische bzw. Studienwahlentscheidungen im Vertrauen auf die bisherigen Regelungen getroffen. Sie sollen dafür nicht bestraft werden und ihre teilweise verkürzten Praxisregelungen dafür im Rahmen der turnusmäßigen Reakkreditierungsmaßnahmen überprüfen lassen. Wir halten dies auch deshalb für vertretbar, weil es sich um eine Mindestvorgabe handelt, die in der Praxis teilweise auch überschritten wird. Auch das haben wir hier schon einmal besprochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir ist bewusst, dass es unter den Kollegen und Kolleginnen der Oppositionsfraktionen ein Bedauern, vielleicht auch eine Verärgerung gab, als unser Änderungsantrag sehr spät auf den Tisch kam. Wir haben uns mit den Ergebnissen der Anhörung genauso wie mit den Schlussfolgerungen der FDP sehr intensiv auseinandergesetzt, um die unseres Erachtens dann richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

Ich denke, im Ergebnis liegt uns heute ein gelungener Gesetzentwurf vor, mit dem wir das Berufsbild der Kindheitspädagogen weiter aufwerten und den Absolventen neue Perspektiven eröffnen können. Deshalb würde ich mich sehr freuen, wenn er auch die Zustimmung der Oppositionsfraktionen erhalten könnte. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Kollegin Schott, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geschieht nicht so oft, dass ich Frau Wiesmann inhaltlich vollumfänglich zustimmen kann, aber es passiert. Und dann tue ich es auch – habe ich kein Problem mit.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte trotzdem noch etwas zum Verfahren sagen. Minister Al-Wazir hat eben vom oppositionellen Ritual gesprochen. Es gibt aber so ein Ritual auch bei der Regierung und bei den Regierungsfraktionen. Und das Ritual lautet: Was immer die Opposition tut, egal, wie klug, wie umsich

tig und wie nachvollziehbar es ist, wir stimmen dagegen, und im Zweifelsfall basteln wir einen Abfangjäger.

Der Änderungsentwurf der FDP war aus meiner Sicht sehr klar. Auch das ist sicherlich etwas, was eher verwunderlich ist, dass ich der FDP zustimme. Es ist also hier jetzt kein Oppositionsgemauschel. Er war sehr klar und sehr geradlinig. Er ist das Thema von vorne nach hinten in der richtigen Reihenfolge angegangen.

Nun musste aber die Landesregierung selbstverständlich eine Änderung auf den Tisch legen. Dafür hat sie ziemlich lange gebraucht, weil im Prinzip schon vorher klar war, dass es so nicht gehen kann. Es hätte eigentlich den Schreibern des ersten Entwurfs schon rechtzeitig auffallen müssen, dass wir hier nicht eine Ausbildung, die im Vergleich zu den anderen dann doch schmalspuriger gewesen wäre, auf Augenhöhe anheben können.

Vielmehr muss man schon sagen: Wenn es ein Jahr dauern soll, dann soll es das für alle tun. Es geht um Kinder. Das kann man nicht in der Theorie lernen. Ich kann fünfmal nachlesen, wie es sich anfühlt, wenn mir ein Kind vors Knie tritt. Das ist aber etwas anderes, als wenn es das tatsächlich tut. Das muss ich in der Praxis erproben. Dafür brauche ich Zeit. Das hätte gleich richtig gemacht werden können.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das ist versäumt worden. Das wurde von den Fachleuten aufgeschrieben, die damit zu tun haben. Es wurde versäumt, das ernst zu nehmen.

Ich bin wirklich froh, dass es dann doch noch aufgenommen wurde und dass wir das nicht am Ende kraft Ihrer Mehrheit so beschlossen hätten. Ich bin wirklich froh, dass das geändert wird.

Es gab reichlich Zeit, das zu ändern. Dann schreibt eine kleine Oppositionsfraktion einen Änderungsantrag, der wirklich klar und nachvollziehbar ist. Den muss man nicht fünfmal lesen, um ihn zu verstehen. Man muss nicht drei Juristen fragen: Wie muss ich das verstehen? – Vielmehr kann auch der betroffene geneigte Laie den Text lesen und verstehen, was der Gesetzestext ihm sagen will.

Dem hätte man zustimmen können. Da wäre niemandem ein Zacken aus der Krone gebrochen. Denn im Prinzip steht hinsichtlich dessen, was gewollt ist, das Gleiche drin.

Aber das geht natürlich nicht. Das kann diese Regierung nicht tun. Denn sie hat da ein Ritual. Das könnte man auch einen Reflex nennen.

Stattdessen kriegen wir in der Ausschusssitzung einen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf als Tischvorlage. Das ist schon an und für sich eine Zumutung. Man könnte jetzt sagen: Gut, das kommt jetzt ein bisschen spät, es drängt uns nicht, wir schieben das Ganze noch einmal eine Runde. Dann könnten es sich alle anschauen und feststellen, ob sie es gut finden oder ob da noch ein Problem besteht.

Nein, das muss dann mit der Macht der Mehrheit durchgezogen werden. Das hat dann dazu geführt, dass man eigentlich gezwungen wäre – wenn man es denn täte –, in einer solchen Sitzung den Entwurf eines Gesetzestextes zu verstehen, der eine Änderung einer Änderung einer Änderung ist und der dazu noch so kompliziert ist, dass man ihn beim Lesen nicht verstehen kann.

Das ist das Ergebnis, das wir jetzt bekommen. Wir werden jetzt ein Gesetz bekommen, das eigentlich nicht mehr lesbar ist. Wir bekommen es deshalb in dieser Form, weil die Regierung es nicht erträgt, der Opposition zuzustimmen. Das finde ich bedauerlich.

Wir haben uns in der Ausschusssitzung wegen genau dieser Schwierigkeit der Stimme enthalten. Wir haben das geprüft. Es kommt am Ende das heraus, was herauskommen soll.

Ich hätte mir tatsächlich gewünscht, dass man den Studiengängen, die jetzt verkürzt arbeiten, eine kürzere Frist setzt und ihnen sagt: bitte unmittelbar nacharbeiten und unmittelbar verändern. Mir persönlich ist die Schleife da ein bisschen lang. Aber ich kann mit dieser Schleife leben. Das ist nicht der Grund, weshalb wir nicht zustimmen könnten.

Deshalb wird es von unserer Seite Zustimmung geben. Denn ich bin froh, dass wir hier eine Regelung bekommen werden, die den Menschen, die diesen Studiengang absolvieren, tatsächlich Chancen auf dem Arbeitsmarkt einräumt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie der Abg. Dr. Daniela Neuschäfer (SPD))

Die nächste Wortmeldung stammt von Frau Kollegin Neuschäfer für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt bisher keinen bundesweit einheitlich geregelten Berufszugang für Kindheitspädagogen. Absolventinnen und Absolventen der Studiengänge Bildung und Erziehung in der Kindheit erhalten in manchen Bundesländern keine Anerkennung. Derzeit ist das auch noch in Hessen der Fall. Wenn sie das Bundesland wechseln wollen, verhindert die fehlende staatliche Anerkennung oftmals eine Anstellung. Die staatliche Anerkennung ist Ausdruck für die fachliche Befähigung und für die Professionalität.

(Beifall bei der SPD)

Sie ermöglicht, über die entsprechenden Qualifikationsanforderungen Klarheit zu gewinnen, und stellt zugleich einen wichtigen Schritt für die Durchlässigkeit zwischen den Ländern dar. Vor diesem Hintergrund ist es gut, dass nun endlich die Anerkennung der Kindheitspädagogen auch in Hessen verankert werden soll.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Mehrzahl der Länder hat diese staatliche Anerkennung bereits realisiert. Laut der Studie der Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung im Kindesalter hat das hessische Ministerium am 17. August 2008 es zunächst nicht für notwendig erachtet, eine staatliche Anerkennung einzuführen. Nun befindet sich aber die Anerkennung in Hessen kurz vor Verabschiedung eines Gesetzentwurfs. Das ist ein bedeutender Schritt zur Professionalisierung.

(Beifall bei der SPD)

Notwendig ist die staatliche Anerkennung, um eine höhere Bildungsqualität in den Einrichtungen zu erreichen, um an europäisches Niveau anzuschließen, um Qualifikation, Inhalt und Nutzen klar zu definieren, aber auch um die Ein

gruppierung dieser Berufsgruppe durch den neuen Qualifikationszuschnitt neu und klar zu ordnen. Wenn keine monetäre Gleichbehandlung zu anderen Hochschulabsolventen erfolgen sollte, würden die Absolventinnen und Absolventen der Studiengänge auf dem Arbeitsmarkt trotz Studium weiterhin benachteiligt werden, zumal ein nicht unerheblicher Anteil der Studierenden vor dem Studium eine Ausbildung zum Erzieher oder zur Erzieherin absolviert hat. Sie qualifizieren sich auch mit der Motivation weiter, anschließend mehr Geld zu verdienen.

Die Tätigkeit der Kindheitspädagogen muss wie die sozialpädagogische Arbeit von einer Lehrkraft bewertet werden. Daraus folgt, dass sich eine Qualifizierung an einer Hochschule in der Höhe des Gehalts niederschlagen muss. Anders gesagt: Die Aufwertung durch die staatliche Anerkennung muss auch monetär erfolgen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Janine Wissler und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Bezüglich des Änderungsantrags der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind zwei Dinge festzuhalten: Erstens. Sofern es zur Verabschiedung kommen wird, wird die staatliche Anerkennung immer eine ausreichende und nachgewiesene Tätigkeit in der Praxis der Kinderpädagogik brauchen. Das ist auch wichtig. Gerade in sozialen Berufen ist die Verbindung von Theorie bzw. wissenschaftlichem Studium und Praxisbezug essenziell.

Zweitens geht es um die Übergangsregelung bzw. den Bestandsschutz, den schon Frau Wiesmann ausführlich erläutert hat. Das soll mit § 9 Abs. 2 geregelt werden. Das hätte aber noch besser herausgearbeitet werden können. Da kann ich mich nur der Rede der Frau Schott, die ich gerade nicht sehe, anschließen. Das ist in dem Änderungsantrag der FDP-Fraktion viel besser formuliert.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ich möchte noch einmal an die Durchlässigkeit erinnern, allerdings nicht bezüglich der Länder. Denn die wäre durch die Anerkennung gegeben.

Bereits während der ersten Lesung habe ich darauf hingewiesen, dass die Praxiserfahrung der Erzieherinnen und Erzieher anerkannt werden muss. Das Gleiche gilt für die Kinderpfleger und die Sozialassistenten beim Einstieg. Genauso gilt das für die Durchlässigkeit zwischen den Hochschulen, und zwar durch Angleichung und Anerkennung der Credit Points. Hier gibt es Verbesserungsoptionen, die in der Hochschule konsequent umgesetzt werden könnten, um, erstens, den Studiengang weiter zu beleben und, zweitens, diesen Studiengang attraktiver zu gestalten.

Meine Kritik bezüglich des Vorstoßes, die Anerkennung der Kindheitspädagogen und der Kindheitspädagoginnen umzusetzen, bleibt. Denn auf der Grundlage der Empfehlung der Jugend- und Familienministerkonferenz und des Orientierungsrahmens Bildung und Erziehung aus dem Jahr 2010 hätte die Anerkennung bereits, so wie in vielen Ländern schon geschehen, frühzeitiger realisiert werden können.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Rhein, die verspätete Planung sei, so sagten Sie, während der ersten Lesung dem Wahlkampf und der Zeit des Wechsels geschuldet. Ich habe meinen Wahlkampf im Jahr 2013 geführt. Ich kann mich erinnern, dass

sich der Wechsel der Legislaturperiode im Jahr 2014 und nicht bereits im Jahr 2013 vollzog.

Lassen wir das gut sein. Die Anerkennung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auch wir werden zustimmen.

Lassen Sie mich noch einige wenige Sätze als neue Abgeordnete sagen. Ich finde es gut, dass diese Gesetzesänderung in einer kaum vorstellbaren Einmütigkeit gelingen wird. Die Neuregelung wird gemeinsam beschlossen werden. Das ist nicht zuletzt der Sache dienlich und wäre für andere Beratungen und Debatten oftmals wünschenswert. – Herzlichen Dank.