Ich kenne diesen Fall nun auch seit 13 Jahren, in den verschiedenen Funktionen, die ich in den letzten 13 Jahren in diesem Haus und in der Hessischen Landesregierung innehatte. Ich kann für mich selbst und die FDP-Fraktion nur sagen: Wir bedauern es außerordentlich, dass ganz offensichtlich durch einen Fehler eines Arztes, eines Psychologen – ich weiß nicht, welche Ausbildung er hat, das ist auch egal, und ob es wirklich ein Fehler war, kann ich nicht beurteilen, ich bin Jurist –, das Schicksal von vier Mitarbeitern der Steuerfahndung des Landes Hessen erheblich beeinträchtigt worden ist. Das bedauern wir. Das finden wir unheimlich schade.
Da ich in den letzten 13 Jahren auch persönlich Kontakt mit den Betroffenen hatte, kann ich mir ein Bild darüber machen, wie diese Personen darunter gelitten haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist kein Skandal der Landesregierung, und es ist auch kein Skandal der Finanzverwaltung.
Ich glaube noch nicht einmal, dass es ein Skandal des medizinischen Dienstes des Landes Hessen ist. Trotzdem ist es ein Vorgang, der nicht passieren darf. Ich darf im Namen meiner Fraktion sagen: Wir entschuldigen uns bei den vier Steuerbeamten dafür, dass ihnen dieses Leid widerfahren ist.
Als Person, aber auch als ehemaliger Staatsminister der Justiz des Landes Hessen lassen Sie mich bitte noch eines dazu sagen: Mein Vertrauen in den Rechtsstaat hat dieses Verfahren wieder bestätigt. Ganz offensichtlich funktio
niert unser Rechtsstaat sehr, sehr gut. Aus Sicht der Betroffenen hat es teilweise vielleicht ein bisschen zu lange gedauert. Der Rechtsstaat hat sich mit diesem Thema aber erst seit zwei bis drei Jahren beschäftigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen wir dieses Thema im Plenum ruhen. Die namentliche Abstimmung ist ein Showeffekt, den man bei einem solchen Verfahren nicht macht. Ich sage Ihnen: Die FDP-Fraktion stimmt Ihrem Antrag zu.
Hören Sie damit auf, das in namentlicher Abstimmung zu machen. Das ist keine Shownummer. Das ist todernst. Gott sei Dank hat der Rechtsstaat dieses Verfahren aufgenommen und wird es zu einem guten Ende führen. – Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Das Wort hat der Abg. Frank-Peter Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ruhestandsversetzung der vier ehemaligen Frankfurter Steuerfahnder in den Jahren 2007 bis 2009 war keine Glanztat behördlichen Verhaltens und auch kein Musterbeispiel an Fürsorge durch den Dienstherrn. Wenn dieses Thema auf der Tagesordnung steht, haben meine Fraktion und ich überhaupt kein Problem damit, Herr Kollege Schmitt, Ihnen und der Öffentlichkeit zu sagen: Diese Zustände tun uns leid, und wir entschuldigen uns dafür.
Herr Kollege Schmitt, Sie haben unsere Aktivitäten dazu seinerzeit im Untersuchungsausschuss 18/1 angesprochen. Dazu verweise ich auf den Text unseres Abschlussberichts. Genau das haben wir damals festgestellt. Diese Feststellung halten wir unverändert für gültig.
Genau deshalb ist es doch richtig, eine einvernehmliche Beendigung der Auseinandersetzungen anzustreben, und zwar weniger wegen eines Schicksals oder der möglichen Belastung heute oder damals noch agierender Menschen im Landesdienst, sondern vor allem wegen der vier Betroffenen. Um deren Schicksal geht es, nachdem ihnen Unrecht getan wurde.
Ich bedanke mich für den Beifall von der SPD. Aber in dem Zusammenhang wäre es schon empfehlenswert, dieses Verfahren jetzt nicht in dieser Art und Weise in die Öffentlichkeit zu ziehen. Das von der Finanzverwaltung angeregte Verfahren wird aus unserer Sicht in sehr guter und geeigneter Weise betrieben. Es wird für alle Beteiligten nicht hilfreich sein, dies so in der Öffentlichkeit auszubreiten. Vor allem die Steuerfahnder, die bereits zu leiden hatten,
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass die Verfahren und Rechtsstreite noch nicht abgeschlossen sind. Das macht es sehr schwierig, Äußerungen des Landtags oder der Landesregierung zu verlangen, die natürlich auch juristische Qualitäten enthalten können. Dazu gehört das Wort „vollständige Rehabilitierung“.
Das ist einigermaßen schwierig, die Experten im Beamtenrecht werden das nachvollziehen können. Das, was man mit dem Begriff Rehabilitierung bezeichnet, ist vor dem Hintergrund der gegebenen Sachlage ein etwas schwierigerer Komplex. Deshalb besteht der Abschluss des Gesamtverfahrens im Sinne der vier betroffenen Personen, der drei Steuerfahnder und der einen Steuerfahnderin, darin, sich darauf zu einigen, dass eine Rückkehr in den Beruf möglich ist und eine gemeinsame Perspektive entwickelt wird.
Das sollte dann zum Abschluss erhoben werden. Wir begrüßen ausdrücklich das, was der Finanzminister heute noch einmal dargestellt hat, dass man dort Aktivitäten unternimmt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dabei sind diplomatisches Geschick und Feinfühligkeit besser als öffentliche Debatten über Schuldfragen und Entschuldigungen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Das sagt der Richtige, der Experte für Diplomatie!)
Wir wünschen dem Finanzminister und seinen mit dieser Angelegenheit betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesem Zusammenhang eine glückliche Hand und hoffen auch, dass die ehemaligen Steuerfahnder die Chancen erkennen und ergreifen und eine Wiedereingliederung in den Dienst und eine positive Perspektive beim Land haben werden.
Meine Damen und Herren, entnehmen Sie aus dieser Debatte bitte, dass wir GRÜNE die Sache noch nicht für erledigt halten. Sie ist und bleibt kein Ruhmesblatt hessischer Personalpolitik. Sie harrt auch noch einer befriedigenden Lösung. Diese Lösung sollte alsbald gefunden werden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war im Jahr 2009, als der Gutachter Dr. H. von einem Berufsgericht zu einer Geldbuße von 12.000 € verurteilt wurde, und zwar wegen seiner fehlerhaften Begutachtung, die zur Zwangspensionierung der vier Steuerfahnder geführt hatte.
Im Bericht des Untersuchungsausschusses der damaligen Mehrheit von CDU und FDP heißt es Mitte 2012, also drei Jahre später, über Herrn Dr. H.:
Herr Dr. H. war nach dem Ergebnis der Ermittlungen ein fähiger Facharzt mit einem guten Ruf, der sich über Jahre hinweg durch qualitativ nicht zu beanstandende Gutachten hohes Ansehen und Vertrauen beim Hessischen Versorgungsamt erworben hat.
Ein Zeuge sagte über Herrn Dr. H. im Untersuchungsausschuss aber aus, dass dieser als „Totschreiber“ in der hessischen Verwaltung bekannt gewesen sei.
Nun hat erneut ein Gericht festgestellt, dass die Reputation, die Schwarz-Gelb Herrn H. angedichtet hat, nicht gerechtfertigt war. Mit Diagnosen wie beispielsweise einer „paranoid-querulatorischen Entwicklung“ oder einer „Anpassungsstörung mit depressiven, psychosomatischen und partiell paranoiden Symptomen“ wurden nicht nur fähige Steuerfahnder aus dem Dienst entfernt, weil sie teilweise in Banken und Amtsstuben erfolgreich ermittelt hatten. Mit diesen Gutachten wurde ganz offensichtlich versucht, diese Menschen kaputtzuschreiben.
Selbst der Menschenrechtsbeauftragte der Landesärztekammer hielt dieses Gutachten dabei nicht nur für offensichtlich falsch, sondern sagte:
Das sind Gefälligkeitsgutachten. Sie gleichen wie ein Ei dem anderen. Hier wollte man offensichtlich etwas erreichen.
Und selbst im Untersuchungsbericht der GRÜNEN lässt sich zumindest herauslesen, dass die Gutachten von Herrn H. Auffälligkeiten zeigen. So schreiben die GRÜNEN damals, dass es auffällig gewesen sei,
… dass sämtliche von Dr. H. durchgeführte Untersuchungen mit dem Ergebnis „dienstunfähig“ endeten, sofern die Untersuchung durch die OFD oder das Finanzamt Frankfurt V veranlasst wurde; bei den anderen Auftraggebern liegt die Quote mit 12,5 % deutlich niedriger.
Man könnte nun auf die Idee kommen, dass in einem Rechtsstaat, wenn Menschen offensichtlich Unrecht von staatlicher Seite geschieht, man darangeht, diese Menschen zu rehabilitieren und – das ist die Voraussetzung, um einen Prozess der Wiedereingliederung zu erreichen – sich bei ihnen zu entschuldigen.
Das aber ist nicht geschehen. Es gab lediglich ein halbherziges Angebot zu Gesprächen mit den Betroffenen und ein vages Angebot, wieder in den Landesdienst zurückzukehren.
Nein, es gab ja auch ein Schreiben vom Dezember 2010, auf das nicht geantwortet wurde. Wir können nicht in die Details gehen, das will ich an dieser Stelle auch gar nicht, das gehört nicht hierher.
Nur, um deutlich zu machen, was die Steuerfahnder erwarten und, wie ich glaube, auch zu Recht, möchte ich eine der Betroffenen zitieren, die im Untersuchungsausschuss ausgesagt hat:
Ich hatte in dem Moment keine Veranlassung, zu glauben, dass es dadurch besser würde, weil keine einzige Maßnahme, kein einziges Wort an mich gerichtet wurde, dass es tatsächlich ernsthaft darum ging, mich wieder zurück in die Finanzverwaltung zu holen. Es wurde nicht mit mir gesprochen, es wurde sich nicht bei mir entschuldigt, es wurde nicht aufgeklärt, warum der Gutachter vorsätzlich falsch gehandelt hat. Es wurde nicht aufgeklärt, warum man sich jetzt plötzlich dazu entschloss, nachdem ich es jahrelang vorher versucht hatte, mich wieder zurückzuholen.
Genau das steht aber an. Das Verhalten mancher Abgeordneter im Untersuchungsausschuss – Herr Beuth ist gerade nicht da – gegenüber den Betroffenen sollte heute ein Ende finden und in einer Entschuldigung des Landtags münden.