Protocol of the Session on February 4, 2014

Hier passende Antworten zu geben ist eine Daueraufgabe. Auch hier gibt es niemanden, der die Erkenntnisse für sich gepachtet hat. Auch hier müssen wir offen sein und die Zukunft möglichst gemeinsam gestalten.

Ich will ein Beispiel nennen: die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, insbesondere im Ballungsgebiet und in den Universitätsstädten. Unser Sonderprogramm für den Wohnungsbau mit insgesamt 15 Schwerpunkten ist in der Umsetzung und zeigt erste Erfolge. Studentischer Wohnraum wurde geschaffen. Sehr gute Erfahrungen haben wir auch mit dem Kauf von Belegungsrechten gemacht oder mit der Aktivierung von Landesliegenschaften zum Wohnungsbau.

Allein im vergangenen Jahr ist es uns gelungen, knapp 700 Wohnungen in der Sozialbindung zu halten und damit bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Darauf werden wir aufbauen. Wir haben dabei die Mieterinnen und Mieter des sozialen Wohnungsbaus genauso im Blick wie die private Eigenheimförderung.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Beim sozialen Miteinander und bei der demografischen Entwicklung – das wissen wir nicht erst seit der Auslobung des ersten Demografiepreises oder den Aktivitäten unserer neuen Landesstiftung – zeigt sich, mit welchem Engagement und welcher Kreativität sich die Menschen vor Ort einsetzen. Das fängt mit innovativen Ideen zur Nahversorgung im Handel an, reicht über Mobilitätskonzepte im ländlichen Raum oder Fragen der Kooperation von Schulen, freiwillige Betreuungsangebote oder Nachbarschaftshilfen und geht hin bis zur Ärzteversorgung auf dem Land.

Gerade die Ärzteversorgung im ländlichen Raum ist von eminent wichtiger Bedeutung. Hier unterstützen wir mit verschiedenen Fördermaßnahmen. Das reicht von der Ansiedlung von Ärztinnen und Ärzten auf dem Land, der Förderung der allgemeinmedizinischen Weiterbildung bis hin zum Aufbau von Pendel- und Begleitdiensten für Patientinnen und Patienten. Die Bildung regionaler Gesundheitsnetze wird für uns immer wichtiger werden. Deswegen wollen wir vernetzte, integrierte Angebote wie Pflege- und Gesundheitsstützpunkte schaffen und Telemedizin sowie sektorenübergreifende Versorgungsformen entwickeln. Das ist eine Herausforderung, für die wir uns wappnen, für die wir viele Beispiele haben, die aber ständig weiterentwickelt werden müssen.

Damit das den Kommunen vor Ort besser gelingt, darf ich daran erinnern, dass wir mit der Aufnahme einer Demografiekomponente im Kommunalen Finanzausgleich als Land dazu beitragen, dass der demografische Wandel vor Ort besser abgefedert werden kann. Das ist nicht einfach und auch nicht ohne Interessenwiderstreit, aber notwendig, damit wir gerade auf dem Lande auch in Zukunft lebenswerte Zukunftschancen für die Menschen bieten können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Ressourcenschonung, Natur-, Klima- und Artenschutz sowie die Bewahrung der Schöpfung sind für beide die Koalition tragenden Parteien Grundlagen ihrer politischen Arbeit. Diese gemeinsamen Grundmotivationen leiten uns auch in wichtigen Fragen, wie z. B. in der Energiepolitik.

Die Energiewende und der Klimaschutz sind zentrale Aufgaben in dieser Legislaturperiode. Die Landesregierung wird mit ganzer Kraft für die Umsetzung dieser Energiewende arbeiten. Unser Ziel bleibt eine sichere, umweltschonende, bezahlbare und gesellschaftlich akzeptierte Energieversorgung, die weder die Wirtschaft noch die Privatverbraucher überfordern wird.

Bei der Gestaltung der Energiewende wird Hessen nicht allein erfolgreich sein können. Vielmehr müssen wir uns auf einen gemeinsamen Weg mit dem Bund, der Europäischen Union, anderen Ländern und mit den Kommunen begeben. Dass dieser Weg nicht leicht werden wird, haben gerade die letzten Wochen gezeigt. Bei der dringend notwendigen Neufassung des EEG, also des Gesetzes für den Vorrang

Erneuerbarer Energien, werden wir auf eine marktwirtschaftliche Förderung der erneuerbaren Energien drängen. Die Landesregierung begrüßt, dass die Bundesregierung die Reform dieses EEG rasch in Angriff nimmt. Die von Bundeswirtschaftsminister Gabriel vorgelegten Eckpunkte greifen eine Reihe von bestehenden Problemen auf.

Um unsere Ziele zur Umsetzung der Energiewende in Hessen erreichen zu können, müssen jedoch aus unserer Sicht noch Korrekturen erfolgen. Das gilt insbesondere bei dem Thema Förderung der Windkraft an Land.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben alle unsere Geschichte. Wir wollen aber nicht zulassen, dass aufgrund eines geänderten Referenzertragsmodells viele gute Windkraftstandorte in Hessen nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden können. Das ist kein Egoismus, hier gilt der alte Satz: Erst kommen die Interessen des Landes. – Deshalb hat unser Wirtschafts- und Energieminister, Kollege Al-Wazir, dies bei den Bund-Länder-Gesprächen in den vergangenen Tagen deutlich gemacht. Wir werden dies auch in Zukunft im Rahmen unserer jeweiligen Aufgabenstellung weiter intensiv vervollständigen.

Ich will noch einen zweiten Punkt nennen, den wir auch für korrekturbedürftig halten: Wir glauben, dass Planungen für Investitionen, die am 22. Januar, also am Tag der Verkündung dessen, was Kollege Gabriel vorgetragen hat, noch nicht genehmigt, aber bereits beantragt waren, noch einmal nachverhandelt werden müssen. Es verunsichert die Investoren, wenn sie schon viel investiert haben und dann aus heiterem Himmel einen Termin bekommen. Termine sind oft schwierig, manchmal sind sie nötig. Auch der Bundeswirtschaftsminister hat wie die Bundesregierung insgesamt wissen lassen, dass sie interessiert sind, mit den Ländern zu einem Konsens zu kommen. Deshalb wollen wir das noch verändern.

Wir müssen darauf achten, dass wir bei der EEG-Umlagebefreiung unsere heimische Wirtschaft nicht überfordern. Es gibt gelegentlich den Hinweis, man müsse das streichen, und alles sei in Ordnung. Mitnichten, wir wollen die Industrie und die mittelständischen Unternehmen erhalten. Auch bei der Frage der Eigenstromversorgung sind wir noch nicht zu einem befriedigenden Ergebnis gekommen.

Meine Damen und Herren, Kollege Al-Wazir und ich sind unterwegs, um hessische Interessen in diesen Kompromiss mit einzubringen. Unsere Leitlinie bleibt der Erhalt von Arbeitsplätzen, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie, aber auch die Schonung unserer Ressourcen. Das sind die Meilensteine für das Gelingen unserer Energiewende. Dafür werden wir mit ganzer Kraft arbeiten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem Hessischen Energiegipfel haben wir eine gemeinsame Strategie mit allen politischen und gesellschaftlichen Gruppen entwickelt. Diese Ergebnisse bleiben Grundlage unserer Energiepolitik, wie wir sie auch mit einem Energiegipfel für Verkehr fortsetzen wollen.

Unser Ziel ist, bis zum Ende der Legislaturperiode den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung zu verdoppeln. Das wollen wir unter anderem wie folgt erreichen:

Erstens. Die Windkraft wird eine entscheidende Rolle spielen – wir werden 2 % der Landesfläche an hierfür geeigneten Standorten als Vorrangflächen für den Ausbau der Windenergie ausweisen. Die Vereinbarungen des Energiegipfels haben dabei vollumfänglich Bestand – das gilt auch für den Abstand von 1.000 m. Im Sinne des Naturschutzes und der Akzeptanz in der Bevölkerung sollen Anlagen an bereits vorhandenen Standorten modernisiert werden.

Zweitens. Ohne die Akzeptanz der Bevölkerung und der Kommunen ist eine Energiewende nicht machbar. Deshalb setzen wir insbesondere auf Information, Transparenz und Beteiligung. Das kann durch einen frühzeitigen Dialog, die Verstetigung des Mediationsangebotes, Bürgerwindparks und genossenschaftliche Modelle ebenso erreicht werden wie durch eine Beteiligung der Städte und Gemeinden, z. B. indem wir sie bei Anlagen im Staatsforst am wirtschaftlichen Ertrag angemessen beteiligen wollen.

Drittens. Wir werden die Spielräume der Kommunen für die energiewirtschaftliche Betätigung im Rahmen klarer Vorgaben zum Schutz der Wirtschaft und insbesondere des Handwerks erweitern, indem wir die Hessische Gemeindeordnung – hier geht es um den viel zitierten § 121 – entsprechend ändern.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Insgesamt müssen wir sicherstellen, dass sich der Erfolg der Energiewende nur einstellen wird, wenn wir genügend und sichere Energie auch in den Zeiten haben, in denen der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Daher sind wir offen für die Entwicklung eines Kapazitätsmarktes mit Anreizen für effiziente, flexible und emissionsarme Kraftwerke.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei müssen wir jedoch auch darauf achten, dass die Energiegewinnung nicht durch die Vorhaltung von Doppelstrukturen von Kraftwerken noch teurer wird. Das ist eine Aufgabe, die uns alle fordern wird und von der ich vorhersage, sie wird am Ende unter den verschiedensten Interessen der verschiedenen Länder und der verschiedenen Anbieter und auch der Ziele, die wir gemeinsam verfolgen, in einem Kompromiss wiederzufinden sein. Kompromisse sind nichts Schlechtes; das habe ich an anderer Stelle oft genug gesagt. Wer nicht kompromissfähig ist, ist nicht handlungsfähig, und wer nicht handlungsfähig ist, ist nicht politikfähig. Das Entscheidende ist, dass es sich um einen Kompromiss handelt, mit dem wir uns gemeinsam erfolgreich nach vorne entwickeln – für die einen vielleicht nicht schnell genug, für die anderen zu schnell, aber immer noch besser, als sich jahrelang gegenseitig zu blockieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Energieeinsparung und Energieeffizienz sind wesentliche Faktoren für den Erfolg der Energiewende. Informationen geben, Anreize setzen und als Land mit gutem Beispiel vorangehen – das ist der Dreiklang, den diese Koalition selbst anstoßen bzw. weiterentwickeln will.

Deshalb werden wir die Hessische Energiesparaktion aufstocken, Anreize zur energetischen Sanierung setzen, die Maßnahmen zur CO2-neutralen Landesverwaltung fortsetzen und uns für eine einheitliche Qualifizierung von Energieberatern stark machen.

Meine Damen und Herren, diese große Aufgabe fordert uns alle. Deshalb rufe ich auch hier alle Fraktionen des Landtags auf: Arbeiten Sie an diesem ehrgeizigen Ziel der Energiewende mit; denn konstruktive Mitarbeit wie beim Hessischen Energiegipfel hat gezeigt, dass wir gemeinsam zu Ergebnissen kommen können, die die Bürgerinnen und Bürger honorieren und die uns auch insgesamt weiterbringen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Landesregierung denkt in Generationen, ohne dabei aktuelles Handeln zu vernachlässigen. Aber sauberes Wasser, eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt – das soll unsere Heimat auch zukünftig ausmachen. Wir werden das hessische Klimaschutzkonzept weiterentwickeln und neue Akzente setzen, um unseren Beitrag zu einem globalen Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen zu leisten. Auch die neue Landesregierung wird die hessische Nachhaltigkeitsstrategie zielgerichtet fortschreiben. Wir wollen in Zukunft einen engagierten Wettbewerb um die besten Ideen für noch mehr nachhaltige Entwicklung in Hessen.

Grundsätzlich muss gelten: Hessen ist ein Industrie-, ein Handels-, ein Handwerks- und Dienstleistungsstandort, aber auch ein Land mit viel Natur. Wir müssen immer beides im Blick haben: Ökologie und Ökonomie. Wir wollen Probleme, die sich aus diesem Spannungsverhältnis ergeben, im Dialog lösen – und, was uns dabei auszeichnet, ideologiefrei und pragmatisch. Dies gilt sowohl für den Natur- und Artenschutz wie auch für den Wald. Wir werden den Reichtum unserer zahlreichen schutzwürdigen Naturräume – von Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten über Biosphärenreservate bis hin zu Nationalparks – dauerhaft sichern und, ganz nebenbei, dazu die Zusammenarbeit mit anderen Ländern forcieren; denn Naturschutz endet nicht an unserer Landesgrenze.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die neue Landesregierung sind Umwelt- und Naturschutzverbände wichtige Partner, mit denen wir den Dialog und Interessenausgleich suchen.

Das gilt – gerade in dieser neuen Koalition – auch für die Landwirtschaft. Unsere familiengeprägte bäuerliche Landwirtschaft sichert insbesondere im ländlichen Raum Arbeitsplätze und Einkommen. Wir wollen den im November 2012 geschlossenen Zukunftspakt hessische Landwirtschaft offensiv umsetzen und weiterentwickeln; denn die Landwirtschaft braucht eine sichere Zukunft. Deshalb stehen wir bei wichtigen Themen wie z. B. der Hofnachfolge beratend zur Seite.

Kaum ein Bereich der Politik ist so umfassend und tief greifend von Bundes- und europäischer Ebene beeinflusst wie die Landwirtschaft. Dies gilt vor allem auch für EUFördermittel. Deshalb setzen wir alles daran, die hessischen Interessen im Sinne unserer Landwirtinnen und Landwirte in Brüssel und Berlin geltend zu machen.

Die hessische Landwirtschaft produziert qualitativ hochwertige Lebensmittel. Wir belegen schon heute Platz 2 beim ökologischen Landbau in Deutschland; wir fangen nicht erst damit an. Wir wollen mit einem Öko-Aktionsplan den Anteil ökologischer Landwirtschaft steigern, die Umstellung fördern und gleichzeitig dazu beitragen, dass

konventionelle und ökologische Landwirtschaft enger verzahnt sind.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen dies nicht gegeneinander, sondern wir wollen sowohl ökologische als auch konventionelle Landwirtschaft angemessen fördern.

Wir werben für den Verzehr landwirtschaftlicher Produkte aus den verschiedenen Regionen unseres Landes, nicht zuletzt – hier können wir noch manches tun – in Schulen, Universitäten und Betreuungseinrichtungen. „Gutes aus Hessen“ soll zur überregional bekannten Qualitätsmarke werden. Wir wollen natürliche Produkte und werden deshalb die hessische Landwirtschaft gentechnikfrei erhalten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus diesem Grunde werden wir dem „Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen“ beitreten.

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher sind heute häufig durch vermeintliche oder wirkliche Hygieneskandale verunsichert. Deshalb werden wir die „Taskforce Lebensmittelsicherheit“ als Kriseninterventionsstelle ausbauen und gemeinsam mit den Kommunen für einheitliche Standards bei der Lebensmittelkontrolle sowie der Agrar- und Veterinärverwaltung sorgen. Damit erhöhen wir die Sicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher. Dazu tragen ganz wesentlich auch die hessische Verbraucherschutzzentrale und der „Deutsche Hausfrauen-Bund – Netzwerk Haushalt“ bei, deren Arbeit wir verlässlich fördern wollen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, aufbauend auf den Anstrengungen in den letzten Jahren wird die neue Landesregierung auch weitere Initiativen zum Wohl der Tiere auf den Weg bringen. Dazu zählt zuerst die Gründung einer „Stiftung Hessischer Tierschutz“, um insbesondere Tierheime in schwierigen Finanzsituationen zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Entscheidend ist Folgendes: Tiere sind Lebewesen. Sie sind Mitgeschöpfe und keine bloßen Waren.