Protocol of the Session on July 17, 2014

bei rutschte die größte Volkswirtschaft Europas um zwei Plätze ab. Das ist das Ergebnis der Innovationsindikators 2012, den die Deutsche Telekom Stiftung und der Bundesverband der Deutschen Industrie … veröffentlichten.

Das ist kein Anlass zu übertriebener Freude.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Zu Hessen und den anderen Bundesländern komme ich später. Ein wesentlicher Grund, weshalb wir relativ bescheidener abschneiden als andere, ist das Bildungssystem.

Ein wesentlicher Grund für den Rückstand Deutschlands ist demnach die Schwäche des Bildungssystems. Hier landet Deutschland nur auf Platz 17 [von 28 Ländern]. „Mit Ausnahme der beruflichen Bildung hapert es in der gesamten Bildungskette, von der Kita bis zur Hochschule und in die Weiterbildung hinein“, erklärte der Vorsitzende der Stiftung, der ehemalige Außenminister, Klaus Kinkel (FDP).

(Michael Boddenberg (CDU): Mich wundert, dass nicht die Bertelsmann Stiftung schon wieder erhoben hat!)

Das ist wahrlich kein Zeugnis, mit dem man nur Lob verdient. Im weiteren Verlauf gehen die Autoren nochmals auf die Kernforderungen ein. Sie schreiben Deutschland quasi ins Stammbuch, dass Bildungsreform statt Bildungsreformitis angesagt sei: vorschulische Programme, um Kindern aus sozial benachteiligten Familien zu helfen; mehr Chancengleichheit in der Bildung herzustellen; Schüler mit unzureichendem Lernerfolg in der Pflichtschule rechtzeitig zu fördern und ihnen die Voraussetzungen für eine berufliche Ausbildung zu vermitteln usw.

Wir sind weit entfernt davon, dass wir Bildungserfolg vom sozialen Status hätten abkoppeln können. Dies ist immer noch in Deutschland und auch in Hessen eine Riesenursache für das Versagen von vielen. Wo sind die Ganztagsangebote, die wirklich fördern, die alle Begabungen berücksichtigen, die verhindern, dass frühzeitig Karrieren beginnen, die anschließend beim Sozialamt enden?

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Das ist letztlich Gegenstand aller gesellschaftlichen Betrachtungen. Nicht nur Reichtum wird vererbt, sondern auch Armut. Deswegen müssen wir gerade an diesen Stellen richtig nacharbeiten und dürfen uns nicht selbst beloben.

(Beifall bei der SPD)

Ich will auf einen weiteren Punkt hinweisen: Innovation und Innovationsfähigkeit sind selbstverständlich Voraussetzungen für zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg, Voraussetzung für die Konkurrenzfähigkeit von Wissenschaft und Wirtschaft. Wenn man liest:

Neben den eher kooperations- und kreativitätshemmenden Lehrstuhlstrukturen stellen vor allem die im internationalen Vergleich ungünstigen Perspektiven des Nachwuchses eine große Herausforderung dar. So haben viele Arbeitsverträge sehr kurze Laufzeiten und bieten keinen geeigneten Rahmen für eine wissenschaftliche Qualifikation. Nur ca. 10 % der Wissenschaftler an den deutschen Universitäten haben eine unbefristete Anstellung. Und für die große Zahl der neu promovierten Wissenschaftler existie

ren fast keine Stellen für eine Anschlussbeschäftigung an den Hochschulen. Diese Situation führt letztlich zur Abwanderung talentierter Wissenschaftler ins Ausland oder in eine wissenschaftsferne Tätigkeit und somit zu einem Verlust an Humankapital.

dann ist dem nichts hinzuzufügen, da gibt es Handlungsbedarf.

Kollege Quanz, Sie können dem auch nicht mehr viel hinzufügen, Ihre Redezeit ist leider abgelaufen.

Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt in der gebotenen Kürze ansprechen. – Das duale System wird ausdrücklich gelobt. Ich weise auf eine Schwierigkeit hin. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Yüksel, die in diesen Tagen in unseren Postfächern lag, wurde mitgeteilt, dass jedes vierte Ausbildungsverhältnis vorzeitig abgebrochen wird. Wir loben zu Recht noch einmal das duale System. Ich sage aber auch hier: Genauer hinschauen, wenn wir wirklich die nächste Generation zukunftsfähig heranführen wollen, dass sie erfolgreich an der Wirtschaft mitarbeitet und sich selbst ein Leben in Eigenverantwortung gestalten kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Hammann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Quanz, ja, es gibt in vielen Bereichen noch vieles zu tun. Da stimmen wir mit Ihnen überein. Dennoch ist festzustellen, dass gerade diese letzte Untersuchung in Form des Jahresberichts 2014 aus der Europäischen Union doch belegt, dass Deutschland einen Spitzenplatz einnimmt. Wir sind in der Führungsgruppe: nach Schweden und Dänemark auf Platz 3. Das belegt, dass hier eine große Innovationsfähigkeit festgestellt wurde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dieses Instrument wurde eingeführt, um eine Vergleichbarkeit herzustellen und zu sehen, wo man steht und was an weiteren Anstrengungen zu unternehmen ist, um sich zu verbessern. Es hilft also auch den Mitgliedstaaten, einen deutlichen Blick auf die Leistungen und Vergleiche zu werfen, um eigene Schlüsse für die weitere Politik zu ziehen.

Ich bin sehr erfreut über die Ergebnisse von 2014; denn es gilt auch, eine Wirtschaftskrise zu berücksichtigen. Dieser Leistungsbericht belegt einen positiven Trend für die Innovationsleistung der Mitgliedstaaten. Wenn dabei gerade Deutschland hervorgehoben und zu den innovativsten Mitgliedstaaten der Europäischen Union erklärt wird, muss man schon sagen: Ja, das ist gut, das dürfen wir nicht bemängeln, sondern das kann man nur beglückwünschen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Gerade beim geistigen Eigentum und den intellektuellen Ressourcen belegt Deutschland eine Spitzenposition. Das ist etwas sehr Vorteilhaftes. Auch hier muss man deutlich sagen, dass Hessen einen ganz gehörigen Anteil zu dieser guten Bewertung Deutschlands beiträgt.

In der hessischen schwarz-grünen Koalition sind wir davon überzeugt, dass Investition in Bildung, Forschung und Wissenschaft die Basis für Wettbewerbsfähigkeit und auch Wachstum ist. Dafür steht auch der Vier-Sterne-Koalitionsvertrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in dem sich ganz klare Bekenntnisse und Umsetzungsmöglichkeiten finden, die wir in Angriff nehmen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Unumwunden muss gesagt werden, dass schon vieles umgesetzt und angegangen wurde. Ich will dies an einigen Beispielen deutlich machen: Wir unterstützen in Hessen die Forschung an den Universitäten, Fachhochschulen, den außeruniversitären Forschungseinrichtungen – ich nenne nur die Programme HEUREKA und LOEWE. Hessen – das wissen Sie so gut wie ich – ist im europaweiten Austausch von Studierenden, Auszubildenden und Schülern engagiert. Auch das Erasmus-Programm ist dabei ein wichtiger Bestandteil.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Quanz?

Lieber Kollege Quanz, meine Rede beinhaltet mehr als die fünf Minuten, ich bitte um Verständnis.

(Heiterkeit des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Ich möchte noch einen Blick auf die chemische Industrie und die Pharmaindustrie werfen. Gerade dies sind Industrien in Hessen, die einen besonderen Stellenwert haben. Es gibt viele Unternehmen, die in Hessen ansässig sind. Aber es muss klar sein, dass eine intensivere Vernetzung der hessischen Forschungsstandorte wirklich nötig ist, um Hessen als bedeutenden Pharmastandort zu stärken und weiterzuentwickeln. Einen wesentlichen Beitrag dazu werden die an der Initiative Gesundheitsindustrie Hessen beteiligten Institutionen und das gemeinsam mit den Universitäten Gießen und Marburg sowie der Technischen Hochschule Mittelhessen bei der Universität Frankfurt gegründete House of Pharma & Healthcare leisten.

Uns ist wichtig, dass die Unternehmen in Hessen gute Rahmenbedingungen haben. Dies gilt insbesondere für die Unternehmen, die in den Bereichen Energie- und Materialeffizienz sowie den erneuerbaren Energien tätig sind. Gerade diese Unternehmen sind sehr wichtige Partner für uns, um das vom hessischen Energiegipfel vorgeschriebene Ziel – 100 % erneuerbare Energien bis zum Jahr 2050 – auch erfüllen zu können.

Zudem – mein Kollege von der CDU hat es bereits erwähnt – ist Hessen ein wichtiger Raumfahrtstandort. Darmstadt ist nicht weit von meiner Heimatgemeinde entfernt. In Darmstadt befinden sich das europäische Satelli

tenkontrollzentrum ESOC und der europäische Wettersatellitenbetreiber EUMETSAT. Sie wissen, dass gerade in diesem Umfeld Gründungen zu beobachten sind, die ein großes innovatives Potenzial bieten. Das wollen wir auch aktiv begleiten und unterstützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Kommen wir vom Himmel zurück auf den Boden. Hessen ist ein traditionell von der Automobilindustrie geprägtes Land. In meinem Heimatkreis ist es das Automobilunternehmen Opel. Da ist es eine gute Nachricht für Hessen, wenn sich Opel nicht nur zu seinem Standort bekennt, sondern sagt, über 200 Millionen € investieren zu wollen, um ein neues Test- und Entwicklungszentrum für Motoren zu errichten. Das ist eine gute Nachricht nicht nur für Rüsselsheim, sondern für Hessen insgesamt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Manfred Pentz (CDU), zur SPD gewandt: Freut euch doch mal!)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gäbe noch sehr vieles aufzuführen. Aber schon aus diesen Ausführungen können Sie erkennen, dass Hessen in vielen unterschiedlichen Branchen große Anstrengungen unternimmt, um weiterhin eine führende Innovationsregion in Europa zu bleiben. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Danke schön. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Beer von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um die Stimmung hier zu fortgeschrittener Stunde nicht zu verderben: In dem Antrag steht viel Richtiges. Auch wir freuen uns mit Ihnen darüber, dass in Deutschland – vielleicht muss man vorsichtigerweise sagen: noch – besondere Innovationsleistungen erbracht werden. Ich glaube auch, ähnlich wie es in Ihrem Antrag angekratzt wird, dass dies etwas mit der Hochschulforschung zu tun hat, mit unseren außeruniversitären Forschungsinstituten, aber auch mit Forschung und Entwicklung in Unternehmen und mit Technologietransfer.

Sicherlich tragen wir in Hessen auch mit vielen der Punkte dazu bei, die Sie in dem Antrag so fleißig notiert haben: Automobilindustrie, Pharmaindustrie, Raumfahrtindustrie, internationale Vernetzung, Ausbau von Breitband und anderes. Nur habe ich mich beim Lesen dieses Antrags gefragt, ob Sie allen Ernstes glauben, dass dies die Früchte der sechs Monate Ihrer Arbeit sind.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU)

Wenn man einmal ehrlich ist, hat gerade die Stärke z. B. unserer Hochschul- und Forschungslandschaft noch weit mehr mit dem Wirken von Ruth Wagner, Udo Corts und anderen zu tun als mit dem, was etwa Tarek Al-Wazir im Wirtschaftsbereich in den letzten sechs Monaten hätte leisten können.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen frage ich mich viel eher, was denn die Zukunftsprojekte sind, mit denen Sie dafür sorgen wollen, dass es auch in Zukunft so bleibt? Wo ist denn da das VierSterne-Programm?

(Beifall bei der FDP)

Wenn man es sich genau anschaut, sieht es hier nämlich eher mau bis sehr schlecht aus. Ich weiß nicht, ob man Minussterne vergeben kann. Fangen wir doch einmal an: Minus 20 % im Forschungsbereich an Geldern, sowohl bei LOEWE als auch bei HEUREKA. Es betrifft also sowohl die Forschung als auch den Ausbau von Forschungs- und Hochschulbauten. Aus den Hochschulen kommt bereits der Ruf, dass man Gefahr laufe, im Wettbewerb zurückzufallen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))