Protocol of the Session on June 25, 2014

(Zuruf von der CDU: Ei, ei, ei! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Ihr habt ihn doch gewählt!)

offen in diesem Haus und stellt die Unabhängigkeit von Gerichten infrage und fragt, ob diese Urteile rechtmäßig zustande gekommen oder tendenziös seien. Das ist für einen jungen Kollegen unerträglich.

(Beifall bei der CDU)

Wir diskutieren in diesem Haus über die rechtspopulistische AfD und fragen uns nicht, welches Rechtsstaatsverständnis die Linkspartei in diesem Haus hat. Das müsste doch mal zur Debatte gebracht werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Zurufe)

Frau Kollegin Faeser hat dankenswerterweise schon die Frage danach gestellt, was es für eine Grundeinstellung sei, wenn man die hessische Polizei in die Schublade packt, wonach sie entweder deeskalieren oder den Knüppel herausholen würde. Das ist nicht unser Bild der hessischen Polizei, und wir weisen das aufs Schärfste zurück, Herr Kollege Wilken.

(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, im Herbst wird anlässlich der Eröffnung des Neubaus des Gebäudes der Europäischen Zentralbank mit umfangreichen Aktionen und Demonstrationen des sogenannten Blockupy-Bündnisses zu rechnen sein. Bei vielen Jahrestagen, aber auch bei einmaligen Ereignissen weiß man, dass es zu Demonstrationen kommen wird.

Das gehört zum Kalender einer freien demokratischen Gesellschaft dazu. Und wir Christdemokraten wissen, dass das Grundrecht, friedlich und ohne Waffen zu demonstrieren, ein hohes Gut des demokratischen Rechtsstaats ist. Wir werden uns auch künftig mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Ausübung dieses Rechts in Hessen gewährleistet bleibt.

Bei den meisten Demonstrationen kann man sicher sein, dass alles ruhig und geordnet verläuft. Ich habe gehört, dass in Frankfurt rund 1.000 Demonstrationen im Jahr ablaufen, wobei die allermeisten friedlich und ohne großes Aufsehen vonstattengehen. Bei einigen Demonstrationen weiß man oder vermutet es schon im Vorfeld, dass Probleme entstehen können.

Gerade, wenn man das vermutet, muss man präventiv, deeskalierend, aber auch mit einer klaren Ansage zu den Normen und Regeln eines Rechtsstaats agieren. Der Landtag – so unser Antrag – ruft deshalb zu einer friedlichen Protestund Demonstrationskultur auf, die geltende Gesetze und die Rechtsgüter Dritter achtet.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir verlangen nichts Unmögliches: Wir fordern von denen, die zur Eröffnung des EZB-Neubaus in Frankfurt am Main Demonstrationen angekündigt haben, dass sie die gesellschaftliche Diskussion über Globalisierung und europäische Einigung friedlich führen. Es müsste doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der in Frankfurt angekündigten Demonstration auf Gewalt gegen Personen und Sachen verzichten und im Geiste einer grundrechtlich geschützten freiheitlichen Demonstrationskultur die Rechte auch anderer achten. Das ist in unserem Land doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Wir sind uns auch bewusst, dass Teile der Bevölkerung angesichts der Globalisierung sowie der Finanz- und Staatsschuldenkrise besorgt sind und diese Sorge auch öffentlich durch Demonstrationen und Proteste bekunden wollen. Für uns ist die Versammlungsfreiheit ein hohes Gut, und es ist ein wertvolles Grundrecht, wenn die Teilnehmer dieser sogenannten Blockupy-Proteste ihre Meinung auf die Straße bringen wollen, auch wenn wir als Christdemokraten deren Ansichten und Auffassungen nicht teilen mögen.

Trotzdem halten wir die antikapitalistische Stoßrichtung dieser Proteste aus; denn dafür wissen wir nach 65 Jahren Bundesrepublik viel zu gut, was wir unserer Wirtschaftsform zu verdanken haben. Unsere Form des Kapitalismus, unsere soziale Marktwirtschaft verbindet sich mit Weltoffenheit und Toleranz. Und so unmenschlich kann es in unserem Land nicht zugehen, wenn allein im letzten Jahr 1,2 Millionen Menschen neu zu uns nach Deutschland gekommen sind. Von solchen Einwanderungsbewegungen in sozialistische Länder ist mir jedenfalls nichts bekannt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei.

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Was ist denn das für ein Argument? – Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken übernimmt den Vorsitz.)

Die betroffenen Behörden, unsere hessische Polizei, werden auf gute demokratische Art vorbereitet sein. Eine Vielzahl von Dialog- und Deeskalationsangeboten wurde bereits gemacht. Um weitere wollen wir die Landesregierung bitten. Die Einzelheiten, was bereits passiert ist, führt unser gemeinsamer Antrag auf.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass die hessische Polizei frühzeitige Dialogangebote unterbreitet hat, und wir appellieren an die Organisatoren der genannten Blockupy-Proteste in Frankfurt, auf dieses Dialogangebot ohne Vorbedingungen einzugehen. Wir rufen die Organisatoren auf, im Vorfeld der Demonstrationen den Dialog mit der Poli

zei und der Stadt Frankfurt zu suchen. Es ist im Interesse aller, der Demonstranten und der Bürger von Frankfurt, dass durch umfassende Abstimmungen im Vorfeld Missverständnisse ausgeräumt werden und Konfliktpotenziale erkannt und bestenfalls geglättet werden können. Es ist wichtig und richtig, wie hier agiert wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir begrüßen die deeskalierenden Maßnahmen von Polizei und Landesregierung im Vorfeld, namentlich – das wurde schon vom Kollegen Frömmrich genannt – die frühzeitige Einrichtung eines Vorbereitungsstabs der Polizei unter Führung erfahrener Beamter. Es ist durch den Polizeipräsidenten in Frankfurt eine frühzeitige Einladung zum Dialog ausgesprochen worden. Es gibt praktisches Deeskalationstraining. Es gibt nach wie vor wiederholt das öffentliche Eintreten des Innenministers für eine friedliche und kommunikative Demonstrationskultur. Es gibt auch die Zusage des Innenministers, die Polizei werde ihre deeskalierende und kooperative Rolle fortführen.

Es gab auch, und das ist einmalig und besonders lobenswert, eine Information aller Landtagsfraktionen durch den Innenminister gemeinsam mit der Polizeiführung und den Obleuten des Innenausschusses über das Lagebild und den Planungsstand. Das wurde ausführlich erläutert. Das begrüßen wir alle sehr gerne und herzlich, weil es wichtig ist, im Vorfeld diese Informationen transparent zu machen.

Meine Damen und Herren, zum Schutz friedlicher Demonstrationen und zum Schutz unbeteiligter Bürger muss die Polizei diese kommunikativen Maßnahmen ergreifen. Sie muss im Vorfeld erklären, was bei einer Demonstration zulässig ist und was nicht zulässig ist. Deshalb ist es für uns ganz entscheidend, dass Deeskalation keine Einbahnstraße darstellt. Man kann Angebote aussprechen, man kann Einladungen unterbreiten, man muss sie aber auch annehmen. Deshalb braucht die Polizei einen dialogbereiten Partner auf der anderen Seite.

Im Juni des vergangenen Jahres hat der damalige Versammlungsleiter leider den Polizeikontakt, sagen wir einmal höflich – Zitat – „nicht ganz ausgeschöpft“, um die Einhaltung der Auflagen durchzusetzen. Das muss dieses Mal anders werden. Das ist ganz entscheidend.

Es ist im Interesse der Allgemeinheit nicht zu dulden, dass sich möglicherweise Straf- und Gewalttäter unter dem Deckmantel des Demonstrationsrechts verstecken und Leib, Leben oder Eigentum anderer beschädigen. Gewalttäter, die das freiheitliche Demonstrationsrecht beispielsweise durch Gewalt gegen Polizeibeamte derart missbrauchen, müssen nach unserer Auffassung verfolgt werden und die Konsequenzen ihrer Straftaten tragen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Landtagskollegen, die CDU-Fraktion bekennt sich klar und unmissverständlich zur gesetzlichen Aufgabe der Gefahrenabwehrbehörde und der Polizeibehörden. Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sind abzuwehren. Hierzu gehört auch der Schutz Dritter vor Gewalt gegen Personen und Sachen.

Zur Aufgabe der Polizei gehört es übrigens auch, zu erwartende Straftaten zu verhüten sowie für Verfolgung künftiger Straftaten vorzusorgen. Es ist – das sage ich zum

Schluss ganz deutlich und klar – nicht akzeptabel, wenn man sich vermummt. Es ist nicht akzeptabel, wenn man Feuerwerkskörper zündet. Es ist nicht akzeptabel, wenn man Farbbeutel wirft, und es ist eine Straftat, Polizisten zu beleidigen oder gar körperlich anzugreifen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer friedlich und ohne Waffen demonstrieren will, der lässt das alles bleiben.

(Michael Boddenberg (CDU): Wenn es nicht regnet, braucht man auch keinen Regenschirm!)

Die Polizeibeamten können nicht als Blitzableiter für die Wut einzelner Demonstranten ihren Kopf hinhalten.

Meine Damen und Herren, wir wünschen uns sehr, dass alle vorgesehenen Deeskalationsmaßnahmen ihr Ziel erreichen. Wir begrüßen ausdrücklich den dialogorientierten, deeskalierenden Ansatz der hessischen Polizei bei der Begleitung der angekündigten Demonstrationen.

Dass unser Versammlungsrecht im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit ausgeübt werden kann, dafür stehen die Frauen und Männer der hessischen Polizei.

(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie werden das Demonstrationsrecht schützen, die Meinungsfreiheit schützen. Sie werden aber auch – das sage ich ganz klar – Gewalt verhindern. – Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Bauer. – Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Greilich gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zunächst etwas vorwegstellen, weil es mich wirklich freut, in dieser Debatte einen doch sehr breit angelegten Konsens der Demokraten festzustellen, was sowohl den Schutz des Demonstrationsrechts angeht als auch das Bekenntnis zum Rechtsstaat und das Bekenntnis zum Schutz des Rechtsstaats, auch mit den Mitteln der Polizei. Die Einzigen, die sich hier außer der Reihe gestellt haben, sind die Mitglieder der Linksfraktion. Das nehmen wir zur Kenntnis, das ist aber auch nicht sonderlich überraschend.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Abgeordne- ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Versammlungsfreiheit ist als Ausprägung der Meinungsfreiheit eines der wichtigsten Freiheitsrechte und ein Kernelement des demokratischen Rechtsstaats. Das bedeutet für uns alle, dass Meinungsfreiheit in fast alle Richtungen staatlicherseits umfassend zu gewähren und zu gewährleisten ist, aber dass sie auch zu schützen ist vor Repressionsversuchen derjenigen, die ihre Meinung absolut über andere Meinungen stellen wollen.

Was heißt das mit Blick auf die Blockupy-Demonstrationen der Vergangenheit und die, die bevorstehen? Es ist schon mehrfach gesagt worden: Friedliches Demonstrieren

muss unbedingt und ohne Wenn und Aber gewährleistet sein. Dieser Aspekt „friedlich“ bedarf in diesem Zusammenhang ganz besonderer Betonung. Das haben uns die Erfahrungen der Vergangenheit gezeigt. Er umfasst nicht nur, dass keine aktiven Waffen eingesetzt und mitgeführt werden dürfen, sondern dass auch passive Bewaffnung, d. h. das Tragen von Schutzwaffen, gegen Vollstreckungsmaßnahmen der Polizei untersagt ist, dass das eine Straftat nach dem Versammlungsgesetz darstellt.

Ich muss an dieser Stelle erwähnen: Es gab Diskussionen um die Frage, wie mit Dingen wie der plastikverstärkten Baseballkappe umzugehen ist. Das ist keine passive Bewaffnung. Das hat unser Rechtsstaat festgestellt. Der Rechtsstaat funktioniert, und deswegen ist auch dies ein Thema, bei dem man sagen kann: Die Gesetze sind so, wie sie sind, in Ordnung. Sie sind einzuhalten, und sie sind durchzusetzen.

Hinsichtlich der Blockupy-Demonstrationen bedeutet das auch, dass jeglicher Missbrauch des Demonstrationsrechts, den wir in der Vergangenheit feststellen konnten, um Gewalt gegen Sachen und Menschen auszuüben, nicht akzeptabel ist, dass dem massiv entgegengetreten werden muss.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Notwendigkeit, die praktische Konkordanz, also den bestmöglichen Ausgleich zwischen den verschiedenen grundgesetzlich geschützten Rechtspositionen herzustellen, haben auch die Mütter und Väter des Grundgesetzes im Auge gehabt und ihm entsprechend mit dem Gesetzesvorbehalt Rechnung getragen. Deswegen haben wir ein einfachgesetzlich ausgestaltetes Versammlungsrecht, das die Schranken dieses Versammlungsrechts definiert. Das muss hier besonders betont werden, weil gerade die Linkspartei in diesem Hause offensichtlich der Auffassung ist, unter dem vorgeschobenen Schutzmantel des Versammlungsrechts sei quasi alles erlaubt und dem rechtsstaatlichen Zugriff entzogen. Ich sage sehr deutlich: Genau das ist nicht so.

Diese Einstellung der Linkspartei wird vor allem durch den Umstand deutlich, dass auch dann, wenn über Blockupy gesprochen wird, in der Regel und in erster Linie über den Einsatz im Sommer 2013 und den sogenannten Polizeikessel gesprochen wird. Die Polizei hat damals hart reagiert. Das ist gar keine Frage. Eine abschließende Bewertung verbietet sich aus unserer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt, da noch einige Verfahren offen sind, nicht endgültig rechtskräftig durch Gerichte entschieden sind.

Vorschnelle Verurteilungen – ich betone: in die eine wie die andere Richtung – mögen die Sache anderer hier im Hause sein. Von der Linkspartei gibt es zu diesem Thema einen ganzen Stapel an Pressemitteilungen, von dem Duktus der Plenardebatte im Juni 2013 ganz zu schweigen und auch ganz zu schweigen von dem, was heute von dem Vertreter der Linkspartei hier vorgetragen wurde. Dieser Duktus macht deutlich, hier geht es nicht um Blockupy, hier geht es nicht um Meinungsfreiheit, sondern hier geht es um ganz andere Dinge.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Um was geht es denn dann?)