Protocol of the Session on September 13, 2018

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Frau Abg. Wissler für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, ich habe mich auch noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich finde, dass es nicht geht, dass wir hier im Landtag immer darüber reden, dass es am Flughafen so viele gute Arbeitsplätze gibt – Herr Boddenberg, das werden Sie gleich wieder sagen –, aber, wenn diese guten Arbeitsplätze und guten Arbeitsbedingungen gefährdet sind, man sich achselzuckend hierhin stellt und sagt: Ist eben Tarifautonomie, da mischen wir uns nicht ein. – Nichts anderes tun Sie mit Ihrem Antrag.

Deswegen, finde ich, muss man hier schon deutlich sagen, wenn hier ein Unternehmen ist, das Standards unterläuft und sich nicht an deutsches Recht hält, das Beschäftigten im Krankheitsfall kein Gehalt zahlt und offensichtlich den Mindestlohn unterläuft, dass man sich nicht raushalten und „Tarifautonomie“ sagen kann. Dann muss man doch darauf drängen, dass Recht eingehalten wird, das hier in Deutschland gilt.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU)

Dann ist natürlich die Frage gerade die, wem Fraport gehört. Wir reden hier eben über ein Unternehmen, das sich noch immer mehrheitlich in öffentlicher Hand befindet.

Natürlich muss man auch darüber reden, wie Fraport Ryanair hierher gelockt hat. Natürlich hat es die Rabatte gegeben, der Ministerpräsident hat sich öffentlich dafür ausgesprochen. Natürlich muss man auch sagen, dass auch das wieder auf Kosten der Beschäftigten ging, weil Ryanair ja 25 Minuten Umlaufzeiten zugesagt wurden.

Jetzt überlegen Sie sich einmal, was für einen Stress das für die Beschäftigten in der Kabine und bei den Bodenverkehrsdiensten an einem Flughafen wie Frankfurt bedeutet – wir reden hier nicht über Hahn, sondern über Frankfurt –, 25 Minuten Umlaufzeit hinzubekommen. Das geht auf die Knochen der Beschäftigten. Auch hier hat Fraport ganz gezielt gesagt: Wir machen kürzere Umlaufzeiten.

Ich will Ihnen wirklich noch einmal verdeutlichen, was die Probleme sind. Die Beschäftigten sagen: Viele sind noch in der Probezeit, fast alle sind befristet eingestellt, die werden eingeschüchtert. – Ich sage Ihnen einmal etwas: Die müssen aus eigener Tasche 3.000 € und mehr für Trainingskurse bezahlen. Die zahlen Geld dafür, sechs Wochen einen Trainingskurs zu bekommen, und das Geld muss man danach erst einmal wieder verdienen. Sie können sich vorstellen, wie lange das bei den Monatsgehältern dauert, die Ryanair zahlt. Da, finde ich schon, ist es auch unsere Verantwortung, das hier zu diskutieren.

Noch ein Satz zur FDP: Herr Lenders, ich kenne ja Ihre Argumentation, das kommt immer gerne von Ihnen. Ihre Logik lautet, dass, wer Missstände in Unternehmen an

spricht und sich dagegen wehrt, den unternehmerischen Erfolg des Unternehmens gefährdet und sich nicht wundern darf, wenn sein Arbeitsplatz demnächst weg ist. So haben Sie damals auch bei Schlecker argumentiert. Ihrer Logik nach waren quasi ver.di, DIE LINKE, und wer sich sonst noch irgendwie öffentlich zu Schlecker geäußert hat, schuld daran, dass Schlecker kaputtgegangen ist und dass die Arbeitsplätze weggefallen sind, weil man auf die Missstände aufmerksam gemacht hat.

Es kann doch nicht sein, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht darauf hinweisen dürfen, welche Missstände es in Unternehmen gibt, etwa bei Schlecker, wo in die Leiharbeit ausgegliedert wurde. Verantwortlich dafür sind immer noch die Unternehmen, die solche miesen Arbeitsbedingungen und solche miesen Praktiken an den Tag legen. Aber verantwortlich sind doch nicht die Gewerkschaften, die darauf hinweisen und sich dagegen wehren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort hat Herr Abg. Boddenberg für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte um Verständnis, aber Sie alle wissen, wenn es um Fragen des Flughafens geht, dass ich mich in der Vergangenheit häufig geäußert habe; und ich will das auch heute tun. Sonst hätte jemand gefragt, warum denn der beispielsweise auch zuständige Abgeordnete im Frankfurter Süden nichts zu diesen Fragen sagt.

Zunächst einmal dürfen wir wohl feststellen, dass es hier eine ziemlich einheitliche Meinung darüber gibt, was wir kritisieren am Verhalten von Arbeitgebern, in diesem Fall von Ryanair. Dazu hat Heiko Kasseckert alles gesagt, und das unterstreiche ich dreimal, und da bin ich auch bei vielen Punkten, die Sie angesprochen haben, Herr Kollege Weiß.

Da einige zuhören, die auch betroffen sind, will ich schon sagen, dass wir hier vor geraumer Zeit über die grundsätzliche Frage diskutiert haben, ob es klug von Fraport war, Ryanair zu akquirieren, oder nicht. Da haben wir und ich gesagt: Wenn ein Unternehmen wie Fraport feststellt, dass mittlerweile 40 % des Flugverkehrs in diesem Segment Kurz- und Mittelstrecke in Europa sogenannte Low-CostCarrier sind, dann kann eigentlich ein Unternehmen nicht die Augen zumachen und sagen: Ich ignoriere das, ich stagniere oder muss sogar mittelfristig mit rückläufigen Geschäftszahlen rechnen. – Ich finde, das kann man gut begründen, erst recht in einem Aktienunternehmen, das auch in Streubesitz ist, aber mehrheitlich der öffentlichen Hand gehört, dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt.

Ich will bei der Gelegenheit noch einmal daran erinnern, dass die Erträge dieses Unternehmens zunächst einmal der Allgemeinheit zukommen, angefangen von vielen lärmmindernden Maßnahmen bis hin zu Steuern, die dort generiert werden.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Das Zweite ist – das müssen Beschäftigte auch wissen, Frau Wisser –: Wenn es nach Ihnen ginge oder beispielsweise dem Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, Herrn Feldmann von der SPD, der in dieser Funktion nicht ganz unbedeutend im Spektrum der hessischen Sozialdemokratie ist, würden wir am Frankfurter Flughafen 15.000 Beschäftigungsverhältnisse gar nicht haben.

(Holger Bellino (CDU): So ist es!)

Ich finde, wer darüber redet, dass es dort Beschäftigungsverhältnisse gibt, die man kritisieren kann, aber eine Politik verfolgt, die bedeuten würde, wenn sie zu Mehrheiten käme, dass es die Arbeitsplätze gar nicht gäbe, der sollte in manchen Debatten ein bisschen ehrlicher sein und auch darüber reden. Nur das sollen die, die uns heute zuhören, noch einmal zur Kenntnis bekommen. Sie können sich dann immer noch ein Urteil bilden,

(Marjana Schott (DIE LINKE): Sie sollen dankbar für ihre bescheidenen Arbeitsverhältnisse sein?)

ob Sie diejenigen sind, Frau Schott, die das erste Recht haben, überhaupt über diese Arbeitsverhältnisse zu reden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Weiß, zu Ihnen will ich sagen: Das Unternehmen Ryanair ist nicht ganz neu auf dem deutschen Markt. Ich will darauf hinweisen, wir hatten vor Kurzem einen Empfang bei der Deutschen Lufthansa und hatten nachher Gelegenheit mit einigen anderen, auch mit Kollegen SchäferGümbel, mit Herrn Spohr in kleiner Runde zusammenzusitzen, wie Sie wissen. Ich habe Herrn Spohr mit Blick auf die Piloten gefragt – ich weiß, wir reden in erster Linie über das Kabinenpersonal –: Wieso geht überhaupt noch ein Pilot zu Ryanair? Ich höre hin und wieder, dass Airlines, auch die klassischen Airlines, Piloten suchen.

Da sagt mir Herr Spohr ziemlich wörtlich – ich habe es noch in guter Erinnerung –: Na ja, so schlecht zahlen die nicht beispielsweise im Vergleich zu Eurowings. – Das sagt Herr Spohr, das sage nicht ich. Ich habe auch nicht in die Gehaltszettel geschaut. Aber wenn er das sagt, gehe ich davon aus, dass es stimmt. Er sagt aber auch: Natürlich ist bei Ryanair die Taktung eine andere, usw. Insofern können die das irgendwie auch leisten.

Ich will nur sagen, dass es all das gibt, also durchaus auch Menschen, die zu Ryanair gehen, auch wenn sie nicht ordentlich zahlen. Aber noch einmal: Das rechtfertigt natürlich nicht das eine oder andere, was wir heute diskutiert haben. Das will ich auch ausdrücklich sagen.

Frau Wissler, eines wollte ich noch sagen. Sie haben vorhin Schlecker angesprochen. Ich habe hier nicht den Kollegen Lenders zu verteidigen, aber wenn ich mich recht erinnere, ging es damals um ein Thema, nämlich dass manche Bundestagsabgeordnete, ich glaube, Ihrer Partei zum Boykott aufgerufen haben. Ob es klug ist, bei einem Unternehmen, das ohnedies schon kurz vor der Wand steht und wo Zehntausende Beschäftigte Angst um ihren Arbeitsplatz haben,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das war bei der Ausgliederung in XXL-Märkte, nicht vor der Insolvenz!)

die Verbraucher aufzufordern, nicht mehr dorthin zu gehen, was eine Situation in Richtung Insolvenz nur beschleunigt oder fast sicherstellt? Ich finde, das darf man kritisieren. Ich meine mich zu erinnern, dass der Kollege

Lenders damals darauf hingewiesen hat, und das fand ich völlig richtig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Weiß, zu Ihnen eine letzte Bemerkung. Ryanair ist nicht neu in Deutschland. Man kann das heute alles googeln oder im Landtagsinformationssystem nachschauen. Ich habe keine einzige Initiative von Ihnen in Erinnerung, in der Sie sich mit den Arbeitsbedingungen bei Ryanair mit Blick auf den Flughafen Frankfurt-Hahn beschäftigt und sich darüber beschwert haben. Der ist zwar nicht auf hessischem Terrain, das stimmt.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Herr Kollege, denken Sie an die Redezeit?

Aber er gehört zum Teil dem Land Hessen. Also hätten wir nach Ihrer Lesart auch dort eine Zuständigkeit gehabt.

Keine einzige Initiative der SPD. Deswegen ist das, was Sie gerade machen, nicht ganz vollständig. Ich will es sehr freundlich formulieren. Ich finde, auch das müssen die Menschen wissen, die Ihnen heute zugehört haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Das heißt, wir können abstimmen.

Zunächst zu Tageordnungspunkt 63, dem Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der LINKEN, Drucks. 19/6783. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD und LINKE. Wer ist dagegen? – CDU, FDP und GRÜNE. Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 68, dem Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer kann ihm zustimmen? – Das sind CDU, FDP und GRÜNE. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Die SPD und DIE LINKE. Damit ist der Antrag angenommen.

Jetzt begrüße ich erst einmal Frau Ziegler-Raschdorf, eine ehemalige Kollegin, in unserem Haus. Schön, dass Sie hier sind.

(Allgemeiner Beifall)

Dann stelle ich fest, dass wir folgende Punkte im nächsten Plenum aufrufen: 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 27, 29, 30, 32, 33, 35, 38, 39, 40, 44, 45, 46 und 49. Diese kommen in das nächste Plenum. Das heißt, es gibt ein nächstes Plenum. Heute ist die letzte Sitzung vor den Wahlen. Der Irrtum ist, dass mit den Wahlen das Plenum aufgelöst wäre. Es hat aber noch Existenzberechtigung bis 24 Uhr am 17. Januar.

Deswegen darf ich Sie herzlich verabschieden in die letzten Wochen des Wahlkampfs und darf Sie wieder begrüßen, wenn ich Sie einlade. Vielen Dank für die Mitarbeit und schöne Zeit im Wahlkampf. Tschüs.

(Beifall – Schluss: 17:56 Uhr)

Anlage 1 (zu Tagesordnungspunkt 36)

Abstimmungsliste über die namentliche Abstimmung

zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Nachrüstung von Dieselautos auf Kosten der Hersteller zügig voranbringen – Drucks. 19/6751; geänderte Fassung –

Name der/des Abgeordneten