Protocol of the Session on September 12, 2018

Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Bemerkung machen:

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Bitte draußen!)

Ich bin ausnehmend dankbar dafür, dass wir – trotz aller sachlichen Unterschiede in dieser Fragestellung und der Punkte, die wir durchaus diskutieren können; das ist keine Frage – heute eine Debatte geführt haben, die der Sache sehr angemessen ist.

(Manfred Pentz (CDU): Ja!)

Ich glaube, das nehmen die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch so wahr. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen.

Damit ist die Debatte zur Drucks. 19/6705 abgeschlossen, und wir nehmen den Bericht des Landesschuldenausschusses zur Kenntnis.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 57 auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Landesregierung betreffend Zustimmung zur Abgabe der landeseigenen Grundstücke in Neu-Eichenberg, Gemarkung Hebenshausen, Flur 1, Flurstücke 9/20, 15/11, 15/12, 15/18, 29/2, 36/3, Flur 2, Flurstücke 8/4, 8/5, 8/6, 8/11 und Flur 6, Flurstück 115/10 mit einer Gesamtgröße von 811.932 qm, an die Hessische Landgesellschaft mbH, Fachbereich Bodenbevorratung und Kommunalbetreuung, im Rahmen einer Baulandumlegung zur Bodenbevorratung für die Gemeinde Neu-Eichenberg; hier: Zustimmung des Hessischen Landtags nach § 64 Abs. 2 LHO – Drucks. 19/6777 zu Drucks. 19/6726 –

Berichterstatter ist Herr Abg. Decker. – Ich glaube, wir können auf die Berichterstattung verzichten.

(Zurufe: Ja!)

Herr Kollege Decker, trotzdem vielen Dank für die Bereitschaft.

(Beifall)

Ich habe dazu eine Wortmeldung. Das ist Frau Kollegin Schott, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die 80 ha Ackerböden in Neu-Eichenberg, die das Land Hessen verkaufen will, haben zwischen 70 und 85 Bodenpunkte. Sie zählen damit zu den besten Ackerböden, die es in Deutschland gibt; und der Hessische Landtag macht den Weg frei, diese Flächen zuzubetonieren. Wir finden das skandalös.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen in Hessen auch Logistikzentren, auf fruchtbaren Ackerböden gehört das jedoch verboten. Wir fordern von der Hessischen Landesregierung ein Moratorium, das den Verkauf guter Ackerflächen stoppt, in Nordhessen genauso wie in der Wetterau.

Dieser Sommer sollte doch allen gezeigt haben, dass wir in Zukunft auf jeden Hektar guten Bodens angewiesen sein werden, um in Zeiten des Klimawandels die Menschen in unserem Land ernähren zu können. Beste Ackerflächen zu versiegeln verstößt gegen die Nachhaltigkeitsstrategie von Land und Bund, konterkariert das Projekt „Ökomodellregion Nordhessen“, verstößt in eklatanter Weise gegen die Pflicht der Daseinsvorsorge des Landes, ist klimaschädlich und in hohem Maß verantwortungslos.

(Beifall bei der LINKEN)

Erschütternd sind die Ignoranz und die Geschwindigkeit, mit der CDU, GRÜNE, SPD und FDP versuchen, diesen Verkauf durch den Landtag zu peitschen – unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ohne abzuwarten, ob der Bebauungsplan geändert wird, und gegen die Petition. Die Legende besagt, weil vorherige Landesregierungen einem Verkaufsansinnen zugestimmt hätten, könne man jetzt nicht mehr zurück.

Die Vermarktung der Äcker wird federführend von der Hessischen Landgesellschaft, HLG, vorangetrieben. Seit fast fünf Jahren stellen die GRÜNEN die entscheidenden Minister und sind mit den Staatssekretären Samson und Tappeser im Aufsichtsrat der HLG vertreten. Die Staatsaufsicht über die HLG hat der hessische Wirtschaft- und Verkehrsminister.

2015 hat die Umweltministerin die Ökomodellregion Nordhessen eingerichtet, dazu gehört auch Neu-Eichenberg. Da wollen die GRÜNEN nicht gemerkt haben, dass die HLG einen neuen Anlauf zur Vermarktung der Ackerböden gestartet hat. Nachdem das Projekt 2009 floppte, hätten die GRÜNEN doch vielfältige Möglichkeiten gehabt, der Gemeinde im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie und der Ökomodellregion eine nachhaltige, umweltverträgliche Entwicklung alternativ zum Logistikzentrum zu ermöglichen. Warum ist das nicht passiert? – Wenn Sie alternative Angebote unterbreitet hätten, hätten Sie auch aus Ihrer Zusage, die Ackerflächen zu verkaufen, wieder herauskommen können, ohne dabei vertragsbrüchig zu werden.

(Beifall bei der LINKEN)

2017 haben die Gemeindevertreter von SPD und CDU unter den Augen der grünen Aufsichtsratsmitglieder und Minister mit der HLG einen sogenannten Bodenbevorratungsvertrag abgeschlossen. Warum sind Sie nicht eingeschritten?

Die Ministerin sei gegen den Verkauf und bedauere die Entscheidung genauso wie Kollege Kaufmann im Haushaltsausschuss. Bedauern, dagegen sein und dann dem

Verkauf zustimmen: Für wie dumm halten Sie eigentlich die Menschen vor Ort?

Immerhin erklärten die GRÜNEN, das Ziel der Regierung sei, die Versiegelung auf 2,5 ha pro Tag zu reduzieren – wir versiegeln jeden Tag 3 ha Ackerland –, um bis 2030 zu einer Nullversiegelung zu kommen. Aber um den Koalitionsfrieden zu erhalten, kümmern Sie sich am besten gar nicht mehr darum. Damit werden dann die besten Böden zubetoniert. Ihnen ist die Harmonie in Ihrer Koalition bis zum letzten Tag offensichtlich wichtiger, als Ihre eigenen politischen Inhalte umzusetzen. Hier hätten Sie 80 ha retten können.

(Beifall bei der LINKEN)

Kommen wir noch einmal zur Rolle der Hessischen Landgesellschaft. Dass die HLG einer Gemeinde wie Neu-Eichenberg mit einem Jahreshaushalt von ca. 3 Millionen € Entwicklungskosten von etwa 1 Millionen € anhängt, falls das Logistikzentrum nicht zustande kommt, ist nicht akzeptabel. Es ist nicht die Aufgabe einer Gesellschaft, die zu 61 % dem Land gehört, Kommunen in derart desaströse Geschäfte ohne Ausstiegsoptionen zu verwickeln. Unter einer staatlichen Treuhandstelle für ländliche Bodenordnung stellen wir LINKE uns etwas anderes vor.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wäre die Aufgabe der HLG, guten Ackerboden zu bewahren und nicht zu verscherbeln. Es stellt sich die Frage, wer überhaupt von diesem Geschäft profitiert. Die Neu-Eichenberger wahrscheinlich nicht. Wer finanziell profitiert, ist die HLG. Sie hat für das Jahr 2017 einen Rekordgewinn von 7 Millionen € vermeldet. Hauptgewinner ist der Käufer, die Dietz AG. Der Bebauungsplan wird zum Nachteil der Menschen vor Ort auf seine Bedürfnisse zugeschnitten. Wenn der Bebauungsplan nicht nach dessen Vorstellungen geändert wird – –

Frau Kollegin Schott, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Na ja, dann bleibt noch, dass man an der Stelle sagen muss: Wir fordern die Landesregierung auf, zu prüfen, was tatsächlich geschieht. Wir fordern eine namentliche Abstimmung, damit man hier nicht etwas anderes sagt als dort.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Kollege Quanz, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass man in dieser Situation etwas nicht tun darf, dann war das der Beitrag von Frau Schott. Die Situation vor Ort ist so emotionalisiert, politisch und menschlich so aufgeheizt, dass Ihr Bei

trag nicht dazu dient, die Debatte zu versachlichen. Darum geht es: eine sachliche Diskussion zu führen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Deshalb gilt es, auszuloten, ob man Chancen entwickeln kann, ob man Chancen nutzen kann oder ob man gleich am Anfang sagt, man wolle die Chance nicht nutzen.

Ich bekenne mich dazu: Der Haushaltsausschuss hat einen weisen Beschluss gefasst. Ich bin dankbar dafür, dass die GRÜNEN an dieser Stelle mitgestimmt haben. Dieser Beschluss ist für mich richtungsweisend, weil er einer ganzen Region, die bisher als strukturschwach gilt, die Chance gibt, sich wirtschaftlich zu entwickeln. Es betrifft nicht nur den Werra-Meißner-Kreis, es betrifft nicht nur Neu-Eichenberg, es betrifft Westthüringen genauso wie Südniedersachsen. Hier besteht die Chance, dass bis zu 2.000 Arbeitsplätze entstehen. Das hat mehrere positive Effekte.

(Marjana Schott (DIE LINKE): So wie in Calden!)

Menschen, die jetzt woanders hinpendeln, können vor Ort Arbeit finden. Ich denke an die vielen Menschen, die auch bei uns in Hartz IV sind, die Sozialhilfe empfangen und anderes mehr. Sie werden ihre Chance haben, weil es dort auch um Arbeitsplätze geht, die nicht hoch qualifiziert sind. Insgesamt werden dort aber auch Arbeitsplätze mit anspruchsvollen Profilen entstehen.

Was nicht sein sollte und wogegen man gemeinsam eintreten müsste, ist, dass zieht: „Wer am lautesten schreit, hat recht“, oder umgekehrt oder ergänzt, dass demokratische und rechtsstaatliche Entscheidungen durch fundamentalistische Positionen ausgehebelt werden.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Ja, da geht es um eine Abwägung. Das ist so. Es gibt Belastungen, das bestreitet niemand. Da werden sich Verkehre potenzieren, da wird es mehr Lärm geben und vieles mehr. In der Abwägung, was auf der Habenseite verbucht werden kann, entscheide ich mich für die Chance, die mit dieser Entwicklung gegeben ist. Ein Spielen auf Zeit, wie das anklingt und von den Gegnern auch vorgesehen ist, soll dazu führen, den Investor weich zu machen, dass er zurückzieht.

Ich bin dafür, dass wir faire Bedingungen schaffen und die weitere Entwicklung optimieren. Das ist auch vorgesehen durch Lärmschutz, durch das Öffnen eines Baches, der bisher durch Kanäle fließt, durch Wälle und Begrünung und vieles mehr. Es wird alles getan werden, um die Einschränkungen und Belastungen zu minimieren.

Frau Schott, lassen Sie mich eines sagen, vielleicht passt es ja doch irgendwo ins Profil: Sie bekennen sich immer wieder und treten auf als die Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmerschaft. Fragen Sie doch einmal in der Arbeitnehmerschaft im Werra-Meißner-Kreis, in Südniedersachsen und Westthüringen nach, ob sie sagt, irgendwelche Ökofundamente gingen vor, und der Arbeitsplatz sei nachrangig. – Diese Position haben Sie an dieser Stelle vertan und verspielt.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Manfred Pentz (CDU) – Marjana Schott (DIE LINKE): Dazu habe ich etwas gesagt, das können Sie wegleugnen, wenn Sie wollen!)

Chancen für die Zukunft, Chancen für die Jugend – es ist noch gar nicht so lange her, dass wir den demografischen Bericht im Landtag besprochen haben. Was sagt denn der demografische Bericht für die Entwicklung dieser Region? – Wir tun alles, um zu verhindern, dass die Landflucht der Jugend weitergeht,

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))