Protocol of the Session on September 12, 2018

Deswegen will ich auf die Eingangsbemerkung des Kollegen Schmitt zurückkommen, der in seiner Einleitung gesagt hat, es müsse über die Höhe der Schulden geredet werden. Die Schulden sind hoch; die Gesamtschuldenhöhe ist von uns in der Vergangenheit immer kritisiert worden. Jetzt liegen die Schulden bei gut 40 Milliarden €. Aber ich möchte gerade aus grüner Sicht an dieser Stelle unterstreichen – wir haben uns in der Vergangenheit immer gegen das Schuldenmachen ausgesprochen –: Wir haben in der schwarz-grünen Koalition ganz eindeutig die Wende hinbekommen, und das, obwohl uns das von der schreibenden Zunft kaum einer zugetraut hätte, in sehr hoher Geschwindigkeit.

(Norbert Schmitt (SPD): Herr Kollege, das ist die Schuldenbremse! Das steht in der Verfassung!)

Wir haben die Vorgaben der Schuldenbremse vorzeitig eingehalten, und wir haben nicht nur dafür gesorgt, dass wir keine weiteren neuen Kredite benötigen, sondern sogar auch dafür, dass wir anfangen konnten, Schulden zurückzuzahlen. Das wollen wir planmäßig fortsetzen. Das muss man an dieser Stelle auch noch einmal feststellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will jetzt noch auf den Kollegen Schalauske eingehen, der sich mit der Frage auseinandersetzt, ob Derivate eine Versicherung oder eine Wette sind. Mir ist, ehrlich gesagt, die Terminologie völlig egal. Die Derivate dienen auf jeden Fall dazu – ich denke, das ist klar geworden –, innerhalb des Finanzmarkts dafür zu sorgen, dass die Finanzierung auf längere Zeit planbar ist. Insofern halte ich das Wort „spekulativ“ nicht unbedingt für einen Vorwurf.

Verehrter Herr Kollege Schalauske, nehmen Sie es mir nicht übel: Sie vertreten doch die politische Linie, gegen die Schuldenbremse zu sein. Das heißt, Sie wären eher dafür, dass sich das Land noch stärker verschuldet. Dann

müsste Sie das Problem der Planbarkeit der Finanzierung noch stärker drücken als diejenigen, die sich jetzt erfolgreich um die Reduzierung der Schulden bemüht haben. Das ist nicht ganz einsichtig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Zu dem Teilaspekt des einseitigen Kündigungsrechts, das moniert worden ist: Wir haben dabei ein Geschäft gemacht.

(Norbert Schmitt (SPD): Das kann man sehen!)

Das kann man schon absehen. Die Kündigung wird nicht eintreten. Daran ändert sich nichts, wenn Sie widersprechen. Sie wird nicht eintreten, weil die Bankzinsen im Augenblick so niedrig sind. Dafür haben wir aber in der Zeit Geld kassiert. Man muss sich das also immer ein bisschen genauer anschauen, statt einfach darüber hinwegzugehen.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja, eben!)

Ich denke, für uns ist hier entscheidend, dass sauber gearbeitet worden ist, dass nichts verschleiert worden ist und dass wir – vielleicht – etwas aus dieser Geschichte gelernt haben.

Insofern muss man der „Welt am Sonntag“ sogar ein bisschen dankbar sein. Sie haben uns mit ihrer völlig falschen, über mehrere Zeitungsseiten verbreiteten Behauptung darauf gestoßen, noch einmal genauer hinzuschauen. Dabei will ich Ihnen ehrlicherweise sagen: Die Genauigkeit des Hinschauens hat auch ihre – vernünftigerweise gezogenen – Grenzen; denn wir sind keine Bankabteilung. Das sollten wir auch nicht sein wollen; denn es gibt Fachleute für die verschiedenen Aspekte. Denen muss man dann auch etwas zutrauen.

Verehrter Kollege Hahn, ein weiteres Gutachten – davon bin ich fest überzeugt – hätte keinen weiteren Erkenntnisgewinn gebracht; denn der Markt war so, dass die Marktteilnehmer nach dem Motto „Sichere dich jetzt langfristig ab“ gehandelt haben. Der Gutachter hätte das ebenso wie alle anderen gesagt. Dann hätte man das gemacht, und hinterher hätte man gesagt: Aber jetzt sind wir klüger.

Diese „Hinterher klüger sein zu wollen“-Attitüde gefällt mir dabei überhaupt nicht. Ich finde, das ist die falsche Brille, durch die man das betrachtet. Insoweit: Ich komme nicht vom Rathaus, sondern gehe immer gern dorthin – und jetzt weg von diesem Pult. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Staatsminister Schäfer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beginne mit einer für das Haus hoffentlich guten Nachricht: Ich werde meinen Bericht aus dem Haushaltsausschuss hier nicht vollständig wiederholen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das hättest du politisch nicht überlebt!)

Ich hätte mit etwas stärkeren Ovationen gerechnet, aber seis drum an der Stelle.

(Zurufe)

Das kann durchaus sein. Nachdem Herr Schalauske gestern schon bei viel harmloseren Themen blutige Kängurus bemüht hat, weiß ich nicht, was er heute gesagt hätte, wenn ich das gemacht hätte.

Gestatten Sie mir eine weitere Vorbemerkung. Herr Kollege Dr. Arnold hat eben erwartungsgemäß seine letzte Rede in diesem Haus gehalten. Ich hoffe, das, was ich jetzt sage, wird auf meine Redezeit nicht vollständig angerechnet. Ich will die Gelegenheit nutzen, mich bei ihm sehr herzlich zu bedanken, nicht nur für die freundschaftlich-kollegiale Zusammenarbeit – ich als Minister und er als einer der Sprecher in diesem Hause –, sondern auch in anderer Hinsicht.

Ich verrate Ihnen möglicherweise ein Geheimnis: Ohne ihn wäre ich niemals Finanzminister geworden. Es gab nämlich einen Tag, an dem wir uns zum Abendessen getroffen haben und er mir mitgeteilt hat, dass er sich entschlossen hat, das Amt des Finanzstaatssekretärs aufzugeben und wieder in den Landtag zu wechseln. Dann hat er mir keine Chance gelassen und gesagt: Du, ich hab dem Karlheinz gesagt, er soll doch den Thomas Schäfer nehmen, dann läuft das alles so weiter. – Dieses Schicksal hat mich am Ende ereilt. Lieber Walter, daher auch an dieser Stelle: herzlichen Dank dafür, dass du mich vorher nicht gefragt hast.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich eine weitere Vorbemerkung machen, mit der ich der Sache wieder etwas näher komme: Wenn Sie an einem Sonntag die Zeitung aufschlagen und auf einer ganzen Seite Nachrichten zu lesen bekommen, mit denen Sie erstens nicht gerechnet haben und die Sie zweitens in die Nähe eines zur Übersicht nicht fähigen Provinztrottels rücken, macht das Ihr Frühstück etwas unangenehm. Ich sage aber offen: Das ist für einen Minister in der Dienstaufwandsentschädigung als Schmerzensgeld enthalten – Strich drunter.

(Norbert Schmitt (SPD): Okay!)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, in dem Artikel wurde nicht nur versucht, den Minister in Misskredit zu bringen. Wie gesagt, damit muss ein Minister leben. Es wurden aber vor allem auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dies vorbereitet haben, in Misskredit gebracht.

(Manfred Pentz (CDU): Unanständigerweise!)

Das sind Kolleginnen und Kollegen, die ich zum Teil seit mehr als zehn Jahren kenne und von denen ich weiß, dass ihre Persönlichkeitsstruktur und ihr Handeln für das genaue Gegenteil von Wetten, Zocken und Ähnlichem stehen; sonst könnten sie nämlich mit ihrem Qualifikationsprofil an anderen Stellen der Volkswirtschaft sehr viel mehr für ihre private Vermögensbildung tun, als sie es unter den Bedingungen des öffentlichen Dienstes können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb bedanke ich mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen des Rechnungshofs für ihre hervorragende Arbeit in der Begleitung und der Prüfung unseres Schuldenmanagements.

Aber ich nutze die Gelegenheit, mich vom Pult aus einmal bei meinen zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu bedanken. Was ihr ertragen musstet, war unwürdig, aber ihr habt eine hervorragende Arbeit geleistet – sowohl vor zehn Jahren als auch heute.

(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der SPD)

Jetzt komme ich nicht umhin, einige Hinweise zu den zugrunde liegenden Sachverhalten zu geben. Ich bitte wiederum um Nachsicht, dass ich Sie auch um diese Uhrzeit noch mit ein paar Zahlen belämmern muss. Wir haben im Haushaltsausschuss ausführlich dargestellt, dass wir im Moment eine Durchschnittsverzinsung unseres gesamten Schuldenportfolios, einschließlich der abgeschlossenen Zinssicherungsgeschäfte, von 2,36 % haben. Wenn wir diese wegnähmen, hätten wir aktuell eine Durchschnittsverzinsung von 2,16 %. Diese 0,2 Prozentpunkte oder 20 Basispunkte, je nachdem wie Sie es ausdrücken wollen, auf die Gesamtverschuldung sind letztlich die Zinssicherungsoder Versicherungsprämie, wie Sie es auch immer nennen wollen, die wir dafür zahlen, dass wir 20 % unserer Schulden gesichert haben. Das ist präzise ausgewiesen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Richtig!)

Wir sind im Übrigen bundesweit das Land mit der transparentesten Darlegung unserer Verbindlichkeiten, weil wir nicht nur die jährlichen Schuldenberichte haben – ich gehe davon aus, das werden andere Bundesländer in ähnlicher Form haben –, sondern auch einen transparenten Ausweis im Rahmen unserer kaufmännischen Bilanz, wo einschließlich der Drohverlustrückstellungen für Teilelemente dieser Geschichte alles Jahr für Jahr transparent dargestellt worden ist. Es gibt kein Bundesland neben Hessen, das so transparent mit seinen Finanzen umgeht wie Hessen. Auf diese Feststellung lege ich Wert und darauf, dass es trotzdem sein kann, dass auch diese Transparenz im Nachhinein immer noch nicht ausreichend ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie uns am Ende dieser Legislaturperiode und zu Beginn der neuen – ich habe es im Ausschuss bereits gesagt – darüber reden, diese Fragen gegenüber den Gremien des Landtags, gern auch im großen Rund, vielleicht aber auch im Haushalts- oder Schuldenausschuss oder wo auch immer, noch intensiver zu erörtern. Ich hatte Ihnen berichtet, dass mir das Research Center SAFE in the House of Finance angeboten hat, diesen Prozess in einer wissenschaftlichen Form zu begleiten, Hinweise zu geben und Sie alle gemeinsam auf den Stand der wissenschaftlichen Diskussion zur Frage der Haushaltsfinanzierung mitzunehmen. Ich habe dieses Angebot weiterzugeben; und am Ende muss das Haus entscheiden, wie es damit umgeht. Ich glaube, das ist eine Lehre, die wir gemeinsam ziehen können: Man kann nie kompliziert genug denken, wie möglicherweise einseitige öffentliche Informationen am Ende falsche Diskussionen oder zumindest überprüfenswerte Diskussionen auslösen können.

Zur Sache. Herr Kollege Schmitt, Sie haben zu Recht die Frage gestellt: Hätte es nicht andere, günstigere Möglichkeiten gegeben, den gleichen Sicherungseffekt durch andere Instrumente zu erzielen? – Wir haben dies einmal am Beispiel dieses ersten Swaps, im Jahr 2011 abgeschlossen und mit Laufzeitbeginn im Jahr 2013, also ein Forward von zwei Jahren, durchgerechnet. Der Swap hat uns mit ei

ner Kondition von 3,63 % eingedeckt. Wenn wir damals ein Forward-Darlehen aufgenommen hätten, hätten wir 40 Jahre lang 3,71 % bezahlen müssen. Das wären pro Jahr 800.000 € mehr gewesen; in der Systematik dieser vermeintlichen Schadensberechnung wären es, auf 40 Jahre gerechnet, 32 Millionen € mehr gewesen. Hätten wir ein Forward-Darlehen – Stichwort: Laufzeit – von zehn Jahren aufgenommen, hätten wir 3,98 % bezahlt statt 3,63 %. Das wären 5,6 Millionen € per anno mehr gewesen oder 56 Millionen € in zehn Jahren.

Zum berühmten „Zinscap“. Soweit wir die damaligen Konditionen anhand der Archive wieder herstellen konnten, wären, um diesen auf 3,7 % abzusichern, also auf einen glatten Zehner, ein bisschen höher als die 3,63 %, pro Jahr 10,6 Millionen € fällig gewesen. Wir zahlen für den Swap bei 3,63 %, also sieben Basispunkte niedriger, 9,4 Millionen € pro Jahr. Das heißt, der Mehrbetrag würde 1,2 Millionen € jährlich betragen; und wieder „unzulässigerweise“, wie ich sage, aber dies wird gern gewünscht, auf 40 Jahre hochgerechnet, wäre das um 48 Millionen € teurer gewesen. Das heißt, wir haben unter den verschiedenen zur Wahl stehenden Mechanismen den niedrigsten Kostensatz zum Erreichen des Sicherungsziels ausgewählt. Ich glaube, das sollten wir als Gesprächsgrundlage gemeinschaftlich festhalten.

Und jetzt stellt sich die Frage: Was heißt das auf lange Sicht? – Dazu sage ich Ihnen: Ich kann das nicht auf lange Sicht beurteilen, weil niemand die weitere Zinsentwicklung, weder damals noch heute, prognostizieren kann, sodass man sich in der Einschätzung der Frage, was das bedeutet, jeweils mit Szenarien beschäftigen muss. Diese Szenarien hatten wir versucht Ihnen im Haushaltsausschuss – Frau Präsidentin, Sie gestatten, dass ich diese Grafik auch diesem Hohen Hause zeige – deutlich zu machen.

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)

Ich übersetze das jetzt einmal für die Tonspur: Unterstellt man, ab dem Jahr 2020 würden die Zinsen um 1 Prozentpunkt steigen und kontinuierlich auf diesem Niveau verbleiben, würden wir ab dem Jahr 2025/2026 – trotz dieser Versicherungsprämie – auf die Gewinnerseite wechseln. Ab dem Jahr 2025/2026, irgendwann zu diesem Zeitpunkt, würden wir dies, trotz der Versicherungsprämie, durch die gesparten Zinsen auf unser Gesamtportfolio überkompensieren. Vom Jahr 2026 bis zum Ende der Laufzeit sind noch ein paar Jahre übrig, sodass daraus ein beträchtlicher Gewinn entstehen würde. 1 Prozentpunkt Zinssteigerung im Schnitt der Jahre ist ein Szenario – ich glaube, auch da sind wir uns einig –, bei dem wir jedenfalls relativ sicher davon ausgehen können, dass es innerhalb von Erwartungsmöglichkeiten ist.

Wenn wir nur 2 Prozentpunkte unterstellen, wiederum mit fast 40 Jahren weiterer Laufzeit, sind wir bereits im Jahre 2023 an diesem Punkt, wo es hin zu einer positiven Betrachtung kippt, sodass der Gewinn deutlich höher sein würde. Sinken die Zinsen um einen weiteren Prozentpunkt, wenn wir also 40 Jahre lang deutliche Negativzinsen hätten, wären wir ohne die Derivate besser gefahren. Dann wären die Schätzungen von Herrn Schalauske für die Versicherungsprämie wahrscheinlich berechtigt, aber dann würden wir, selbst wenn wir die 40 Milliarden € Schulden aufrechterhalten würden und keine einzige Tilgung machten, statt 1 Milliarde € an Zinszahlungen ab dem Jahr 2029 jedes Jahr nur noch 500 Millionen € zahlen. Dazu sage ich

Ihnen ganz offen: Wenn ich jedes Jahr 500 Millionen € weniger Gesamtzinsbelastungen hätte, zahlte ich die Versicherungsprämie in zweistelliger Millionenhöhe in der Gegenbewegung gern.

Herr Staatsminister, ich darf an die Redezeit der Fraktionen erinnern.

Ich bin auch gleich fertig, obwohl ich, wie gesagt, noch wesentliche Teile meines Berichts aus dem Haushaltsausschuss vortragen könnte, worauf ich aber gern verzichte.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Bemerkung machen: