Protocol of the Session on September 12, 2018

Nein, immer schon. Sie standen schon immer gleichberechtigt nebeneinander.

Meine Damen und Herren, lieber Herr Wagner, wir konnten seinerzeit das Eigentum zusätzlich mit hineinnehmen, weil wir schon immer mehr Geld zur Verfügung hatten als das, was für den sozialen Wohnungsbau abgerufen worden ist. Daher sind wir auf die Idee gekommen: Wir könnten noch einen Fördertatbestand mit hineinnehmen, und das war das Eigentum. – An dieser Situation hat sich doch überhaupt nichts geändert.

Jetzt haben Sie das Eigentum nur nicht mehr vorne draufstehen, sondern Sie haben es hinten hingeschrieben. Aber die Entscheidung fällt die WIBank. Seitdem Sie regieren – jetzt aufgepasst, lieber Herr Wagner –, ist Folgendes passiert: Es werden so gut wie keine Anträge auf Förderung von Eigentum mehr genehmigt. Diese wären grundsätzlich immer genehmigungsfähig, aber es ist politisch motiviert, dass Sie dies nicht mehr wollen. Mein Kollege Rock sagt mir immer: Mach es bloß nicht zu detailverliebt, nur nicht zu sachorientiert. – Ich höre das immer gern, dass die FDP sozusagen nur das Eigentum sehr stark in den Vordergrund stelle; denn, ja, einem liberalen Wähler gefällt das mit dem Eigentum immer ganz gut. Sachlich und fachlich ist das aber nie richtig gewesen. Es stand nur gleichberechtigt neben allen anderen Fördermöglichkeiten, die es gegeben hat. Mit Ihrem Einfluss, wie ich es einmal nenne, den Sie auf die WIBank haben, ist die Eigentumsförderung politisch aber komplett zum Erliegen gekommen. Das ist die Wahrheit.

Danke, Herr Kollege Lenders. – Herr Kollege, Sie haben zwei Minuten, um zu erwidern. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Kollege Lenders, wenn es der Vorwurf ist, dass die GRÜNEN in einer Situation, wo wir händeringend bezahlbare Mietwohnungen brauchen, dafür gesorgt haben, dass mehr Mietwohnungen gefördert werden als Eigentum,

(Jürgen Lenders (FDP): Nein!)

dann bekenne ich mich vollumfänglich schuldig. Ich glaube, das ist die richtige Maßnahme. Herr Kollege Lenders, Sie wissen, dass wir dieses Gesetz geändert haben, um diese neue Schwerpunktsetzung auf den geförderten Mietwohnungsbau tatsächlich hinzubekommen. Ich will mich auch an einer Stelle für Ihre Offenheit in Ihrer Rede bedanken. Sie sagen, dass Sie noch nicht einmal 73 Millionen € – das mag für Ihre Regierungszeit wenig sein – vollständig abgerufen hätten. – Sehen Sie, das ist der Unterschied: Wir haben nicht nur die 73 Millionen € auf über 300 Millionen € jährlich erhöht, sondern durch die Anpassung der Programme auch dafür gesorgt, dass sie tatsächlich abgerufen werden. Auch hier haben Sie mit Ihrem Beitrag den wohnungspolitischen Kurs dieser Koalition ziemlich ein

drucksvoll bestätigt, und dafür möchte ich mich bei Ihnen bedanken, Herr Lenders.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Als nächster Redner spricht nun Herr Kollege Caspar von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Ich freue mich, dass uns DIE LINKE heute einen Setzpunkt gegeben hat, der sich mit der Wohnungsbaupolitik beschäftigt. Allerdings konnten wir, nachdem wir den Antrag gesehen haben, feststellen, dass Sie sich nur mit einem ganz kleinen Teilsegment des Wohnungsmarktes beschäftigen.

Für uns als CDU-Fraktion ist es aber wichtig, dass alle Menschen in Hessen angemessenen Wohnraum haben, und zwar sowohl im ländlichen Raum als auch in den Ballungsräumen. Die Antworten, die wir auf die Herausforderungen zu geben haben, sind sehr unterschiedlich. Die Koalitionsfraktionen und diese Landesregierung geben die Antworten, und zwar die richtigen Antworten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insbesondere in den Ballungsräumen, aber auch in den Universitätsstädten unseres Landes stellen wir fest, dass es einen erheblichen Wohnungsbedarf gibt. Der Bau von Wohnungen ist in den letzten Jahren nicht in dem Umfang erfolgt, dass diese Nachfrage gedeckt werden kann. Wenn man sich mit den Ursachen beschäftigt, stellt man fest, dass die Marktteilnehmer guten Willens sind. Die Marktteilnehmer sind die Nachfrager, sprich: diejenigen, die Mieter oder Eigentümer sind, die eine Wohnung mieten oder kaufen wollen. Die Anbieter sind diejenigen, die den Wohnraum errichten, seien es Wohnungsbaugesellschaften oder private Vermieter.

Dass der Engpass heute bei der öffentlichen Hand liegt und nicht bei den Marktteilnehmern, liegt an der Baulandausweisung. Seit den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts gibt es die Regelung, dass die Kommunen bei der Baulandausweisung das Monopol haben. Leider sind die Kommunen in den letzten 20 Jahren der Baulandausweisung insbesondere in den Ballungsräumen zu wenig nachgekommen, sodass der Markt gar nicht tätig werden kann, wo er gerne tätig werden wollte.

Das führt natürlich dazu, dass darunter diejenigen am meisten leiden, die am kaufkraftschwächsten sind. Wenn ich genügend Einkommen habe, kann ich auch mehr Miete zahlen und komme trotzdem zu meiner Wohnung. Unter dem System leiden diejenigen, die am wenigsten Kaufkraft haben. Deswegen ist es auch richtig, dass wir uns ganz besonders für diejenigen einsetzen und Lösungen schaffen.

Wir stellen fest, dass es auch bestimmte Gruppen gibt, die, egal, was sie zahlen könnten oder wollten, oder auch, wenn sie das Geld von der öffentlichen Hand dafür bekommen, von Vermietern, egal ob Wohnungsbaugesellschaften oder Privaten, nicht so akzeptiert werden, wie sie es sich wünschen würden. Deswegen ist es sehr gut, dass diese Regie

rung ein Programm wieder aufgelegt hat, dass Belegungsrechte von den Kommunen erworben werden können. Damit kann sichergestellt werden, dass diejenigen Menschen, die Wohnungen suchen und keine Wohnungen finden, von der Kommune die Möglichkeit geboten bekommen, eine Wohnung zu erhalten.

Die Diskussion um den Bau von Sozialwohnungen ist natürlich außerordentlich wichtig. Wir alle kennen die langen Vorlaufzeiten, bis zusätzliche Wohnungen entstehen. Mit dem Instrumentarium des Erwerbs von Belegungsrechten kann sofort gehandelt werden. Deswegen ist es gut, dass Sie, Frau Ministerin, dieses Instrument wieder eingeführt haben, damit den wirklich Betroffenen schnell geholfen werden kann. Das ist ein sehr erfolgreiches Programm.

Ich nenne auch ein weiteres Programm, mit dem in den letzten 19 Jahren in Hessen der Wohnungsbestand von 2,65 Millionen auf 3,05 Millionen gesteigert werden konnte. Das bedeutet, wir haben 400.000 Wohnungen mehr. Gleichwohl ist es aber so, dass in einigen Regionen, wie beschrieben, der Wohnraum nicht ausreicht. Wir müssen dort noch erheblich mehr tun.

In der Zwischenzeit, bevor diese zusätzlichen Bestände für die Menschen, die über ein geringes Einkommen verfügen, gebaut werden, ist es wichtig, dass wir mit anderweitigen Mitteln arbeiten, um sie zu unterstützen, damit sie sich angemessenen Wohnraum leisten können.

Das Land Hessen hat über das Wohngeld etwa 35.000 Haushalten – bis Ende 2016, mittlerweile sind es schon einige mehr – Mittel zur Verfügung gestellt. Bevor sie das Wohngeld bekommen haben, haben die Betroffenen etwa 37 % ihres monatlichen Einkommens für Miete ausgeben müssen. Nachdem sie das Wohngeld erhalten haben, mussten sie nur noch etwa 15 % ihres monatlichen Einkommens für Miete ausgeben. Das zeigt, dass diese Maßnahme unmittelbar bei den Betroffenen ankommt und auch ein Instrument ist, den Menschen zu helfen, auch in diesen schwierigen Zeiten angemessenen Wohnraum zu finden.

Meine Damen und Herren, ich stelle daher fest, dass wir auf einem guten Weg sind, die Herausforderungen anzunehmen. Der Engpass ist in den Ballungsräumen die Ausweisung von Bauland. Wir müssen darüber nachdenken, ob wir durch Veränderungen im Kommunalen Finanzausgleich diejenigen Kommunen unterstützen, die bereit sind, das zu tun. Eine Ausweisung von Bauland ist mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Wir müssten überlegen, welche finanziellen Anreize wir als Land geben können, um das sicherzustellen. Ein zweiter Punkt, der von Kommunen auf die Frage entgegengehalten wird, warum sie denn nicht für die in Regionalplänen ausgewiesenen Flächen Bebauungspläne machen, ist, dass die Verfahren zu umständlich sind und zu lange dauern.

Hier setze ich auf das, was die Große Koalition auf Bundesebene in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hat, dass nämlich diese Verfahren entschlackt und beschleunigt werden sollen. Es wird Aufgabe der Bundesländer sein, gegenüber dem Bund Druck zu machen, damit das Ganze möglichst schnell umgesetzt wird.

Alles in allem sind wir in Hessen auf einem guten Weg und werden die Situation für die Menschen weiter im Auge behalten, damit sichergestellt werden kann, dass alle Menschen in Hessen angemessenen Wohnraum zu guten Bedingungen haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Caspar. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt noch einmal Thorsten Schäfer-Gümbel. Sie haben noch vier Minuten und 26 Sekunden Redezeit. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gab noch einige offene Fragen in der Aussprache, auf die ich gerne noch einmal eingehen möchte.

Die erste Frage des Kollegen Wagner lautete: Gibt es Bundesländer mit sozialdemokratischer Führung, die das besser können als Hessen? – Unter anderem Hamburg. Das kann man anhand von Zahlen empirisch nachweisen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo ist der Beweis?)

Herr Wagner, darf ich ausreden? – Danke.

Die zweite Frage lautete: Wie kann es sein, dass ein Zwölfpunkteplan vorgelegt wird, wenn danach Frau Barley ein Papier für die Bundesregierung vorlegt? – Erstens war es umgekehrt. Zunächst war am vergangenen Mittwoch der Kabinettsbeschluss über die verschärfte Mietpreisbremse. Übrigens gilt diese Mietpreisbremse in Hessen gar nicht, weil das Ministerium nicht in der Lage war, eine rechtsförmliche Ausrichtung auf den Tisch zu legen. Deshalb gilt sie in Hessen gar nicht.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Dorn, Sie können auch gerne nach vorne kommen. Das ermöglicht mir, anschließend noch ein bisschen mehr Redezeit zu haben. Ich freue mich sehr auf die Aussprache.

Frau Barley hat eine verschärfte Mietpreisbremse vorgelegt, die das Kabinett auf den Weg gebracht hat. Gleichzeitig bereitet die Bundesregierung – übrigens in Abstimmung auch mit dem Bundesland Hessen – einen Wohnungsgipfel vor, in dem über weiter gehende Maßnahmen geredet werden soll. Dazu hat die Sozialdemokratische Partei vergangenen Samstag ein Papier vorgelegt.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gipfel!)

Dritte Bemerkung. Sie fragten nach der Bedeutung der bundespolitischen Initiativen im Vergleich zu Hessen. Ich will daran erinnern: Die wichtigste bundespolitische Entscheidung, die getroffen wurde bzw. gerade getroffen wird, ist die Frage, ob der Bund nach 2020 überhaupt noch Mittel für den Wohnungsbau aufwenden darf.

Ich erinnere mich leise, dass ich bestimmte Zwischenstände in Koalitionspapieren zu den Verhandlungen zur Jamaikakoalition gesehen habe, in denen diese Frage null Komma null eine Rolle gespielt hat.

Durchgesetzt hat die Grundgesetzänderung in den Koalitionsverhandlungen die Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Das Bundeskabinett hat die Grundgesetzänderung jetzt auf den Weg gebracht. Ich freue mich sehr auf

die Zustimmung des Bundeslandes Hessen zu dieser Grundgesetzänderung, mit Zustimmung der GRÜNEN, wie ich hoffe.

(Beifall bei der SPD)

Vierte Bemerkung. Sie sprachen das Thema Baugebiete an. In der Tat, da haben wir ein paar Probleme zu lösen. Da gibt es ein paar Dinge, die nicht gut gelaufen sind. Dazu gehört übrigens auch das Land Hessen.

Ich habe mir gestern einen Ordnungsruf, zu dem ich eine Meinung habe, eingefangen, als ich mich mit der Rolle des Finanzministers beschäftigt habe. Aber natürlich hätten wir in Frankfurt auch andere Entscheidungen hinsichtlich des Polizeipräsidiums treffen können – „wir“ heißt an dieser Stelle vor allem die Landtagsmehrheit aus BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU. Sie haben aber eine Entscheidung getroffen, die ich ausdrücklich nicht teile. Dort wäre eine Möglichkeit gewesen, einen anderen Weg einzuschlagen. Deswegen halte ich Ihnen gelegentlich vor, dass es nicht sonderlich redlich ist, in Hochglanzbroschüren die Kommunen aufzufordern, Land günstig abzugeben und Konzeptvergaben zu machen, aber da, wo man es selbst in der Hand hat, das genaue Gegenteil zu tun.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Sie haben mich dann damit konfrontiert, dass auf Bundesebene Horst Seehofer im Rahmen der Kabinettsverteilung für das Thema Wohnungsbau zuständig ist.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ist das nicht der Freund von Volker?)

Das ist erstens der Freund von Volker Bouffier. Wir sind nicht per du, darum formuliere ich es einmal so.

(Zuruf von der CDU: Nein! – Weitere Zurufe)

Ist der nicht sein Freund? Interessanter Hinweis.

Ich will es einmal so herum beantworten: Ja, manchmal macht man in Koalitionen – das soll Ihnen wohl auch so gegangen sein – ein paar Kompromisse. Ob allerdings wohnungsbaupolitisch Horst Seehofer oder Priska Hinz mehr auf die Reihe bringt, das lasse ich jetzt einmal den geneigten Leser entscheiden. Ich glaube, dass wir am 28. Oktober alle Gründe haben, die Wohnungsbaupolitik in Hessen einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)