Ja, aber Sie machen es verpflichtend, und zwar ab einer sehr geringen Summe. Das würde am Ende dazu führen, dass man eher wieder in Richtung Generalunternehmer geht, große Betriebe, die an dieser Stelle zertifiziert sind, und andere nicht. Ich weiß nicht, ob das am Ende in Ihrem Sinne ist und ob Sie das eigentlich wirklich wollen, oder aber an dieser Stelle nicht wissen, was Sie damit auslösen würden. Deswegen: So funktioniert es auf jeden Fall nicht.
Bei der Frage des Mindestlohns will ich Ihnen widersprechen, Herr Lenders. Wir haben den Mindestlohn nämlich jetzt. Wenn man sich einfach einmal ein bisschen zurücklehnt und schaut, was vorher alles prophezeit worden ist, was alles durch einen Mindestlohn eintreten würde, und sich jetzt die Realität anschaut, dann stellen wir fest: Wir haben nicht weniger Arbeitsplätze, sondern mehr. Wir haben nicht die Situation – –
Nein, Herr Lenders. Wenn Sie sich gerade die unteren Lohngruppen anschauen, dass Minijobs aufgelöst und in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung übertragen worden sind, können Sie feststellen, das ist doch das, was wir alle eigentlich wollten. Am Ende hat es dazu geführt, dass gerade diejenigen im Niedriglohnbereich die größten Reallohnzuwächse haben. Meine Damen und Herren, das ist doch völlig richtig.
Ich finde, wenn wir die Plenarwoche gestern mit der Frage begonnen haben, was eigentlich in dieser Gesellschaft los ist und woher diese schlechte Laune kommt, dann hat das auch ein bisschen damit zu tun, dass eine Menge an Menschen das Gefühl hat, dass sich Leistung nicht mehr lohnt. An diesem Punkt bin ich ausdrücklich dafür, dass wir jetzt einen bundesweit geltenden Mindestlohn haben und dass
Zum eigenen Landesmindestlohn. Liebe Kollegin Wissler, vielleicht ist es der Unterschied, dass wir in Hessen mittendrin liegen. Wir haben nicht nur hessische Betriebe, die sich an hessischen Ausschreibungen beteiligen, sondern wir sind vielleicht – umzingelt von Deutschen ohne Zugang zum Meer, kein Blick auf die Alpen – in einer anderen Situation als andere Bundesländer. Wenn man sich auch das in der Realität anschauen würde, würde auch das so nicht funktionieren. Wenn man etwas am Mindestlohn verändern will, muss man es aus meiner Sicht auf Bundesebene tun und kann nicht anfangen, landesmäßig zu arbeiten.
Ich will Ihnen einmal vorlesen, was im HVTG steht, in § 21, „Überprüfung der Auswirkungen der Tariftreueregelung“, auf die Sie sich ja beziehen:
Das heißt, der Erfahrungszeitraum muss drei Jahre betragen – nicht das Ergebnis, sondern der Erfahrungszeitraum.
Wenn es am 1. März 2015 in Kraft getreten ist, dann können Sie mir nicht vorwerfen, dass ich die drei Jahre abgewartet habe und dann, nachdem der Erfahrungszeitraum erreicht war, mit der Evaluierung begonnen habe. Da wird überhaupt nichts irgendwie hinter die Wahl geschoben, sondern das steht genau so im Gesetz drin. Die drei Jahre mussten erst einmal um sein, um die Erfahrungen zu sammeln, und dann haben wir mit der Evaluierung begonnen. Insofern ist das falsch, was Sie hier gesagt haben, verehrte Frau Kollegin Barth.
Ein Punkt ist mir in diesem Zusammenhang noch wichtig. Bei den Beispielen, die hier vor allem vom Bau genannt werden, sind wir uns alle völlig einig: Was dort teilweise passiert, ist nicht hinzunehmen. Das hat aber erst einmal mit einem Vergabegesetz nichts zu tun. Denn ob nun Bundesmindestlohn, Tarif oder allgemeinverbindlich erklärte Tarife auf dem Bau – Stundenlöhne von 1 €, die dann auch noch vorenthalten werden, sind nach keiner Regelung rechtmäßig. Sie sind schlicht Betrug und Schweinerei. Da muss der Staat eingreifen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin sehr dankbar – ich habe schon Bundesfinanzminister Schäuble angeschrieben und das Ganze bei Scholz wiederholt; auch auf der letzten Wirtschaftsministerkonferenz habe ich dafür gekämpft –, dass der Bund beim Zoll endlich bei den Prüfern, die bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit unterwegs sind, die Stellenzahl erhöht und die Stellen besetzt. Gerade gestern und heute – das ist Zufall – ist der Zoll in Hessen mit Hunderten von Fahndern unterwegs und über
prüft die Einhaltung der Mindestlohnregelungen nicht nur auf Baustellen, aber auch dort. Das finde ich ausdrücklich richtig.
Ich denke an die Redezeit. – Ich will noch zwei Punkte erwähnen. Stichwort: Tarif auch beim ÖPNV, den wir mit dem HVTG eingeführt haben. Manche haben den Busfahrerstreik schon vergessen.
Ich auch nicht. – Ich will Ihnen sagen, was wir gemacht haben. Wir haben danach mit allen lokalen Nahverkehrsorganisationen, mit vielen Beteiligten in diesem Zusammenhang zusammengearbeitet. Wir haben über Nachverhandlungen zu bereits vergebenen Aufträgen zum ÖPNV geredet.
Zu den Tariflöhnen im Busbereich will ich Ihnen sagen: Zum 01.04.2016 betrugen sie 12 € die Stunde, ab dem 01.02.2017 12,50 €, ab dem 01.01.2018 13 €, und ab dem 01.12.2018 sind 13,50 € schon vereinbart. Das ist ein Lohnplus in etwas mehr als zwei Jahren von 12,5 %.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde das in diesem Bereich ausdrücklich richtig. Ich weise aber auch darauf hin, dass das irgendjemand bezahlen muss. Dafür haben wir gesorgt, dass der öffentliche Personennahverkehr mehr Geld hat. Aber noch einmal: Ich finde es ausdrücklich richtig.
Kurzpausen von weniger als zehn Minuten werden seit dem 01.02.2017 bezahlt, und ab dem 01.12.2018 wird erstmals eine betriebliche Altersvorsorge für Busfahrer aufgebaut.
Das ist harte Arbeit. Da bekommen Sie keine Überschriften. Es gibt einmal einen Streik; da gibt es viel Aufmerksamkeit. Aber danach fängt die Mühsal der Ebene an. Aber ich finde es ausdrücklich richtig, dass wir in diesem Bereich viel erreicht haben.
Ein letzter Punkt, der mir auch wichtig ist. Ich habe mir natürlich auch die Zahlen angeschaut, die die SOKA-BAU zum Durchschnittslohn auf dem Bau in Hessen veröffentlicht hat. Ich habe dann einfach das gemacht, was Sie vielleicht nicht gemacht haben. Ich habe bei denen, die diese Zahlen erheben, nachgefragt, ob sie eine Erklärung für diese Unterschiede haben.
Sie haben mir zwei Sachen gesagt, die ich bedenkenswert finde, als Vermutungen. Der erste Punkt ist: Wir sind in Hessen in größerer Konkurrenz als andere Bundesländer mit den Handwerkern in Thüringen, weil man fast alles in Hessen relativ leicht aus Thüringen erreichen kann.
Wenn Sie sehen, was so auf der A 66 und der A 4 fährt, dann sehen Sie, es gibt eine Korrespondenz. Wir haben in Westdeutschland einen vergleichsweise geringen Durchschnittslohn, und Thüringen hat den höchsten Durchschnittslohn Ostdeutschlands in genau dem gleichen Bereich. Deswegen könnte es daran liegen, dass wir an dieser Stelle eine Konkurrenz haben, die dafür sorgt, dass in Hessen am Ende etwas weniger Durchschnittslohn herauskommt und in Thüringen ein höherer.
Der zweite Punkt ist wahrscheinlich entscheidender: Da wir in Hessen eine gut laufende Baukonjunktur haben, und zwar fast alles – denken Sie an die Frankfurter Hochhäuser – im privaten Bereich, sind wir ein Land, in dem vergleichsweise viele Entsendebetriebe, wie sie heißen, aus EU-Ländern aktiv sind, die im Saarland vielleicht nicht sind, weil sie dort nichts zu tun haben.
Dementsprechend könnte das eine Erklärung dafür sein, warum wir auch in diesem Bereich an der unteren Grenze sind; denn die zahlen genau das, was sie nach Entsendegesetz und Allgemeinverbindlichkeitserklärung zahlen müssen, aber nicht mehr. Deswegen ist das eine der Erklärungen.
Ich will an dieser Stelle noch etwas hinzufügen. Sie sagen immer, das HVTG ist die Erklärung, warum auf dem Bau in Hessen unterdurchschnittlich bezahlt wird.
Daher will ich sagen, 61 % aller bundesweiten Bauinvestitionen entfielen 2017 auf den Wohnungsbau, 27 % auf den Wirtschaftsbau. Die öffentlichen Bauten haben insgesamt – da ist der Tiefbau schon dabei, also alle Straßenbauinvestitionen usw. – einen Anteil von 11,7 % am Gesamtbau und nur von 3,9 % am Hochbau. Das heißt, die Vorstellung, dass man durch eine reine Veränderung bei der öffentlichen Hand dafür sorgt, dass es im gesamten Baubereich besser wird, hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun, was nicht heißt, dass man sich nicht auch da Gedanken machen muss.
An dieser Stelle merken Sie, dass das nicht alleine mit dem HVTG zu erklären ist, sondern dass das HVTG eher am wenigsten damit zu tun hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen ja, wir werden uns am Anfang der nächsten Legislaturperiode das HVTG anschauen. Wir werden schauen, was an dieser Stelle gut gelaufen ist. Wir werden schauen, wo es Verbesserungsbedarf gibt. Es gibt etliche Vorschläge auch an dieser Stelle. Aber es in Bausch und Bogen zu verurteilen ist nicht angemessen, und das, was DIE LINKE hier beantragt hat, muss man sogar ablehnen. – Vielen Dank.
Wir sind am Ende der Debatte und kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in zweiter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? – CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP. Wer enthält sich? – Die SPD und Frau Öztürk. Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt.
Bericht des Landesschuldenausschusses gemäß § 8 Abs. 3 des Gesetzes über die Aufnahme und Verwaltung von Schulden des Landes Hessen vom 27. Juni 2012 (GVBl. S. 222); hier: 66. Bericht über die Prüfung der Schulden im Haushaltsjahr 2016 – Drucks.