Protocol of the Session on September 11, 2018

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos) – Zurufe von der CDU)

Das passiert Ihnen ständig, Herr Bouffier. Zwei aktuelle Beispiele: Ihr Finanzminister hat sich als Bodenspekulant betätigt und dafür gesorgt, dass dort, wo bezahlbarer Wohnraum – –

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Lebhafte Zurufe von der CDU)

Herr Kollege, die konkrete Feststellung, der Finanzminister sei ein „Bodenspekulant“, ist völlig unerlaubt, und ich rufe Sie hiermit zur Ordnung.

(Zurufe von der SPD und der LINKEN: Was? – Un- ruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lasst es durchlaufen.

(Günter Rudolph (SPD): Das kennen wir ja! – Gegenrufe von der CDU)

Dort, wo bezahlbarer Wohnraum mitten im überhitzten Mietmarkt Frankfurts hätte entstehen können, ist jetzt ein Quartier entstanden, in dem alles entstehen wird, aber kein bezahlbarer Wohnraum. Ich weiß, das wollen Sie nicht hören; das haben Sie gerade dokumentiert.

(Beifall bei der SPD)

Aber einer muss Ihnen das angesichts des Mietmarktes in Hessen doch sagen.

Das Gleiche gilt für Ihren Kultusminister, der behauptet, es gebe keinen Unterrichtsausfall in Hessen. Er hält die Hände vors Gesicht und ruft: Ich sehe keinen Lehrermangel. – Sie glauben ihm und schauen weg.

(Manfred Pentz (CDU): Ich sage nur: Holzapfel!)

Herr Bouffier, es gibt einen Lehrermangel in Hessen.

(Manfred Pentz (CDU): Holzapfel! Das wollt ihr nicht hören!)

Herr Bouffier, es fällt in Hessen Unterricht aus.

(Manfred Pentz (CDU): Holzapfel!)

Herr Kollege Pentz, ich bitte Sie, nicht weiter zu stören.

Herr Bouffier, in Hessen fällt Unterricht aus – an jedem Tag. Jede Mutter und jeder Vater, jede Schülerin und jeder Schüler können Ihnen das bezeugen. Sie aber haben sich längst tief in die Staatskanzlei zurückgezogen. Sie sind umgeben von Leuten, die Ihnen zwar applaudieren, Sie aber nicht mehr mit der Wirklichkeit konfrontieren.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos) – Zurufe von der CDU)

Keine Sorge, Sie werden gleich noch sehr viel mehr Anlass haben, sich aufzuregen. – Sie wollen nicht mehr wissen, welche Probleme die Hessen plagen. Sie wollen nur noch in Ruhe auf dem Chefsessel sitzen. Herr Bouffier, die Bevölkerung in unserem Land hat in der Tat mehr von einer Regierung zu erwarten als das, was Sie in den letzten fünf Jahren geboten haben.

(Beifall bei der SPD)

Um es noch einmal zu wiederholen: Sie bauen keine Wohnungen. Sie hoffen und wetten darauf, dass allein der Markt das Problem löst.

(Zuruf von der CDU: Unsinn!)

Sie bilden keine Lehrerinnen und Lehrer mehr aus. Sie wetten und hoffen darauf, dass es am Ende irgendwie reicht.

(Michael Boddenberg (CDU): Auch Unsinn!)

Sie unternehmen nichts gegen den Verkehrskollaps. Sie wetten und hoffen, dass die Autos von allein verschwinden.

(Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Lehrermangel hat in Ihrer Regierungserklärung keine Rolle gespielt.

(Zurufe von der CDU)

In Ihrer Erklärung haben der Bildungsgipfel und der Versuch, die Gesellschaft zusammenzuführen, keine Rolle gespielt. – Herr Boddenberg, Sie brauchen sich gar nicht zu Wort zu melden, Sie haben im Anschluss genügend Redezeit.

(Michael Boddenberg (CDU): Ich werde darauf zurückkommen, dass Sie eine Redezeit von 20 Minuten vorgeschlagen haben! Wir hätten das gerne ausführlicher gemacht!)

Das Wort hat ausschließlich Herr Schäfer-Gümbel. Ich bitte jetzt um Ruhe.

Wenn Ihnen 20 Minuten Redezeit nicht reichen, um das zu sagen, was Sie inhaltlich vorhaben, tut es mir leid, Herr Boddenberg.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Ich komme nachher darauf zurück! Auch wir haben ein paar grundsätzliche Fragen!)

Auch Sie werden bald merken, worauf ich hinauswill.

Der Lehrermangel spielt eine große Rolle. Sie haben dazu aber nichts gesagt. Sie haben zu den Staus nichts gesagt, und Sie haben zum Problem der Schaffung bezahlbaren Wohnraums nichts gesagt. Ich könnte Ihnen viele Zitate vorlesen, mit denen Ihnen auch Ihre eigenen Kolleginnen und Kollegen beschreiben, warum das die aktuell wichtigsten Themen in diesem Land sind. Ich kann es nur wiederholen: Sie haben zu diesen Themen und dazu, wie Sie sie in den kommenden fünf Jahren anpacken wollen, überhaupt nichts gesagt. Das sind aber für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zentrale Fragen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos) – Zurufe von der CDU)

Jetzt komme ich zum zweiten Satz Ihrer Regierungserklärung. Sie sprachen von einem Land, das zusammenhält. Ich sage Ihnen: Es waren nicht die GRÜNEN und auch nicht die Union, die etwas dafür getan haben, dass es in Hessen immer noch einen Zusammenhalt gibt. Das werfen wir Ihnen heute vor. Sie tauchen zu oft weg. Sie halten Reden, ohne dass Taten folgen.

Ich will konkreter werden. Wer über gesellschaftlichen Zusammenhalt redet und 1999 Unterschriften gegen Ausländer gesammelt hat,

(Zurufe von der CDU)

wer über gesellschaftlichen Zusammenhalt redet und die „Operation düstere Zukunft“ gegen die Sozialkultur und gegen Integrationsprojekte durchgezogen hat,

(Michael Boddenberg (CDU): Wo haben Sie das denn gelesen? – Weitere Zurufe von der CDU)

wer über gesellschaftlichen Zusammenhalt redet und 2008 „Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen“ pla

katiert hat, wer über gesellschaftlichen Zusammenhalt redet und jahrelang Herrn Irmer nach seinen Tiraden gegen Homosexuelle, Muslime, Migrantinnen und Migranten sowie LINKE geschützt und ihn vor zwölf Monaten in den Bundestag befördert hat,

(Zurufe von der CDU)

wer über gesellschaftlichen Zusammenhalt redet und sich nach dem Ende des Untersuchungsausschusses zum NSU nicht zu den Fehlern erklärt, die die Sicherheitsbehörden in Hessen gemacht haben, wer über gesellschaftlichen Zusammenhalt redet und am vergangenen Freitag Horst Seehofer in der Landeshauptstadt zu Gast hatte und geschwiegen hat, der muss seine Glaubwürdigkeit zumindest hinterfragen lassen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Sie sprechen in Ihrer Erklärung von „Haltung“. Das finde ich interessant. Wo war denn die Stimme Hessens, als es um den Zusammenhalt im Land ging, z. B. nach den Hetzjagden in Chemnitz? Was haben Sie Ihrem famosen Ministerpräsidenten in Dresden und dem merkwürdigen Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz gesagt? Wo waren Sie, als in Köthen Demonstranten öffentlich auftraten und „Nationaler Sozialismus jetzt, jetzt, jetzt“ brüllten? Ich sage für meine Partei und meine Fraktion: Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist und bleibt ein Verbrechen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Ab- geordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Sie betonen, dass nicht alle Demonstranten in Chemnitz Nazis seien. Das mag sein.

(Holger Bellino (CDU): Was heißt „mag sein“? Das ist so!)