Protocol of the Session on August 22, 2018

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Bis die sogenannte Kohlekommission zu einem Ergebnis gekommen ist, müssen alle weiteren Ausbau- und Abbaugenehmigungen ausgesetzt werden. RWE darf den Hambacher Forst im Herbst nicht roden.

Früher standen die GRÜNEN für die Verkehrswende und forderten analog zum Energiegipfel einen hessischen Verkehrsgipfel. Anstelle der Verkehrswende haben die Emissionen in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen. Der Verkehrsgipfel ist aus der Programmatik der GRÜNEN verschwunden.

Es reicht nicht aus, wenn der hessische Verkehrsminister in einer Regierungserklärung ankündigt, dass Hessen eine Vorreiterrolle einnehmen will. Um das zu erreichen, muss er auch endlich unliebsame Themen angehen. In unserem Antrag finden Sie dazu die notwendigen Anregungen. – Ich glaube, er ist aber gerade nicht da.

Alleine eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf hessischen Autobahnen hätte einen Teil der Emissionen verhindern können und einen Beitrag zur Verkehrssicherheit geleistet. Aber auch da haben die hessischen GRÜNEN den Kretschmann gegeben.

Wir wissen, dass der Verkehrsminister regelmäßig mit Fraport-Chef Schulte in Kontakt steht. Außer mehr Flugverkehr durch Billigflieger, mehr Lärm und mehr Treibhausgasen und weniger Nachtruhe ist aus dieser Diplomatie nichts herausgekommen. Das hätte die CDU auch ohne die Hilfe eines grünen Ministers geschafft. Das muss ich ihr einmal zugestehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nahezu 30 % aller Passagierflüge am Frankfurter Flughafen wären mit der Bahn in einer Zeit unter sechs Stunden zu erreichen. Diese Kurzstreckenflüge müssen auf die Bahn verlagert werden. Das ist den Menschen in Zeiten des Klimawandels zuzumuten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wäre der Job von Minister Al-Wazir, aber er ist ja nicht da.

Auch gegen die Widerstände der Fluggesellschaften und von Fraport muss man das voranbringen. Von solchen Bemühungen hören wir nichts. Was wir mitbekommen, z. B. aus der „Frankfurter Rundschau“ von heute – das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen –, ist, dass der Verkehrsminister Fraport 325.000 € für zwei Elektrobusse aus Fördermitteln zuschießt. Das ist wirklich der Hammer. Kommunen fehlt hinten und vorne das Geld für den klimafreundlichen ÖPNV, und Sie sponsern die Fraport AG, die 2018 einen Gewinn von über 400 Millionen € erwartet.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist ja unerhört! – Janine Wissler (DIE LINKE): Staatssubventionen!)

Das ist auch eine Verlagerung, aber keine von Flügen auf Züge.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielleicht müssen wir noch einmal daran erinnern, dass die Fraport AG mehrheitlich im öffentlichen Besitz ist und Kollege Kaufmann immer noch im Aufsichtsrat sitzt. Was tut er dort eigentlich, außer alles abzunicken? – Mit dieser Art der Umverteilung wird das mit dem Klimaschutz in Hessen nichts. Uns läuft aber die Zeit davon. Das müsste dieser Sommer doch jedem gezeigt haben. Die Landesregierung aber verhält sich so, als würde Zeit keine Rolle spielen.

Über 300 Jahre würde es dauern, um das Potenzial für Fotovoltaik auf landeseigenen Dächern auszunutzen, wenn der Zubau in der Geschwindigkeit wie in den letzten vier Jahren unter Schwarz-Grün weitergeht. 300 Jahre für 25 GW peak, das ist das Potenzial. Das ist kein Schneckentempo, das ist Stillstand. Das ist das Gegenteil von vorbildlichem Klimaschutz.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Nutzung der eigenen Dächer wäre sogar noch wirtschaftlich sinnvoll, wie uns das Umweltministerium auf Nachfrage mitteilt.

Schauen wir doch einmal auf den Titel des Antrags der Regierungsfraktionen: „Hessen wird wirkungsvolle Klimaschutzpolitik fortsetzen und weiter ausbauen“. – Ja, da gibt es noch viel auszubauen, aber an Ihrer Stelle würde ich vor Scham im Boden versinken, anstatt mich zu loben.

Noch einmal: 300 Jahre nur, um Ihre eigenen Dachflächen auszunutzen, das ist doch zum Im-Boden-Versinken. Sie bekommen das noch nicht einmal in Ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich hin. Mit dem Widerstand von Windkraftgegnern, Fluggesellschaften, Fraport und Kohlelobby ist die Landesregierung nicht in der Lage, die Energiewende voranzubringen.

Nach dieser Legislaturperiode, nach so viel Inkompetenz und Ignoranz und nach so vielen Handlungslücken, wie das neuerdings im Klimaschutz heißt, finde ich es unerträglich

und für das Parlament eigentlich herabwürdigend, so einen Antrag vorzulegen.

Dann kommen wir noch einmal zur Landwirtschaft, zu dem Thema, das viele von uns aktuell umtreibt.

Landwirtschaftsbetriebe, die durch diese Hitzeund Trockenperiode in ihrer Existenz bedroht sind, brauchen gesellschaftliche Unterstützung – bis hin zu finanzieller staatlicher Unterstützung. Zukünftig werden solche Hitzeund Trockenperioden aber eher die Regel als die Ausnahme sein. Es wäre unverantwortlich, die Subventionen aus den Schäden des nächsten Jahrhundertsommers, der vielleicht schon in drei Jahren kommt, zu verstetigen. Die Ausrichtung auf maximale Erträge bei niedrigen Erzeugerkosten hat die Landwirtschaft in eine anhaltende ökologische und zunehmend auch ökonomische Krise getrieben.

Um die Klimaschutzziele zu erreichen und die Landwirtschaft an die bereits eingetretenen Klimaveränderungen anzupassen, braucht es eine ambitionierte Agrarwende. Eine Schlüsselrolle für den sozial-ökologischen Umbau unserer Landwirtschaft liegt bei den Subventionen aus der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik. Um es noch einmal deutlich zu sagen: DIE LINKE ist für aktuelle Hilfe, aber gegen einen Fonds, der dauerhaft Schadensausgleich leistet.

Mit dem Agrarhaushalt der EU haben wir bereits einen dauerhaften Unterstützungsfonds für die Landwirtschaft, nur dass dieser die falschen Anreize setzt und die Probleme der Landwirtschaft damit eher vergrößert. Pauschale Flächenprämien oder Gelder für Stallvergrößerungen, um mehr Vieh für den Export zu mästen, ist, wie Öl ins Feuer zu gießen.

Die Förderung einer weiteren Intensivierung der konventionellen Landwirtschaft für den Export von Agrargütern wie Fleisch, Getreide und Milchprodukte muss beendet werden. Da geht es nicht nur um die Verminderung der 7 % bis 11 % Treibhausgase, die unsere Landwirtschaft zum Klimawandel beiträgt. Da geht es auch und vor allen Dingen um fairen Welthandel.

(Beifall bei der LINKEN)

Wo gibt es das deutliche Statement der Hessischen Landesregierung, die hohen EU-Agrarsubventionen nur noch für gemeinwohlorientierte, soziale und ökologische Leistungen zu verteilen und nicht mehr für die intensive industrielle Landwirtschaft, die auch noch die klimaschädlichste ist? Da muss Hessen ein eindeutiges Statement an die Bundeslandwirtschaftsministerin geben. Sie hat die Federführung bei den anschließenden GAP-Verhandlungen.

Wir können uns eine Landwirtschaft, die die Böden degradiert, die Artenvielfalt zerstört, unser Grundwasser belastet und am Ende nicht mehr in der Lage sein wird, unter veränderten Klimabedingungen unsere Ernährung sicherzustellen, nicht leisten. Wir alle können uns das nicht leisten. Wir brauchen eine ambitionierte Agrarwende, die auch die konventionelle Landwirtschaft klimaschonend macht und an die bereits eingetretenen Klimaveränderungen anpasst.

Kollegin Schott, kommen Sie bitte zum Schluss.

Das mache ich gern. – Um die Klimaschutzziele im Agrarsektor zu erreichen, muss die Agrarwende mit einer Ernährungswende gekoppelt werden, zum Ausgleich der geringen Erträge der ökologischen Landwirtschaft gegenüber einer intensiven industriellen Landwirtschaft. Hier müssen wir an solchen Dingen wie Fleischkonsum und Essgewohnheiten arbeiten, das ist dringend notwendig.

Es ist eine Aufforderung zum Handeln, und jetzt hören Sie auf zu reden, sondern tun Sie endlich die notwendigen Dinge.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Landau, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schott, Sie haben hier über so viele Wenden gesprochen, dass mir schon ein wenig schwummrig geworden ist.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Sie haben es eben noch immer nicht verstanden!)

Ich will einmal sachlich in das Thema einsteigen. Ob nun der Sommer 1983, 2003 oder eben 2008 der rekordverdächtigste ist: Diese Frage ist völlig nachrangig. Über 90 Tage in diesem Jahr mit fehlenden Niederschlägen und großer Wärme seit April haben eben nicht nur für schönes Badewetter gesorgt, sondern bringen auch negative Auswirkungen auf Mensch, Wirtschaft und Umwelt mit sich.

Wenn wir heute doppelt so viele Hitzetage wie in den Achtzigerjahren haben, dann ist es wahrscheinlich, dass dies mit dem langfristigen Trend zur Klimaerwärmung zusammenhängt.

(Stephan Grüger (SPD): Hört, hört!)

Solche Extremwetterphasen führen zu großen Risiken und Schäden, die es auch wirtschaftlich rechtfertigen und zum Gebot der ökonomischen Vernunft werden lassen, engagiert gegen die Erderwärmung vorzugehen.

In Hessen kommen wir dieser Verpflichtung nach. Unterstützung von Klimakommunen, Formulierung einer Klimaschutzrichtlinie und nicht zuletzt der hier auch schon vorgetragene Integrierte Klimaschutzplan sind Beispiele dafür. In dem Klimaschutzplan setzen wir 140 Maßnahmen um, die bis 2019 mit 140 Millionen € hinterlegt sind. – Wir tun also viel.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Landwirtschaft ist ein Kernbestandteil der gesellschaftlichen Absicherung. Nun sieht sich gerade diese Branche durch den Klimawandel und extreme Wetterphänomene bedroht. Bauern sind eben wie kein anderer Berufszweig vom Wetter abhängig. In vielen Regionen Hessens gibt es enorme Ernteausfälle wegen der Trockenheit in den vergangenen Monaten.

Wir wollen die vielfältige Landwirtschaftsstruktur und die familiengeführten Betriebe erhalten, weil sie neben wichtigen Nahrungsgrundlagen enorme Leistungen für die Ge

sellschaft erbringen und nicht zuletzt auch unsere Kulturlandschaft, die wir alle schätzen, prägen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Betrieben, die ohne ihr Verschulden in Existenznöte geraten sind, wollen wir helfen, möglichst schnell, unbürokratisch und praktisch. Was wir als Land tun können, wollen wir leisten. In Verantwortung für unsere Landwirte und auch in Anerkennung ihrer Arbeit haben wir einen Neunpunkteplan ins Leben gerufen, der kurzfristig einige Maßnahmen vorsieht, die bereits alle angesprochen wurden, aber eben auch ein paar längerfristig angelegte Maßnahmen. Ich bin mir sicher, dass unsere Umweltministerin noch darauf eingehen wird.

Zusammen mit dem Bund wollen wir auch Lösungen für eine Entschädigungsleistung anbieten. Besonders betroffenen Betrieben müssen wir helfen, sonst wird es zu einem Höfesterben kommen, und das gilt es zu vermeiden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind bereit, hier auch eigenes Geld dazuzugeben. Für die Auszahlung brauchen wir, was nachvollziehbar ist, genauere Daten, um dort loslegen zu können. Wir brauchen diese genaueren Daten auch deshalb, weil natürlich nicht jeder Bauer in gleichem Maße betroffen ist, sondern es kommt darauf an, was er anbaut, was er betreibt und natürlich auch wo sein Hof geografisch gelegen ist. Je 10 Millionen € von Land und Bund sind, davon sind meine Fraktion und ich überzeugt, ein starkes Signal der CDU an die in Not geratenen hessischen Bauern.