Protocol of the Session on June 21, 2018

(Beifall bei der SPD)

Ein letzter Punkt bleibt allerdings offen, Herr Kultusminister. Mit großer Leichtigkeit wäre die Diskussion um eine Neuregelung oder Präzisierung von Gesetzen und Bestimmungen bereits im Vorfeld zu unterbinden gewesen. Auch das wurde bei der Anhörung deutlich, und das führt mich zu meinem letzten Punkt.

Nicht etwa, dass die Landesregierung die fehlende Relevanz dieses Gesetzesvorhabens nicht gleich mit genauen Zahlen zu belegen wusste. Das verwundert inzwischen niemanden mehr. Interessante und wichtige Zahlen erhebt man im Kultusministerium offensichtlich nicht.

(Stephan Grüger (SPD): So ist es!)

Interessanter und dringlicher ist die aufgeworfene Frage nach dem alle letzten Fragen lösenden vorliegenden Erlass gewesen. Wer nach Bestimmungen zur Verschleierung in Ausführungsvorschriften, Verwaltungsvorschriften und Erlassen sucht, findet übrigens zunächst ausschließlich eine Regelung für Besucher im hessischen Vollzugswesen.

Auf einen am 21. November 2012 verordneten Erlass des Kultusministeriums stößt man zunächst bei seiner Suche nicht. Den anzuhörenden Praktikern mit den von ihnen vertretenen Kollegien war dieser Erlass nicht bekannt. Dass ein seit mehr als fünf Jahren gültiger Erlass den Beteiligten

am Schulleben derart unbekannt ist, gibt einen bemerkenswerten Anlass zum Bedenken: Warum – so muss man doch fragen – ist dieser Erlass so wenig bekannt? Die weitere Frage ist: Welche Rückschlüsse muss man daraus ziehen, dass der Erlass in den Schulen derart ungeläufig ist, wie es in der Anhörung deutlich wurde? Ebenso deutlich wurde, dass es Lehrerinnen und Lehrern in der aktuellen Belastungssituation nicht zuzumuten ist, im Dschungel der Erlasse und Verordnungen zu fahnden, ob es zu einem nicht vorhandenen Problem eine Regelung gibt. Auch dies war ein deutliches Fazit der Schulpraktiker in der Anhörung.

Die Informationspolitik des Kultusministeriums ist – das wird an dieser Stelle erneut allzu sichtbar – eine große offene Baustelle. Hier entsteht sicher Handlungsbedarf – aber nicht für eine Änderung des Hessischen Schulgesetzes.

Das ist für heute mein Fazit. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Geis. – Das Wort hat der Abg. Armin Schwarz, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Große Teile dieses Hauses sind sich zum Glück einig: Wir sind kein islamisches Land, und wir wollen auch keines werden.

(Zuruf von der SPD: Oh mein Gott!)

Wir haben auch nicht auf die FDP und diesen Gesetzentwurf gewartet, um das zu klären.

(Zuruf von der SPD: Was ist das denn?)

Ich möchte sehr deutlich sagen: Die Burka ist ein Symbol des radikalen Islam.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Eine freie, offene, demokratische Gesellschaft mit gelungener Integration passt nicht mit Vollverschleierung zusammen – weder in der Öffentlichkeit noch in der Schule.

Die CDU ist an dieser Stelle sehr konsequent. Wir haben in Hessen eine klare Kleiderordnung für diejenigen, die im öffentlichen Dienst tätig sind. Diejenigen, die Vorbilder sind, müssen auch eine entsprechende Haltung zeigen. Deswegen hat das Land Hessen auf die Initiative der CDU hin ein Burkaverbot in den Tarifvertrag für die Tarifbeschäftigten eingebaut. Vor nicht einmal eineinhalb Jahren war es die FDP – und Sie in Person, Herr Greilich –, die diese Maßnahme als Schnapsidee bezeichnet hat. Das passt in keiner Weise zu der Initiative, die Sie jetzt angegangen sind.

(Beifall bei der CDU)

Ausgerechnet die FDP-Fraktion – vor einem Jahr ist das Hessische Schulgesetz in diesem Haus beraten und beschlossen worden – kommt jetzt mit dieser Initiative. Für mich stellt sich die Frage: Wenn es für Sie ein Herzensanliegen war, dieses Thema im Hessischen Schulgesetz zu schärfen, warum haben Sie dann keinen Vorstoß gemacht? Wir haben eine klare Regelung. Deswegen will ich sehr deutlich sagen: Ihr Gesetzentwurf ist von opportunisti

schem Kalkül getrieben. Dieser Gesetzentwurf dient der Schlagzeile, aber nicht der Sache.

Ja, liebe FDP, das Verbot des Tragens bestimmter Kleidungsstücke in Schulen bedarf einer gesetzlichen Regelung. Da sind wir uns einig. Außerdem ist die Schule natürlich kein rechtsfreier Raum.

Deshalb haben wir in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs diese Einschätzung sehr deutlich gemacht. Die Kollegin Geis hat das vorhin auch beschrieben. Das ist auch das Ergebnis der Anhörung. Wir haben genau die Bestätigung dessen, was wir in der ersten Lesung vorgetragen haben.

Wo ist denn was im Gesetz und in Erlassen geregelt? Da schauen wir genau hin. In § 69 Abs. 4 Satz 2 des Hessischen Schulgesetzes ist die Grundlage für das Verbot von Burka und Niqab gelegt. Diese Vorschrift sagt ganz klar: Schüler haben den Weisungen der Lehrkräfte zu folgen, die dazu dienen, die Bildungs- und Erziehungsziele zu erreichen und die Ordnung in der Schule aufrechtzuerhalten.

Diese Vorschrift ist zu sehen in Verbindung mit den §§ 2 und 3 des Hessischen Schulgesetzes und in Verbindung mit Art. 56 der Hessischen Verfassung, der sich auf das Schulwesen bezieht.

Hinzu kommt noch eine einschlägige Regelung aus dem Jahr 2012, auf die Sie auch Bezug genommen haben, Herr Kollege Greilich. Das Burkaverbot in einem Erlass aus dem Innenministerium wurde flankiert durch die damalige Staatsministerin Beer. In wessen Reihen sie verortet ist, ist hinlänglich bekannt. Hier wird Schülerinnen eine religiöse Vollverschleierung mittels Burka und Niqab untersagt. Dieser Erlass ist völlig unmissverständlich. Deswegen ist die ehemalige Staatsministerin zu loben, die für Bildungsfragen zuständig war. Ich zitiere daraus:

Daher ist eine Teilnahme am Unterricht durch eine Schülerin, deren Gesicht beispielsweise durch das Tragen einer Burka nicht erkennbar ist, nicht zulässig.

Noch einmal zur Anhörung. Mehrmalige Nachfragen bei den Schulvertretern haben ergeben, dass kein einziger Schulleiter und kein einziger Verbandsvertreter ein Beispiel aus dem eigenen Schulbetrieb nennen konnte.

Fakt ist: Alle Herausforderungen der vergangenen Jahre, die dieses Thema betreffen, konnten mit der geltenden Rechtslage vorzüglich bewältigt werden. Fakt ist auch – da teile ich die Einschätzung der Kollegin Geis –: Die FDP ist auf der Suche nach einem Wahlkampfthema.

Ich fasse zusammen: Seinerzeit waren Sie gegen einen Eingriff in die Kleiderordnung im öffentlichen Dienst durch den Tarifvertrag. Das haben Sie als Schnapsidee bezeichnet. Nun versuchen Sie wenige Monate vor dem 28. Oktober dieses Jahres mit diesem Gesetz durch die Kurve zu kommen. Das zeigt, dass Sie ein bestimmtes Kalkül verfolgen. Sie versuchen, ein Thema zu besetzen, die Leute auf die Bäume zu treiben, über ein Problem zu reden, das es faktisch nicht gibt. Das offensichtlich Berechenbare bei Ihnen ist in diesen Tagen Ihre Unberechenbarkeit.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, deshalb sollten wir an dieser Stelle einen Strich darunter machen. Erstens. Wir akzeptieren keine Burka und keinen Niqab an hessischen Schulen.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens. Wir wenden die gültige Rechtslage konsequent an. Drittens. Wir brauchen keine Belehrungen von Ihnen.

Ich gebe Ihnen noch einen freundschaftlich und gut gemeinten Hinweis. Suchen Sie sich doch einmal inhaltlich substanzielle Themen für den Wahlkampf, aber stoppen Sie bitte diese populistischen Vorstöße; denn diese führen zu nichts. Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab.

Ich danke Ihnen herzlich für die Aufmerksamkeit und wünsche noch einen fröhlichen Nachmittag.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Armin Schwarz. – Das Wort hat Frau Abg. Faulhaber, Fraktion DIE LINKE.

(Die Rednerin fährt das Rednerpult herunter.)

Immer muss er vor mir sprechen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sollen wir ein Hockerchen holen? – Armin Schwarz (CDU): Das sind weite Wege!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Anhörung zum Gesetzentwurf der FDP hat bestätigt, was wir hier schon einmal diskutiert haben. Damit bringt die FDP ein Thema auf die Tagesordnung, das als Problem nicht existiert. Es gibt keine vollverschleierten Schülerinnen an hessischen Schulen.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Anhörung zum Gesetzentwurf hatte eine Schulleiterin von einer befreundeten Schulleiterin berichtet, die von einer befreundeten Schulleiterin gehört hat, dass es eine vollverschleierte Schülerin gab. So ungefähr war die Qualität der Aussage. Keiner der anwesenden Pädagogen oder Verbandsvertreter konnte eine eigene Erfahrung einbringen. Das ist schon ein bisschen peinlich, Herr Greilich.

Auch wenn es vollverschleierte Mädchen im Unterricht gäbe, wäre keine Änderung des Schulgesetzes erforderlich; denn der aktuelle rechtliche Rahmen ist als Ermächtigungsgrundlage vollkommen ausreichend.

(Zuruf von der LINKEN: Genau!)

Sie haben Herrn Prof. Aust zitiert. Sie haben natürlich ein Zitat herausgesucht, das Ihre These stützt. Er hat gesagt, der Gesetzgeber könne eine solche Änderung vornehmen. Natürlich kann ein Gesetzgeber eine solche Änderung vornehmen. Das steht ihm frei. Frau Geis hat aber bereits darauf hingewiesen, was er in seinem Gutachten geschrieben hat. In seinem Gutachten hat er geschrieben:

§ 69 Abs. 4 Satz 2 des Hessischen Schulgesetzes stellt mithin schon in seiner derzeitigen Fassung eine grundsätzlich taugliche gesetzliche Grundlage für das Verbot einer Vollverschleierung im Einzelfall dar.

Ferner haben Sie Herrn Ronellenfitsch zitiert. Er hat gesagt, Äußerungen zur Religion bedürften einer gesetzlichen Regelung.

(Beifall des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Das ist doch klar, Herr Greilich. Wir haben eine gesetzliche Regelung; und die heißt Religionsfreiheit. Das steht im Grundgesetz. Das meinte doch Herr Ronellenfitsch.