Protocol of the Session on June 20, 2018

Insofern ist der Rettungsdienst in Hessen in der Frage seiner originäre Aufgabe im täglichen Einsatz bei der Behandlung und dem Transport von Notfallpatienten ein „integraler Bestandteil eines umfassenden Bevölkerungsschutzes in allen Situationen, in denen die Gesundheit von Menschen gefährdet ist“. Das bleibt er auch, das soll er auch bleiben. Deswegen soll der Gesetzentwurf dem Rechnung tragen, indem die frei-gemeinnützigen und privilegierten Hilfsorganisationen nun namentlich genannt werden. Das ist kein wahrlich revolutionärer Vorgang, aber er ist notwendig und erfolgt analog der Nennung, wie sie im Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz und im Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetz vorgesehen ist.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass die Zentralen Leitstellen nach Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt entsprechend dem jeweiligen Gesundheitszustand des Patienten notwendige Maßnahmen veranlassen können. Ziel ist es, Fehleinsätze des Rettungsdienstes zu reduzieren. Es ist ein Problem, dass – für uns alle überraschend – immer mehr Menschen den Rettungsnotdienst anrufen, wo es nicht notwendig wäre. Ähnlich ist, dass jetzt viele Menschen die Krankenhäuser aufsuchen, obwohl sie eigentlich eine Hausarztpraxis aufsuchen sollten. Das ist eine Parallele. Hiermit ermächtigen wir die Zentralen Leitstellen, in Rücksprache mit einem Arzt eventuell eine andere Maßnahme einzuleiten, als den Rettungsdienst dorthin zu schicken.

Ein dritter Punkt ist, dass es bei bestimmten Gefahrenlagen möglich wird, die Vorhaltung beim Rettungsdienst kurzfristig zu erhöhen, wenn es bei besonderen Gefahrenlagen oder hohem Einsatzaufkommen notwendig ist, um diese Probleme zu bewältigen.

Die Erhebung von Patientendaten ist ein vierter Punkt, den ich auch sehr wichtig finde, gerade aus den Erfahrungen der Opfer des Terroranschlags am Breitscheidplatz. Für die

Arbeit aller an der Gefahrenabwehr beteiligten Organisationen ist es von großer Bedeutung, auf eine einheitliche Datenbasis zurückgreifen zu können. Das gilt insbesondere für die Verständigung und Information von Angehörigen der Opfer. Das wird ebenfalls bearbeitet.

Schließlich und letztlich möchte ich als fünften Punkt bemerken: Die Ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes übernehmen im hessischen Rettungsdienst vielseitige Aufgaben. Dazu zählen neben der Mitarbeit in der Bedarfsplanung und der Erarbeitung von Konzepten für besondere Einsatzleitungen auch die Schulungen und Fortbildungen von Notfallsanitäterinnen und -sanitätern. Deswegen sind die umfangreichen Arbeiten notwendig. Aber wir sind der Meinung, den Ärztlichen Leitern sollte ein entsprechendes Zeitkontingent zur Verfügung gestellt werden. Zukünftig wird daher im Gesetz geregelt, dass für die Ärztlichen Leiter mindestens eine halbe Stelle zu berücksichtigen ist.

Sie sehen, es sind nicht viele und keine revolutionären Vorschläge, aber sie sind notwendig, sie reformieren, sie passen an.

Ich glaube in diesem Zusammenhang, es ist ein solides Gesetz. Wir gehen mit erhobenem Haupt und sehr optimistisch in die Gesetzesberatung und hoffen auf eine größtmögliche Zustimmung des Hauses. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Danke, Herr Bocklet. – Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Dr. Sommer gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Hessische Rettungsdienstgesetz ist bis zum 31.12. befristet. Das haben wir gerade schon gehört. Das Gesetz läuft aus, das ist bekannt. Jetzt wird es im Hauruck-Verfahren ohne ordentliche Anhörung der Landesregierung deswegen als Fraktionsgesetzentwurf eingebracht.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Wir haben es eben schon gesehen: Sie haben es schön dokumentiert, dass erst Herr Dr. Dippel spricht und dann die Fraktionen. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei der SPD)

Neben redaktionellen und Formulierungsänderungen geht es darum, dass die Krankenhausgesellschaft beispielsweise als Mitglied des Landesbeirates aufgenommen werden soll. Das finden wir gut. Als Schnittstelle zwischen Rettungsdienst und Krankenhäusern erscheint uns das erst einmal sinnvoll.

Warum die Ersatzkassen aber gestrichen werden bzw. unter die Leistungserbringer subsumiert werden und warum man das nicht schon vorher gemacht hat, erschließt sich uns noch nicht. Da fehlt auch, wenn wir ganz ehrlich sind, Ihre Begründung im Gesetzestext. Aber sicherlich werden wir in der Anhörung all das eruieren können.

Uns würde in erster Linie interessieren, wie Sie beispielsweise mit den Ersatzkassen – die sind betroffen – gesprochen haben, wie Sie sie eingebunden haben. Oder stimmt

es etwa, dass die Betroffenen weder eingebunden noch informiert wurden? Das kritisiert beispielsweise auch die Landesärztekammer. Sicherlich haben Sie auch die Nachrichten von den Verbänden erreicht, die nicht angehört worden sind, was natürlich dem geschuldet ist, dass es ein Fraktionsgesetzentwurf und nicht einer der Landesregierung ist.

(Beifall bei der SPD)

Hätten Sie die Verbände angehört, wüssten Sie, dass die Landesärztekammer einen Sitz im Landesbeirat haben möchte. Auch darüber können wir sicherlich in der Anhörung reden. Auch die komplette Streichung von Abs. 2 in § 8 leuchtet zunächst nicht ein. Möglich wäre gewesen, den Text einfach anzupassen. Das machen Sie nicht. Sie streichen das einfach und sagen: Jetzt kommt eine Rechtsverordnung. – Aber die ist uns leider bis zum heutigen Zeitpunkt auch noch nicht bekannt. Darin wollen Sie alles Nähere regeln. Ich hoffe, dass Sie dort wirklich Licht ins Dunkle bringen können

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und uns mitteilen, worum es ganz konkret in der Rechtsverordnung geht, damit wir uns transparent miteinander über die einzelnen Punkte auseinandersetzen können.

Stimmt es, dass Sie mit der Formulierung in § 5 die bisherige bevorzugte Beauftragung der im Katastrophenschutz aktiven Organisationen mit der Durchführung des Rettungsdienstes aufgeben wollen bzw. es dem freien Markt preisgeben wollen? Ist das tatsächlich von Ihnen so gewollt? – So liest es die Landesärztekammer. Ich denke, da gibt es auf jeden Fall Diskussionsbedarf.

(Beifall bei der SPD – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte diese Debatte nutzen, um auf das schon angesprochene Notfallsanitätergesetz einzugehen. Wir wissen, es hat 2014 begonnen. Bis 2020 müssen alle Rettungsassistenten zu Notfallsanitätern ausgebildet sein. Es gibt aus der Praxis ständig die Information, dass diese Frist nicht eingehalten werden kann.

Die Landesregierung – so jedenfalls Herr Minister Grüttner, der heute nicht da sein kann – ist davon überzeugt, dass die Frist eingehalten werden kann. Ich möchte aber noch einmal festhalten, dass wir uns hier genau wie beim Hebammenmangel, den Sie immer nicht gesehen haben, Gedanken darüber machen müssen, wie wir die Versorgung mit Notfallsanitätern sichern. Das ist wichtig, nicht nur für den Ballungsraum, sondern vor allem für den ländlichen Raum und für ganz Hessen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Denn gerade in diesen Bereichen herrscht heute schon Fachkräftemangel. Deswegen können durch das Notfallsanitätergesetz oftmals Kompensationen der Ausfallzeiten nicht gewährleistet werden. Deswegen sind wir für eine Fristverlängerung. Wir wollen in Zukunft gut ausgebildete Notfallsanitäter für eine flächendeckende Versorgung.

Schade ist, dass Sie von Schwarz-Grün die Möglichkeit nicht genutzt haben, dies entsprechend in § 18 festzuschreiben.

Einen letzten Punkt möchte ich aufgreifen, den SchwarzGrün erneut nicht berücksichtigt hat. Das ist die Zusammenlegung der Leitstellen. Hier geht es um den Rettungs

dienst und den ärztlichen Notdienst. Da gab es Pilotprojekte, die erfolgreich waren. Auch der Marburger Bund hat sich für integrierte Leitstellen ausgesprochen. Auch das hätte man hier benennen und berücksichtigen können.

Ein allerletzter Punkt – das ist ein formaler Punkt –: Leider haben Sie vergessen, durchzunummerieren. Ich glaube, uns hätte man diese Kritik gespiegelt. Deswegen dies nur als kleiner Hinweis am Rande.

(Marius Weiß (SPD): Mit heißer Nadel gestrickt!)

Zum Schluss möchte ich wie Dr. Dippel allen, die im Rettungsdienst tätig sind, herzlich für ihre Arbeit danken. Dieser Arbeit gebühren unser aller Anerkennung und Wertschätzung. Ihre Arbeit ist für unsere Gesellschaft unverzichtbar. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Dr. Sommer. – Das Wort hat der Kollege Bodo Pfaff-Greiffenhagen, CDU-Faktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich spreche zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den mein Kollege Bocklet hier eingebracht hat. Das Hessische Rettungsdienstgesetz verliert zum 31. Dezember dieses Jahres seine Gültigkeit. Es muss reformiert werden, nicht etwa, weil es sich nicht bewährt hat. Das Gegenteil ist der Fall.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Da auch das Rettungswesen einer Dynamik unterliegt, werden wir mit der Novellierung einige Änderungen vornehmen, um es den heutigen Gegebenheiten anzupassen und vor allen Dingen auch um es mit dem Brand- und Katastrophenschutzgesetz in Einklang zu bringen.

Lassen Sie mich aber zunächst und vorneweg den ehrenamtlichen und den hauptamtlichen Rettungskräften in unserem Land Dank aussprechen. Denn ohne sie wäre ein umfassender Schutz der Bevölkerung in allen Situationen, in denen die Gesundheit der Menschen in Gefahr ist, nicht denkbar.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der LINKEN und der FDP)

Genau aus diesem Grund haben wir das Ehrenamt in unsere Verfassung aufgenommen. Bei meinen Besuchen bei den Rettungsdiensten treffe ich regelmäßig auf ein unglaublich großes Engagement und eine herzliche Hingabe an die Sache.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Eines ist noch viel wichtiger und wiegt schwerer: Es gibt sowohl bei den ehrenamtlichen als auch bei den hauptamtlichen Kräften den ungebrochenen Willen zur permanenten Fort- und Weiterbildung, um immer den letzten Stand der technischen und medizinischen Hilfeleistung zu beherrschen.

Die Männer und Frauen des hauptamtlichen Rettungsdienstes sind rund um die Uhr, an Wochenenden, an Feiertagen und in den Ferien für uns da. Im bodengebundenen Rettungsdienst, bei der Wasserrettung, bei der Luftrettung

und auch bei der Bergrettung sorgen sie dafür, dass wir uns im Alltag und in unserer Freizeit sicher und unbeschwert bewegen können. Denn wir können stets auf ihre Hilfe und auf ihren Sachverstand zurückgreifen.

(Beifall bei der CDU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Frau Kollegin Sommer, die Mitwirkung im Rettungsdienst obliegt denjenigen, die auch im Katastrophenschutz mitwirken. Sie haben im Fall der großem Schadensereignisse und der Katastrophen die Fähigkeit – das nennt man Aufweitung –, die Präsens, die Einsatzbereitschaft, die Verfügbarkeit und die Durchhaltefähigkeit der eingesetzten Kräfte flexibel und zeitgerecht sicherzustellen. Das sind natürlich die Hilfsorganisationen, die über eine große Menge ehrenamtlicher und hauptamtlicher Kräfte verfügen, die in diesen Fällen eingesetzt werden können.

Durch die Umsetzung der Europäischen Dienstleistungskonzessionsrichtlinie in nationales Recht wird es nun notwendig, die freien und gemeinnützigen Organisationen im Gesetz zu benennen. Da sprechen wir ganz klar vom Arbeiter-Samariter-Bund, der Deutschen Lebens-RettungsGesellschaft, vom Deutschen Roten Kreuz, von der Johanniter-Unfall-Hilfe, vom Malteser-Hilfsdienst und vom Bundesverband eigenständiger Rettungsdienste. Auch da gibt es die Analogie zum hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetz.

Des Weiteren wird mit dem neuen Gesetz geregelt werden, dass die Zentrale Leitstelle die Disposition eines Einsatzes erst nach Rücksprache mit einem Arzt oder einer Ärztin durchführen kann, um das knappe Gut Notfallrettung optimal einzusetzen. Das kann beispielsweise dazu führen, dass statt eines Notfalleinsatzes der Einsatz des ärztlichen Bereitschaftsdienstes erfolgt.

Was hier so statisch klingt, wird klar, wenn man sich mit den Rettungskräften unterhält, die von einer hohen Zahl an Bagatelleinsätzen berichten. Mit Sondereinsatzsignal durchgeführte Einsätze führen zum Schluss zur Diagnose: erhöhte Temperatur und leichte Schürfwunden. Dies bindet Rettungsmittel, die an anderer Stelle dringend benötigt werden. Das gefährdet vor allem die Rettungskräfte und die Bevölkerung. Den Leitstellen diese Möglichkeit zu geben – wohlgemerkt: nach ärztlicher Konsultation –, wird eine sehr sinnvolle Erweiterung dieses Gesetzes sein.