In Punkt 5 ihres Antrags beschwert sich die SPD über die von der Landesregierung vorgelegten Statistiken, das sei alles zu viel und zu aufwendig,
um in Punkt 1 zu sagen, dass sie noch mehr Statistiken und damit noch mehr Aufwand für unsere Schulen will. – Das passt doch vorne und hinten nicht zusammen, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD.
Sie beklagen auf der einen Seite vollmundig bürokratische Belastungen der Schulen. Mit dem, was Sie hier beantragen, mit Ihren Statistiken und Ihren Erhebungen, würden Sie nur eines produzieren: noch mehr bürokratische Belastungen für unsere Schulen.
Wirklich ärgerlich wird diese konzeptions- und planlose SPD-Bildungspolitik, wenn wir uns den Unterschied zwischen dem, was Sie am Rednerpult erzählen, und dem, was Sie real in den Haushaltsberatungen beantragen, anschauen.
Herr Kollege Degen, Sie beschweren sich von diesem Rednerpult aus über nicht vollständig ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, die kein zweites Staatsexamen haben. Sie beschweren sich darüber, dass nicht ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen tätig sind.
Darf ich Ihnen in Erinnerung rufen, was Sie mit der Drucks. 19/5858 beantragt haben, Unterschrift: Thorsten Schäfer-Gümbel? – Sie haben beantragt, im Ganztagsschulprogramm des Landes 15 Millionen € zu kürzen, mit der Begründung, dass Sie weniger Lehrkräfte einstellen und mehr Geld für Sachmittel haben wollen. Sie wollen also weniger voll ausgebildete Lehrkräfte an unseren Schulen und mehr freie Mittel, um andere Professionen an unseren Schulen zu beschäftigen.
Was Sie vom Redepult aus sagen und was Sie beantragen, hat überhaupt keinen Zusammenhang, meine Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Anhaltende Zurufe der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel und Norbert Schmitt (SPD))
dass es neben Lehrerinnen und Lehrern an unseren Schulen auch weiterer Professionen bedarf und dass deshalb Ihr Gerede, dass das alles unqualifizierte Kräfte seien, schlicht und ergreifend Geschwätz ist und Sie real etwas ganz anderes in den Haushaltsberatungen beantragen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Güm- bel (SPD))
Wir sehen uns immer gerne an, was andere Bundesländer machen. Teilweise kann man davon etwas lernen,
auch von Rheinland-Pfalz. Die machen ein paar Sachen beim Thema Inklusion besser, als wir es von den FDP-Kultusministern geerbt haben, deshalb stellen wir jetzt langsam in Richtung Rheinland-Pfalz um. Wenn wir das machen, kritisiert es die SPD, aber das sei jetzt einmal dahingestellt.
Sie haben Rheinland-Pfalz als leuchtendes Beispiel erwähnt, weil Rheinland-Pfalz einen Gesundheitsreport hat. Das können wir uns einmal anschauen. Rheinland-Pfalz ist aber das Land, das es sich zum Ziel gesetzt hat, für die laufende Legislaturperiode des dortigen Landtags 100 % Lehrerversorgung überhaupt erst einmal zu erreichen.
Meine Damen und Herren von der SPD, wenn ich die Wahl habe zwischen 105 % Lehrerversorgung – damit es nicht so abstrakt bleibt: das sind über 2.000 zusätzliche Lehrerstellen zur Unterstützung der Arbeit unserer Lehrerinnen und Lehrer und damit auch zu ihrer Gesundheitsförderung – und einem Gesundheitsbericht, dann weiß ich aber, wie ich mich entscheide.
Wir können verstehen, dass die Opposition nicht über die Fakten der Bildungspolitik sprechen will – das steht ja in Punkt 5 Ihres Antrags –, aber es bleibt trotzdem richtig. Solange ich mich an bildungspolitische Debatten erinnern kann – das sind mittlerweile 30 Jahre, ich habe früh angefangen, mich für Politik zu interessieren –, hat es noch keine Legislaturperiode gegeben, in der mehr zusätzliche Stellen an unseren Schulen geschaffen wurden als in der laufenden Legislaturperiode. Es bleibt einfach richtig, meine Damen und Herren.
Es bleibt richtig, dass die FDP-Kultusminister den Ausbau des Ganztagsschulprogramms in der vergangenen Legislaturperiode verdoppelt haben. Das bleibt richtig und ein Verdienst. Ebenso richtig ist auch, dass wir ihn in dieser Legislaturperiode noch einmal verdoppelt haben – auch dieses Faktum bleibt richtig.
Wir haben die Lehrerzuweisung nach Sozialindex, also eine an den Belastungssituationen der Schulen orientierte Lehrerzuweisung, in dieser Legislaturperiode deutlich gesteigert. Wir haben das Thema „Integration von Flüchtlingen in unser Schulsystem“ in Hessen ganz gut bewältigt. Es bleiben immer noch Herausforderungen, gar keine Frage, aber wir haben es ganz gut hinbekommen.
Erstmals gibt es in Hessen mit den 700 Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen einen systematischen Einstieg des Landes in die Schulsozialarbeit. – Darüber kann man doch einmal reden, das kann man doch einmal erwähnen, das muss man doch nicht bestreiten, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition.
Keine Frage, es bleibt eine Menge zu tun. Unsere Schulen sind im Wandel, die Gesellschaft ist im Wandel – wer wollte das bestreiten? Eine Situation, die sich verändert, erfordert natürlich auch immer wieder neue Antworten. Deshalb bleibt auch an unseren Schulen sehr viel zu tun.
Ja, wir haben im Bereich der Ganztagsschulentwicklung auch noch eine ganz Menge vor und eine ganze Menge zu erledigen. Das Tempo ist verdoppelt, aber noch haben wir es nicht geschafft, dass es für jedes Grundschulkind tatsächlich ein Bildungs- und Betreuungsangebot von 7:30 Uhr bis 17 Uhr gibt, wenn es Eltern für dieses Kind wol
len. Daran wollen wir weiter arbeiten. Aber um weiter daran zu arbeiten, braucht man Konzepte und Ideen, und dazu habe ich in dieser Debatte von der Opposition wieder überhaupt nichts gehört.
Ja, wir brauchen die besten Schulen an den Orten mit den größten Herausforderungen. Dafür haben wir in dieser Legislaturperiode eine ganze Menge getan: Lehrerzuweisung nach Sozialindex, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen für die Schulen, neues Umsetzungskonzept für die Inklusion. – Wir behaupten nicht, mit dieser Aufgabe fertig zu sein, sondern natürlich müssen wir auf diesem Weg weitergehen. Aber wir haben den Einstieg geschafft, die Richtung stimmt. Wir entwickeln uns in Richtung multiprofessioneller Teams an den Schulen, die besonders herausgefordert sind. Was ist hierzu die Alternative der Opposition? – Ich habe nichts, aber auch gar nichts von Ihnen dazu gehört, was Sie eigentlich anders machen wollen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Das nennt man Wahrnehmungsstörung!)
Die mit entscheidendste Veränderung an unseren Schulen ist, dass neben dem Bildungsauftrag der Schule der Erziehungsauftrag der Schule in den vergangenen Jahren dramatisch an Bedeutung gewonnen hat. Das ist es, was Lehrerinnen und Lehrer an realen Problemen zurückmelden. Sie beschäftigen sich nicht mit irgendwelchen Statistiken und Berichten der SPD, sondern sie sagen: Wir sind gut ausgebildet für unseren Bildungsauftrag; aber um der Vielfältigkeit der Schülerschaft gerecht zu werden, um auch dem Erziehungsauftrag neben dem Elternhaus gerecht werden zu können, brauchen wir weitere Unterstützung. – Genau das ist die Idee hinter den 700 Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Wir lassen die Lehrerinnen und Lehrer eben nicht mit einer geänderten schulischen Wirklichkeit allein, sondern arbeiten Schritt für Schritt daran, es an unseren Schulen immer besser zu machen.
Wo ist das alternative Konzept der SPD? – Vor sechs Jahren wurde der große Hessenplan erstmals urkundlich erwähnt. Bis heute aber liegt kein großer Hessenplan vor, es liegt kein kleiner Hessenplan vor, es liegt ein stinknormales Wahlprogramm vor, in dem nichts, aber auch gar nichts Konkretes drinsteht – nichts zum Schulbereich, rein gar nichts.
Sie schwingen hier große Reden, Sie versuchen den Eindruck zu erwecken, dass Sie etwas tun. Aber alle wissen, was es in Wahrheit ist: Es sind haltlose Wahlversprechen, die noch nicht einmal durch Ihre Haushaltsanträge und noch nicht einmal durch Ihr Wahlprogramm gedeckt sind.
Da ist die Politik, die wir für die Schulen machen, sehr viel gewinnbringender. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich kann man die Uhr danach stellen, dass wir uns in jeder Plenarrunde wieder einmal mit Bildungs- bzw. Schulpolitik beschäftigen. Man könnte schon fast sagen: „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Nur ändert sich dummerweise nichts daran, deswegen müssen wir es immer wieder thematisieren.
Das Thema auch dieser Debatte ist wieder die durchgehende Überforderung dieser Landesregierung bei der Bewältigung der ihr gestellten Aufgaben, und das gilt leider ganz besonders in der Schulpolitik.