Protocol of the Session on February 28, 2018

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Das Einheitsforstamt ist die beste Gewähr dafür, dass man der gesellschaftlichen Bedeutung des Waldes gerecht wird.

Meine Damen und Herren, nach Baden-Württemberg hat die Kartellbehörde nun auch Hessen und andere Bundesländer ins Visier genommen. Die FDP hält immer das Credo Wettbewerb hoch. Wettbewerb möchte die FDP auch beim Thema Holzwirtschaft und beim Thema Wald. Das ist genau der Ansatz, den zu meinem großen Bedauern auch die Kartellbehörde verfolgt. Die Kartellbehörde geht davon aus, dass es um Wettbewerb und nur um Holzwirtschaft geht. Die gesellschaftliche Bedeutung des Waldes wird dabei aber außen vor gelassen. Das finde ich sehr bedauerlich; denn das wird der Waldpolitik nicht gerecht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Die Landesregierung hat aufgrund der Anfragen der Kartellbehörde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die nun einen Vorschlag zur kartellrechtskonformen Vermarktung vorlegen wird. Meine Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, dass wir eine gute Lösung erreichen werden.

Dass es der FDP – Sie haben es gerade noch einmal deutlich gemacht, Frau Knell, ich möchte da nicht besonders scharf rangehen, Sie sind auch nicht besonders scharf in die Debatte gegangen – bei der Waldpolitik vor allen Dingen auf die Holzvermarktung und den wirtschaftlichen Aspekt ankommt, dass Ihnen Naturschutz nicht besonders viel wert ist, es sei denn, es geht darum, Windenergieanlagen zu verhindern, das ist wenig überraschend. In Ihrer Rede haben Sie noch einmal deutlich gemacht, in welche Richtung bei Ihnen die Reise geht.

Erstaunlich fand ich bei der FDP, dass sie dezidiert kritisiert hat, wie viele Flächen stillgelegt werden. Sie haben die Kernflächen angesprochen und so getan, als wäre dies eine Erfindung der schwarz-grünen Landesregierung. Vielleicht haben Sie es von Ihren Kollegen noch nicht gehört: Die Vorgängerregierung, an der die FDP beteiligt war, hat mit der Flächenstilllegung begonnen. 5 % des Waldes sind stillgelegt worden. Wir haben noch einmal 3 % hinzugenommen. Sie machen hier also nur einen Popanz auf, uns gehe es nur um die Ideologie, während das bei der FDP alles ganz anders sei. Da müssen Sie vielleicht einmal in der Vergangenheit der FDP kramen. Bei Ihnen gab es diese Flächenstilllegungen auch schon. Das möchte ich Ihnen an dieser Stelle mit auf den Weg geben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Beim Wald geht es uns um den Naturschutz, aber auch um die anderen Ansprüche, nämlich um einen guten Arbeitsort

für die Menschen, aber auch um den Rohstoff Holz. Genau aus diesem Grund haben wir in Hessen beim Thema Wald in den vergangenen Jahren sehr viel auf den Weg gebracht. Wir haben in Hessen das Waldgesetz geändert, weil wir den Bannwaldschutz wieder stärken wollten. Der Bannwald ist leider geschleift worden mit Unterstützung der SPD, um den Flughafenausbau zu befördern, mit Unterstützung der CDU und mit Unterstützung der FDP.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Und der GRÜNEN!)

Diesen Bannwaldschutz haben wir wieder gestärkt. Das ist die eine Geschichte. Die andere Geschichte sind die Kernflächen. Da haben wir das fortgesetzt, was FDP und CDU begonnen haben. Wir haben die Kernflächen auf 8 % ausgeweitet, und das ist auch gut so.

Außerdem haben Sie FSC angesprochen. Ja, wir haben die Hälfte der 41 Forstämter nach FSC zertifizieren lassen. Es gab keine Probleme, weil der Staatswalt schon sehr gut beförstert wird. Das haben wir geschafft. Ich bin sehr froh, dass wir bis zum Ende der Wahlperiode die andere Hälfte des Staatsforstes nach FSC zertifizieren wollen. Das ist sehr gut. Das ist ein ökologischer Mehrwert, der eindeutig in dem Gutachten festgestellt worden ist, das Sie, Frau Knell, benannt haben. Uns ist Ökologie wichtig. Uns ist Ökologie etwas wert. Genau aus diesem Grunde treiben wir die FSC-Zertifizierung voran.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Es ist nun wirklich nicht so, dass das ohne einen Ausgleich passieren soll. Vielleicht haben Sie nicht mitbekommen, dass wir Änderungsanträge in den Haushaltsberatungen eingebracht haben. Es gibt einen finanziellen Ausgleich dafür, dass nach FSC 3.0 10 % der Flächen stillgelegt werden müssen. Dafür sind ab 2020 im Haushalt 2,2 Millionen € vorgesehen. Das ist in unserem Änderungsantrag hinterlegt. Daher kann man nicht davon sprechen, dass Hessen-Forst keinen Ausgleich bekommen würde.

Meine Damen und Herren, uns sind Umwelt- und Sozialstandards etwas wert. Genau deshalb haben wir uns für die FSC-Zertifizierung starkgemacht. Jetzt tun Sie doch bitte nicht so, als wäre das die Ideologie der GRÜNEN, und wir hätten uns das allein ausgedacht. Dahinter stehen doch Gewerkschaften. Das sage ich auch immer wieder an die Adresse der SPD gerichtet. Die SPD hat es heute wieder einmal nicht geschafft, sich zur FSC-Zertifizierung zu bekennen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Och, Martina!)

Tut mir leid. Herr Lotz hat ein paar Nebelkerzen gezündet und viele Fragezeichen bei uns hinterlassen. Er hat sich aber nicht eindeutig positioniert.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Den Wald vernebelt!)

Hinter FSC stehen die IG Bauen-Agrar-Umwelt und die IG Metall.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Stimmt!)

Dahinter stehen auch Umweltverbände und Unternehmen wie IKEA, Otto und Tetra Pak.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): IKEA ist kein gutes Beispiel!)

Das alles sind Unternehmen, denen die FSC-Zertifizierung etwas wert ist, die bei der Zertifizierung mitgehen wollen, weil auch die Verbraucherinnen und Verbraucher Wert auf hohe ökologische Standards legen. Das ist also keine grüne Geschichte, sondern dahinter stehen ganz viele Menschen, Umweltverbände, Gewerkschaften und Unternehmen, die gesagt haben: Die FSC-Zertifizierung ist der richtige Weg.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Ich wundere mich, wenn Herr Lotz hier so tut, als würde er für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hessen-Forst eintreten. Wenn es Ihnen wirklich um die Menschen gehen würde, die in diesem Unternehmen arbeiten, wenn es Ihnen um die Menschen gehen würde, die im Wald arbeiten, dann hätten Sie doch heute sagen müssen: Ja, FSC ist richtig; denn bei FSC geht es nicht nur um Umweltstandards, sondern auch um hohe Sozialstandards. – Genau aus diesen Gründen sind die Gewerkschaften doch dabei. Sie haben es heute aber wieder einmal versäumt, sich eindeutig zu positionieren. Der Schlingerkurs der SPD bei dieser Geschichte geht weiter und weiter. Ich finde das nur noch bedauerlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Mir sind keine Haushaltsanträge der SPD bekannt, die auf mehr Stellen abzielen. Mir ist lediglich ein Haushaltsantrag der SPD zu diesem Thema bekannt, mit dem die SPD 1 Million € mehr für den Naturschutz im Wald fordert. Wir hingegen haben Haushaltsanträge gestellt, mit denen wir 2,2 Millionen € für FSC bereitstellen. Außerdem haben wir einen Haushaltsantrag gestellt, mit dem wir für die Stiftung Natura 2000 2,5 Millionen € für den Vertragsnaturschutz bereitstellen wollen. Das heißt, an die Adresse der SPD gerichtet: Kommunen und Privatwaldbesitzer werden immens unterstützt bei ihrem Bestreben, etwas für den Naturschutz im Wald zu tun, und zwar mit der forstlichen Förderung, aber auch mit Vertragsnaturschutz. Dazu haben wir auch schon die entsprechenden Antworten vorgelegt. All unsere Forderungen zum Naturschutz im Wald sind auch finanziell hinterlegt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.

Ich komme zum Ende.

Wir haben sehr viel für den Naturschutz im Wald getan. Wir haben den Bannwald geschützt, Kernflächen ausgewiesen und uns für FSC starkgemacht. Wir werden diesen Prozess gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr intensiv begleiten, wenn es um das Thema Kartellrecht geht. Die Opposition ist natürlich eingeladen, jederzeit mitzumachen. Herr Lotz, Sie sind darüber bei jeder Gelegenheit informiert worden. Daher sind wir auch in dieser Hinsicht gut aufgestellt. – In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Schott von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Solch eine Große Anfrage hat ein bisschen das Problem, dass sie alles und nichts beinhalten und sein kann und man im Gegensatz zu einem Antrag nicht immer ganz genau weiß, wohin die Debatte nachher läuft. Mir jedenfalls geht es jetzt ganz verstärkt so.

Haben wir hier über Kartellrecht geredet, haben wir über den Zustand unseres Waldes geredet, haben wir über Hessen-Forst geredet, und geht es darum, Hessen-Forst zu erhalten, oder geht es darum – auch den Satz habe ich zwischendurch gehört, auch Private machen da eine sehr ordentliche Arbeit –, auch das noch komplett zu privatisieren, ist FSC oder Kartellrecht das Thema gewesen? Wenn man das alles quer durcheinander diskutiert, kommt dabei am Ende nicht einmal Gemüsesuppe heraus, sondern irgendetwas, was niemandem weiterhilft. Ich weiß nicht, wie uns diese Debatte jetzt vorangebracht hat.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weder ist mir klar geworden, ob wir jetzt ein bisschen deutlicher in der Positionierung sind, ob FSC-Zertifizierung Sinn gibt oder nicht – auch das ist nicht klarer geworden –, noch haben wir die Frage, wie wir mit Hessen-Forst und mit der Bedrohung durch das Kartellrecht umgehen, bis hierhin wirklich ernsthaft erörtert.

Wenn wir davon ausgehen, dass der Wald eine ganz maßgebliche Gemeinwohlaufgabe hat – ich glaube, das sollten wir wirklich tun, denn die hat er –, dann müssten wir ganz viel dafür tun, dass Hessen-Forst in der Art und Weise weiterarbeiten kann wie bisher. Ich glaube aber, das kann man nicht so isoliert betrachten. Denn wenn man Gemeinwohlaufgaben und Daseinsvorsorgeaufgaben betrachtet, dann müsste man die an vielen Stellen vor dem Kartellrecht schützen.

Wir sind in einer Situation, dass Klinikverbünde mit Hinblick auf das Kartellrecht verhindert werden können, dass so etwas wie Hessen-Forst mit Blick auf das Kartellrecht zerschlagen werden kann.

Ich habe eine Schlagzeile aus Baden-Württemberg gefunden: „Tod dem Einheitsforstamt: Es lebe die neue Forstverwaltung!“ – Das ist das Ergebnis von dem, was Kartellrecht anrichten kann. Ist es immer sinnvoll? – Ich bin eigentlich eine große Befürworterin von Kartellrecht, weil es zu große Zusammenschlüsse vermeiden sollte.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann ist es ja gut!)

Aber es gibt Punkte, bei denen ich denke, dass Gemeinwohl und Daseinsvorsorge deutlich über dem Kartellrecht stehen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Da, wo es um Gemeinwohl geht, muss die Handhabung bestehen können, dass der Staat das organisiert; d. h., dass wir kommunale Krankenhäuser haben und dass sie nicht

weichen müssen, weil sie bezuschusst werden, dass wir Hessen-Forst in der Form haben, weil er deutlich mehr Aufgaben erledigt als nur den Holzeinschlag im Wald. Dann müssen wir uns auch dazu bekennen, und dann müssen wir es an der Stelle über den engen Rahmen des Waldes hinaus betrachten. Dann muss man sich fragen: Was darf denn Kartellrecht eigentlich, und was wollen wir? Oder ist uns da irgendwie etwas zugeflogen, bei dem wir die Konsequenzen nicht zu Ende bedacht haben, wo andere, die vorher daran „gestrickt“ haben, das nicht zu Ende gedacht haben, und wir müssten eigentlich darüber reden, wie wir das Kartellrecht wieder eindämmen können,

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben sich jetzt ein bisschen im Wald verirrt!)

damit Gemeinwohl und Daseinsvorsorge noch ordentlich funktionieren können?

Das ist dann aber eine viel größere Aufgabe, als dass wir die eben einmal an einem Mittwochabend kurz vor Feierabend hier in Form einer Großen Anfrage besprechen. Da braucht es wirklich viel verantwortungsbewusstes Handeln.

Ich wäre dafür, das zu tun, weil ich glaube, es gibt Bereiche, die man nicht dem freien Markt überlassen sollte. Der Wald ist deutlich mehr als nur eine Holzfabrik, und er hat andere Aufgaben. Das muss man dann auch in Betracht ziehen, und zwar auch an vielen anderen Stellen, wo es eben genau um diese Kartellvorstöße geht, die es immer wieder und an verschiedenen Ecken gibt.

Liebe FDP, mir ist nicht klar geworden, was Sie eigentlich wollen. Wollen Sie Hessen-Forst schützen, geht es Ihnen darum, oder wollen Sie ein bisschen über FSC-Zertifizierung schimpfen, oder wollen Sie eine komplette Privatisierung dessen, was da im Wald passieren soll? Mir ist es tatsächlich weder durch die Große Anfrage noch durch die Rede klar geworden.