Protocol of the Session on February 28, 2018

Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 130. Plenarsitzung, stelle die Beschlussfähigkeit fest und wünsche Ihnen einen guten Morgen.

Zur Tagesordnung. Erledigt sind die Punkte 1 bis 4, 26 und 60.

Noch eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Vorstoß der Bundesregierung zum ÖPNV-Nulltarif in Hessen aufgreifen – Anhörung zum Verzicht auf Einnahmen aus Fahrscheinverkäufen bei Bus und Bahn, Drucks. 19/ 6099. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann wird der Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 62 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, nach Tagesordnungspunkt 55, der Aktuellen Stunde zu diesem Thema, aufgerufen und abgestimmt werden.

Zum Ablauf der Sitzung. Vereinbarungsgemäß tagen wir heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden. Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 33. Dann folgen Tagesordnungspunkt 40 und Tagesordnungspunkt 61. Nach der Mittagspause beginnen wir mit Tagesordnungspunkt 17.

Entschuldigt fehlen heute Frau Staatsministerin Lucia Puttrich ab 12:45 Uhr sowie die Abg. Öztürk, Hofmeyer, Alex, Arnold, Klein und Wolff wegen Erkrankung. Wir wünschen ihnen gute Besserung.

Wir treten jetzt in die Tagesordnung ein. Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

Große Anfrage der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Antworten auf die demografischen Entwicklungen im „ländlichen Raum“ und zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Hessen – Drucks. 19/6064 zu Drucks. 19/5103 –

Vereinbarte Redezeit: zehn Minuten pro Fraktion. Das Wort hat Abg. Michael Boddenberg für die CDU-Fraktion.

Einen schönen guten Morgen, Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen uns heute Morgen über den ländlichen Raum unterhalten. Ich glaube, das ist sehr notwendig. Ich will zunächst ein herzliches Dankeschön an die Landesregierung für die Beantwortung der umfangreichen Großen Anfrage der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN richten. Diese Antwort ist eine tolle Grundlage, auf die wir unsere Arbeit auch in den nächsten Jahren stützen können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben nach den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts weltweit eine völlig neue Entwicklung, nämlich einen Zuzug in die Städte, in die Ballungsräume. Das war einmal anders. Wir alle haben zu erkennen – das ist eine Erkenntnis, die zwar nicht neu ist, die aber z. B. durch die Entwicklungen in den Vereinigten Staaten von Amerika eine besondere Verstärkung erfahren hat –, dass wir dieser Entwicklung entgegentreten

müssen. Auf diese Entwicklung hat die von der CDU und den GRÜNEN geführte Landesregierung eine Reihe von Antworten. Das wird aus der Beantwortung der Anfrage sehr deutlich.

Wir haben festzustellen, dass es unterschiedliche Lebenswirklichkeiten gibt, aber wir haben auch festzustellen, dass es darauf ankommt, dass die Menschen in den Städten und in den ländlichen Räumen die gleichen Chancen haben. Ich will ausdrücklich sagen: Die für mich wichtigste Erkenntnis in den letzten Jahren war und ist, dass sich 94 % der Menschen in Hessen wohlfühlen – egal, ob sie in den Städten oder im ländlichen Raum leben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotzdem müssen wir alles daransetzen, dass die Menschen, die nicht in den Ballungsräumen leben, nicht das Gefühl haben, dass wir sie vernachlässigen, dass sie abgehängt werden, dass sie Menschen zweiter Klasse sind. Im Gegenteil, wir werden alles tun, dass sich die Menschen im ländlichen Raum auch in Zukunft wohlfühlen, weil sie wissen, dass sich die Landespolitik auch und gerade um sie kümmert.

Als wir Ende Januar Haushaltsberatungen hatten, haben Sie beobachten können, dass wir von der CDU und den GRÜNEN eine ganze Reihe von Anträgen eingebracht haben, die sich ausschließlich mit dem ländlichen Raum befassten. Einer der wichtigsten Punkte ist, dass wir die vielen Maßnahmen für den ländlichen Raum besser koordinieren. Deswegen wollen wir mit einer Stabsstelle in der Staatskanzlei dafür sorgen, dass die unterschiedlichen Maßnahmen verschiedener Ressorts zielgerichtet und effektiv gebündelt werden.

Wir konnten in der letzten Woche erleben, dass die Landesregierung mit gutem Beispiel vorangeht. Ich will das noch einmal an Zahlen deutlich machen: In den beiden Haushaltsjahren 2018 und 2019 werden insgesamt 1,8 Milliarden € in den ländlichen Raum investiert. Das ist die größte und wichtigste Investition, die es dort je gegeben hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Investitionen fließen unter anderem in klassische Bereiche der Infrastruktur. Ich will den Landesstraßenbau nennen und dem Verkehrsminister ausdrücklich noch einmal dafür danken, dass wir ein sehr umfängliches Paket von Sanierungsmaßnahmen haben.

(Zurufe von der SPD)

Lieber Herr Roth, das interessiert Sie als Wiesbadener vielleicht nicht, aber die Menschen im ländlichen Raum wird es sehr wohl interessieren, dass wir mit rund 380 Millionen € über mehrere Jahre Planungssicherheit für den Landesstraßenbau schaffen. Ich habe jedenfalls aktuell keine größeren Beschwerden in diesem Zusammenhang mehr gehört.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kümmern uns darum, dass wir auch vor Ort ein breites und vielfältiges Schulangebot haben. Der alte Slogan „Kurze Beine, kurze Wege“ gilt nach wie vor. Selbstverständlich fällt es hin und wieder schwer, beispielsweise kleinere Grundschulen

am Netz zu halten. Trotzdem glaube ich, dass gerade diese Maßnahme sehr wichtig ist, damit vor allem Eltern mit Kindern keinen Grund haben, wegen einer mangelhaften Schulsituation vor Ort ihren Wohnort zu verlassen. Es ist die genau richtige Politik, das nicht immer nur unter ökonomischen Gesichtspunkten zu sehen, und das ist eine bewusste strategische Entscheidung für den ländlichen Raum.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie werden verfolgt haben, dass wir einen weiteren wichtigen Punkt, den man immer wieder hört, der die Menschen umtreibt, der ihnen Sorgen macht, nämlich die nicht flächendeckende Versorgung mit Gesundheitsleistungen, aufgegriffen haben. An der Stelle wollen wir erneut und noch mehr investieren, beispielsweise in die Nachfolge bei Landarztpraxen, beispielsweise dadurch, dass wir die Zahl der Gemeindepfleger und Gemeindeschwestern noch einmal deutlich, um 50, erhöhen. Frau Kollegin Faeser, das sind Impulse, aus denen vor Ort sehr viel werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir investieren in die Infrastruktur – nicht nur in Straßen, sondern auch in die digitale Infrastruktur. Das macht es möglich, dass „Telemedizin“ nicht irgendein technischer Begriff ist, sondern eine reale Form der Umsetzung einer verbesserten gesundheitlichen Versorgung, auch und gerade im ländlichen Raum.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Wir haben große Fortschritte im Bereich der Digitalisierung erzielt. Ende 2018 werden wir hessenweit eine Breitbandversorgung mit mindestens 50 MBit/s haben – auch an der Bergstraße, Herr Schmitt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wir arbeiten schon an den nächsten Schritten, dass wir nämlich bis 2020 immerhin 60 % aller Haushalte in Hessen mit einer Leistung von 400 MBit/s versorgen können. Das ist eine der entscheidenden Baustellen, wenn es um die Frage des Zusammenhalts und der Aufrechterhaltung von Zukunftsperspektiven im ländlichen Raum geht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann den Bogen weiterspannen. Wir können darüber reden, wie viel wir in die Sicherung von Fachkräften investieren – eine der großen volkswirtschaftlichen Herausforderungen –, beispielsweise durch ein breites Netz an beruflichen Bildungsangeboten, aber auch durch die Förderung der Fachhochschulen in der Fläche. Es gibt heute unzählige Unternehmen in Hessen, die dankbar sind, dass sie in Zusammenarbeit mit den Hochschulen Fachkräfte gewinnen können. All das sind Maßnahmen, die dafür sorgen, dass die Menschen keinen Grund haben, in die Städte zu gehen, weil sie glauben, dass sie nur dort persönliche und berufliche Perspektiven haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden noch häufig darüber reden, was wir tun, damit die Kommunen vor Ort ihre Leistungen erbringen können. Das Stichwort Hessenkasse werden wir in dem vergangenen Plenum sicherlich nicht zum letzten Mal diskutiert haben. Die Kommunalinvestitionsprogramme und die Rekordsummen im Kommunalen Finanzausgleich – auch und

gerade für den ländlichen Raum – sind wichtige, notwendige und gute Voraussetzungen für die Zukunft der Menschen, der Kommunen sowie für die Aufrechterhaltung der Strukturen im ländlichen Raum, die für viele so lebensund liebenswert sind.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, häufig sind es ja nur „die kleinen Dinge“, die wichtig sind. Deswegen bin ich stolz darauf, dass meine Fraktion nach wie vor diejenige im Hessischen Landtag ist – gemeinsam mit den GRÜNEN –, die dafür sorgt, dass innere Sicherheit selbstverständlich nicht nur ein Thema der Städte ist.

(Günter Rudolph (SPD): Das ist neu! Jetzt habe ich etwas gelernt!)

Herr Rudolph, das ist nicht nur ein Thema in den Ballungsräumen, sondern das ist ein Thema, das auch in den ländlicheren Regionen die Menschen bewegt.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Es beginnt nicht nur bei der Polizeistation – Herr Rudolph, diese gehört auch dazu –, sondern vor allem auch mit den unzähligen Ehrenamtlichen, die sich um Sicherheit kümmern. Das sind weit über 70.000 Feuerwehrleute. Wenn Sie in die Haushaltspläne schauen, stellen Sie fest: Noch nie hat Hessen so viel in die Aufrechterhaltung und Förderung der Struktur und der Sicherheit investiert, insbesondere bei den Feuerwehren und den Sicherheitskräften, der Polizei im ländlichen Raum.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Das ist doch gar nicht wahr! – Weitere Zurufe)

Das Gleiche gilt für die vielen anderen vermeintlich kleinen Dinge der Gesellschaft und die Wünsche der Menschen vor Ort, ob das die Förderung einer breiten, auch dezentralen Museumslandschaft ist oder die Förderung von Heimatvereinen. Der Begriff „Heimat“ kommt mittlerweile wieder in unserem Sprachgebrauch, ohne romantisierende Folklore dahinter, vor. Es ist nämlich eines der ureigensten Bedürfnisse der Menschen, ein Heimatgefühl zu haben. Ich freue mich darüber, dass das mittlerweile offensichtlich parteiübergreifend Tendenz in diesem Lande ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ob in der Landwirtschaft, ob im öffentlichen Personennahverkehr, ob in der Gesundheitssicherung: Wir haben mit diesem Haushalt Maßstäbe für die Zukunft, die Entwicklung und die positiven Perspektiven im ländlichen Raum gesetzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ende des Tages wird es uns nie gelingen, alle Wünsche aller Menschen zu befriedigen. Es wird nie gelingen, jeden vollständig glücklich zu machen; aber wir tragen dafür Sorge, dass man überall in Hessen gut und gerne leben kann. Wir ermöglichen Wahlfreiheit, indem wir überall gute und gleichwertige Lebensbedingungen schaffen, damit es auch in Zukunft heißt: Die Menschen fühlen sich in Hessen sehr wohl. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Knell für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man muss der schwarz-grünen Landesregierung eines lassen: Die Werbekampagne um die Wähler im ländlichen Raum zieht sie gnadenlos durch.

(Beifall bei der FDP – Günter Rudolph (SPD): Das wird aber nichts nutzen!)