Protocol of the Session on February 1, 2018

Das unterstützen wir, indem wir in den unterschiedlichsten Bereichen etwas auf den Weg bringen. Damit ist der ArztPatient-Kontakt gewahrt.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Sie werfen mir vor, ich würde nicht für Verbundlösungen im Krankenhausbereich sein. Ich war der Erste in Hessen, der überhaupt ein Gutachten auf den Weg gebracht hat. Ich werde nicht müßig, für Verbundlösungen zu werben. Wir werden im Hessischen Krankenhausgesetz, das in diesem Jahr novelliert wird, Verbundlösungen finanziell besonders honorieren.

(Manfred Pentz (CDU): So ist das!)

An der Stelle sind es dann im Wesentlichen die Landräte, die der Sozialdemokratischen Partei angehören, die Verbundlösungen gegen unrentable Strukturen und versorgungshemmende Maßnahmen verhindern. An der Stelle muss mir keiner aus der Opposition irgendetwas vorwerfen. Die gesundheitliche Versorgung in Hessen ist auf einem hohen Stand.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Dr. Sommer.

Lieber Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister Grüttner, ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich es sehr schade finde, dass Sie sagen, die Opposition verfüge lediglich über Oppositionsrhetorik. Wenn man möchte, kann man natürlich sagen, alles liege beim Bund. Aber wir haben als Landesparlament schon Aufgaben und vor allen Dingen Herausforderungen im ländlichen Raum und in der gesundheitlichen Versorgung zu bewältigen. Dafür braucht es eben Ideen. Das fehlt uns ein bisschen. Eine Gesamtstrategie ist leider nicht zu erkennen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben Sie mit dieser Großen Anfrage um Versorgungsatlanten gebeten, die genau der sektorenübergreifenden Versorgung dienen sollten, von der Sie alle reden. Das habe ich eben auch noch einmal in meiner Rede angesprochen. All das, was Sie im Hessischen Gesundheitspakt vorschlagen, finden wir ja auch gut. Wir sehen es nur in weiten Teilen einfach nicht umgesetzt und vor allen Dingen nicht vernetzt. Das fehlt noch. Sie alle haben gesagt, das sei unheimlich wichtig. Das stimmt. Aber wo ist die Gesamtstrategie? Wo sind die Versorgungsatlanten? Es gibt schon Teilatlanten. Das ist auch gut so. Sie können Ihre Verantwortung aber nicht ganz wegschieben, indem Sie sagen, das sei Oppositionsrhetorik. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Eine weitere Wortmeldung der Abg. Schott liegt vor.

Herr Minister, wenn Sie sich hierhin stellen und das VERAH-Beispiel so groß darstellen, dann kann ich nur sagen, das ist ein gelungenes Beispiel, ja. Aber es ist eine verkürzte Debatte. In jedem Dorf in diesem Land hat es früher eine Gemeindeschwester gegeben. Sie hat im Wesentlichen die Aufgabe dieser VERAHs erfüllt.

(Klaus Peter Möller (CDU): Lange her!)

Ja, das ist lange her. Warum gibt es keine mehr? – Es gibt keine mehr, weil die Kommunen immer mehr unter Druck geraten sind und alles, was zu privatisieren war, privatisiert worden ist. In dieser Privatisierungslogik ist auch die Pflege mit privatisiert worden, und die VERAHs, die es schon gab, sind abgeschafft worden.

Jetzt stellen Sie sich hierhin und sagen, es sei eine ganz tolle Geschichte, dass Sie etwas einführen, was man zuerst politisch niedergemacht hat, obwohl es sinnvoll, zielführend und richtig war. Man sollte sich einmal überlegen, wie viel neoliberale Politik diesem Land guttut. Ich finde es ja schön, wenn Sie jetzt erkennen, dass es Punkte gibt, bei denen das nicht guttut. Dann sollten Sie es aber auch einräumen und nicht so tun, als ob Sie der Erfinder einer Lösung seien, die nur eine Teillösung ist. Sie ist sicherlich eine gute Teillösung; das bestreite ich überhaupt nicht. Ich halte sie für sehr zielführend. Aber man muss nicht so tun, als ob man sich etwas ausgedacht hätte, was die Welt rettet, wenn man vorher daran beteiligt war, das Vorhandene kaputt zu machen.

(Beifall bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf!)

Meine Damen und Herren, die Große Anfrage ist besprochen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Große Anfrage der Abg. Decker, Alex, Di Benedetto, Gnadl, Merz, Roth, Dr. Sommer (SPD) und Fraktion betreffend Tarifbindung in Hessen – Drucks. 19/5120 zu Drucks. 19/4730 –

Zehn Minuten Redezeit sind vereinbart. Das Wort hat Herr Kollege Decker.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! An dieser Stelle zunächst meinen Dank an die Landesregierung für die Beantwortung der Großen Anfrage. Sie ist nicht ganz so umfangreich wie die vorhergehende; es waren nur 25 Fragen. Aber ich will zu Anfang klar und deutlich sagen, wir hätten uns wesentlich mehr hessenspezifische Antworten erhofft als das, was hier auf dem Tisch liegt.

(Beifall bei der SPD)

Ich will durchaus einräumen, dass es einige Sachzwänge gibt, die dies nicht ohne Weiteres ermöglichen. Richtig ist

sicherlich auch, dass beim BMAS entsprechende Register geführt werden. Nicht verständlich ist uns allerdings Ihr mehrfacher Hinweis auf den Datenschutz. Das ist gleich der erste Punkt. Ich will eines noch einmal deutlich machen: Wir wollten von Ihnen gar nicht namentlich wissen, welche Firma welchem Tarifvertrag unterliegt. Darum ging es uns gar nicht. Wir wollten auch gar nicht wissen, welche Firma speziell keine Tarifbindung hat. Wir wollten einen Überblick über die Lage in Hessen haben. Darum ging es uns, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wie ein roter Faden zieht sich auch hier der Hinweis auf die Zuständigkeit der Sozialpartner und der Tarifvertragsparteien durch. Das haben wir heute Morgen schon einmal in der Aktuellen Stunde gehört. Das hilft hier wirklich nicht weiter. Erstens wissen wir das schon alles, und zweitens ist das wirklich kein Geheimnis.

Sie merken schon, dass mich das wesentlich mehr aufregt als bei der Großen Anfrage zum Thema Arbeitsschutz, obwohl das schon schlimm genug war. Sie müssen sich jetzt nicht wundern, wenn die Leute denken, entweder Sie können es nicht, oder Sie wollen es nicht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich habe Respekt vor dem Amt. Jeder führt sein Amt nach seinem Gusto. Wäre ich der für die Tarifangelegenheiten zuständige Minister, wüsste ich, was ich zu tun hätte.

(Zuruf: Was denn?)

Ich würde nämlich sehr zügig ein Instrumentarium für mein Haus und mich schaffen, das mir sehr schnell einen Überblick verschafft, was sich in Hessen in Sachen Tarifbindung und Tarifangelegenheiten überhaupt so tut.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das setzt allerdings auch voraus, dass man es so will. Man muss es machen wollen. Danach sieht es im Moment leider nicht aus, meine Damen und Herren.

Wissen Sie, warum man das wollen muss? – Weil man sich auch in Hessen Sorgen darüber machen muss, dass die Tarifbindung in unserem Land über die Jahre mächtig zurückgegangen ist.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es! Das ist genau das!)

Dann müssen dieser Landtag und diese Landesregierung doch auch den politischen Anspruch haben, dazu beizutragen, dass sich die Lage in Hessen verbessert.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Mit vagen Hinweisen und Aussagen in Statistiken anderer, mit dem Hinweis auf Tarifautonomie und Datenschutz kommen wir da kein Stück weiter. Engagement und der feste Wille, die Lage zu verbessern, sehen jedenfalls anders aus als das, was uns hier als Antwort gegeben wurde. Es würde mich übrigens nicht nur als Arbeitsminister, sondern auch als Wirtschaftsminister interessieren, was hier so los ist.

Warum ist uns dieses Thema so wichtig? – Seit den Neunzigerjahren gilt für immer weniger Beschäftigte und Betriebe ein Tarifvertrag. Wir haben in Deutschland im Moment sage und schreibe nur noch 45 % der Beschäftigten in einem Betrieb mit Tarifbindung. Der Anteil der tarifgebundenen Betrüger – Betriebe liegt sogar nur bei 15 %.

(Zurufe)

Nein, nein: Betriebe. Das war ein Versprecher.

Meine Damen und Herren, wir wissen jedenfalls, dass Flächentarifverträge wichtig für die Beschäftigten und die Unternehmer sind.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich habe allerdings schon Zweifel, ob das alle Fraktionen hier im Hause und alle Mitglieder der Landesregierung auch so sehen. Man kann in schönen Reden in Aktuellen Stunden und an anderer Stelle immer wieder propagieren, dass es besser wäre, wenn man mehr Tarifverträge hätte. Aber dann muss man auch konkretes Handeln folgen lassen. Da sieht man im Moment leider wenig Konkretes.

Meine Damen und Herren, Tarife sichern vernünftige Bezahlung. Tarife regeln z. B. den Urlaubsanspruch, die betriebliche Altersversorgung und vieles mehr. In aller Regel sind das bessere Bedingungen als in Betrieben ohne Tarifverträge.

Im Übrigen – das muss man an der Stelle auch betonen – geben sie auch den Unternehmen Planungssicherheit und schützen vor Lohndumping und vor allen Dingen vor schwarzen Schafen.

Eines wissen wir hier doch alle miteinander: Die fehlende Tarifbindung in vielen Betrieben – da bitte ich Sie noch einmal genau zuzuhören – ist eine der wesentlichen Ursachen für wachsende Lohnungleichheit und teilweise prekäre Beschäftigung.

(Beifall bei der SPD)

Die kleinen Lohneinkommen basieren in aller Regel auf tariflosen Arbeitsverhältnissen, und sie sind von der guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung inzwischen weit abgekoppelt. Auch das ist kein Geheimnis. Meine Damen und Herren, auch in Hessen hat die Lohnspreizung zugenommen.

Schon allein deswegen muss die Tarifbindung weiter gestärkt werden, notfalls auch gesetzlich. Auf Initiative der SPD ist immerhin erreicht worden, dass Tarifverträge jetzt leichter für allgemein verbindlich erklärt werden können. Das ist schon einmal ein wesentlicher Fortschritt gewesen.