Zu prüfen ist meines Erachtens auch, ob die Anforderungen aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz mit der Änderung des HSOG tatsächlich erfüllt werden. Auch das wird sicher ein sehr spannender Punkt bei der Anhörung werden.
Einen besonderen Blick will ich heute in der ersten Lesung auf die Informationsfreiheit richten. Meine Damen und Herren, Sie wissen, wir haben dazu schon in der letzten Legislaturperiode mit den GRÜNEN zusammen, aber gerade auch in dieser Legislaturperiode einen, wie ich finde,
Wir haben immer sehr eindringlich nachgefordert, weil Sie es auch im Koalitionsvertrag stehen haben und es immer angekündigt haben, dass es endlich auf den Weg kommt. Wir wurden immer vertröstet, man müsse noch evaluieren, man sei aber dran, es dauere noch, Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Das wird immer wieder gern zitiert, diese Floskeln haben wir in dieser Woche auch schon des Öfteren gehört.
Meine Damen und Herren, ich verweise nach wie vor auf den Vorschlag der SPD, wie wir den Informationszugang für unsere Bürgerinnen und Bürger in Hessen modern und zukunftsfähig aufstellen können. In der ganzen Zeit haben wir von den Regierungsfraktionen nur gehört, was sie nicht wollen, vielmehr was die CDU nicht will und was die GRÜNEN nicht dürfen.
Immer wieder haben wir angemahnt, dass wir in Hessen in diesem Bereich mit zwei anderen Bundesländern das Schlusslicht in der Bundesrepublik Deutschland darstellen, wenn wir unsere Bürgerrechte an dieser Stelle nicht stärken. Herr Heinz, von „Hessen vorn“ und Vorreiter im Bereich des Datenschutzes ist Hessen schon lange entfernt.
Jetzt kommt dieser Gesetzesvorschlag auf den Tisch. Wenn man ein Beispiel braucht, wie man Informationsfreiheit in Hessen in den Sand setzt, dann ist es mit diesem Gesetzentwurf gelungen.
Der Entwurf hat mit Informationsfreiheit nicht viel zu tun. Er sieht vor, dass weder Gemeinden noch Landkreise, noch Polizei, noch Verfassungsschutz Auskunft geben müssen. Ich möchte einmal wissen, wie – von Ihnen immer angemerkt – jahrelang bei den anderen Ländern evaluiert wurde.
Das wurde mit Sicherheit nicht evaluiert. So etwas kommt also dabei heraus, wenn die GRÜNEN ein Gesetz wollen und die CDU nicht: Wir machen zwar ein Gesetz, aber es gilt für die meisten nicht. – Das ist auch eine Möglichkeit, das Regieren einzustellen.
Die SPD-Fraktion lässt bei der Forderung nach einer vernünftigen Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes in Hessen nicht locker. Wir wollen durch einen leichteren Zugang zu Dokumenten von Behörden die Kontrolle staatlichen Handelns verbessern. Wir wollen, dass politische Entscheidungen für die Bürger besser nachvollziehbar werden können. Wir wissen seit Jahren durch die Erfahrungen mit der unendlichen Anzahl von Skandalen in Hessen: Transparenz ist der natürliche Feind der CDU.
Meine Damen und Herren, Transparenz fördert Meinungsbildung und politische Teilhabe, und das – das erkennt
man an diesem Gesetzentwurf – wollen Sie offensichtlich gerade nicht. Von dem Grundsatz, dass amtliche Informationen von Behörden auf Antrag veröffentlicht werden müssen, ist nicht viel übrig geblieben. Aber das ist doch gerade der Kern von Informationsfreiheit.
Nach dem Entwurf der Regierungsfraktionen sind nur Landesbehörden zur Auskunft verpflichtet. Die meisten Informationen sind aber – das haben Sie selbst gesagt, Herr Heinz – bei den Städten und Gemeinden und den Landkreisen. Außerdem haben die Bürgerinnen und Bürger dort das höchste Interesse, weil sie am nächsten an den Entscheidungen dran sind. Aber gerade dort setzen Sie das Gesetz faktisch nicht um. Die Kommunen müssen das selbst über eine Satzung entsprechend regeln. Das wird zu einem Flickenteppich in Hessen führen. In dem einen Ort ist es möglich, in dem anderen Ort ist es nicht möglich. Da gibt es die Satzung, dort gibt es jene Satzung. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Meine Damen und Herren, um auf das Bild mit den Socken zurückzukommen: Bei dem uninspirierten Geschenk kann man noch denken: Na ja, wenigstens Socken. – Aber Ihre haben auch noch Löcher. Selbst bei den Landesbehörden nehmen Sie wichtige Bereiche heraus, die gerade bei der Informationsfreiheit im Fokus stehen. Der Verfassungsschutz und die Polizei sind ausdrücklich von dem Gesetz ausgenommen. In allen anderen Bundesländern ist die Polizei nicht befreit. Überall sind die Polizeibehörden auskunftspflichtig.
Ich kann nur wiederholen: Was haben Sie in den letzten Jahren evaluiert? Die Gesetze der anderen Bundesländer an dieser Stelle bestimmt nicht. Dass die CDU das nicht will, können wir uns denken. Aber dass die GRÜNEN das mitmachen müssen, na ja.
Das Bild, das ich mir bisher von dem Gesetzentwurf im Bereich Informationsfreiheit machen kann, hat leider nichts mehr mit „Hessen vorn“ zu tun; ich habe es schon erwähnt. Vieles von dem, was im Gesetzentwurf steht, bedarf meines Erachtens im Übrigen auch noch der Interpretation, z. B. dass die Herausgabe von Informationen untersagt werden kann, wenn rein wirtschaftliche Interessen vorliegen. Soll das der Sachbearbeiter selbst entscheiden, oder wie soll er das überhaupt bestimmen können? Wer bestimmt das, wer überprüft so etwas? Da sind viele Ungereimtheiten in einem wirklich – –
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Das ist ein totkompromisster Gesetzentwurf: Wir machen ein Gesetz, aber es gilt für niemanden. Willkommen bei schwarz-grünem Regierungshandeln. – Danke.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich dort fortfahre, wo Herr Holschuh gerade geendet hat, auch von mir eine kurze Bemerkung zu dem überwiegenden Teil dieses Gesetzentwurfs, nämlich zur Anpassung an europäisches Datenschutzrecht. Auch wir haben uns bei der Durchsicht dieses Werks gefragt: Was ist eigentlich mit den Gesetzen, von denen angekündigt war, dass wir sie ändern müssen, die aber jetzt nicht geändert werden? Eine solche Begründung sind Sie uns bisher schuldig geblieben.
Es ist aber auch nicht ein Gesetzentwurf von Ihnen, sondern von den Fraktionen. Entschuldigen Sie, Herr Minister.
Ich weiß auch, woher das kommt. Trotzdem richte ich meine Kritik als Erstes an die, die es hier eingebracht haben.
So weit zur Anpassung an europäisches Datenschutzrecht. Herr Heinz, ich habe eben vernommen, dass Sie gesagt haben, das Werk enthalte umfangreiche Bestimmungen zur Informationsfreiheit. – Damit Sie alle nachverfolgen können, wie umfangreich das ist, möchte ich darauf hinweisen: Von diesen 300 Seiten beschäftigen sich dreieinhalb Seiten mit der Informationsfreiheit.
Ich kann Ihnen jetzt schon ankündigen, dass wir selbstverständlich in der Anhörung sehr genau zuhören werden. Aber meine derzeitige Überzeugung ist, dass wir seitens der LINKEN einen Änderungsantrag schreiben werden, diese dreieinhalb Seiten aus dem Entwurf zu entfernen. Kein Informationsfreiheitsgesetz ist besser als das, was Sie hier vorschlagen.
Ich frage mich auch: Was haben Sie bei den anderen Ländergesetzgebungen evaluiert? Sie haben schon vor einem Dreivierteljahr mitgeteilt, dass die Evaluation abgeschlossen ist. Auf meine Nachfrage, ob Sie uns die Evaluationsergebnisse zur Verfügung stellen, haben Sie Nein gesagt. Das waren Sie, Herr Beuth.
Ich habe nachgeschaut. Habe ich ein Auskunftsrecht gegenüber der Regierung, damit ich endlich diese Evaluationsunterlagen bekomme, wenn dieses Informationsfreiheitsgesetz Gesetz wird? Nein, das ist da nicht geregelt.
Dann loben Sie sich dafür, dass hier endlich Informationsfreiheit herrscht. Entschuldigen Sie – ich sehe jetzt vor allem die Damen und Herren der GRÜNEN an –, aber das ist wirklich unter aller Würde. Das haben Sie wirklich nicht verdient.
(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Heike Hofmann (SPD): In Selbstverleugnung geübt!)
Meine Damen und Herren, von der Logik her ist es so: Mündige Bürgerinnen und Bürger machen unsere Demokratie aus. Nur mündige Bürgerinnen und Bürger, die auch gegenüber einer Verwaltung mündig auftreten und sagen: „Das, was ihr wisst, gehört nicht der Amtsstube, sondern uns als Bürgerinnen und Bürgern“, entsprechen einem fortschrittlichen Verständnis von Demokratie und der sie konstituierenden Bürgerinnen und Bürger.
Deswegen haben moderne Bundesländer auch kein Informationsfreiheitsgesetz, sondern ein Transparenzgesetz. Über Geheimnisverrat usw. müssen wir uns überhaupt nicht streiten. Selbstverständlich gibt es Dinge, die nicht weitergegeben werden dürfen. Das ist uns doch allen klar. Aber alles, was weitergegeben werden darf, haben Behörden im Sinne von Open Data transparent zur Verfügung zu halten. Dann entsteht auch kein Aufwand, und demensprechend entstehen keine Gebühren, wenn Bürgerinnen und Bürger fragen: Was habt ihr da eigentlich entschieden?
Sie fallen weit hinter das zurück, was eigentlich moderner Standard ist. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, einen Vorwurf müssen Sie sich schon gefallen lassen und ihn gegebenenfalls entkräften: Offensichtlich wollen Sie keine mündigen Bürgerinnen und Bürger, die das Verwaltungshandeln im Zweifelsfall auch kontrollieren.