Protocol of the Session on December 12, 2017

Danke, Frau Wissler. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich ihr Vorsitzender, Herr Wagner, zu Wort gemeldet. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Wissler, ich glaube, Ihrer Rede hätte eine zweite Tonlage gutgetan; denn 40 Minuten in dieser Tonlage, das

war schon relativ anstrengend, wenn ich das einmal ehrlich sagen darf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich habe mich ein bisschen an die elfte Feuerbach-These von Karl Marx erinnert gefühlt. Für alle, die nicht so bibelfest sind: Die elfte Feuerbach-These von Karl Marx lautet – Frau Kollegin Wissler, Sie wissen es –:

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich weiß es!)

Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern.

Das hat Karl Marx im 19. Jahrhundert geschrieben.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Und damit die grüne Politik von heute nicht gemeint!)

Frau Kollegin Wissler, der LINKEN im 21. Jahrhundert rufe ich zu: Es reicht nicht, die vermeintlich perfekte Welt nur zu beschreiben. Man braucht auch eine Idee, wie man real etwas in dieser Welt verändert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Diese Antworten bleiben Sie konsequent schuldig. Frau Kollegin Wissler, Sie bleiben sie konsequent schuldig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie erreichen für Gerechtigkeit in unserem Land nichts, wenn Sie alle Ihre Vorhaben mit Steueränderungen auf Bundesebene finanzieren wollen, die es aber real nicht gibt. Das hilft keinen einzigen Menschen in unserem Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es hilft niemanden etwas, wenn DIE LINKE sich in ihren eigenen Selbstgewissheiten ständig bestärkt und auf ihrem Landesparteitag beschließt, dass sie eigentlich keine der im Landtag vertretenen Fraktionen für in irgendeiner Weise für eine Zusammenarbeit geeignet hält. Frau Kollegin Wissler, dann erzählen Sie weiter Ihr Zeug, aber dann sagen Sie den Menschen auch: Sie wollen gar nichts wirklich ändern, weil Sie zu Kompromissen und zur Zusammenarbeit mit anderen nicht bereit sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Diese Koalition geht einen anderen Weg. Wir haben unseren Koalitionsvertrag vor vier Jahren unter der Überschrift geschlossen: „Verlässlich gestalten – Perspektiven eröffnen“. Meine Damen und Herren, wir haben Wort gehalten. Wir haben verlässlich gestaltet in den Bereichen, in denen Hessen auf einem guten Weg ist. Das haben wir fortgesetzt, das haben wir vertieft. Deshalb können wir sagen: Hessen war, ist und bleibt ein wirtschaftsstarkes und ein sicheres Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir haben aber auch Perspektiven eröffnet. Wir haben den Kurs geändert, wo es uns notwendig erschien, neue Akzente zu setzen. Deshalb gehört beides zusammen: Hessen war, ist und bleibt ein wirtschaftsstarkes und sicheres Land. Und Hessen ist in den vergangenen vier Jahren grüner und gerechter geworden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Genau diesen Kurs setzten wir mit diesem Doppelhaushalt jetzt fort, und wir nehmen auf diesem Kurs noch mehr Fahrt auf. Ich fand es bemerkenswert, dass vonseiten der bisherigen Oppositionsrednerinnen und -redner zu dem eigentlichen Haushalt und zu dem, was in diesem Haushalt steht, erstaunlich wenig gesagt wurde.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Was? Ich habe doch jede Menge gesagt!)

Das war schon eine dramatisch hohe Flughöhe, um nicht über diesen Haushalt reden zu müssen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich werte das einfach einmal als Zustimmung zu vielen Maßnahmen, die in diesem Haushalt stehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich werte das als Zustimmung dazu, dass wir mit diesem Haushalt die Beitragsfreiheit für die ersten drei Kindergartenjahre umsetzen und die Qualität in den Kitas verbessern.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Dazu habe ich doch lang und breit etwas gesagt!)

Ich werte das als Zustimmung dazu, dass wir das Sozialbudget, mit dem Menschen in schwierigen Lebenslagen geholfen wird, auf über 100 Millionen € erhöhen. Ich werte es als Zustimmung dazu, dass wir die Mittel für den sozialen Wohnungsbau mit diesem Haushalt gegenüber der früheren Förderperiode vervierfacht haben werden. Ich werte es als Zustimmung, dass auch die Opposition der Meinung ist, es ist eine gute Idee, 700 Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen an unsere Schulen zu bringen, womit das Land erstmals systematisch in die Sozialarbeit an Schulen einsteigt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das haben wir jahrelang gefordert!)

Frau Kollegin Wissler, ich werte das als Zustimmung für den integrierten Klimaschutzplan, mit dem Hessen seiner Verantwortung für den Schutz des Klimas gerecht wird.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Ich werte das als Zustimmung – Frau Kollegin Schott, wenn die Emotionen so hochkochen, werte ich es sogar als emotionale Zustimmung – zu der Rekordförderung für Busse und Bahnen

(Marjana Schott (DIE LINKE): Leben Sie auf dem Mond?)

sowie für den Radverkehr, zu dem Schülerticket, zu dem Jobticket und zu zusätzlichen Stellen in der Bildung, bei der Polizei, der Justiz und der Steuerverwaltung. Dass Sie all das nicht erwähnt haben, folgt dem klassischen Prinzip einer Opposition: Net geschimpft ist genug gelobt. – Das haben wir verstanden. Vielen Dank für das, was der Opposition an Lob für diesen Haushalt möglich war.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, andere Landesregierungen wären doch froh, wenn sie das Programm, das ich eben für diesen Doppelhaushalt beschrieben habe, in einer gesamten Legislaturperiode hinbekommen würden. Wir schaffen das

in zwei Jahren, weil wir dieses Land gestalten und ökologischer und gerechter machen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Diese Schwerpunktsetzung nehmen wir eben nicht zulasten kommender Generationen vor. Es ist der erste Haushalt in Hessen seit 50 Jahren, der im Entwurf ohne neue Schulden auskommt. Zum ersten Mal seit 50 Jahren gelingt uns das.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir werden im Jahr 2019 sogar damit beginnen, alte Schulden zurückzuzahlen. Wir investieren in die wichtigen Bereiche in unserem Land. Wir machen das, ohne Schulden aufzunehmen, und wir zahlen sogar noch Schulden zurück. Das ist der Kurs dieser Koalition.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das alles ist möglich, weil wir gute Steuereinnahmen haben. Ja, das gehört zur Wahrheit dazu. Es ist aber auch möglich, weil wir in den vergangenen Jahren eine seriöse und manchmal schmerzhafte Finanzpolitik gemacht haben – weil wir eben der Versuchung widerstanden haben, allen alles zu versprechen. Deshalb haben wir heute die Spielräume, solche klaren Akzente zu setzen.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, ist genau der Unterschied zu der Art und Weise, wie Sie Haushaltspolitik bzw. wie Sie generell Politik in diesem Hause machen. Das hat nämlich mit seriöser Finanzpolitik – mit dem Finanzieren Ihrer Vorhaben – einfach überhaupt nichts mehr zu tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Bevor ich zu der Finanzpolitik der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten komme, noch ein Satz: Herr Kollege Schäfer-Gümbel hat uns gesagt – na ja, es sollte, glaube ich, freundlich zugewandt sein –, was er als Sozialdemokrat von den GRÜNEN erwartet. Meine Damen und Herren, wir erleben es seit mittlerweile 39 Jahren, seit der Gründung der GRÜNEN, dass uns Sozialdemokraten erklären, wie sie sich die GRÜNEN wünschen: Die Sozialdemokraten wünschen sich, dass die GRÜNEN die Träume der Sozialdemokraten erfüllen. Wir sind nicht euer Beichtstuhl. Merkt euch das ein für alle Mal.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir sind nicht der Beichtstuhl der Sozialdemokratie. Wenn ihr Mist baut, z. B. wenn euer Bundesaußenminister sagt: „Nach Afghanistan kann man abschieben“, ist das eure Verantwortung; dann könnt ihr das nicht bei uns abladen. Das ist eure Verantwortung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)