Protocol of the Session on November 24, 2017

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, während im ersten Jahr vor allem, wie bereits erwähnt, die Sprachförderung im Mittelpunkt steht, zielt das zweite Jahr auch auf eine mögliche Spezialisierung und Orientierung auf die jeweiligen Berufsfelder ab. So lernen die Schülerinnen und

Schüler bereits früh die verschiedenen Berufsfelder kennen, erlernen Fachbegriffe, Fingerfertigkeiten, Arbeitsmoral und Arbeitsvorschriften und gewinnen eine Vorstellung über ihre eigenen Interessen, ihre Neigungen und ihre Fähigkeiten.

Auch das verdeutlicht noch einmal das Hauptziel der Maßnahme InteA. Die jungen Menschen sollen möglichst umgehend im Anschluss an die Maßnahme in eine duale Ausbildung eintreten.

Die Aufnahme- und Beratungszentren der jeweiligen Staatlichen Schulämter waren noch kein Gegenstand der heutigen Beratungen. Sie sind mit rund 50 Stellen angemessen ausgestattet. Sie übernehmen maßgeblich den Steuerungsprozess der Verteilung der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger an die jeweilige Schule. Dadurch und durch eine monatliche Nachsteuerung – Herr Kollege Greilich ist nicht mehr da – ist gewährleistet, dass alle für die Maßnahme infrage kommenden Schülerinnen und Schüler möglichst umgehend, ohne große Wartezeiten, in InteA aufgenommen werden können.

Auch das monatliche Nachsteuern der erforderlichen Lehrerstellen ist ein ganz wichtiges und richtiges Instrument, das zur erfolgreichen Umsetzung der Maßnahmen führt.

Herr Kollege Greilich – man möge das dem Kollegen Greilich mitteilen, oder er kann es nachlesen –, flexibler kann man nicht reagieren.

(Beifall bei der CDU)

Maßgeblich zur erfolgreichen Umsetzung der InteA-Maßnahmen trägt auch die angemessene sozialpädagogische Betreuung der Schülerinnen und Schüler bei, Herr Kollege Degen. Alle InteA-Klassen an den beruflichen Schulen haben den Anspruch auf eine sozialpädagogische Unterstützung, die gerade auch mit Blick auf die Lebensläufe der Schülerinnen und Schüler mehr als geboten erscheint.

Im Schuljahr 2017/2018 wurden jetzt durchgängig alle InteA-Klassen mit 0,2 sozialpädagogischen Stellen besetzt. Das war zuvor nicht der Fall. Das entspricht einem Finanzierungsvolumen von 12.000 € pro Jahr. Derzeit stehen insgesamt rund 80 dieser Stellen zur Verfügung. Die Anzahl der Stellen wurde im Vergleich zu Beginn der Maßnahme, mit Sicherheit auch aufgrund der gestiegenen Teilnehmerzahlen, mehr als verdreifacht. Auch hier ist Kritik nicht zwingend angebracht. Da ist eine angemessene Ausstattung vorhanden.

Erwähnen möchte ich auch noch, dass zur beruflichen Erstorientierung mit Erlass vom 9. November 2016 die Durchführung eines Praktikums geregelt ist, sofern die entsprechenden Deutschkenntnisse vorhanden sind.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, aus meiner langjährigen beruflichen Tätigkeit in den besonderen Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung an einer großen Berufsschule weiß ich, wie wichtig gerade diese Praktika sind. Sie sind ganz wichtig zum Erhalt einer Ausbildungsstelle. Die Verantwortlichen eines Betriebes lernen hier über einen längeren Zeitraum eine Person – eine Frau oder einen Mann – persönlich kennen.

Ich habe es selbst erlebt. Es hat ein bisschen gedauert, das gebe ich zu. Am Anfang stand auch die Frage: Kann ich einmal ein Zeugnis sehen? – Meine Antwort war dann: Nein, schauen Sie sich den jungen Mann oder die junge Frau an. – Siehe da, man hat erkannt: Das Zeugnis ist gar

nicht so elementar wichtig, sondern viel wichtiger ist, ob die Person in meinen Betrieb passt, welche Neigungen und welche Fähigkeiten sie entwickeln kann, ob sie pünktlich ist und all diese Tugenden hat wie die Hilfsbereitschaft und die Freundlichkeit – gerade bei Servicetätigkeiten – und, und, und.

Das Beste, was einem passieren kann, ist, wenn ein Betrieb über Wochen hinweg einen jungen Mann oder eine junge Frau kennenlernen und dementsprechend einschätzen kann, ob er oder sie für diese Ausbildung befähigt ist. Ein Zeugnis sagt da deutlich weniger aus.

(Beifall bei der CDU)

Bei einer Anfrage mit 80 Fragen müssten wir eigentlich eine Stunde Redezeit haben. Vielleicht wäre es auch sinnvoll, solche thematisch und inhaltlich komplexen Anfragen besser im Ausschuss zu behandeln. Ich will aus dem Grund zum Schluss noch einmal feststellen, dass die Landesregierung – zumindest nach Auffassung der CDU-Fraktion – frühzeitig reagiert hat, klug reagiert hat und vorausschauend reagiert hat und diese Maßnahme eingerichtet hat, um den Migrantinnen und Migranten den Einstieg in das Berufsleben zu ermöglichen.

Lassen Sie mich abschließend feststellen: Das schließt natürlich nicht aus, dass eine regelmäßige Evaluation stattfinden muss und dass ein Nachsteuern dort erfolgt, wo es zur Optimierung der Maßnahmen beiträgt. Gerade über eine Verlängerung der Praktika, indem vielleicht noch ein Zeitraum drangehängt wird, mehr Möglichkeiten, eine Tätigkeit im Rahmen eines Langzeitpraktikums anzubieten, sollten wir noch einmal in aller Ruhe nachdenken, Herr Kultusminister; denn da sehe ich den größten Sinn, wenn jungen Menschen die sprachlichen Fähigkeiten erlangt haben, dass wir sie ganz schnell in die Betriebe bringen müssen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Abg. Faulhaber für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Natürlich ist Sprache eine wichtige Voraussetzung für eine berufliche Integration und gesellschaftliche Teilhabe. Daher ist es wichtig, dass junge Geflüchtete, die neu in Deutschland angekommen sind, die Chance erhalten, möglichst schnell Deutsch zu lernen. In Hessen soll diese Aufgabe in den Berufsschulen durch InteA geleistet werden. Das Programm verspricht Integration durch Anschluss und – was ich besonders wichtig finde – durch Abschluss.

Wir begrüßen grundsätzlich, dass es in Hessen die Möglichkeit gibt, Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern gezielt die deutsche Sprache zu vermitteln. Die Praxis zeigt dennoch, dass Anspruch und Wirklichkeit nicht so einfach übereinanderzubringen sind.

Eine gute pädagogische Arbeit ist angesichts der teilweise extrem heterogenen Schülergruppen schwierig. Die Kolleginnen und Kollegen leisten hier eine besondere Arbeit. Und die Rahmenbedingungen dieses Sprachförderprogramms haben sich in den vergangenen Jahren nicht unbe

dingt verbessert; Herr Kollege Degen hat bereits auf die steigende Klassengröße hingewiesen. Auch ich habe es erstaunlich gefunden, wie die Landesregierung die Klassengrößen zu rechtfertigen versucht, indem sie Bezug nimmt auf diese umstrittene Studie des neuseeländischen Bildungsforschers John Hattie. Er behauptet, die Klassengröße habe nur einen geringen Einfluss auf die Lernleistung eines Kindes.

Natürlich kommt es viel auf die Lehrperson an und darauf, wie sie es schafft, die Potenziale der Schülerinnen und Schüler zu wecken. Insofern mag es ja stimmen, dass die Klassengröße allein nicht ausschlaggebend ist. Aber man kann doch nicht einfach zugrunde legen, dass die Lehrkräfte die Möglichkeiten kleiner Lerngruppen didaktisch nicht nutzen.

Dementsprechend gibt es auch viele anderslautende Studien. Diese zeigen, wenn überhaupt eine Didaktik zur Anwendung kommen kann, die auf die Schüler eingeht und sie individuell fördert, dass kleinere Klassengrößen zwingend notwendig sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Sie machen selbst eine Ausnahme vom vorgegebenen Klassenteiler von 20, und zwar bei den Alphabetisierungsklassen. Laut Erlass vom 9. November 2016 soll die maximale Klassengröße bei der Alphabetisierung bei zwölf Schülerinnen und Schülern liegen. Wir aber denken, dies sollte nicht nur für die Alphabetisierung gelten. Die Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger haben sehr unterschiedliche Vorbildungen, nicht selten kommen sie mit einem Trauma oder mit Kriegserlebnissen hier bei uns an; und sie haben während langer Fluchtwege oft keine Schulbildung gehabt und manchmal auch zuvor nicht, weil sie aus einem Kriegsgebiet kommen. Wenn ihre Lernvoraussetzungen beachtet und sie individuell gefördert werden sollen, dann sollte diese Klassengröße von zwölf bei InteA-Schülerinnen und -Schülern generell gelten.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese pädagogisch sinnvolle Klassengröße würde 228 zusätzliche Klassen erfordern. Es entstünde natürlich auch ein zusätzlicher Lehrkräftebedarf von 228 Stellen; das können wir in der Antwort auf die Große Anfrage lesen. Darüber sollten wir nachdenken.

Der InteA-Erlass vom 9. November 2016 ist bei vielen Lehrerinnen und Lehrern auf Unverständnis gestoßen; denn er ist widersprüchlich. Einerseits wird dort auf die Vorgaben verwiesen, wie sie in der Verordnung über die Ausbildung und Abschlussprüfungen in den Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung stehen – ich sage dazu im Weiteren „BzB“, das ist mir sonst zu lang. Andererseits aber weicht der Erlass von diesen Vorgaben ab: So lässt der InteA-Erlass keine Abschlüsse nach der BzB-Verordnung zu, sondern nur externe Prüfungen zum Erwerb des Hauptschulabschlusses und des Realschulabschlusses.

Anders als bei PuSch oder beim BVJ werden bei InteASchülern Fächer wie z. B. Sport, Ethik oder Datenverarbeitung für den Abschluss nicht berücksichtigt. Damit sind die InteA-Schülerinnen und -Schüler im Vergleich zu den Schülern in der Berufsvorbereitung benachteiligt.

So verwundert es kaum, dass nicht so viele InteA-Schülerinnen und -Schüler wie erwartet einen Haupt- oder Realschulabschluss erreichen können. Darüber wurde schon gesprochen.

Noch einmal zum Ziel von InteA, einen schnellen Übergang in das duale System bzw. in eine andere Schulform oder in andere Bildungsgänge zu ermöglichen. Das ist das Ziel. Ohne zumindest einen Hauptschulabschluss zu erlangen, ist dieses Ziel nicht zu erreichen. Deshalb denke ich, dass den Schülerinnen und Schülern der InteA-Maßnahmen die Chance nicht verwehrt werden sollte, gemäß der BzB-Verordnung einen Hauptschulabschluss zu erwerben.

(Hugo Klein (Freigericht) (CDU): Parallel zur Berufsausbildung!)

Das ist schon klar, aber das ist manchmal so organisiert, dass es von der Zeit her nicht klappt, wenn der Schüler besondere Probleme hat. Das ist nicht nur bei diesen Schülern so, die InteA-Klassen besuchen, sondern schon bei Förderschülern, die einen Förderbedarf haben.

Sie sagen, das Deutsche Sprachdiplom sei eine Alternative; aber es kann keinen Schulabschluss ersetzen. Für den weiteren Ausbildungsweg ist doch zumindest der Hauptschulabschluss zwingend notwendig.

(Beifall bei der LINKEN)

Die GEW hat Anfang Februar 2017 ebenfalls auf die Belastung der Lehrkräfte in diesen Klassen hingewiesen. Es gibt keinerlei Konzeptionsstunden, wie etwa bei PuSch. Dennoch haben viele der sehr engagierten Kolleginnen und Kollegen mit großem freiwilligem Zeitaufwand schuleigene Konzepte entwickelt. Warum haben sie das getan? – Weil es keine einheitlichen Konzepte für InteA gibt. Es fehlt ein altersgemäßes und berufsorientiertes Sprachförderkonzept.

Lehrkräfte benennen auch starre Altersgrenzen und dementsprechend unzureichende Abschlussmöglichkeiten als Problem. Auch die zeitaufwendige Betreuung der InteA-Praktika belastet die Lehrkräfte, genauso wie der hohe Beratungsbedarf der Schülerschaft und ihrer Eltern. Und wenn in den Klassen laufend Neuaufnahmen hinzukommen – die Zuweisung erfolgt bei InteA nämlich monatlich –, erschwert das die pädagogische Arbeit zusätzlich. Die hohe Arbeitsbelastung und die Mehrarbeit sollten dringend zur Kenntnis genommen werden. Hier muss die Landesregierung nachsteuern.

Notwendig sind Entlastungsstunden für InteA-Klassenlehrerinnen und -Klassenlehrer, die Möglichkeit, den DaZUnterricht und sprachsensiblen Fachunterricht teilweise in Doppelbesetzung anzubieten, und mehr sozialpädagogische Unterstützung. Es muss ein altersgemäßes und berufsorientiertes Sprachförderkonzept entwickelt werden, und nicht zuletzt müssen wir auch bei der Fortbildung der Lehrkräfte Angebote schaffen, die den Bedürfnissen von InteA-Lehrkräften entsprechen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile Herrn Abg. Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit Herbst 2015 steht unsere Gesellschaft und stehen natürlich auch

unsere Schulen vor einer riesigen Herausforderung. Zehntausende, ja, über 100.000 Menschen haben in Hessen Zuflucht gesucht, weil sie ihre Heimatländer verlassen mussten, weil sie vor Gewalt und Terror geflohen sind und hier Asyl und eine neue Zukunft begehrt haben.

Wir haben uns dieser Herausforderung gesellschaftlich mit dem Hessischen Aktionsplan zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts gestellt, und wir haben uns natürlich auch schulisch dieser Aufgabe gestellt. Deshalb ist es ein Zerrbild, das hier von der Opposition gezeichnet wurde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir haben systematisch die Sprachförderung an der allgemeinbildenden Schule ausgebaut. Wir haben sie systematisch an den beruflichen Schulen ausgebaut. Wir haben ein Angebot geschaffen für die 16- bis 18-Jährigen und haben dann das Angebot weiter ausgeweitet auf die 18- bis 20Jährigen. Wir haben dann gesagt: Wir hören damit nicht auf, wir weiten die Angebote weiter aus in den Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung für die 18- bis 22-Jährigen. Wir haben die neue Berufsfachschule für den Übergang in Ausbildung auf den Weg gebracht – alles systematische Maßnahmen, die wir Schritt für Schritt ausgebaut haben: die Sprachförderung und die berufliche Qualifizierung für Flüchtlinge.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, es hört mit den beruflichen Schulen nicht auf, sondern es geht dann um den Übergang in eine Berufsausbildung und in den Beruf. Auch hier haben wir neben den Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit die Anstrengungen des Landes Hessen weiter ausgebaut.

Herr Kollege Bocklet hat in der vorherigen Debatte gesagt, wie sich die Zahlen für das Ausbildungs- und Arbeitsmarktbudget in Hessen entwickelt haben. Hier kann man doch nicht davon reden, dass wir uns dieser Aufgabe nicht mit vollem Engagement angenommen hätten.