Protocol of the Session on November 23, 2017

Langer Rede kurzer Sinn: Wir lassen uns niemals wieder von den LINKEN etwas zum Thema Steuergerechtigkeit sagen. Die sollen erst einmal all das abliefern, was ihnen nicht gehört.

Wir wollen zweitens, dass es in Europa flotter vorangeht. Wir wollen, dass nicht erst im Jahr 2020 mit den Maßnahmen begonnen wird. Wir enthalten uns aber bei Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Grün, weil wir wollen, dass es weiterhin einen Wettbewerb bei den Steuersätzen gibt. Die Bemessungsgrundlage muss gleich sein – ohne Frage –, aber wir wollen trotzdem einen Wettbewerb bei den Steuersätzen. Das schließt Ihr Antrag aber aus. Deshalb können wir uns leider nur der Stimme enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, auch bei den Kollegen der LINKEN.

(Beifall bei der FDP – Jan Schalauske (DIE LIN- KE): Sie haben mit Ihrem Redebeitrag die fünfte Jahreszeit eingeläutet! Das war Karneval!)

Das Wort hat Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe schon lange keine Rede vom Kollegen Hahn mehr gehört, die mir so gut gefallen hat.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei der FDP)

Ich glaube, die Freude ist im Hause weit verbreitet, mit Ausnahme eines kleinen Streifens auf der linken Seite.

Herr Kollege Hahn, an einer Stelle muss ich Sie leider korrigieren. In der Tat haben wir zwar keine Hengste mehr, aber beim Zusammenstellen einer Kavallerie – das habe ich mir von der Kollegin Hinz bestätigen lassen – ist der Einsatz von Stuten und insbesondere von Wallachen besser, da diese sich besser auf ihre eigentliche Aufgabe, nämlich das Ziehen von Wagen, konzentrieren, als das Hengste tun.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordne- ten der SPD)

Hessen ist nach wie vor auf allen Ebenen wehrfähig.

(Heiterkeit – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Sie sehen, welch wertvolle Gespräche wir führen. – Wehrfähigkeit ist das richtige Stichwort: Wehrfähigkeit gegenüber Steuerkriminalität. Ich glaube, diesbezüglich ist in der Diskussion manches ein bisschen mit parteipolitischer Färbung versehen worden. Lassen Sie mich ein paar Hinweise geben, weil der eine oder andere Teilnehmer an der Debatte möglicherweise nicht mehr auf dem allerletzten Stand der rechtlichen Entwicklung ist.

Das vom Kollegen Schmitt geforderte Transparenzregister hat Deutschland zum 1. Oktober 2017 eingeführt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Sie haben ein Transparenzregister gefordert. Wir haben es seit ein paar Wochen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ganz so transparent ist es aber nicht!)

Ein Country-by-Country-Reporting gibt es seit dem 1. Januar 2016. Das beruhte im Wesentlichen auf einer deutschen Initiative. Was Sie da über Herrn Schäuble erzählt haben: Ich weiß nicht, wo Sie das gelesen haben, jedenfalls stimmt es mit den mir vorliegenden Informationen nicht überein.

(Norbert Schmitt (SPD): „Spiegel Online“!)

Kollegin Erfurth hat auf die Frage der Lizenz hingewiesen. Lizenzen und die Möglichkeiten von Kredit- und Zinszahlungen waren früher das Vehikel, um Steuersubstrat in niedriger besteuernde Länder zu verschieben. Das ist bei niedrigerem Zinsniveau unattraktiver geworden – aber vor allem auch deshalb, weil wir eine Zinsschranke eingeführt haben, die den Ertrag aus solchen Möglichkeiten reduziert hat. Das war eine hessische Initiative. Das ist später auf Lizenzeinkünfte erweitert worden.

Das ist übrigens ein sehr gutes Beispiel dafür, dass der Kampf gegen Steuerkriminalität – an der Stelle vor allem der Kampf gegen steuerliche Gestaltung – nur dann funktioniert, wenn dieser Kampf nicht nur in Sonntagsreden, auch und insbesondere in anderen Ländern, sondern auch durch gemeinschaftliches Handeln geführt wird. Es ist nicht in Ordnung, auf der einen Seite zu erklären, man sei gegen steuerliche Gestaltungen, und auf der anderen Seite Niedrigsteuerregime für einzelne Elemente von Erwerbseinkommen einzuführen in der Hoffnung und Erwartung, dass dadurch Steuersubstrat in das eigene Land verschoben wird. Die Niederlande sind hierfür ein Beispiel; deshalb spielte dieses Land bei dem von Frau Erfurth genannten Beispiel eine Rolle. Irland ist ein weiteres Beispiel, aber auch Großbritannien hat für London eine niedrigere Besteuerung von Lizenzeinnahmen festgesetzt.

Dem haben wir – Entschuldigung, aber es war so – durch die hessische Initiative zur Einrichtung einer Lizenzschranke entgegengewirkt. Ich hätte mir gewünscht, dabei auf der nationalen Ebene ein bisschen schneller voranzukommen. Wir haben da manches Jahr in Diskussionen verloren, auch mit sozialdemokratischen Kollegen auf der Länderebene. Wir hätten besser und schneller vorankommen und die Einführung der Schranke früher hinbekommen können. Aber wir haben jetzt eine Lizenzschranke, und dadurch wird es schwerer, über Lizenzeinnahmen Steuersubstrat zu verschieben.

Eines wird aber immer bleiben, meine Damen und Herren: Zu glauben, es gebe die eine große Maßnahme, und wir hätten das Problem von Steuerhinterziehung und von Steuergestaltung gelöst, ist eine naive Annahme. Sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite wird es für die staatlichen Institutionen immer ein Hase-und-Igel-Spiel sein. Das eine Loch wird geschlossen, aber es gibt eine Heerschar von Menschen, die wiederum Menschen beschäftigen, die gut ausgebildet sind, die nur die Aufgabe haben, die Lücken zwischen den gefundenen Regeln zu füllen. Es sind dann wieder die gleichen Leute, die in der nächsten Sonntagsrede Steuervereinfachungen fordern. Das passt aber nicht mit dem zusammen, was sie zuvor gefordert haben.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Deshalb ist das eine Daueraufgabe. Wir werden uns dieser Aufgabe auch weiterhin stellen. Ich will das Beispiel nennen, dass das Bundeskriminalamt am Ende entschieden hat, auf die hessische Steuerverwaltung zuzukommen, als es um die Auswertung der Panama Papers ging. Das erfüllt mich mit einem gewissen Maß an Stolz auf die Leistungsfähigkeit meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es ist ein Zeichen dafür, dass es uns offensichtlich gelungen ist, die hessische Steuerverwaltung so leistungsfähig aufzustellen, dass die oberste Strafverfolgungsbehörde des Bundes auf die hessische Steuerverwaltung zukommt – und eben nicht auf die Steuerverwaltung beispielsweise des Landes Nordrhein-Westfalen. Das mag einem zu denken geben, wenn man an der Legende strickt, wie es der Kollege Schmitt tut, dass es in der Vergangenheit nur einen einzigen Landesfinanzminister gegeben habe, der sich um dieses Problem gekümmert habe. Ich gebe zu, gelegentlich führen auch wir in diesem Landtag Debatten über die Fähigkeit von Finanzministern, PR in eigener Sache zu machen. Aber der Kollege Borjans war in dieser Frage unglaublich gut. Er hat den Eindruck erweckt, er kaufe die

CDs persönlich, werte sie nachts in seinem Dienstzimmer selbst aus, um am nächsten Tag gemeinsam mit den Steuerfahndern beim Steuerpflichtigen vor der Tür zu stehen und höchstpersönlich die Verhaftung vorzunehmen. Das war eine unglaublich gute Leistung.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Man merkt, der langjährige Regierungssprecher von Johannes Rau – –

(Marius Weiß (SPD): Ein eigenes Filmchen darüber produzieren! – Heiterkeit)

Ich habe ihn gefragt, ob er mitmacht, wenn wir ein hessisches Filmchen machen; aber er war nicht restlos davon zu überzeugen, das zu tun.

(Heiterkeit)

Zur Wahrheit gehört aber, dass nordrhein-westfälische Steuerfahnder und Betriebsprüfer regelmäßig in Frankfurt zu Gast sind, um sich darüber unterrichten zu lassen, wie man Cum-Ex-Geschäfte erkennt.

(Norbert Schmitt (SPD): Na ja, um sich auszutauschen!)

Als es um die Identifikation von Cum-Cum-Geschäften ging, war es die hessische Steuerverwaltung, die bundesweit Kolleginnen und Kollegen ausgebildet hat, um diese Mechanismen zu erkennen. In Hessen sind die Cum-ExGeschäfte aufgedeckt worden, nirgendwo anders.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Da sind sie ja auch aufgetreten!)

Der Versuch, den Eindruck zu erwecken, als sei die Welt überall schön, nur in Hessen sei alles verbesserungsbedürftig, lässt sich jedenfalls anhand der Fakten nicht unternehmen.

Ich bin dankbar dafür, dass es – bei allen parteipolitischen Unterschieden – Ihre gemeinsame Einschätzung ist, dass es weiterhin eine gemeinsame Aufgabe sein muss, sowohl den Kampf gegen Steuerhinterzieher zu führen als auch unser Bemühen um das Eindämmen von Gestaltungsmodellen voranzubringen. Lassen Sie uns bitte einen Fehler nicht machen: Wenn wir uns permanent wechselseitig bescheinigen, der jeweils andere sei mindestens blöd, wenn nicht gar böswillig, wenn Politiker nichts Besseres zu tun haben, als sich – zum Teil wider besseres Wissen – gegenseitig der Untätigkeit zu bezichtigen, wie sollen denn dann die Menschen in diesem Lande Vertrauen zu den staatlichen Institutionen haben? Das funktioniert nicht. Damit bin ich wieder bei den Sonntagsreden. Wer in Sonntagsreden die Politikverdrossenheit beklagt, aber hier eine solche Rede hält, wie es Herr Schalauske getan hat, dem muss ich sagen: Das passt in dieser Welt nicht zusammen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns weiterhin über den besten Weg streiten. Wer Ideen hat, was wir noch besser machen können: herzlich willkommen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wir geben Ihnen eine Liste!)

Bitte aber nicht nur Plakatsätze nach dem Motto „Man müsste mal“, „Man könnte mal“. Ich wüsste gern sehr ge

nau und sehr präzise, was wir an bestimmten Punkten an Veränderungen, auch rechtlicher Art, vornehmen sollen. Dafür sind wir immer offen und nehme das gerne entgegen; denn Hessen ist und bleibt an der Spitze bei der Verfolgung von Steuerkriminalität und unlauterer Gestaltung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen, meine Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir können beide Anträge an den Haushaltsausschuss überweisen. – Darüber besteht Konsens. Das ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Landtagswahlgesetzes – Drucks. 19/5439 zu Drucks. 19/5273 –

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucks. 19/5450 –

Berichterstatter ist Herr Kollege Bauer. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beschlussempfehlung des Innenausschusses: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, DIE LINKE und FDP, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abg. Bauer für die Fraktion der CDU.