Protocol of the Session on November 22, 2017

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank. Es war gar nicht so schlimm.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Knell. – Das war die erste Rede von Frau Kollegin Knell. Herzlichen Glückwunsch.

(Allgemeiner Beifall)

Als nächster Redner hat sich nun Herr Kollege Warnecke von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

(Abg. Günter Rudolph (SPD) begibt sich in die Reihen der FDP-Fraktion.)

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Knell, wir bewundern Sie dafür, dass Sie mit Günter Rudolph ein so gutes Auskommen haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Wir haben das auch in der Landtagself, damit wir uns nicht falsch verstehen, und in unserer Fraktion.

Zum Thema Nachhaltigkeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist uns von der Landesregierung ein nachhaltiges Wortgebirge vorgelegt worden mit vielen Hinweisen darauf, wie man es machen könnte. Entgegen dem, was normalerweise Anfragen auszeichnet, gibt es keine Bilanz. Haben Sie irgendetwas gelesen, was nur ansatzweise darauf hindeutet, wie die entsprechenden Maßnahmen gewirkt haben, in Tonnen, in Kilometern, von mir aus auch in Recyclingmaßnahmen, die Sie anschließend in Volumina darstellen, irgendetwas dieser Art? Nichts, gar nichts.

Insofern ist das Ganze, wie Sie dankenswerterweise schon geschildert haben, ein Werk für Leute, die sich das durchlesen möchten. Ob man es machen muss oder nicht, ist genau die entscheidende Frage. Diese entscheidende Frage möchte ich an drei Beispielen benennen.

Die erste Frage: Wie sieht es aus mit dem Beschaffungswesen im Bereich der Fahrzeuge? Für das Beschaffungswesen im Bereich der Fahrzeuge sind nach dem, was das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz angibt, der Energieverbrauch und die Umweltauswirkungen mit Blick auf die potenzielle Gesamtkilometerleistung des Straßenfahrzeugs zu berücksichtigen: erstens Energieverbrauch, zweitens Kohlendioxidemissionen, drittens Emissionen von Stickoxiden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn das die Maßstäbe sind, dann wird das nicht ganz unschwierig angesichts so mancher Diskussionen, die wir im Moment in der Öffentlichkeit haben. Wenn wir allerdings lesen, dass davon die Fahrzeuge im Rahmen der öffentlichen Aufträge der Streitkräfte – das trifft für uns weniger zu –, des Katastrophenschutzes, der Feuerwehren und der Polizei ausgenommen werden können, dann stellt man sich beim Land Hessen die Frage: Was wird dann noch angeschafft?

Das heißt also: Alles das, was man an Vorgaben formuliert, formuliert man gleichzeitig mit der Ausnahme: Das muss man gar nicht machen. – Dafür mag es gute Gründe geben. Aber dann zu sagen, dass alles das, was wir dort abdecken, etwas mit Nachhaltigkeit in dem Sinne zu tun hat, den man vorher formuliert hat, ist schlicht und einfach ein Witz.

Zweiter Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nachhaltigkeit als solche. Die Nachhaltigkeit als solche ist, wie wir wissen, begrifflich aus der Forstwirtschaft gekommen. Da bin ich meinem Kollegen Heinz Lotz dafür dankbar, dass er noch einmal darauf hingewiesen hat, dass ich Hans Carl von Carlowitz zitieren soll. Er hat geschrieben, worum es bei der Nachhaltigkeit eigentlich geht: eine kontinuierliche, beständige nachhaltende Nutzung.

Jetzt schauen wir auf das, was bei Hessen-Forst passiert. Wir wollen nicht bestreiten, dass genügend Holz nachwächst, um den Holzbedarf, den wir für uns Menschen definiert haben, zu decken. Allerdings ist das Problem, dass es mit den Altersstufen nicht stimmt. Wir machen es bei Hessen-Forst also gar nicht nachhaltig, um nur einen Punkt zu benennen.

Dann zu sagen, dass diese Richtlinien daran irgendetwas geändert hätten, dass diese Richtlinien irgendwie auf dem Markt wirken bei denjenigen, die dort als Konsumentinnen und Konsumenten auftauchen, ist schlicht und einfach ein Witz. Jetzt mag der eine oder andere denken: Was wir erzählen angesichts des waldreichsten Bundeslandes, kann nicht so falsch sein.

Ich kann nur darauf hinweisen: Es gibt eine Eule, auf die verwiesen wird. Uli heißt die Eule. Diese oder dieser Uli beschreibt, dass es beim Papierverbrauch in Deutschland einen Anstieg von 32 kg in den Fünfzigerjahren auf jetzt 243 kg gibt. Die Landesregierung teilt dort mit – jetzt wörtlich –:

Warum wir in Deutschland noch so schöne Naturwälder haben? Weil ein Großteil des Zellstoffes … aus Skandinavien und aus Südamerika kommt.

Uli, die Eule, teilt uns also mit, dass wir nicht einmal in der Lage sind, unseren Zellstoffbedarf zu decken. Das ist „nachhaltig“, weil wir wissen, dass auf der Welt ganz viele Regionen nicht so leben können wie wir, dass wir ganz viele Rohstoffe – das ist ein weiteres Problem – aus der ganzen Welt zu uns holen, weil wir sie gar nicht in ausreichendem Maße haben. Wir leben also trotz dieser Vorgaben, die wir in Ausschreibungen haben, nicht nachhaltig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie werden uns nachsehen, dass der eigentliche Punkt, warum Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zu so einem Thema reden, natürlich auch die Beziehungen zwischen uns Menschen in Arbeitsbeziehungen sind. Von Frau Knell ist schon darauf hingewiesen worden, wenn auch mit Kritik an der ILO – bei uns ist es überhaupt kein Kritikpunkt –, dass es auch darum geht: Wie wird das, was in entsprechenden Wertstoffketten, in Rohstoffketten dargestellt wird, produziert? Ist das nur der Rohstoff als solcher, oder hat menschliche Arbeit irgendetwas damit zu tun, und wie sieht es aus mit der menschlichen Arbeit? Hängt da Sklavenarbeit, Kinderarbeit drin?

Frau Knell hat zu Recht darauf hingewiesen, dass man das nicht immer sagen kann, aber man muss dafür garantieren. Das ist ein wesentlicher Punkt, um im wahrsten Sinne des Wortes unsere Welt besser zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Denn es kann nicht angehen, dass irgendein Siegel, irgendein Zertifikat ausgestellt wird und die Konsumentinnen und Konsumenten marktwirtschaftlich meinen, sie tun etwas Gutes, und gleichzeitig hängen daran blutige Kinderhände. Es kann genau so wenig gehen – liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in Hessen auch immer wieder Beispiele dafür –, dass in der Baubranche immer wieder zu verzeichnen ist, dass das, was an gerechten Löhnen zu zahlen ist, nicht gezahlt wird. Klammer auf: Das mag auch daran liegen, dass der ehemals zweitgrößte Baukonzern Deutschlands unter einem ehemaligen Spitzenpolitiker des Landes Hessen, der demnächst ausgezeichnet werden soll, seinen eigentlichen Bausektor völlig abgeschafft hat. Da gibt es keine Bauarbeiter mehr, die man schon dadurch kontrollieren kann, dass sie Teil dieses Baukonzerns sind.

(Beifall bei der SPD)

Mit dieser ständigen Verlagerung an Sub- und Subsubunternehmer, wovon ein ehrlicher mittelständischer Unternehmer nichts hat, kann man gerne Zertifikate und sonst was ausstellen, wie man möchte. Mit Blick darauf, dass es mittelständische Unternehmen sind, die noch in zehn oder 20 Jahren vor Ort für Gewährleistung und dergleichen sorgen und mit ihren Fachkräften schnellstmöglich die Probleme, die man möglicherweise hat, beseitigen, ist die entscheidende Frage, wie man das in solche Zertifikate fasst.

Ich habe davon jedenfalls nichts gesehen, gar nichts. Das ist nicht nachhaltig, was da gemacht wird. Das schadet uns Menschen. Es schadet allen, weil es die sozialen Beziehungen zerstört, und ist nicht nachhaltig.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Aber dieses Thema, liebe Kolleginnen und Kollegen, spielt keine große Rolle. Das ist sehr, sehr bedauerlich.

Da Nachhaltigkeit auch darin besteht, nicht zu lange zu reden,

(Heiterkeit des Abg. Günter Rudolph (SPD))

bedanke ich mich ganz herzlich fürs Zuhören

(Günter Rudolph (SPD): Sehr gut!)

und hoffe, dass der Herr Minister nachhaltiger darauf hinweisen kann, wie denn die Erfolgsbilanz aussieht.

(Günter Rudolph (SPD): Stimmt! Einzigartig!)

Also: Was ist erreicht worden, außer dass man die entsprechenden Vorgaben als Möglichkeit formuliert hat? Was ist in Hessen konkret verbessert worden? Einen Punkt, das darf ich zum Schluss sagen, haben wir schon gehört: 1,2 Millionen t CO2, 5 Millionen € – das ist schon klar. Aber wir waren ja nicht einmal in der Lage, zu sagen, wie viel Mitteleinsatz dafür notwendig war.

Insofern gibt es da noch ganz viel zu tun, um staatlicherseits überhaupt zu definieren, was mit welchen Prämissen erreicht worden ist. – Ich danke fürs Zuhören. Glück auf.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Warnecke. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Erfurth von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Warnecke, ich bin ja froh, dass Sie zum Schluss Ihrer Rede doch noch darauf gekommen sind, dass in der Antwort auf die Große Anfrage durchaus Zahlen stehen – nicht nur eine, sondern noch ein paar mehr, nämlich auch zur Umstellung der Landesliegenschaften auf Ökostrom. Das ist 2008 passiert; Sie alle wissen, was im Jahr 2008 war.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das haben wir gemeinsam beschlossen damals!)

Genau in diesem Jahr haben wir alle Landesliegenschaften auf Ökostrom umgestellt; dann sind 1,2 Millionen t CO2 eingespart worden. Das ist durchaus ein beachtlicher Erfolg, wie ich finde, den wir alle gemeinsam geschafft haben, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Landau hat zu Beginn darauf hingewiesen, dass die öffentlichen Beschaffungsvorgänge durchaus einen großen Vorzeigeeffekt haben. Im Umfang von 350 Millionen € im Jahr wird in Behörden oder öffentlichen Einrichtungen von der öffentlichen Hand beschafft; das sind immerhin 13 % des Bruttoinlandsprodukts. Also hat das Beschaffungswesen insgesamt eine große Vorbildfunktion ins Land hinein. Das sollten wir, glaube ich, nicht geringschätzen.

Die Nachfrage an nachhaltigen Produkten hat durchaus einen hohen Stellenwert, aber auch der Wirtschaftskreislauf, der sich in diesen nachhaltigen Produkten niederschlägt. Es gibt im Bund, in den Ländern und in den Kommunen ungefähr 30.000 Vergabestellen, die sich alle irgendwie mit dem Thema Beschaffung beschäftigen müssen. Deshalb sind Wissenstransfer und Austausch auch wichtige Bestandteile, die Vergabestellen leisten müssen.

Frau Kollegin Knell, da ist es durchaus wichtig, dass Menschen, die sich in kleineren Stellen mit Vergaben beschäftigen müssen und sollen, eine Anleitung oder einen Leitfaden haben, an dem sie sich festhalten und orientieren können. Was von dem, was mir in der bunten Welt des Büromaterials so angeboten wird, ist denn eigentlich ökologisch? Man muss sich nicht daran orientieren, aber es ist ein Orientierungsmittel für Menschen in Vergabestellen – vielleicht auch in kleinen Kommunen –, die sich mit der Anforderung konfrontiert sehen: Ich soll einen ökologischen Ordner beschaffen. Wie sieht der eigentlich aus?

Dann ist es, glaube ich, ganz nützlich, und ich halte es auch für eine sehr gute Idee, einen Leitfaden zu erstellen, mit dem man diese Fragen beantwortet bekommt. Ich halte es auch für eine gute Leistung, die unter der Federführung des Finanzministeriums erfolgte, einen solchen Leitfaden zu erarbeiten. Das ist nämlich anwender- und praxisorientiert.

Genau das zeichnet auch das Projekt „Nachhaltige Beschaffung“ der Landesregierung aus. Das ist der richtige Weg, zu versuchen, Wissen zu bündeln und so weiterzugeben, dass auch nachgeordnete Behörden oder kleinere Vergabestellen durchaus wissen, womit sie es zu tun haben und wie sie das anwenden können.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Anliegen ist ja durchaus, Ökonomie und Ökologie zusammenzubringen. Schauen Sie einmal, welche Umsätze allein im Baubereich dadurch ausgelöst worden sind, dass wir die CO2-neutrale Landesverwaltung umsetzen müssen. Der Antwort können Sie entnehmen, dass dies Beschaffungsvorgänge im Umfang von 160 Millionen € ausgelöst hat.