Protocol of the Session on August 31, 2017

Um diese Aufzählung zu erweitern: Es gibt bereits zwei bedeutende UNESCO-Welterbestätten: den Limes und das

Obere Mittelrheintal. Wiesbaden verfügt über zahlreiche Thermal- und Mineralquellen. Es ist eines der ältesten Kurbäder Europas. Kurbetriebe sind zu finden in Schlangenbad und Bad Schwalbach.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Spannungsfeld von urbaner Metropolregion und einem vielfältigen Natur- und Landschaftsraum stellt für die UNESCO sehr wahrscheinlich ein interessantes Projekt dar. Was besonders zu betonen ist: Eine Anerkennung als UNESCOBiosphärenregion würde bedeutende Chancen für die Einwerbung von Fördermitteln bei der Europäischen Union bieten, sei es ELER, LEADER, ESF oder EFRE.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das heißt, finanzielle Mittel werden explizit in solche Regionen geleitet, damit diese Regionen sich so entwickeln können, wie man es vonseiten der UNESCO möchte.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, mitentscheidend für den Erfolg eines Biosphärenreservats ist aber auch die Akzeptanz der ortsansässigen Bevölkerung. Diese Akzeptanz ist absolut wichtig.

(Zuruf der Abg. Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es bedarf daher einer sorgfältigen Beratung, einer guten Öffentlichkeitsarbeit und Planung sowie eines kontinuierlichen Dialogs. Dieser Dialog muss mit Feingefühl und Fantasie geführt werden. Das entspricht auch dem Willen der UNESCO.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Ich komme zum Schluss. – Da ist es besonders wichtig, diese Akteure in eine mögliche Realisierung der Biosphärenregion einzubeziehen. Dieses Programm der UNESCO mit dem Titel „Mensch und Biosphäre“ zeigt dies ausdrücklich. Es ist gewünscht, dass der Mensch dies mitgestaltet. Wir von politischer Seite wollen es unterstützen. Ich hoffe, dass wir eine breite Zustimmung zu unserem Antrag erhalten werden. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hammann. – Als Nächster hat Herr Abg. Jürgen Lenders für die Fraktion der Freien Demokraten das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sollten erst einmal festhalten, was ein Biosphärenreservat überhaupt ist und was es bedeutet, wenn wir hier darüber diskutieren wollen.

Meine Damen und Herren, wir reden von einer Mindestfläche von 30.000 ha. Von diesen 30.000 ha müssen mindestens 3 % als Kernzone stillgelegt und der Natur überlassen werden. Diese 3 % Kernzone sind, wenn man so etwas in Europa überhaupt noch finden kann, so etwas wie Urwald, europäischer Urwald.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass sich die Landesregierung mit der Ausweisung der Kernzone von 3 % im Biosphärenreservat Rhön schon wahnsinnig schwergetan hat. Frau Kollegin, wenn Sie dieses tolle Projekt beschreiben, müssen Sie auch die Frage beantworten, woher Sie diese 3 % Kernzone nehmen wollen. Woher nehmen Sie diese 3 % Kernzone? Wie groß ist dieses Gebiet insgesamt? Denn davon wird auch abhängig sein, wie viel die 3 % ausmachen.

Es wird auch wichtig sein, dass diese 3 % hinsichtlich des Naturschutzes einen sinnvollen Zusammenhang haben. Ich bin gespannt, wie Sie das darstellen wollen. Denn die 3 % Kernzone sind von der Pflegezone mit 25 bis 30 % umgeben, die sich dort herum etablieren muss, damit dieser Urwald überhaupt erzeugt werden kann. Sie ist sozusagen die Pufferzone.

Frau Kollegin, Sie müssen dabei auch überlegen, dass das in einem dicht besiedelten Gebiet ist. Wenn Sie Pflegezone und Kernzone zusammennehmen, dann müssen Sie intensiv das Gespräch suchen. Das muss im Vorfeld geschehen. Das kann nicht nach dem Motto gehen: Das klären wir dann irgendwann. – Sie müssen im Vorfeld genau sagen, wohin Kernzone und Pflegezone kommen sollen. Mit Ihrem vorliegenden Antrag werden Sie da nicht so sehr deutlich. Der Antrag hat für mich keine genaue Zielrichtung.

Offenbar hat man einfach eine Fläche ausgesucht und sucht jetzt mit einer Studie nach dem Grund, warum es ein Biosphärenreservat werden soll. Normalerweise wird andersherum ein Schuh daraus. Sie können nicht einfach nach dem Motto sagen: Wir hätten hier gerne ein Biosphärenreservat. – Vielmehr kommt die UNESCO in der Regel auf Antrag. Sie sagt dann: Jawohl, Sie haben recht. Hier gibt es viel Substanz. Das ist eine einmalige Struktur. – Das betrifft z. B. das Wattenmeer oder die Dünen in Spanien. Da sagt man: Jawohl, das ist ein Biosphärenreservat, bitte lasst uns das schützen. – Dann schafft man dafür die Rahmenbedingungen.

Frau Kollegin, Sie sind da die Antwort schuldig geblieben. Was ist die besonders schützenwerte Eigenschaft der Natur? Sie haben den romantischen Rhein erwähnt. Sie haben das Niederwalddenkmal genannt. Sie haben das UNESCOWeltkulturerbe erwähnt. Sie haben die ehemaligen Staatsbäder erwähnt. Frau Kollegin, Tourismus ist keine Grundlage für ein Biosphärenreservat. Das hat mit einem Biosphärenreservat überhaupt nichts zu tun.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch, natürlich!)

Es ist schön und gut, dass wir das dort haben. Aber mit einem Ansatz dafür, dass wir sozusagen eine einmalige Natur haben, die auch Vorbildfunktion haben kann, hat all das, was Sie geschildert haben, nun leider überhaupt nichts zu tun.

Welche Erfahrungen aus dem Rheingau – er ist zum großen Teil ein Weinanbaugebiet – könnten denn Lehren für die anderen Regionen Europas sein? Wir haben als Partnerregionen die Aquitaine und die Emilia-Romagna.

Das sind wirklich große Weinanbaugebiete. Wie könnten wir denn für die Vorreiter sein? Denn auch das ist ein Teil eines Biosphärenreservats. Andere würden sich dann an uns orientieren. Ich bin einmal gespannt, wie Sie das darstellen wollen. Mit den Argumenten, die Sie hier vorgetragen haben, kommen Sie da nicht weiter. Hinsichtlich der Kernzone ist eine Bewirtschaftung mit Weinanbau mit Sicherheit nicht der richtige Ansatz.

Es geht auch um die Frage der Akzeptanz. Einige kommen aus Fulda oder aus der Rhön. Kollege Meysner ist da. Er ist der ehemalige Bürgermeister von Tann. Kollege Arnold ist es auch. Wir wissen, über wie viele Jahre man in Fulda sehr skeptisch war, was das Biosphärenreservat Rhön anbelangt hat. Man hat lange gebraucht, um die Menschen in der Rhön in den Prozess mit einzubinden. Ich habe gestern einmal kurz mit Herrn Dr. Beier darüber gesprochen. Er sagt, es habe ungefähr zehn Jahre nach Einführung des Biosphärenreservates gedauert, bis die Menschen hätten erkennen können, welche Vorteile für sie darin liegen.

Wenn Sie das angehen wollen, ist das eine große Herausforderung. Man will hier jetzt einfach nur einen Prüfauftrag vergeben. Das ist ein schönes Projekt. Am Ende sagt man dann: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. – Am Ende werden Sie sehr konkret werden müssen. Dann werden Sie es mit erheblichen Widerständen zu tun bekommen.

Eines der großen Probleme, das Sie in dieser Region haben und das Sie von der Rhön unterscheidet, ist, dass es eben keine zusammenhängende Identität gibt. Die Rhöner haben das. Egal, ob das die Bayerische, die Hessische oder die Thüringer Rhön ist, sie sind Rhöner. Sie vertragen sich nicht immer unbedingt mit den Fuldaern. Aber sie haben eine einheitliche Identität. Deswegen ist das auch eine Erfolgsstory. Ob sich ein Wiesbadener mit einem Hochheimer am Ende eine eigene, zusammenhängende Identität schaffen kann, da bin ich durchaus im Zweifel.

Ich glaube, dass der Ballungsraum, so wie er hier vorliegt, für ein Biosphärenreservat nicht geeignet ist. Ich will Ihnen noch eines mitgeben: Bevor wir uns an die Schaffung des zweiten Biosphärenreservats machen, wäre wirklich etwas anderes gut. Wir haben mit dem Biosphärenreservat Rhön etwas geschaffen, was einmalig ist. Es hat wirklich Vorbildcharakter. Es trägt wirklich etwas zur Wirtschaftskraft bei.

(Zuruf)

Frau Hinz, Sie haben doch gleich die Gelegenheit. Vielleicht gehe ich Ihnen auf die Nerven. Sie können doch gleich antworten.

Wichtiger wäre es doch, einmal zu sagen, wie wir mit der Kernzone im Biosphärenreservat Rhön umgehen wollen. Sie können das nicht wegdiskutieren. Frau Puttrich hat seinerzeit einen Flickenteppich hinterlassen, der aus dem Gesichtspunkt des Naturschutzes nicht sonderlich sinnvoll war. Das Land hat mit einem Kraftakt das Geld zur Verfügung gestellt, um 3 % der Flächen zu erwerben. Nur stehen die 3 % Flächen in der Rhön in keinem direkten Zusammenhang.

Wenn wir uns auf den Weg machen, wenn wir sagen, wir wollen mit dem Biosphärenreservat wirklich etwas besonderes machen, dann lassen Sie uns als Land Hessen lieber das Geld in die Hand nehmen und aus der Kernzone mehr als 3 % Fläche machen. Dann könnte nämlich das Biosphä

renreservat in der Rhön wachsen. Es würde dann für mehr Menschen eine Chance bieten. Frau Kollegin, damit würde dann ein Schuh daraus. Wir würden diesen Flickenteppich endlich beenden. Wir würden damit eine Kernzone schaffen, die wirklich sinnvoll wäre.

(Beifall der Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn und Nico- la Beer (FDP))

Wir haben z. B. die Immobilien, in denen das Jugendbildungswerk und die Verwaltungsstelle untergebracht sind. Das sind die historischen Gebäude auf der Wasserkuppe. Frau Kollegin, sie befinden sich seit Jahren in einem bedauerlichen Zustand. Bevor wir uns auf den Weg machen, die zweite Baustelle aufzureißen, bei der wir nicht wissen, wie es ausgehen wird, wäre es doch sinnvoll, die Energie dafür zu verwenden, die Verwaltungsstelle und die Einrichtungen, die auf der Wasserkuppe sind, wirklich einer modernen und vernünftigen Nutzung zuzuführen. Damit würde das Biosphärenreservat wirklich für alle erlebbar. Das Provisorium hätte dann endlich ein Ende. Damit wären wir wirklich auf einem guten Weg. Das wäre aller Ehren wert.

(Beifall der Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn, Nicola Beer (FDP) und Sabine Waschke (SPD))

Da hätten Sie uns auch an Ihrer Seite.

Dann haben Sie die nächste Frage zu beantworten. Wer soll denn die Verwaltungsstelle führen? Frau Kollegin, sollen das die Landkreise tun? In Fulda haben wir es zum größten Teil mit einem Landkreis zu tun. Oder macht das dann wieder das Umweltministerium? Die Frage hatten wir seinerzeit. Für uns war klar, dass es viel sinnvoller ist, die Stellen und die Verwaltung wirklich in die Region zu geben. Denn die Menschen vor Ort wissen besser, wie sie damit umzugehen haben, als wenn das aus dem Ministerium gelenkt wird. Frau Kollegin, auch das sind Fragen, die Sie irgendwann einmal beantworten müssen.

(Beifall der Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn und Nico- la Beer (FDP))

Sie haben ein schönes Bild für eine Region gezeichnet, die wir für ungeeignet halten. Es wäre besser, wir würden die Energie in das Biosphärenreservat stecken, das wir schon haben. Das ist das Biosphärenreservat Rhön. – Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn und Nico- la Beer (FDP))

Herr Kollege Lenders, vielen Dank. – Als Nächster hat sich für die Fraktion der SPD Herr Kollege Marius Weiß zu Wort gemeldet. Bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach Fipronil heute früh jetzt die Biosphärenregion. Da könnte man rein thematisch sagen: nach den alten Eiern nun die ungelegten Eier. Zumindest dachte ich, dass es sich um ungelegte Eier handeln würde. Darauf komme ich später noch einmal zu sprechen.

Wir reden über die Biosphärenregion Wiesbaden/Rheingau-Taunus/Mainspitze – in der Tat ein hochinteressantes

Projekt. Deswegen hat der Kreistag des Rheingau-TaunusKreises auf Antrag der dortigen SPD-Fraktion beschlossen, dieses Projekt weiterhin zu untersuchen. Unsere Landschaft in der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main steht unter Druck. Die Region wächst dynamisch. Wir stellen einen fortschreitenden Flächenverbrauch fest.

Unsere Region hat aber auch große Chancen, Teil des weltweiten Netzwerkes der UNESCO zu werden. Eine Biosphärenregion im Gebiet von Taunus, Rheingau, Wiesbaden, Main-Taunus und Rhein kann vor allem folgenden Zielsetzungen nachkommen: Bewahrung und Entwicklung einer über Jahrhunderte gewachsenen Kulturlandschaft mit einmaligen Merkmalen; nachhaltige Entwicklung einer Metropolregion im Einklang mit der Bewahrung der Natur und grüner Infrastruktur; Bewahrung und Beförderung der biologischen Vielfalt in einer prosperierenden Region; nachhaltig wirksame Maßnahmen zur Klimaanpassung, zur Energiewende und zur Infrastrukturentwicklung.

Das alles sind Punkte, bei denen wir große Chancen mit einer solchen Biosphärenregion sehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber es gibt – das hat der Kollege Lenders schon angesprochen, und das kann man nicht einfach wegwischen –, viele Akteure vor Ort, die darin auch gewisse Risiken sehen. Man muss hier abwägen, man muss vor allem darüber aufklären, was das Ganze für eine Region bedeutet. Dazu gehört es dann auch, zu sagen, dass selbstverständlich eine Kernzone erforderlich ist, die aber schon definiert ist, und dass kein kommunaler Wald betroffen ist, sondern dass es sich ausschließlich um hessischen Staatswald handelt.

Kollege Lenders, auch eine Pufferregion ist erforderlich, und zwar nicht von 25 % oder 30 %, sondern von 20 %. Auch diese Region ist schon klar umrissen. Beides wird im Übrigen im Rheingau-Taunus-Kreis liegen. Wenn der Kreistag des Rheingau-Taunus-Kreises dieser Machbarkeitsstudie zustimmt, dann sollte man das auch so hinnehmen; denn dort hat man sich mit den geäußerten Bedenken sicherlich auseinandergesetzt. Im Übrigen bedeutet eine Pufferzone von 20 % zugleich, dass 80 % dieses Gebiets völlig frei von Restriktionen sind.

Die Etablierung einer Biosphärenregion im Gebiet einer europäischen Metropolregion bedeutet eine große Herausforderung. In Deutschland ist so etwas noch Neuland. Die Machbarkeitsprüfung, die rechtliche Ausweisung und das UNESCO-Antragsverfahren, die Etablierung einer urban geprägten Biosphärenregion – das ist ein sehr großes Vorhaben mit vielen Facetten.