Protocol of the Session on August 31, 2017

Getroffene Hunde bellen, würde ich jetzt mal sagen.

(Zuruf: Wau, wau!)

So etwas habe ich hier im Plenum noch nie erlebt; das muss ich wirklich sagen, und ich bin schon eine ganze Weile dabei.

Die Frage nach der Dauer der Gerichtsverfahren ist völlig legitim, und die damit oftmals verbundene Vermutung, sie seien regelmäßig zu lang, ist nicht neu. Der Kollege Blechschmidt hat nicht nur aufgrund seiner Berufserfahrung, sondern auch aufgrund seiner Erfahrung als Abgeordneter darauf hingewiesen, dass das ein dauerhaftes Thema für uns alle sein muss. Wir müssen uns bei jeder Statistik genau die Hintergründe anschauen; immerhin handelt es sich um ein wichtiges Merkmal für den Rechtsstaat.

Unbestritten ist die Verfahrensdauer ein, aber nur ein Merkmal für die Qualität der Gerichtsverfahren. Die Verfahrensdauer – die Kollegin Müller hat das auch gesagt – muss Hand in Hand gehen mit der rechtlichen Güte einer Gerichtsentscheidung und dem rechtsstaatlichen Verfahren. Eines ist klar: Hinter jedem Verfahren stehen Lebensschicksale, und jeder Rechtsuchende hat den Anspruch auf ein ordentliches rechtsstaatliches Verfahren.

Gerichtsverfahren – das ist von meinen Vorrednern auch schon gesagt worden – verlängern sich immer dann, wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten. Hinzu kommt, dass Anwälte Verfahren verlängern, aus berechtigten oder unberechtigten Interessen. In manchen Fällen verlängern Krankheitsfälle das Verfahren. Natürlich ist aber auch die Personalausstattung ein Kriterium, das darüber entscheidet, ob Verfahren lang oder kurz sind.

Ich will zu den Asylverfahren kommen, weil viele Kollegen diese auch angesprochen haben. Ja, der Anstieg der Flüchtlingszahlen in den Jahren 2015 und 2016 hat die Verfahrenszahlen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit und in Kindschaftssachen der Familiengerichte ansteigen lassen. In den Kindschaftssachen haben sich im Vergleich der Jahre 2015 und 2016 die Eingangszahlen sogar verdoppelt, weil zu diesem Bereich auch die Vormundschaftsangelegenheiten der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zählen.

Bei den Asylverfahren in der Verwaltungsgerichtsbarkeit erklärt sich der Anstieg der Eingangszahlen von selbst.

Von Januar bis Juli dieses Jahres sind allein in diesem Bereich 18.775 Verfahren zu verzeichnen. Da das absehbar war, haben wir sofort reagiert und – der Kollege Honka hat es erwähnt – nicht nur sofort Personal eingestellt, sondern auch einen Zehn-Punkte-Plan erstellt, um der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu helfen, diese Verfahren bei all den Schwierigkeiten, die es gibt, zu bewältigen. Deshalb will ich die Zahlen noch einmal darstellen.

(Beifall des Abg. Holger Bellino (CDU))

Im Jahr 2016 haben wir in der Verwaltungsgerichtsbarkeit 32 Planstellen und in der ordentlichen Gerichtsbarkeit sieben Planstellen geschaffen, aber nicht nur für Richter, sondern auch für Rechtspfleger und nachgeordnetes Personal, weil es natürlich nicht nur auf den Anstieg der Zahl der Richter ankommt, sondern weil es letztlich um ein Gesamtpaket geht. Das heißt, wir haben also nicht einseitig, wie dies in der Vergangenheit passiert ist, vermehrt im nachgeordneten Bereich Stellen gestrichen. Nun sind wir dazu übergegangen, Teams zu beschäftigen, insbesondere bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit, damit man sich auf dem Weg befindet, den Sie beschrieben haben.

Durch weitere Personalmaßnahmen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit haben wir bis zum jetzigen Zeitpunkt insgesamt 45 Stellen verstärkt, die im Übrigen alle besetzt werden konnten, weil wir genügend Personal finden, mit dem wir die Stellen besetzen können. Das heißt, wir haben nicht nur die Stellen geschaffen und die erforderlichen Mittel bereitgestellt, sondern wir haben auch das Personal eingestellt. Das ist vor Ort in den allermeisten Gerichten schon angekommen, sodass damit auch schon gearbeitet werden kann.

Das zeigen auch die Zahlen zur Erledigung der Verfahren. Die Erledigungsquote ist bei nicht komplexen Sachverhalten sogar größer als im Jahr 2014. Bei den schwierigen Verfahren, die in der Statistik besonders zu Buche schlagen, ist das natürlich nicht der Fall.

Meine sehr geehrte Damen und Herren, wir haben eine Trendwende in der Justiz eingeleitet, indem wir den Stellenabbau gestoppt haben. Es hätten noch ca. 200 Stellen abgebaut werden müssen.

(Zuruf der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Außerdem haben wir 250 neue Stellen im Haushalt 2017 umgesetzt, 140 Stellen für die ordentliche Gerichtsbarkeit, 52 Stellen für die Staatsanwaltschaften. Frau Kollegin Müller hat gesagt, nach jeder Sitzung des Richterwahlausschusses, in der wir die Berufung neuer Richter beschließen, werden diese umgehend in der Justiz eingestellt, um die Stellen zu besetzen.

Besonders interessant in der Antwort auf die Großen Anfrage ist der Besetzungsgrad im richterlichen Dienst. Der Besetzungsgrad ist so hoch wie nie zuvor. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit beläuft sich der Besetzungsgrad auf 99 %, in der Sozialgerichtsbarkeit und beim Hessischen Finanzgericht liegt er kontinuierlich zwischen 96 % und 97 %. Das trotz der Quote derer, die in Mutterschutz gehen, weil wir nämlich in den letzten Haushalten Vorsorge getroffen haben durch eine Taskforce Mutterschutz, mithilfe derer diese Zeiten aufgefangen werden und mithilfe derer dafür gesorgt wird, dass in den Gerichten, in denen es zu Ausfallzeiten durch Mutterschutz und Väterzeiten kommt, diese aufgefangen werden können durch Richter, die die Verfahren bearbeiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, einige Kollegen haben das wichtige Thema der Jugendkriminalität und die damit zusammenhängenden Verfahren angesprochen. Ja, diese müssen insbesondere im Fokus stehen, weil all diejenigen, die wir in den Jugendgerichtsverfahren erreichen und die wir auf den rechten Weg bringen, nicht rückfällig werden. Sie werden auf Dauer auch keine Opfer produzieren. Daran wird deutlich, dass infolge von Bemühungen in den Jugendstrafverfahren viel passiert ist und die Quote relativ gut ist. Sie ist zwar immer noch nicht gut genug, aber gut. Deshalb will ich die Häuser des Jugendrechts erwähnen. Bei den Häusern des Jugendrechts sind Erfolge zu verzeichnen mit Blick auf den Rückgang der Jugendkriminalität in den Stadtteilen. Das ist wirklich einen Applaus wert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Staatsanwaltschaft, Polizei und Kommune arbeiten so gut zusammen, dass die Strafe auf dem Fuße folgt und dass am Ende die Jugendlichen ein so großes Vertrauen in Staatsanwaltschaft, Polizei und Jugendgerichtshilfe haben, dass sie, schon bevor etwas passiert, präventiv dorthin kommen.

Ich freue mich darüber, dass es einzelne Initiativen aus Städten gibt, die sich jetzt auch auf den Weg machen und sich für ein Haus des Jugendrechts interessieren. Die Erfolge in diesen Häusern sind groß. Wenn wir damit die Jugendkriminalität in den Städten eindämmen können, dann ist das sicher der richtige Weg.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine starke Justiz schafft Sicherheit. Wir werden weiterhin, wenn die Anstiege so sind, Stellen beantragen und Präventionsmaßnahmen durchführen und hoffentlich noch mehr Häuser des Jugendrechts haben. Deswegen ist die Justiz in Hessen gut aufgestellt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Große Anfrage besprochen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns noch kurz die Tagesordnung abräumen. Ich teile Ihnen mit – Sie können noch Einspruch erheben, aber das hoffe ich nicht –:

Die Tagesordnungspunkte 15 bis 23 werden im nächsten Plenum behandelt.

Die Tagesordnungspunkte 24 und 25 werden zur abschließenden Beratung dem Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss überwiesen.

Die Tagesordnungspunkte 26 bis 40, 44 bis 46, 48, 49, 52, 53 und 66 werden im nächsten Plenum aufgerufen.

Tagesordnungspunkt 70 wird dem Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zur abschließenden Beratung überwiesen.

Tagesordnungspunkt 75 wird dem Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung zur abschließenden Beratung überwiesen.

Meine Damen und Herren, am Ende der heutigen Sitzung darf ich noch ganz kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten.

Ich möchte Frau Staatssekretärin Dr. Weyland verabschieden. Es ist noch nicht ganz Schluss, aber hier im Plenum ist heute für Sie Schluss. Sie haben sich entschieden, einen anderen Weg zu probieren. Schauen Sie einmal, wie das geht. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Dienste für das Land Hessen und für Ihre Bereitschaft, uns hier im Plenum zurate zu stehen. Alles Gute für Sie. Bleiben Sie vor allen Dingen gesund und munter. Das ist das Wichtigste im Leben. Alles Gute.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich verabschiede Sie nun bis zur nächsten Sitzung, die nach der Bundestagswahl stattfinden wird.

(Schluss: 17:59 Uhr)