Das Schöne ist: Die Große Anfrage wurde im Januar eingebracht und wurde sehr schnell beantwortet. Es war eines der ersten Machwerke, die ich vorfand. Ich hatte auch ein bisschen mehr Zeit, mich damit zu beschäftigen, mehr Zeit, als ich heute haben würde. Ich habe mir die Zahlen angeschaut und im Sommer eine alte Tradition der FDP fortgeführt: die Sommerpause zu nutzen und zu Gerichten zu gehen und Gespräche zu führen. Nicht, dass man als Anwalt, in Bad Homburg und Usingen beim Landgericht und Arbeitsgericht agierend, blind wird, sondern dass man auch einfach einmal nach Kassel fährt und dort hört, wie es in der Justiz aussieht.
So leid es mir tut als Oppositionspolitiker, ich muss feststellen, dass die Justiz besser dasteht, als ich dachte.
Ich habe von keinem meiner Gesprächspartner etwas gehört – da sind Anknüpfungspunkte in Bad Homburg und Usingen –, gewesen, die mich persönlich sehr gut kennen, wo ich seit 25 Jahren Berufstätigkeit Kontakte pflege. Ich
habe in Kassel einen Aufschrei im Richterbereich gehört. Die können alle mehr vertragen. Wer kann das nicht in der Politik?
Ich muss allerdings auch feststellen, dass in den letzten drei Jahren wie auch zuvor, aber gerade in den letzten drei Jahren, im richterlichen Bereich etwas eingestellt, gemacht und getan wurde, von dem ich sagen muss: Das muss heute ausgesprochen werden, wenn man schon eine Große Anfrage mit vielen Punkten hat, bei der man es problematisiert.
Im nichtrichterlichen Bereich gibt es drei große Fragezeichen und drei Ausrufezeichen. Da wünsche ich mir mehr. Da kann ich auch von den dreieinhalb Jahren Anwalts- und Notartätigkeit sagen, dass im Rechtspflegerbereich und im Geschäftsstellenbereich nachgebessert wurde und auch nachgebessert werden kann. Ich hätte mir auch gewünscht, dass der nichtrichterliche Bereich mehr in den Fokus kommt, weil wir als Landtag, als Landesregierung, aber auch als FDP das Augenmerk darauf gerichtet haben, in dem Bereich etwas zu tun, erst recht aufgrund der aktuellen Berichterstattung von gestern, die ich mir in Kassel habe bestätigen lassen, dass bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch Asyl und Besonderheiten der Flüchtlinge und entsprechenden Rechtsschutz ein erhöhter Bedarf gegeben ist.
Die Richter haben uns als FDP inständig mitgegeben, dafür zu werben, dass der nichtrichterliche Bereich gestärkt wird, weil die Richter im Moment gar nicht zur Rechtsprechung kommen, sondern der zuarbeitende nichtrichterliche Bereich so „Land unter“ ist, dass sie gar nicht wissen, wie sie die Eingänge abarbeiten können.
Deshalb ein großes Ausrufezeichen. Eine Erkenntnis aus der Großen Anfrage ist: Ja, d’accord, im Verwaltungsrecht müssen wir nachsetzen, in den Verwaltungsgerichten müssen wir entsprechende Richterstellen schaffen, in den Verwaltungsgerichten müssen wir vielleicht auch einmal schauen, dass junge Richter auf Erprobung mehr zum Austausch gebracht und flexibler eingesetzt werden, um dort entsprechend richten zu können.
Aber auch im Verwaltungsgericht gilt als Ausrufezeichen: Der nichtrichterliche Bereich muss dringend gestärkt und ausgebaut werden, damit uns dort die Justiz nicht in kurzer Zeit – Entschuldigung, ich sage es plakativ – absäuft. Ich sage das so dramatisch aufgrund der Erkenntnisse, die ich aus Kassel bekommen habe. Meine Vorrednerin hat es aufgrund der aktuellen Berichterstattung – offenbar vom gestrigen Abend – noch einmal untermauert.
Die Zahlen, die vorliegen, zeigen auf, dass die Situation in den anderen Gerichtsbarkeiten ungleich besser ist. Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Verwaltungsgerichtsbarkeit und auch auf dem nichtrichterlichen Bereich, wo dringend Notwendigkeiten gegeben sind.
Ich sage jetzt auch einmal eines, und das wäre mein Einstieg gewesen, wenn nicht mit dem, was meinen Beruf ausmacht, die Vorredner mich vielleicht das eine oder andere etwas spontaner haben machen lassen. Ich vertrete die Auffassung – das muss eigentlich bei uns allen im Fokus sein –, dass unsere Justiz eine hervorragende Arbeit macht. Durch ihre Rechtsprechung befriedet sie Rechtsstreitigkeiten und behebt Rechtsunsicherheiten. Ihr wird von der Bevölkerung ein hohes Maß an Akzeptanz entgegengebracht. Das bedeutet auch, dass die gebotene Zeit gefunden werden muss, um ausgewogene Urteile finden zu können.
Mein Hauptaugenmerk möchte ich in den Bereich hinein lenken, den ich eben dargestellt habe. Das ist die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das sind der nichtrichterliche Bereich und der richterliche Bereich. Da müssen wir etwas mehr tun. Da sehe ich das genau wie die SPD. In dem anderen Bereich habe ich versucht, das etwas anders darzustellen. Ich glaube allerdings auch, mit meiner Praxiserfahrung beurteilen zu können, dass das Zahlenmaterial das auch aufzeigt.
Im Übrigen herzlichen Dank für die Ausarbeitung der Antwort auf die Große Anfrage. Da sind wirklich viele Informationen drin, auf die man aufbauen kann, wo man auch einmal nachfragen muss. Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass weitere gesellschaftspolitische Erwägungen da sind, die auch im Redebeitrag der SPD zum Tragen gekommen sind. Das ist im Bereich des Strafrechts effektiv der Fall, und zwar im Bereich des Jugendstrafrechts.
Wenn man die Antwort auf die Anfrage liest, sieht man, dass im Jugendstrafrecht auch ein Bedarf gegeben ist, Verfahren schneller zu machen, gerade mit dem, was mit dem Jugendstrafrecht einhergeht: nicht Bestrafung, sondern Hilfe und erzieherischer Gehalt. Da bin ich total d’accord mit der SPD. Im Verfahren gilt aber auch, wenn Einstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO zum Tragen kommen, müssen diese schneller kommen, wenn die Staatsanwaltschaft der Auffassung ist, dass keine Anklage zu erheben ist.
Sie können sich kaum vorstellen, was es für einen Menschen bedeutet, gerade für einen Deutschen, der gewisse Maximen hat, gegenwärtig ein Verfahren zu haben, bei dem er kein Unrechtsbewusstsein hat, und das erst nach einer längeren Zeit bestätigt zu bekommen, weil das Verfahren eingestellt wird. Auch da müssen wir schneller reagieren.
Wenn man die Antwort auf die Große Anfrage liest – den Gesichtspunkt will ich nicht unterlassen –, sieht man, dass auch im Rahmen der Familiengerichtsbarkeit durchaus Punkte sind, die wir diskutieren müssen. Wer die Besonderheit des familiengerichtlichen Verfahrens kennt – das sind nicht nur Scheidung und Gewaltschutzdelikte usw., sondern gerade bei Kindern ist Handlungsbedarf bezüglich der Fürsorge –, sieht auch, dass man in der Antwort auf die Große Anfrage Punkte hat, bei denen man nachsetzen muss.
Das umfassende Zahlenmaterial, das positiv zu werten ist, muss ausgewertet werden. Ich persönlich werde mit meiner Fraktion beraten, dass wir den einen oder anderen Gesichtspunkt hier noch einmal separat aufrufen, weil das Zahlenmaterial in der Tat aufzeigt, wenn man es groß sieht, dass im Jugendstrafrecht, bei Einstellungen im Besonderen, im Asylbereich und damit in der Verwaltungsgerichtsbarkeit Nachholbedarf ist, der im parlamentarischen Bereich separat entsprechend beraten gehört.
Ich bin von meinem Redemanuskript, das ich vorbereitet habe, abgewichen. Ich habe einige Punkte aufgegriffen.
Abschließend möchte ich noch einmal feststellen, dass wir ganz großen Nachholbedarf haben. Frau Justizministerin, wir haben einen Bereich, bei dem wir gefragt sind. Das betrifft die Verwaltungsgerichtsbarkeit, und dort die Richter und den nichtrichterlichen Bereich. Da müssen wir einfach nacharbeiten, und zwar schnellstmöglich. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will nicht schnell die Möglichkeit haben, irgendwelche Stellen zu schaffen. Vielmehr sehe ich, dass da ein Bedarf besteht, nachzubessern, damit die
Justiz, wie ich gesagt habe, diesbezüglich in der Tat nicht absäuft. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Allererstes möchte ich einmal den Damen und Herren danken, die die Fragen beantwortet und die Zahlen zusammengestellt haben. Es sind eine Menge Fragen. Dementsprechend sind es auch eine Menge Antworten, die zusammengetragen wurden.
Frau Kollegin Özgüven, ich fand es schade, dass Sie zwar viele bunte Bilder gestellt haben, ich am Ende aber doch fast das Gefühl hatte, es geht doch mehr um den Wahlkampf als um die Antworten auf die Große Anfrage. Sie hätten einfach einen Antrag stellen können. Ich glaube, dann hätten Sie dieselbe Rede halten können, ohne dass vorher in der Justizverwaltung diese Arbeit erst einmal hätte gemacht werden müssen.
Ich möchte ausdrücklich auf die Asylverfahren eingehen. Sie haben das eben vonseiten der SPD-Fraktion angesprochen. Da geht es um den Bericht in der „hessenschau“. Ich habe natürlich rein zufällig auch einmal geschaut, weil wir so einen Punkt haben. Auf hessenschau.de findet sich ein aktueller Bericht von gestern mit der Überschrift „Warum Hessens Richter in Asylklagen versinken“. Da gibt es etwas Interessantes, zu dem ich gerne drei Absätze kurz vortragen möchte, die zeigen, wie es dargestellt worden ist. Da gibt es eine sehr interessante Aussage.
Justizministerin Eva Kühne-Hörmann … kritisiert an diesem Punkt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge …, gegen dessen Bescheide die Flüchtlinge klagen.
Eigentlich müsste bereits das BAMF die Sachverhalte beweissicher aufklären. Doch: „Die schlechte Qualität der Arbeit des BAMF führt dazu, dass die Gerichtsverfahren noch zusätzlich belastet werden“, fasst ein Sprecher die Kritik der Ministerin für hessenschau.de zusammen.
Das heißt: Oft müssen die Richter nach Beweisen suchen oder Zeugen befragen, die Berichte der Flüchtlinge bestätigen oder widerlegen, obwohl dies bereits beim BAMF hätte geschehen müssen.
Das heißt, hier wird Arbeit auf die Justiz abgeladen, die eigentlich an anderer Stelle längst schon hätte gemacht werden müssen. Das führt natürlich im Zusammenhang mit
den vermehrten Zahlen zu einer vermehrten Belastung der Richterinnen und Richter und des Folgepersonals. Auch das gehört zum Sachverhalt mit dazu. Ich weiß, Sie wollen das nicht gerne hören. Aber es gehört mit dazu. Das gehört zur Realität unserer Verwaltungsgerichte und unserer Verwaltungsrichterinnen und -richter, die eine hervorragende Arbeit machen.
Die Frau Kollegin kann nachher noch eine Kurzintervention machen. Von daher brauchen jetzt keine Fragen gestellt zu werden. Nein.
Ich möchte deswegen jetzt kurz darauf zu sprechen kommen, dass wir bereits im Jahr 2015 für den Haushalt 2016 in Ansehung der damaligen Lage den Verwaltungsgerichten vier vollständige Kammern und entsprechendes Personal zur Verfügung gestellt haben, also das richterliche Personal und natürlich auch das Folgepersonal. Mit dem Jahr 2015 geschah das zu einer Zeit, als, so glaube ich, noch kein anderes Bundesland auf die Idee gekommen ist, für die Veraltungsgerichte etwas zu tun.
Auch das wurde bereits angesprochen. Letztes Jahr hat die Frau Ministerin mit ihrem Zehn-Punkte-Maßnahmenpaket an vielen Stellen in der Justiz noch etwas aufsatteln können. Das betraf also nicht nur die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Vielmehr haben wir durch die Flüchtlingssituation eine neue Aufgabe hinzugewonnen. Wir haben mit den Rechtsstaatsklassen eine Idee kreiert, die zu einer Aufgabe wurde. Das wird zwar von unserem Justizpersonal ehrenamtlich wahrgenommen, sie ist aber existenziell, um den Flüchtlingen den Start in unsere Gesellschaft zu erleichtern. Es sind von daher viele Aufgaben hinzugekommen, die man vielleicht auch gar nicht so hat absehen können.
Es wurden neue Stellen im Justizvollzug geschaffen. Für uns hört der Rechtsstaat nicht an der Tür des Gerichts auf. Vielmehr gehört natürlich auch dazu, dass der Justizvollzug ordentlich ausgestattet wird.
Wir arbeiten z. B. weiterhin an den Häusern des Jugendrechts. Das wurde in einer der früheren Koalitionen begonnen. Das wurde dann ausgebaut. Die nächsten Schritte sind in Planung oder Umsetzung. Das geschieht immer mit den beteiligten Kommunen. Denn dazu sagen wir, dass gerade bei Jugendlichen schnelle Rechtsprechung gute Rechtsprechung ist.
Ich glaube deshalb, dass der Rechtsstaat bei uns weiterhin in guten und sicheren Händen ist. Die Richterinnen und Richter in Hessen stellen sich verantwortungsbewusst ihrer Aufgabe. Der Folgebereich ist immer mit dabei.
Meine Rede abschließend, danke ich in diesem Sinne all den Damen und Herren, die in unserem Land dafür sorgen, dass Recht gesprochen wird. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Honka, Sie haben gerade mit einem Glaubenssatz geschlossen. Sie haben gesagt: Ich glaube, dass die Justiz in guten Händen ist. – Das ist keine Frage des Glaubens. Vielmehr diskutieren wir hier Zahlen, Daten und Fakten, die uns mit der Antwort auf die Große Anfrage vorliegen.
Ich gebe Ihnen insofern selbstverständlich recht: Es gebührt denjenigen Dank, die diese Anfrage beantwortet haben. Das will ich hiermit ausdrücklich sagen. Ich will das aber auch mit der Bemerkung verknüpfen: Das ist auch der Job, der getan werden muss. Denn die Landesregierung ist uns, den Mitgliedern des Parlaments, zu diesen Fragen Aussagen und Antworten schuldig.
Prozesse, die nicht beginnen oder die sich ewig hinziehen, schaden der Gerechtigkeit und gefährden den Rechtsstaat. Das hat Frau Özgüven mit starkem Tobak hier aus unserer Sicht korrekt dargestellt. Ich weiß nicht, ob das bei mir durchgegangen wäre. Aber ich hätte auch gerne solche Worte benutzt.
Ich will ein paar Facetten in den Blick nehmen. Vorneweg sage ich: Das ist nicht alles unter der Verantwortung von Frau Kühne-Hörmann geschehen. Das ist auch in Verantwortung des Herrn Hahn geschehen, damals noch ohne h.c.
(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das nervt Sie! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Wieso, er hat doch einen echten!)