Außerdem wird in der Kläranlage des Abwasserverbandes Langen-Egelsbach-Erzhausen derzeit im Rahmen einer großtechnischen Versuchsanlage ein Projekt durchgeführt, das unter anderem die weiter gehende Entfernung antibiotikaresistenter Keime zum Gegenstand hat. Das Forschungsprojekt startete im Oktober 2015. Es wird voraussichtlich Mitte 2018 abgeschlossen werden. Das Land fördert das Vorhaben mit 877.500 €.
Allerdings können derartige Reinigungsstufen nur die Einträge aus Kläranlagen vermindern, nicht aber die aus Mischwasserentlastungsanlagen. Außerdem werden resistente Keime auch durch die Abschwemmung von Fäkalien aus der Tierhaltung, in der in erheblichem Umfang Antibiotika eingesetzt werden, in die Gewässer eingetragen.
Die Ausstattung der Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe, die mit hohen Kosten verbunden wäre, würde den Eintrag multiresistenter Keime in die Gewässer somit nur verringern, aber nicht vermeiden. Daher sind aus Sicht der Landesregierung Maßnahmen wie eine bewusste Antibiotikaabgabe in der Humanmedizin sowie eine Reduzierung der Antibiotikaabgabe in der Tierhaltung geeignet und erforderlich, um die geschilderte Problemlage abzumildern. Es ist immer sinnvoller, die Vermeidung an der Quelle zu suchen. Man sollte nicht immer auf die End-ofPipe-Lösungen setzen.
Frau Ministerin, vorab möchte ich erst einmal für die sehr ausführliche Antwort herzlich danken. Ich habe dann eine konkrete Frage: Gibt es für den Eschbach Planungen, die eine zukünftige Gefährdung ausschließen?
Frau Ministerin, last, but not least, wie hoch schätzt die Landesregierung derzeit die Gefahr ein, dass sich ältere oder kranke Menschen an solchen Gewässern anstecken können?
Die Gefahr ist nach Ansicht der Landesregierung derzeit nicht besonders groß. Denn wir gehen davon aus, dass aus solchen Gewässern nicht zwangsläufig mehrere Liter getrunken werden.
Das Trinkwasser in Hessen ist sehr gut. Es wird auch permanent überprüft. Man kann das Leitungswasser mindestens ebenso gut trinken wie das Mineralwasser. In der Regel wird es sogar noch stärker als Mineralwasser kontrolliert.
(Die Fragen 851 bis 853, 855, 860 bis 862 und die Antworten der Landesregierung sind als Anlage bei- gefügt. Die Fragen 848 bis 850, 854, 856 bis 859, 863 und 864 sollen auf Wunsch der Fragesteller in der nächsten Fragestunde beantwortet werden.)
Regierungserklärung des Hessischen Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung betreffend „Schnell – und klimafreundlich ans Ziel. Hessen wird Vorreiter zukunftsfähiger Mobilität“
Die Fraktionsredezeit beträgt 20 Minuten, ebenso die Orientierungszeit der Regierung. Die Reihenfolge der Redner nenne ich Ihnen, nachdem der Minister geredet hat. – Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesen Tagen wird intensiv diskutiert, wie viele Schadstoffe Dieselmotoren ausstoßen und warum alternative Antriebe noch so wenig verbreitet sind. Wir streiten über Software-Updates, Hardware-Updates und über die Sinnhaftigkeit von Ausstiegsszenarien.
Das ist ohne Zweifel eine wichtige Debatte, die sich allerdings meistens um die Fehler der Vergangenheit und deren Beseitigung in der Gegenwart dreht. Dabei müsste eigentlich allen klar sein, dass unser Mobilitätssystem insgesamt in der Zukunft in eine verfahrene Situation geraten wird; denn es basiert zum großen Teil auf fossilen Antriebstech
Doch während kalifornische Internetgiganten das Auto gerade ganz neu denken, während Tesla zeigt, dass E-Mobilität zum Kultartikel taugt, und die Deutsche Post mit ihren – notgedrungen – selbst entwickelten und selbst gebauten Elektrotransportern glänzende Geschäfte erwartet, haben deutsche Hersteller ihre Ingenieure lieber daran gesetzt, Abgaskontrollen zu überlisten, um noch ein paar Jahre in ihren eingefahrenen Spuren weiterrollen zu können.
Das könnte am Ende dazu führen, dass die deutsche Autoindustrie schlicht abgehängt wird. Da es sich bei der Autoindustrie um Deutschlands wichtigste Industrie handelt, darf das einfach nicht passieren.
Ich bin jedoch ein grundoptimistischer Mensch und deshalb überzeugt davon, dass der Dieselskandal langfristig auch sein Gutes haben kann. Er kam hoffentlich noch rechtzeitig genug, um die nötigen Veränderungsprozesse in der deutschen Autoindustrie anzustoßen; denn der Weltmarkt ändert sich gerade grundlegend. Wer die Produkte der Zukunft, vor allem umwelt- und klimafreundliche Elektrofahrzeuge, nicht liefern kann, der kann seine Position schnell verlieren – siehe Nokia.
Aber nicht nur die deutsche Autoindustrie muss sich verändern, sondern das gilt für unser gesamtes Mobilitätssystem. Der Treibhauseffekt lässt weltweit Meeresspiegel ansteigen, Böden versalzen, fruchtbares Ackerland erodieren; er schürt Kriegsgefahren und treibt Wanderungsbewegungen an.
Jetzt können Sie die Frage stellen: Was hat das mit einer Regierungserklärung über Mobilität zu tun? – Ich sage Ihnen: Das hat sehr viel damit zu tun. Mobilität hat großen Anteil am Ausstoß von Schadstoffen und vor allem von Treibhausgasen. In Hessen beträgt der Anteil ein Drittel. Die Luftqualität in den Innenstädten ist ein Problem; Verkehrslärm verursacht Gesundheitsschäden. Die fossilen Reserven sind endlich. Kurz gesagt: Das bisherige Verkehrssystem erweist sich zunehmend als Sackgasse. Wenn wir weiterhin Mobilität für alle sichern wollen – und das wollen wir –, dann muss uns das klar werden.
Wie aber kommt man aus einer Sackgasse wieder heraus? – Nur mit einer Wende, aber nicht als Kehrtwende zurück in eine Zeit, als Reisen noch ein Privileg war, sondern als Aufbruch in ein anderes Verkehrssystem, das mehr Mobilität mit mehr Komfort und mehr Produktivität verbindet, aber weniger Belastungen verursacht. An Hessen führt bekanntlich kein Weg vorbei. Wir kennen aber auch die Kehrseite der Medaille, gerade im Ballungsraum RheinMain mit dem verkehrsreichsten Autobahnkreuz, dem größten Flughafen und dem wichtigsten Bahnhof Deutschlands.
Genau deshalb hat unser Bundesland geradezu die Aufgabe, Vorreiter einer klima- und umweltfreundlichen Mobili
tät zu werden. Schließlich lebt Hessen zu einem beträchtlichen Teil vom Verkehr: Die Lufthansa, die Deutsche Bahn, Fraport, das VW-Werk Kassel und Opel in Rüsselsheim gehören zu unseren größten Arbeitgebern. Wir wollen, dass diese Firmen auch in Zukunft hier in Hessen für Beschäftigung sorgen, ebenso wie kleinere Unternehmen und neue Firmen mit innovativen Ideen.
Natürlich wollen wir auch in Zukunft Freunde und Verwandte besuchen können, in andere Länder reisen und Gäste aus aller Welt empfangen. Dafür brauchen wir nachhaltige Mobilität. Sie ist möglich; ihre Ansätze entstehen schon. Die Hessische Landesregierung will, dass unser ganzes Land davon profitieren kann – die Stadt Frankfurt ebenso wie der Werra-Meißner-Kreis.
Eine solche Mobilität ist im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. In den Ballungsräumen sind immer weniger von ihnen auf ein bestimmtes Verkehrsmittel fixiert. Sie wollen heute mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, um sich fit zu halten, morgen mit der S-Bahn, um unterwegs schon etwas Arbeit zu erledigen, und übermorgen wieder mit dem Auto, weil sie auf dem Heimweg noch einkaufen möchten. Für immer weniger junge Leute ist das Auto ein Statussymbol; sie wollen es bei Bedarf nutzen, aber nicht unbedingt auch besitzen.
Große und kleine Hersteller sind dabei, das Auto neu zu erfinden. Sie investieren enorme Summen in autonomes Fahren, in neue Antriebe und Speichersysteme, in die Einbettung in das Internet der Dinge. In den Großstädten etablieren sich Carsharing und Leihfahrrad-Systeme. Apps und Internetdienste machen das Smartphone zum Fortbewegungsmittel.
Nutzen wir diese Trends, bahnen wir ihnen den Weg. Der Schlüssel dazu ist die intelligente Verknüpfung der Verkehrsträger mithilfe digitaler Technologie. Verwirklichen wir ein digital vernetztes Verkehrssystem, das jeden jederzeit schnell und klimaschonend an sein Ziel bringt.
Ich bin davon überzeugt, dass Hessen dafür die besten Voraussetzungen hat – gerade weil der Verkehr hier eine größere Rolle spielt als in jedem anderen Flächenland. Denn hier konzentriert sich die Kompetenz, Waren- und Verkehrsströme zu managen. Hier kreuzen sich nationale und kontinentale Verkehrswege; Schienen und Straßen sind weit überdurchschnittlich belastet. Lösungen, die hier funktionieren, haben ihren Praxistest definitiv bestanden. Und funktionierende Lösungen sind weltweit gefragt. Hessen kann hier sein besonderes Know-how ausspielen. Auch deshalb wollen wir Vorreiter einer klimafreundlichen und modernen Mobilität werden.
Stellen wir uns einmal Hessen im Jahr 2035 vor: Wenn Sie in 18 Jahren morgens von Wiesbaden oder Gießen, Frankenberg oder Grasellenbach nach Frankfurt möchten, dann könnten Sie sich zu Hause von einem selbst fahrenden Auto abholen lassen, das Sie bei Ihrem Verkehrsverbund bestellt haben.
Auf der Autobahn fädelt es sich dann auf eine eigene Spur ein, auf der nur autonome Fahrzeuge unterwegs sind. Diese kommunizieren untereinander, weichen sich gegenseitig aus, warnen sich und organisieren den Verkehrsfluss mithilfe künstlicher Schwarmintelligenz. Der E-Motor surrt leise. Während Sie E-Mails oder Unterlagen lesen, denken Sie vielleicht noch mit leichtem Schaudern an den Berufsverkehr von vor zwei Jahrzehnten.
Das Fahrzeug liefert Sie an der Zieladresse ab oder, noch besser, an einer Mobilitätsstation, wo Sie auf die U-Bahn umsteigen; denn auch in 20 Jahren wird es in den Innenstädten eng sein. Vielleicht steigen Sie – je nach Wetter und Belieben – um aufs elektrisch unterstützte Leihfahrrad, schließlich gibt es ein Netz von Raddirektwegen. Was für Sie am schnellsten und bequemsten ist, hat Ihre Smartphone-App ermittelt. Sie brauchen keine Fahrpläne mehr zu wälzen und keine Tarife zu vergleichen.
Auf dem Land übernehmen autonome Fahrzeuge, z. B. im dörflichen Carsharing, die Schülerbeförderung und lösen die Mobilitätsprobleme vieler älterer Menschen. Der Lieferverkehr in den Innenstädten ist leiser und sauberer, dank intelligenter Logistik: Elektrische Lkw beliefern Mikrodepots in den Randgebieten, für die Feinverteilung sorgen elektrisch unterstützte Lastenfahrräder. Digitale Disponenten stimmen die Lieferrouten so ab, dass Leerfahrten auf ein Minimum begrenzt werden. Die Luft ist besser geworden, die Lebensqualität gestiegen. Es gibt wahrscheinlich mehr Mobilität als heute, aber sie belastet weniger.
Meine Damen und Herren, das sind keine Spinnereien eines grünen Verkehrsministers, sondern Einschätzungen von Experten, Managern und Wissenschaftlern, gewonnen aus Befragungen durch das House of Logistics and Mobility und das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik.
So unterschiedliche Verbände wie der ADAC und der VCD haben daran mitgewirkt, aber auch Unternehmen wie Opel, Lufthansa, Metro und Google, die auf solche Prognosen ihre Investitionspläne gründen und deshalb nicht zu Träumereien neigen.
Gewiss: Das eine mag früher Wirklichkeit werden als 2035, das andere später und manches vielleicht überhaupt nicht. Worauf es ankommt, ist die Richtung, in die es geht, und die wird sehr deutlich. Eine davon stammt vom ADAC. Ich will daraus nur einen Satz zitieren:
Wie geht das Land Hessen mit diesen Umwälzungen um? Was haben wir bereits angebahnt? Worauf können wir aufbauen?
Ein Fundament habe ich bereits vor drei Jahren in meiner ersten Regierungserklärung angesprochen, nämlich die Energiepolitik. Ohne einen Ausbau der erneuerbaren Energien kann es keine umwelt- und klimaschonende Mobilität geben.