Das sollte man ausgleichen, soweit man so etwas ausgleichen kann. Man sollte Respekt vor der Notlage haben, in der diese Menschen stecken.
Damit gehen auch besondere finanzielle Beschwernisse einher, die mit Geld zu mindern durchaus möglich sind. Es geht dabei nicht um die tatsächlichen Beschwernisse. Das ist der Punkt. Aber die finanziellen Mehrbelastungen, denen diese Menschen ohne jeden Zweifel ausgesetzt sind, können durch eine Verstärkung des finanziellen Ansatzes gemildert werden. Soweit ich das aus dem Stand erkennen kann, wird das mit den Leistungen, die Sie angesprochen haben, nicht der Fall sein.
Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass wir hier in Hessen präterpropter von 30 Menschen reden. Lassen Sie es 50 sein. Dadurch wird die Sache qualitativ nicht anders. Es sind aber 50 Menschen, die sich in einer ganz besonders schwierigen Lage befinden. Deswegen erneuere ich unseren dringenden Appell, sich dieser Angelegenheit anzunehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE) und Mürvet Öztürk (fraktionslos))
Es geht hier überhaupt nicht um eine ideologische Frage. Darum geht es überhaupt nicht. Man sollte sich diesem Gegenstand nicht unter dem Aspekt: „Wer hat den Antrag gestellt?“ nähern. Vielmehr geht es um die Frage, wer hier Hilfe nötig hat. Wie viel Hilfe ist nötig? Was ist die angemessene Hilfe? Dementsprechend sollte man nicht allzu viele juristische Bedenken und gesetzgeberische Bedenken walten lassen.
Ich hoffe, dass wir auf dieser Geschäftsgrundlage im Laufe des weiteren Verfahrens zueinanderkommen können. – Danke schön.
Herr Kollege Merz, vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Abg. René Rock, Seligenstadt, für die FDP-Fraktion.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Minister Grüttner hat die Eckpunkte des Gesetzentwurfs vorgestellt. Deswegen brauche ich das nicht zu wiederholen.
Wir reden über eine kleine Gruppe Menschen. Es gibt 155.000 blinde Menschen in ganz Deutschland. Es gibt
Trotzdem hat diese Gruppe unsere Aufmerksamkeit. Eine Schnittmenge dieser Gruppe hat unsere besondere Aufmerksamkeit. Das sind die Taubblinden. Wir sind gespannt, wie die Diskussion über die beiden Gesetzentwürfe verlaufen wird. Es geht aber auch um die Frage, was in der Anhörung von den Vertretern der Interessengruppen dazu geäußert werden wird, wie auf die Argumentation des Ministers Grüttner eingegangen werden wird, dass die Hilfestellung aus einem anderen Bereich kommen soll.
Ich kann für meine Fraktion sagen, dass die Taubblinden sicherlich eine Gruppe sind, der man besondere Aufmerksamkeit widmen sollte. Die Vorstellung, in den Sinneswahrnehmungen so stark eingeschränkt zu sein und nichts zu hören und nichts zu sehen – das betrifft nur eine Handvoll Menschen in unserem Bundesland –, ist sicher ein Umstand, dem man besondere Aufmerksamkeit widmen sollte.
Ich hatte den Eindruck, dass es einen großen Konsens in den Fraktionen gab und auch der Minister dem Anliegen nicht grundsätzlich entgegenstand. Ich hoffe, dass wir im Laufe der Debatte vielleicht noch eine Lösung finden. Ohne besondere Kritik an dem, was jetzt von der Landesregierung vorgelegt worden ist, äußern zu wollen: Das ist mehr oder minder eine technische Anpassung an die Veränderung der bundesgesetzlichen Lage. – Das ist alles in Ordnung. Wir werden in der Anhörung noch sehen, ob es vielleicht noch den einen oder anderen technischen Fehler gegeben hat. Aber der Frage, wie man mit der Kleinstgruppe der Taubblinden umgeht, wird sich sicherlich die Debatte in der zweiten Lesung noch einmal widmen. Ich hoffe, dass das Gesetz – dann ein klein wenig verändert – in der zweiten Lesung hier diskutiert wird. Dann ist wohl eine sehr breite Zustimmung zu diesem Gesetz möglich. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege René Rock. – Das Wort hat Frau Kollegin Erfurth, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind ungefähr 13.000 Menschen, die in Hessen Leistungen nach dem geltenden Landesblindengeldgesetz bekommen. Das Blindengeld wird – wie der Name schon sagt – blinden oder hochgradig sehbehinderten Menschen auf Antrag ausgezahlt. Es ist einkommensunabhängig, d. h. der Anspruch besteht auf Antrag. Es soll den sehbehinderten Menschen trotz der visuellen Einschränkungen eine Teilhabe am täglichen Leben ermöglichen. Es ist eine pauschalierte Leistung, die die sehbehinderten Menschen entsprechend ihren Bedürfnissen einsetzen können und für die man keine Verwendungsnachweise oder Ähnliches führen muss. Das kann – so steht es in den entsprechenden Merkblättern des Landeswohlfahrtsverbands – z. B. für den erhöhten Fahrtaufwand sein, den behinderte Menschen haben, wie Taxikosten. Das können Aufwendungen sein, um
Medien zu nutzen, wie z. B. Blindenzeitungen oder Hörbücher, und für ähnlichen Bedarf mehr, den man sich so vorstellen kann. Es ist gut, dass es dieses relativ einfache und unaufwendige Verfahren gibt, um Menschen, die in besonderer Weise beeinträchtigt sind, in ihrem täglichen Leben zu unterstützen.
Es ist auch gut, dass wir in Hessen in der Spitzengruppe der Bundesländer liegen, was die Höhe des Blindengelds angeht. Damit kommen wir in Hessen in einer guten Weise unserer besonderen Verantwortung nach, über die auch Herr Merz sprach, behinderten Menschen Teilhabe am allgemeinen Leben zu ermöglichen.
Meine Damen und Herren, den Anlass für die Änderung, die wir heute in den Geschäftsgang geben, hat der Minister beschrieben. Es ist das Zweite Pflegestärkungsgesetz, das zum 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist und das die bisherigen drei Pflegestufen, an die wir uns schon gewöhnt hatten, verändert hat. Wir haben jetzt fünf Pflegegrade, die zugunsten der behinderten Menschen den Pflegebedarf genauer erfassen. Wir haben auch eine Erhöhung des Pflegegelds. Es ist auch gut, dass das auf Bundesebene so angefasst worden ist.
Für uns in Hessen ergibt sich daraus Handlungsbedarf, weil das Blindengeld schon nach dem bisherigen Recht um Leistungen des Pflegegelds gekürzt wurde. Es war bisher schon so, dass in der alten Pflegestufe 1 60 % des Pflegegelds der Stufe 1 gekürzt wird und in den anderen beiden Pflegestufen 40 % der Pflegestufe 2. Das klingt jetzt erst einmal etwas kompliziert, aber ich kann Ihnen versichern, dass es im Steuerrecht wesentlich kompliziertere Mechanismen gibt, wie man Anrechnungen vornehmen kann.
Das macht es nicht besser. Herr Rudolph, ich stimme Ihnen da zu. Aber es ist ein relativ überschaubarer Rechenmechanismus.
Weil sich jetzt die Rechtsgrundlagen geändert haben, müssen wir auch das Landesblindengeld anpassen. Wir in der schwarz-grünen Koalition wollen erreichen, dass die Erhöhung des Pflegegelds bei den behinderten Menschen auch ankommt und der Landesgesetzgeber das Geld nicht durch die Hintertür wieder einsammelt, wie z. B. durch eine Kürzung des Blindengelds. Deshalb ist der Gesetzentwurf der Landesregierung, der uns heute vorliegt, gut, und nach einer ersten Sichtung gewährleistet er das auch. Ich bin sehr froh, dass das so ist.
Ich bin auch sehr dankbar, dass wir die Anhörung gemeinsam durchführen können. Die Kolleginnen und Kollegen von der SPD haben zugestimmt, dass wir eine gemeinsame Anhörung zu beiden Gesetzentwürfen machen können und dann mit Experten beraten, ob der Unterstützungsbedarf, den wir gemeinsam identifizieren, auch so ankommt, wie es sein soll, und ob wir für Menschen mit schweren Beeinträchtigungen weiteren Unterstützungsbedarf identifizieren. Ob das nun Geld oder andere Unterstützungsleistungen sein sollen, werden wir uns mit den Expertinnen und Experten in der Anhörung genau anschauen. Dann werden wir weiter entscheiden. Für heute ist es gut, wenn wir den Gesetzentwurf in den Geschäftsgang geben. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, ich bin ein bisschen traurig – so nenne ich das jetzt einmal, um nicht „enttäuscht“ zu sagen. Sie haben hier in Ihrem Redebeitrag, als der SPD-Entwurf zum Landesblindengeldgesetz kam, gesagt: Na ja, wir müssen demnächst ohnehin die Anpassungen tätigen, und wir haben das Gesetz dann sowieso auf dem Tisch. Das heißt, wir schauen uns dann an, wie wir das gut zusammenbringen. – Ich sage es einmal sinngemäß, wie Sie es gesagt haben. Darin war so ein Anklang enthalten, von dem ich gedacht hatte, dass Sie die Gelegenheit nutzen, mit der SPD über das Anliegen zu sprechen, um das es hier geht, nämlich die taubblinden Menschen noch einmal besonders zu berücksichtigen. Ich ging davon aus, dass Sie die Gelegenheit nutzen, um das zu ergänzen und sich dieses Themas anzunehmen, das wir hier seit Jahren vor uns hertragen und von dem Sie immer erklären: Ja, für diese Menschen muss etwas getan werden, weil sie tatsächlich besonders benachteiligt sind.
Dann hätten wir das Thema vom Tisch und es müsste Sie hier niemand mehr piesacken, dass Sie sich endlich darum kümmern mögen, dass diese Menschen auch den notwendigen monetären Ausgleich erhalten. Das wäre eine gute und günstige Gelegenheit gewesen. Sie hätten den Gesetzentwurf der SPD dann abräumen können. Das Land wäre nicht daran pleitegegangen. Sie hätten sich das Wohlwollen der Verbände eingehandelt. Das wäre auch eine strategisch gute Entscheidung gewesen, und wir hätten alle nur sagen müssen: Die Regierung hat es begriffen. Sie macht es klasse. – Wir hätten Beifall klatschen müssen. Wir hätten zustimmen müssen. Sie hätten wirklich gepunktet – und das für so wenig Geld, dass es, haushälterisch betrachtet, nicht der Rede wert ist. Das wäre Ihre Chance gewesen. – Sie haben sie gerade vertan.
Ich kann es nicht verstehen, warum Sie als Minister, in dessen Amt Soziales steht, dermaßen uneinsichtig, unempathisch, verständnislos und stur agieren. Es ist nicht nachzuvollziehen, wenn Sie – wie heute Morgen – von Respekt reden und wenn Sie immer wieder anerkennen, dass diese Menschen einen hohen Bedarf haben und durch die doppelte Behinderung, die sich nicht addiert, sondern die es noch schwieriger macht, besonders benachteiligt sind. Für mich ist das nicht nachvollziehbar – auch nicht für die Menschen draußen im Land, wenn man mit ihnen darüber spricht. Das ist für niemanden nachvollziehbar, weder für die Betroffenen – die nicht hörenden und nicht sehenden Menschen – noch für deren Familienangehörige und alle, denen man den Sachverhalt erklärt. Sie bringen sich hier ohne Not in eine Position, die Sie eigentlich nicht nötig hätten. Ich kann es nicht verstehen.
Wir bleiben dabei, zu sagen: Man muss das endlich einführen. Ich sage es noch einmal, und ich werde es auch gerne bei der nächsten Lesung wiederholen: Wer es nachvollziehen möchte, wie es den betroffenen Menschen geht, der lese Hannah Green.
Es gibt zu den Formalien des jetzt eingebrachten Gesetzes nichts weiter zu erwähnen. Das muss man einfach abarbeiten. Das gehört auch zu unseren Aufgaben. Das müssen wir eben so tun. Wenn Sie nicht willens sind, mehr zu tun, dann tut mir das für Sie herzlich leid. Aber es tut mir noch mehr leid für die Betroffenen.
Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute eine kurze, aber interessante Debatte zum Landesblindengeldgesetz geführt. Ich bin dem Minister sehr dankbar dafür, dass er diesen Gesetzentwurf heute eingebracht hat, weil es sich hierbei um ein wichtiges Gesetz handelt, mit dem etwas Wichtiges für die Zukunft geregelt werden soll.
Uns liegt hierzu bereits ein Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vor, den wir bereits im Januar diskutiert haben. Nun liegt uns auch ein Gesetzentwurf der Landesregierung vor.
Wir werden im Ausschuss eine Anhörung durchführen, in der wir die Aspekte, die Sie, Herr Merz, Frau Schott, heute vorgetragen haben, noch einmal zu bewerten und zu gewichten haben. Wir werden schauen, welche einzelnen Argumente noch anzubringen sind.
Sie haben die Taubblindheit heute in den Fokus gerückt. In der Debatte im Januar haben wir bereits darüber gesprochen, dass es noch andere Behinderungen bzw. Einschränkungen gibt, die wir einer weiteren Bewertung unterziehen müssten, wenn wir die Taubblindheit herausgreifen würden.
In der Diskussion sind verschiedene Zahlen genannt worden. Die einen sagen, es handele sich um 30 Fälle. Die anderen sagen, es handele sich um 70 Fälle. Wiederum andere sagen, es seien 200 Fälle. Wir wissen also nicht genau, wie groß die Personengruppe ist, über die wir hier diskutieren. Dazu werden wir in der Anhörung aber sicherlich noch mehr erfahren. Ich glaube, es ist klug, uns gemeinsam in Geduld zu üben und die Anhörung mit einer gewissen Transparenz und Konsequenz durchzuführen, sodass wir uns an dieser Stelle einklinken können.
Für die Taubblinden gibt es durchaus gewisse Hilfeleistungen. Frau Kollegin Erfurth hat steuerliche Möglichkeiten erwähnt. Gewisse Möglichkeiten bieten das SGB IX, das SGB XI, die Eingliederungshilfe und natürlich Vergünstigungen wie bei der Beschaffung von Hilfsmitteln.
Wir müssen das insgesamt bewerten. Wir müssen das insgesamt in den Zusammenhang stellen, auch gegenüber anderen Gruppen, die an dieser Stelle unter einer Behinderung leiden.
Ich spüre einen großen Konsens zum Thema Landesblindengeldgesetz. Ich glaube, das ist der gemeinsame und sehr positive Aspekt, den wir heute an dieser Stelle festhalten können. Ich glaube, wir werden diesen Gesetzentwurf nach der Anhörung mit großer Mehrheit verabschieden können. Über einzelne Details werden wir uns noch austauschen. Wir werden dafür sorgen, dass diesen Menschen
kein Nachteil durch dieses Gesetz entsteht, sondern dass sie bessergestellt werden. Die Anrechnungssätze werden beibehalten werden. Die Leistungen werden gleich bleiben. Es wird transparent sein. Dies ist unser gemeinsames Anliegen, und dies ist unser gemeinsamer großer Konsens. Es ist sehr gut, dass wir dies in diesem Hause feststellen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich danke der Landesregierung für die Einbringung dieses Gesetzentwurfs sowie den Fraktionen für die konstruktive Diskussion, die wir zu diesem Punkt geführt haben. Ich freue mich auf die Anhörung im Ausschuss. – Ganz herzlichen Dank.
Wir überweisen den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den zuständigen Fachausschuss, nämlich an den Sozialausschuss. – Allgemeine Zustimmung.