Protocol of the Session on March 23, 2017

Wie gesagt, den ländlichen Raum zu stärken, ist richtig. Das aber an der Stärkung der Steuerverwaltung festzumachen, ist Unsinn. Sorgen Sie dafür, dass der ländliche Raum und die Kommunen in die Lage versetzt werden, ihren Aufgaben gerecht zu werden. Sorgen Sie dafür, dass auch der ländliche Raum eine moderne Infrastruktur und eine ordentliche Versorgung mit Dienstleistungen sowie kulturellen und öffentlichen Leistungen erhält. Das ist die Aufgabe, über die wir hier diskutieren sollten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Jörg-Uwe Hahn, FDP-Fraktion.

(Beifall des Abg. René Rock (FDP))

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die Landesregierung etwas Gutes macht, dann sollte man auch als Opposition die Stärke haben, das im Parlament zu benennen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese Aktion, die der Finanzminister für seine Steuerverwaltung angekündigt hat, ist etwas Gutes. Damit wird die Idee verfolgt, die ja nicht neu ist, die aber leider nur sehr selten beachtet wird, dass nicht alles, was das Land Hessen machen muss, im Ballungsraum Rhein-Main und insbesondere in Wiesbaden oder Frankfurt durchgeführt werden muss.

Das ist eine kluge Idee. Dass sie nunmehr in einem Fall auch umgesetzt wird, begrüßen wir Freie Demokraten sehr.

(Beifall bei der FDP)

Wir finden es schon seit vielen Jahren nicht nachvollziehbar, dass es bei den gestiegenen Möglichkeiten der Nutzung der Informationstechnik und anderer technischer Hilfsmittel noch notwendig ist, große Behördenzentren in Ballungsgebieten – ich wiederhole: insbesondere in Frankfurt am Main und in Wiesbaden – einzurichten. Herr Kummer, diese Politik ist übrigens auch in der vergangenen Legislaturperiode gemacht worden. Ich weiß nicht, wer Ihnen da falsche Daten aufgeschrieben hat.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie haben Amtsgerichte geschlossen!)

Unter meiner Verantwortung als hessischer Justizminister wurde das Amtsgericht Hünfeld um Längen ausgebaut.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Und andere wurden geschlossen!)

Es wurde zu einer der wichtigsten Mahnbehörden in Hessen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Welche Arbeitsgerichte wurden geschlossen? – Lisa Gnadl (SPD): Warum wurde das Amtsgericht in Nidda geschlossen? – Zuruf des Abg. Armin Schwarz (CDU))

Dass der Kollege Schwarz jetzt dazwischenruft, überrascht mich; denn alles, was ich gemacht habe, war mit den Ministerpräsidenten Koch und Bouffier abgesprochen. Was soll denn diese „Kameradschaft“, Herr Kollege Schwarz?

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Zurufe von der CDU)

Warum denken Sie nicht daran, dass Sie in der letzten Legislaturperiode sogar zugestimmt haben, als diese Dinge beschlossen worden sind?

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der CDU)

Herr Kummer hat gesagt, dass Personalstellen im ländlichen Raum weggefallen seien. Das ist falsch, und deshalb spreche ich das hier bewusst an. Nicht eine einzige Stelle ist im ländlichen Raum weggefallen, sondern z. B. von Nidda nach Büdingen umgesetzt worden, verehrte Frau Kollegin Gnadl. Also: Was soll denn das?

(Beifall bei der FDP)

Es ist klug, dass man an der Stelle weitergeht. Wir stehen hinter dem Vorhaben.

Wir verstehen aber nicht – ich möchte jetzt keine Debatte über den Zustand der Finanzverwaltung führen –, dass Ihr Vorhaben eine große Unterstützung des ländlichen Raums sein soll; es geht nämlich um eine sehr überschaubare Zahl von Dienstposten. Wo sind denn die Aktivitäten der Landesregierung dafür, dass private Unternehmen, kleine und mittelständische Unternehmen im ländlichen Raum bleiben bzw. dort hinziehen? Wo haben Sie erfolgreich eine IT-Initiative umgesetzt? Wo ist das Hochleistungs-Internet im ländlichen Raum in Hessen so ausgebaut, dass Unternehmen – und seien es „nur“ Architekturbüros, die müssen aber große Mengen an Daten versenden und empfangen können – tatsächlich sagen: „Wir bleiben im ländlichen Raum und gehen nicht in die Zentren“?

Deshalb lautet unser Vorschlag, das eine zu tun, nämlich die Behörden, wenn es geht, aus den teuren Ballungsgebieten zu verlagern, und das andere nicht zu lassen, sich nämlich dafür einzusetzen, dass die kleinen und mittelständi

schen Unternehmen endlich Lust und Laune haben, sich im ländlichen Raum niederzulassen bzw. dort zu bleiben. Beides gehört zusammen, und beides muss gemacht werden.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat die Frau Kollegin Goldbach, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie viele von Ihnen schon einmal im ländlichen Raum waren, sich dort öfter aufhalten oder auch einmal mit den Menschen dort reden.

(Günter Rudolph (SPD): Das sagt die Richtige!)

Ja, das sagt die Richtige, denn ich bin ein Landei.

(Zurufe von der SPD)

Zufälligerweise komme ich aus einer Kommune, in die das Finanzministerium vor Kurzem 100 Arbeitsplätze verlagert hat.

(Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Deswegen möchte ich am Beispiel von Lauterbach erläutern, was das für Auswirkungen hat. Bei uns werden mindestens 100 Arbeitsplätze entstehen. Die meisten Menschen haben einen Partner oder eine Partnerin; auch die werden hier leben und ein Einkommen erwirtschaften. Die Partner bekommen vielleicht Kinder. Diese Kinder gehen in unsere Kindergärten und Schulen – die wir übrigens in ausreichender und ausgezeichneter Qualität haben. Wir haben auch eine Eisbahn, ein Freibad und ein Hallenbad.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Alles ist gut! – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)

In unserer Kommune geht es lebendig zu. Es gibt viele Angebote, und wir freuen uns, dass die Familien, die zu uns kommen, hier wohnen und ihre Kinder die öffentlichen Einrichtungen nutzen, die dadurch natürlich einen zusätzlichen Aufschwung bekommen und noch rentabler werden. Höhere Besucherzahlen für das Schwimmbad sind prima. In der Bibliothek werden mehr Kinder Bücher ausleihen. All das wird unsere öffentlichen Institutionen stärken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Wir freuen uns auch darüber, dass der Breitbandausbau in Hessen zügig vorangeht und wir bald ganz Hessen abgedeckt haben werden. Sonst würde das auch gar nicht gehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Finanzminister Schäfer vorhat, die Finanzbeamten im ländlichen Raum mit Rechenschiebern arbeiten zu lassen. Wir gehen schon davon aus, dass die Breitbandversorgung in ganz Hessen sehr bald bestens funktioniert – dank der Unterstützung durch Tarek Al-Wazir.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Auch ansonsten geht es Lauterbach ganz gut. Lauterbach profitiert z. B. sehr von dem Stadtentwicklungsprogramm aus dem Umweltministerium unter Priska Hinz. Herr Kum

mer, Sie haben vorhin angesprochen, man müsse auch etwas für die älteren Leute tun, die im ländlichen Raum wohnen. Wir haben aus dem Entwicklungsprogramm mitten in der Stadt, wunderbar eingefügt, eine sehr schöne Einrichtung für ältere Menschen geschaffen. Auch das klappt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Um noch eines draufzusetzen:

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist kaum noch möglich!)

Ganz aktuell freuen wir uns über die Einführung eines Schülertickets in Hessen. Das heißt, dass sich unsere Schülerinnen und Schüler in den Zug setzen und nach Fulda, Frankfurt oder Kassel fahren können. Sie sind viel mobiler, viel beweglicher. Auch das ist etwas, was diese Hessische Landesregierung mit Unterstützung der Regierungsfraktionen eingeführt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Sie sind sehr beweglich geworden, da haben Sie recht!)

Eine Bemerkung kann ich mir nicht verkneifen. Herr Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn, wir in Lauterbach hatten tatsächlich ein Problem: Was machen wir mit dem geschlossenen Amtsgericht? – Zehn Jahre hat es gedauert, aber jetzt haben wir eine gute Möglichkeit der Verwendung des Gebäudes gefunden. Dort zieht nämlich eine private Hochschule ein. Die gute Kooperation zwischen Privatunternehmern und der Hochschule wurde maßgeblich durch Tarek AlWazir, unseren Wirtschaftsminister, unterstützt.

(Zurufe von der SPD)

Sie sehen, der ländliche Raum entwickelt sich. Wir haben schon viel getan; wir werden aber noch mehr tun. Im Übrigen: Lauterbach profitiert auch von dem neuen KFA. Ich kann es Ihnen nicht ersparen: knapp 1 Million € pro Jahr mehr. Das ist schon gut.

(Stephan Grüger (SPD): Wir sind doch nicht im Lauterbacher Landtag, sondern im Hessischen Landtag! – Weitere Zuruf von der SPD)

Die Entwicklung ist gut. Sie geht in die richtige Richtung. Wir werden weitere Maßnahmen ergreifen, um den ländlichen Raum zu unterstützen. Das können Sie heute und hier nicht kleinreden.