Die Ostermärsche in diesem Jahr werden die Ausgangsund Logistikzentren für die neuen Kriege thematisieren, neben dem US-Headquarter in Wiesbaden, der CIA- und NSA-Zentrale in Frankfurt auch die Bundeswehr-Kriegseinrichtungen.
Hinzu kommt der Fliegerhorst Büchel mit den Atombomben, die ich schon beschrieben habe. Aktuell unterstützen Bundeswehr-Tornados aus Büchel den Krieg in Syrien. Wir sagen Nein zur deutschen Unterstützung der NATOund US-Kriege. Von deutschem Boden sollte Frieden ausgehen.
Statt um Menschenrechte geht es laut dem Weißbuch der Bundeswehr vom vergangenen Jahr um – ich zitiere – „freie Handelswege und eine gesicherte Rohstoffversorgung“ und um „die Sicherung von und den Zugang zu Bodenschätzen, Vertriebswegen und Märkten“. Die Einsätze dienen also offiziell Wirtschafts- und Machtinteressen im Kapitalismus. Statt Kriegspolitik fordern wir zivile Konfliktbearbeitung, Diplomatie und Gerechtigkeit.
Auch Europa ist weit weg von seinen ursprünglichen Idealen, von Völkerverständigung und Frieden. Europa verdichtet sich zunehmend als Militärbündnis. Es steht für Militarisierung, Aufrüstungsverpflichtung und Rüstungsgeschäfte.
Die europäische Flüchtlingsabwehr Frontex und die NATO führen Krieg gegen Flüchtlinge. Statt Initiativen für ein soziales Europa zu setzen, wird in Brüssel ein neues militärisches EU-Headquarter eröffnet. Schauen wir uns einmal die Karrierecenter und Beratungsbüros der Bundeswehr, die Werbetrucks und Heeresausstellungen wie beim Hessentag, die Infoveranstaltungen in Arbeitsagenturen, in Schulen und bei Berufsmessen an. Überall werden junge Menschen, auch Minderjährige, für den Kriegsdienst rekrutiert. Ein 30 Millionen € teurer Werbezug wirbt „Mach, was wirklich zählt“ und verschweigt, wie viele Menschen getötet, verstümmelt und traumatisiert werden und wozu diese Kriege eigentlich dienen.
Gegen den Tag der Bundeswehr setzen wir unseren Slogan „Krieg ist kein Volksfest“. Dieser Tag soll in diesem Jahr am 10. Juni in Rüsselsheim beim Hessentag und an 14 weiteren Orten stattfinden. Wir wollen keinen Tag der Bundeswehr. Wir brauchen einen Tag für Abrüstung.
Wir wollen, dass die in unserem kapitalistischen System begründeten Ausbeutungsverhältnisse endlich beseitigt werden. Das sind wir auch denen, die bei uns und mit uns leben wollen, mehr als schuldig. Wir erklären uns solidarisch mit den Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, und auch mit denen, die bei uns in prekären Lebens- und Arbeitsverhältnissen leben. Wir wissen, der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen. Das sagte der französische Sozialist und Pazifist Jean Jaurès.
Angesichts der dramatischen Lage mit über 30.000 Toten an den EU-Außengrenzen, mit Hunderttausenden durch Soldaten ermordeten Menschen in den Kriegen seit Anfang der Neunzigerjahre fordern wir:
Im Sinne des Grundgesetzes und der Hessischen Verfassung werde ich mich nun stärker außerparlamentarisch für die Ächtung des Krieges einsetzen. Ich hoffe dabei auf zunehmend stärkere parlamentarische Unterstützung. – Ich bedanke mich.
Danke, Herr van Ooyen. – Ich muss dem Haus zu meinem Bedauern mitteilen, dass dies die letzte Rede von Herrn van Ooyen war.
Ich hoffe, ich spreche in Ihrer aller Namen, wenn ich ihm für seinen streitbaren Einsatz in den vergangenen neun Jahren danke. Willi, ich persönlich freue mich auf die gemeinsame außerparlamentarische Arbeit.
Meine Damen und Herren, wir setzen die Beratung fort mit der Rede von Herrn May von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch für uns GRÜNE ist völlig klar, dass wir uns eine aktive Außen- und Sicherheitspolitik mit einem starken Gestaltungsanspruch wünschen, eine Außenpolitik, die zu mehr Frieden und Sicherheit in der Welt beiträgt. Auch wir wollen, dass in der Welt abgerüstet wird, dass es zivile Konfliktlösungen gibt und dass wir auf internationale Zusammenarbeit setzen.
Weiter ist für uns klar: Verantwortungsvolle Außen- und Sicherheitspolitik beginnt nicht erst dann, wenn Konflikte gewaltsam eskalieren, sondern sie entschärft möglichst früh die Ursachen von Krisen und Gewalt. Sie muss dem Leitprinzip der Menschenrechte folgen und die langfristigen Folgen ihres Handelns im Blick behalten. Wir müssen mit einem langen Atem an den richtigen zivilen Lösungsansätzen arbeiten.
Ich glaube, dass sich diesem Ziel alle Abgeordneten dieses Parlaments verpflichtet fühlen. Alle hier im Raum sind sich sicher einig, dass das Land Hessen mit seinen bescheidenen Mitteln dafür sorgen soll, dass diese so gewaltsame Welt ein Stück weit friedlicher wird.
Dass DIE LINKE heute diesen Setzpunkt aufgerufen hat, hat etwas mit der Mandatsveränderung innerhalb der Fraktion DIE LINKE zu tun. In dieser Debatte ist bereits angemerkt worden, dass Sie, Herr van Ooyen, das Parlament verlassen werden. Ich möchte mich dem anschließen, was
Kollege Utter bereits gestern angemerkt hat: dass Sie Ihren Standpunkt hier im Parlament immer sehr sachlich und sehr ruhig vorgetragen haben. Dafür möchte ich Ihnen meinen Dank aussprechen. Auch außerhalb des Parlaments haben Sie vieles unternommen. Sie haben Ostermärsche organisiert, die die Politik zu einer friedlichen Konfliktlösung mahnen und diese einfordern. Damit werden außerdem Entspannung und Abrüstung eingefordert. Wie das erfolgen soll, dazu gibt es sicherlich geteilte Meinungen. Dass Sie sich für diese Ostermärsche und damit für eine friedliche Demonstrationskultur eingesetzt haben, die untrennbar zu unserer Demokratie gehört, dazu möchte ich Ihnen Dank und Anerkennung aussprechen.
Dennoch kann ich es Ihnen nicht ersparen, zu dem, was Sie heute angemerkt haben, kritisch Stellung zu nehmen. Ihr Antrag beginnt zu Recht damit, dass Sie die grausamen Folgen des Krieges benennen. Cicero soll gesagt haben:
Krieg ist ein organisierter und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragener Konflikt, …
Die dazu stattfindenden Gewalthandlungen greifen gezielt die körperliche Unversehrtheit gegnerischer Individuen an und führen so zu Tod und Verletzung.
Das heißt, im Krieg wird das selbstverständlich, was sonst in der Zivilisation undenkbar und nicht tolerierbar ist.
Deswegen ist es ein sicherlich uneingeschränkt befürwortenswerter Ausdruck von Idealismus, den Krieg, der bislang von den Menschen untrennbar zu sein scheint – das muss man an der Stelle sagen – und im hässlichsten Widerspruch zu allen Zivilisationsleistungen des Menschen steht, endlich überall und für immer beenden zu wollen.
Leider ist Idealismus aber kein Rezept. Auch an dieser Stelle muss ich sagen, dass das, was die Linkspartei vorträgt oder programmatisch in Anträge schreibt, für mich nicht überzeugend ist. An dieser Stelle muss auch heute meine Kritik ansetzen. Ich sehe die hehren Ziele, aber ich sehe kein Konzept. Das, was Sie geschrieben haben, stellt für mich keinen Weg dar. Das meine ich nicht im Sinne von Unvollständigkeit – das wäre noch zu verstehen, denn wir sind der Hessische Landtag und können daher die Themen nur oberflächlich diskutieren –, sondern ich glaube, dass der Antrag, Ihre Position ein im Grunde falsches Konzept verfolgt. Ich bin nämlich davon überzeugt, dass ein Sich-Zurückziehen auf den Nationalstaat, eine Nichtbeteiligung Deutschlands an Friedensmissionen der Vereinten Nationen nicht zu einem Mehr an Frieden in der Welt führen, sondern die Vereinten Nationen weiter schwächen würde und dass wir insgesamt ein Mehr an internationaler Zusammenarbeit benötigen.
Ich bin auch nicht davon überzeugt, dass man die Präsenz der NATO in Osteuropa als ein „Säbelrasseln“ bezeichnen sollte, im selben Text aber kein Wort zur russischen Invasion der Krim und der Ostukraine sagt. Das mag vielleicht aus alter Verbundenheit und aus Antiamerikanismus bei Teilen der Linkspartei herrühren. Aber es ist doch einfach aberwitzig, wenn Aggressionen, die von Russland ausgehen, als „Interessenkonflikt“ mit der NATO verniedlicht werden.
Ich glaube vielmehr, die Erfahrungen, die wir in der Ukraine machen mussten, sind ein Beleg dafür, dass die NATOPräsenz in den baltischen Staaten zu mehr Frieden beiträgt, als ihre Abwesenheit das täte.
Auch bei den anderen Bundeswehreinsätzen, die Sie immer wieder kritisieren, muss man fragen: Was ist Ihr Rezept? Die internationale Intervention in Afghanistan hat zwar nicht dazu geführt, dass wir dort Frieden haben – Frieden, wie wir ihn verstehen –, aber sie hat den Talibanstaat, der dort vorher herrschte, zu Fall gebracht. Dass in der Folge keine dauerhafte Befriedung des Landes eingetreten ist, hat mit anderen Dingen zu tun. Die Frage, die ich Ihnen stellen möchte, lautet aber: Wie soll man mit den Taliban oder mit Leuten von ISIS Frieden auf dem Verhandlungsweg erreichen?
(Janine Wissler (DIE LINKE): Man sollte sie zuerst einmal nicht unterstützen! – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Indem man ihnen keine Waffen mehr liefert!)
Wie soll man denn mit den Taliban und mit ISIS ein, wie Sie schreiben, „kollektives Sicherheitssystem“ verhandeln, wenn diese Kräfte den Krieg niemals aufgeben werden, sondern versuchen, ihn mithilfe von Terror nach Europa zu tragen?