Ich komme auch gleich zum Ende. – Ich gratuliere noch den Verantwortlichen im Wetteraukreis ganz herzlich für
Wir kümmern uns mit dem Kommunalen Schutzschirm um die Gesundung der Finanzen. Wir wollen weiterhin die Kommunen ermuntern, auf diesem Weg voranzuschreiten. Die Unterstützung des Landes ist gewiss. Ganz herzlichen Dank und weiterhin viel Erfolg.
Vielen Dank, Herr Kollege Reul. – Als nächster Redner spricht nun Kollege van Ooyen von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wieder einmal reden wir über den Kommunalen Schutzschirm, und wieder einmal versuchen die Regierungsfraktionen, den Kommunalen Schutzschirm als großen Erfolg darzustellen.
Dazu muss man erst einmal klarstellen, warum die Landesregierung überhaupt auf die Idee kommen konnte, den Kommunen bei der Entschuldung zu helfen. Es war nun nicht so, dass das aus lauter Mildtätigkeit passiert ist,
sondern weil die Landesregierung gesehen hat, dass die Kommunen dauerhaft und strukturell so unterfinanziert waren, dass sie selbst bei massiven Kürzungen nicht in die Lage kommen werden, solche Schulden überhaupt abzubauen.
Es ist übrigens ein Problem, das viele Kommunen weiterhin haben werden. Das Thema Altschulden ist noch lange nicht gelöst.
Zum anderen hat die Landesregierung selbst dafür gesorgt, dass die Kommunen, wie gesagt, chronisch unterfinanziert sind.
Diese Landesregierung war es, die im Angesicht der Schuldenbremse dafür gesorgt hat, dass die Kommunen nicht mit ausreichenden Mitteln ausgestattet wurden. Der Kürzungsdruck in den Kommunen kommt nicht daher, dass die Kommunen Geld für goldene Bordsteinkanten verschleudert haben, sondern dass das Land versucht hat, den eigenen Haushalt auf Kosten der Kommunen zu sanieren.
Der Kommunale Schutzschirm mit seinen verbindlichen Konsolidierungszielen hat dazu geführt, dass in den Kommunen noch entschieden werden durfte, in welcher Reihenfolge die sozialen Grausamkeiten begangen wurden, also ob erst die Kitagebühren steigen oder zuerst die Bibliotheken geschlossen werden.
Meine Damen und Herren, die beiden Kommunen, die Sie hier herausgestellt haben, Herr Reul, sind gerade keine Er
folgsgeschichte. Nehmen Sie etwa Kassel, wo Stadtteilbibliotheken geschlossen und Kitabeiträge erhöht wurden, übrigens sehr deutlich gegen den Willen der Bevölkerung. Gerade in Kassel sieht man übrigens auch, dass die Schuldenbremse für Kommunen – nichts anderes ist der Schutzschirm – gerade nicht generationengerecht ist. Oder wollen Sie ernsthaft behaupten, dass die Streichung von Ausbildungsstellen bei der Stadt als eine Maßnahme der Generationengerechtigkeit zu verkaufen ist?
Hier wurde eine Kommune dazu gedrängt, Einschnitte vorzunehmen, die in Summe kaum etwas zur Konsolidierung beigetragen haben, dafür aber erhebliche Nachteile für die Menschen vor Ort bedeuteten. Denn tatsächlich zeigt sich gerade in Kassel das, was typisch ist für eine unterfinanzierte Kommune: Der weit überwiegende Teil der Ausgaben sind Pflichtaufgaben. Hier kann eine Kommune praktisch nichts sparen. Vielmehr findet die Konsolidierung auf der Einnahmeseite statt. Noch im Jahr 2012 hatte die Stadt Kassel um 119 Millionen € niedrigere Aufwendungen, als sie das für das Jahr 2017 plant.
Gleichzeitig aber plant Kassel 126 Millionen € höhere Erträge für das Jahr 2017. Sprich: Die Ausgaben steigen deutlich, noch deutlicher aber die Einnahmen. Das liegt aber nicht am Kürzungsplan, den die Landesregierung durchgesetzt hat, sondern an der positiven Wirtschaftslage. Selbst Herr Reul hat vorhin von höheren Einnahmen aus der Einkommensteuer und vor allem aus der Gewerbesteuer gesprochen.
Dazu kommt, dass Sie in Ihrem Antrag auch noch auf das Kommunalinvestitionsprogramm verweisen. Mit Verlaub, erst sorgen Sie dafür, dass die Kommunen nicht mehr in der Lage sind, zu investieren, und dann wollen Sie sich dafür feiern lassen, dass Sie Sonderprogramme auflegen, um den Investitionsstau nicht noch größer werden zu lassen.
Sorgen Sie endlich dafür, dass die Kommunen dauerhaft ordentlich ausgestattet sind, und dafür, dass die Altschulden der Kommunen angepackt werden.
Für uns wäre wichtig, überhaupt einmal zu erfahren, wie groß der Investitionsstau in Hessen ist, um ihn dann endlich dauerhaft auflösen zu können.
Jedes Jahr ein neues Programm aufzulegen, bringt vielleicht viele schöne Ideen für neue Imagefilme; aber es löst das Problem nicht. – Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Norbert Schmitt (SPD): Die schmücken sich mit fremden Federn! Das ist ein Bundesprogramm!)
Vielen Dank, Herr Kollege van Ooyen. – Als nächster Redner spricht nun Herr Kollege Schmitt von der SPDFraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Reul, ich habe das Gefühl, täglich grüßt bzw. gähnt das Murmeltier. Ich glaube, es ist der 15. Aufguss, den wir zum Schutzschirm im Hessischen Landtag haben. Viel Neues ist nicht zu hören. Eigentlich hätte bei Ihrem Beitrag nur noch gefehlt, die Hessische Landesregierung sei die kommunalfreundlichste in dieser Welt und darüber hinaus,
(Heiterkeit – Demonstrativer Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)
vor allem darüber hinaus. – Was Sie immer vergessen, zu erwähnen, sind die Schattenseiten des Schutzschirms. Diese werden von Ihnen nie beleuchtet und immer überspielt, nämlich die Schattenseiten, dass die Kommunen von der Landesregierung gezwungen worden sind, den Bürgern erheblich in die Tasche zu greifen. Natürlich ist es so, und Sie haben den Schutzschirm als Schlagstock gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern genutzt. Das ist die nüchterne Erkenntnis.
Dazu gibt es auch Zahlen. Die Kommunalsteuern in Hessen wurden vom Jahr 2012 auf 2015 um 750 Millionen € erhöht. 750 Millionen € haben Sie den hessischen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Zeitraum durch Ihre Politik entzogen – und dann feiern Sie sich auch noch. Unter einer echten Hilfe und einem echten Schutzschirm durch das Land verstehen wir in der Tat etwas anderes. Nein, der Schutzschirm ist wirklich als Schlagstock gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern eingesetzt worden. Zudem sind die Kommunen noch gezwungen worden, die Investitionen zu kürzen. Die Investitionen in diesem Zeitraum sind um 200 Millionen € zurückgegangen.
Schauen Sie sich doch einfach einmal die Bilanz an. Schauen Sie sich doch einmal den Schuldenstand der hessischen Kommunen an. Er hat sich im Vergleich zu 2011 überhaupt nicht verändert. Er ist sogar noch leicht gestiegen. Meine Damen und Herren, das ist der Erfolg von einem 3-Milliarden-€-Programm. Sie haben es nicht einmal geschafft, mit diesem Programm aufzufangen, was es alleine in den Haushaltsjahren 2011 und 2012 an Defizitentwicklungen gegeben hat, als die Defizite 2,1 Milliarden € bzw. 1,45 Milliarden € betrugen. Zudem ist dieser Schutzschirm für die Kommunen mit einer Kürzung von 344 Millionen € teuer erkauft worden. Das bekommen Sie immer wieder zu hören. Auch die GRÜNEN haben bis vor wenigen Jahren vertreten, dass der Schutzschirm teuer erkauft worden ist.
Herr Kollege Kaufmann, anders ist doch gar nicht zu erklären, dass der Innenminister momentan über einen Erlass nachdenkt, wie die Altdefizite im Land Hessen bei den Kommunen aufgefangen werden können. Diese Überlegungen sehen wahrscheinlich vor, die Kommunen durch eine neue Runde der Erhöhung von kommunalen Steuern wieder in Zwänge zu bringen – das ist in diesem Erlass sozusagen mit angelegt. Dort wird schon wieder als Planspiel durchgespielt, die Grundsteuer B auf 800 % zu erhöhen. Meine Damen und Herren, das wird in diesem Erlass sozusagen schon wieder als zumutbar unterstellt.
Doch. – Wir haben schon einmal die Situation gehabt. Wenn ich jetzt jemanden bitte, die Unterlagen zu zitieren, wird es für Sie wiederum dramatisch.
Sie haben in diesem Erlass als Variante 3 auf Seite 5 durchgespielt, was passiert und wann man eingreifen muss. Wenn die Grundsteuer B auf über 800 % liegt, müsste sozusagen kommunalrechtlich eingegriffen werden. Das ist in Variante 3 genau durchgespielt worden. Meine Damen und Herren, das ist die neue Runde, die eingeleitet werden soll und wovor die Bürger geschützt werden müssen.
Es muss etwas anderes her, weil Kollege Rudolph von einer tickenden Zeitbombe spricht. Ja, wir haben eine tickende Zeitbombe. Das sind die Kassenkredite der hessischen Kommunen in Höhe von 6,5 Milliarden €. Bundesweit sind wir leider weit vorne. Diese Kassenkredite sind überhaupt nur in den Griff zu bekommen, wenn es einmal ein echtes Entschuldungsprogramm seitens der Landesregierung gibt, um diese abzubauen. Das, was Sie vorsehen, nämlich dass die Kommunen diese Defizite selbst abbauen durch Überlastungen, Leistungskürzungen, Erhöhungen von kommunalen Gebühren oder Leistungseinschränkungen, wird nicht klappen. Deswegen ist ein echtes Programm seitens des Landes notwendig. Wir werden das sicherlich auch noch einmal angemessen diskutieren.