Protocol of the Session on March 22, 2017

Antrag der Fraktion der FDP betreffend bezahlbares Wohnen in Hessen endlich realisieren statt nur darüber reden – Drucks. 19/4654 –

Der Antrag wird zusammen mit Tagesordnungspunkt 57 aufgerufen:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Wohnungsbauförderung in Hessen zeigt Wirkung – Drucks. 19/4708 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Als erster Redner hat sich Kollege Lenders von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im ländlichen Raum wissen wir nicht, wie wir den ÖPNV aufrechterhalten sollen. Im Ballungsraum könnten wir dagegen noch mehr Infrastruktur brauchen. Wir müssen es erreichen, dass am Ende mehr Menschen den ÖPNV nutzen, damit wir im Ballungsraum nicht im Verkehr ersticken.

Wir haben im ländlichen Raum Wohnungen und Häuser, die leer stehen – Werteverfall –; gleichzeitig wissen wir nicht, wie wir im Ballungsraum Menschen mit bezahlbarem Wohnraum versorgen sollen. Beides hängt eng mitein

ander zusammen. Über die Frage, wie wir beides miteinander verknüpfen, haben wir oft diskutiert.

Ich will auch festhalten: Wenn Sie heute eine Wohnung anmieten – eine 50 m2 große Wohnung in Wiesbaden –, die Nebenkosten zahlen und auch noch einen Stellplatz brauchen, haben Sie locker Kosten von 700 € bis 900 € zu tragen. Wie das ein normal verdienender Familienvater allein bezahlen soll, weiß ich auch nicht. Es ist wirklich so: Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum, vor allem für die Menschen aus der Mitte der Gesellschaft.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, darüber brauchen wir uns nicht zu streiten. Worüber wir uns mit Ihnen streiten, ist die Frage, wie wir den Weg dahin schaffen. Fest steht für uns auf jeden Fall: Die Baukosten müssen gesenkt werden, und es muss die Bürokratie abgebaut werden, um am Ende ein Angebot an Wohnraum zu schaffen, welches über die Nachfrage hinausgeht. Nur das wird die Mieten senken, alles andere ist Makulatur.

(Beifall bei der FDP)

Im Rhein-Main-Gebiet fehlen laut der Studie des Regionalverbands bis 2030 rund 184.000 Wohnungen. Diese Studie besagt auch, dass wir es, wenn wir alle Potenziale heben – also überall aufstocken und verdichten – und wenn wir jede Landesliegenschaft und jede Bundesliegenschaft für das Bauen nutzen, dann schaffen könnten, diesen Bedarf zu decken. Das wird aber nicht gelingen,

(Florian Rentsch (FDP): So ist es! – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

weil die Bürokratie – ob das die EnEV oder das Nachbarrechtsgesetz ist – dem im Wege steht und verhindert, dass wir das wirklich heben können. Das sind Probleme. Sie werden es am Ende nicht schaffen. Deswegen werden wir neuen Wohnraum schaffen müssen. Wir werden dafür Flächen nutzen müssen. Wir müssen neue Wohnungen für den Markt zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der FDP)

Das werden wir nur schaffen, wenn wir alle Ebenen daran beteiligen. Wir sind als Freie Demokraten davon überzeugt: Nur wenn das Angebot größer ist als die Nachfrage, werden am Ende die Mieten sinken können.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich kurz auf die EnEV zu sprechen kommen. Die zunehmende Verschärfung der Energieeinsparverordnung über das volkswirtschaftlich sinnvolle Maß hinaus ist absolut nicht hilfreich. Unter anderem dadurch sind die Baukosten über die allgemeine Preisentwicklung hinaus angestiegen. Wir fordern deshalb ein Moratorium für die EnEV.

(Beifall bei der FDP)

Während des Moratoriums soll die Evaluierung stattfinden, die unter anderem die volkswirtschaftlichen, die gesundheitlichen, aber auch die umweltpolitischen Folgen untersucht, z. B. was die Dämmung verursacht. Meine Damen und Herren, darüber haben wir uns bereits gestern unterhalten. Außerdem kritisieren wir ausdrücklich die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe,

(Florian Rentsch (FDP): Absolut!)

die Erhöhung der Grunderwerbsteuer, die Streichung der Wohneigentumsförderung im Wohnraumfördergesetz, die Pläne zur Beteiligung von Grundstückseigentümern an den Erschließungskosten für den öffentlichen Personennahverkehr

(Florian Rentsch (FDP): Sehr gut!)

das ist ein Gesetzesvorhaben, das bei Ihnen noch in der Mache ist – und die Behinderung von notwendigen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Aber seit gestern können wir auch sagen: Das ist ein Zweckentfremdungsgesetz, das bei Ihnen „Wohnungsaufsichtsgesetz“ heißt, aber am Ende genau die gleichen Konsequenzen hat.

(Beifall bei der FDP – Florian Rentsch (FDP): Keine Symbolpolitik! – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Meine Damen und Herren, ich verstehe es wirklich nicht, dass, auch von der SPD, von den LINKEN und von den GRÜNEN, immer wieder gesagt wird, eines der Probleme ist, dass immer mehr Sozialwohnungen aus der Bindung herausfallen und deswegen immer weniger davon zur Verfügung stehen. Das ist ein Ansatzpunkt, dem wir in unserer Regierungsverantwortung durchaus etwas entgegengesetzt haben, nämlich den Ankauf von Belegungsrechten.

(Beifall bei der FDP)

Immer wenn ich Ihre Thesen höre, stelle ich fest, von diesem sehr erfolgreichen Instrument wird kaum noch Gebrauch gemacht. Warum sollen wir nicht den Ankauf von Belegungsrechten

(Michael Boddenberg (CDU): Haben wir gerade erhöht! – Gegenruf des Abg. Florian Rentsch (FDP): Keine Symbolpolitik!)

wirklich wieder voranbringen und dieses Instrument deutlich stärken? Die Bundesregierung muss dem Rat der Sachverständigen folgen, die Mietpreisbremse wieder abzuschaffen, um Investitionsanreize für den Wohnungsbau zu setzen.

(Florian Rentsch (FDP): Sehr gut!)

Kein Politiker – keine Regierung – kann grundlegende physikalische, mathematische oder wirtschaftliche Grundprinzipien außer Kraft setzen.

(Florian Rentsch (FDP): Vorhin schon!)

Bei der Wohnungsnot fehlt ein ausreichendes Angebot. Dieses kann man nicht schaffen, wenn man nicht die Grundlagen dafür hat.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, diese Probleme, die dort geschaffen worden sind, werden im Moment von einer Zinspolitik überlagert. Im Moment haben wir die Flucht ins Betongold. Sollte sich die Zinspolitik ändern, wird Ihnen die Politik der Bürokratisierung und der Verhinderung von Investitionen ganz schwer auf die Füße fallen.

Ich glaube, dass diese These durchaus unterstützt wird, wie man feststellt, wenn man sich den Antrag der SPD anschaut.

(Florian Rentsch (FDP): Das müssen auch die GRÜNEN unterstützen!)

Zu dem Antrag der SPD über bezahlbare Wohnungen für Studierende, der morgen auf der Tagesordnung steht: Wir

haben das noch gar nicht verifiziert, aber die SPD hat schon herausgeschält, dass die Fördermöglichkeiten nicht ausgeschöpft werden. Die SPD möchte gerne aus den zur Verfügung gestellten Fördermitteln noch einmal 30 Millionen € für das studentische Wohnen herausnehmen.

Das ist das, was ich Ihnen immer wieder gesagt habe: Sie können noch so viele Millionen zur Verfügung stellen – mit Ihrer Politik, Investitionen zu verhindern, werden Sie es nicht schaffen. Die Investoren werden abgeschreckt, da können Sie noch so viele Fördermittel zur Verfügung stellen; sie werden nicht abgerufen.

(Beifall bei der FDP)

Wir begrüßen durchaus die Initiative für ein Bündnis für mehr Bauland. Apropos Initiative und Bündnisse: Ich bin gespannt, was aus der „Allianz für Wohnen in Hessen“ geworden ist. Über die Ergebnisse würden wir auch ganz gerne diskutieren.

(Florian Rentsch (FDP): Klimapolizei!)

Herr Boddenberg, das findet man auch in Ihrem Antrag wieder: eine leichte Kritik, dass die eigentlichen Schuldigen, was die Zurverfügungstellung von Bauland betrifft, die Kommunen sind – aha.

(Michael Boddenberg (CDU): Die SPD meistens!)

Ja, dann sagt es doch. Sie hätten auch sagen können, dass die Bürgermeister das Problem sind. In Klammern: Die SPD-Bürgermeister sind das Problem.

(Zurufe von der SPD: Na, na, na!)

Ich komme Ihnen gerade zur Hilfe. – Das Problem sind nämlich gar nicht die SPD-Bürgermeister vor Ort. Wenn überhaupt, gilt das für alle Bürgermeister, die damit zu tun haben. Man kann Bauland nicht mehr vernünftig ausweisen, ohne dass sich sofort eine Bürgerinitiative gründet und sagt: überall ja, aber bei uns nicht.

(Beifall bei der FDP)

Ich erwarte von einer Landesregierung, dass sie sich an die Seite der Kommunen, der Bürgermeister, stellt und ihnen Hilfestellung leistet, wenn es darum geht, Bauland auszuweisen, und ihnen keine Knüppel zwischen die Beine wirft.