Jetzt stellt sich in Hessen die Frage – sie stellt sich überhaupt, nicht nur bei uns –: Wo steht die hessische SPD in dieser Debatte? Wo steht Thorsten Schäfer-Gümbel?
Lieber Kollege Schäfer-Gümbel, Sie sind gestern in der „Bild“-Zeitung zum „Verlierer des Tages“ ernannt worden. Sie haben nämlich zu früh getwittert.
Ich sage Ihnen: Wenn es um die Positionierung geht, d. h. darum, wie man zu den LINKEN steht, kann man nicht früh genug handeln. Deswegen erwarten wir, dass Sie heute erklären, wie sich die hessische SPD, wenn sie in diesem Land die Möglichkeit zur Regierungsbildung bekommt, zu den LINKEN verhält. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie nicht versuchen werden, mit ihnen eine Regierung zu bilden.
Herr Kollege Schäfer-Gümbel, wir haben nämlich eine entsprechende Tradition. Uns interessiert es schon, ob Sie sich von Frau Kollegin Ypsilanti freigemacht haben oder ob Sie nach wie vor ein Stück weit ihre Marionette sind.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie soll er sich denn freimachen? – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir alle haben den Wortbruch der hessischen SPD gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern noch in Erinnerung.
Herr Kollege Schäfer-Gümbel, uns interessiert, ob Sie sich davon freigemacht haben und wohin Sie die SPD in Hessen führen wollen. Zu Beginn des heutigen Plenartags, nämlich in der Aktuellen Stunde der LINKEN, ist uns schon hinreichend erklärt worden, wo wir die LINKEN zu verorten haben. Ich bin Herrn Kollegen Frömmrich wirklich dankbar dafür,
wie er die LINKEN in diesem Haus beschrieben hat. „Kruder Retrokapitalismus“, hat er vorhin gesagt, und er hat auf „abenteuerliche, ja gar irre Inhalte“ hingewiesen. Er empfahl die Beobachtung durch Psychotherapeuten.
Herr Kollege Frömmrich, ich kann das nachvollziehen. Ich frage Herrn Kollegen Schäfer-Gümbel: Können Sie das auch nachvollziehen? Werden Sie gleich von diesem Rednerpult aus erklären, dass Sie mit den LINKEN niemals eine Regierung bilden werden?
Der Kollege Gabriel hat vergangene Woche in der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt, dass er der LINKEN, was die Regierungsbildung betrifft, eine klare Absage erteilt. Wo steht die hessische SPD?
Aber, Herr Kollege Schäfer-Gümbel, die Frage, die sich Ihnen stellt, ist so einfach, dass alle nach dieser Aktuellen Stunde wissen werden, ob Sie Ja oder Nein dazu sagen. Diese Frage stellen wir Ihnen, und wir erwarten von Ihnen gleich ihre Beantwortung: Was werden Sie mit der LINKEN in diesem Land machen? Halten Sie sie auch für unberechenbar? Herr Kollege Schäfer-Gümbel, stimmen Sie Herrn Gabriel zu, wenn er von einer Zerrissenheit und von Sektierern bei den LINKEN spricht? Was wird die hessische SPD tun, wenn es um die Macht in Hessen geht? Wird sie mit den LINKEN paktieren oder nicht? Diese Frage müssen Sie heute von diesem Rednerpult aus beantworten.
Frau Kollegin Faeser hat anlässlich der Debatte von heute Morgen davon gesprochen, dass CDU und LINKE einander für ihre politischen Inszenierungen brauchen.
Erstens möchte ich Ihnen zurufen: „Das ist eine grobe Verharmlosung der LINKEN in diesem Hause und in die
sem Land insgesamt“, und zweitens: SPD und LINKE brauchen einander möglicherweise, um Mehrheiten zu bilden. Herr Gabriel hat aber klar erklärt, was er will: Er will nicht mit den LINKEN paktieren.
Wir erwarten von der hessischen SPD eine klare Positionierung. Herr Schäfer-Gümbel, erklären Sie sich von diesem Rednerpult.
Vielen Dank, Herr Kollege Beuth. – Nächster Redner ist Herr Kollege Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
(Günter Rudolph (SPD): Das konnte der Boddenberg wirklich besser, den ich nicht oft gelobt habe, aber das muss jetzt sein!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Beuth, eine Bemerkung vorab: Manchmal tut auch einer Fünfminutenrede ein zweites Argument ganz gut.
Wir erleben heute, dass die Fraktion, die diese Regierung trägt, nämlich die CDU, an diesem Donnerstagmorgen als wichtigstes Thema die Frage erkannt hat: „Wo steht Thorsten Schäfer-Gümbel?“ Die Fraktion, die die Regierung in diesem Land seit 13 Jahren stellt, fragt Anfang des Jahres 2012 als wichtigste Frage: „Wo steht Thorsten SchäferGümbel?“ – Herr Kollege Beuth, wir hätten uns gewünscht, dass Sie sich fragen: Wie können wir das Chaos im Kultusministerium beenden und mehr für die Schülerinnen und Schüler tun?
Wir hätten uns von einer Regierungsfraktion gewünscht, dass sie fragt: Wie können wir für besseren Klima- und Umweltschutz sorgen?
Wir hätten uns von einer Fraktion, die dieses Land regiert, gewünscht, dass sie fragt: Wie können wir sozialen Zusammenhalt in unserem Land organisieren, damit niemand mehr durchs soziale Netz fällt?
Dass Sie sich mit dem Thema beschäftigen, wo Thorsten Schäfer-Gümbel steht, zeigt doch: Ihnen fällt überhaupt nichts mehr ein, wie Sie dieses Land gestalten wollen.
Stattdessen geht an diesem kalten Donnerstagmorgen das Gespenst des Kommunismus wieder durch dieses Haus.
Jetzt aber ernsthaft – der geschätzte Kollege Willi van Ooyen ist nicht da –: Herr Kollege Beuth, wollen Sie wirk
lich Willi van Ooyen zum Gespenst des Kommunismus im Hessischen Landtag erklären, vor dem alle erzittern, von dem alle bedroht sind und von dem eine reale Gefahr ausgeht? – Das glauben Sie doch selbst nicht.
Dann sehen Sie Willi van Ooyen, dieses Gespenst, durch die Flure des Landtags marodieren, und Peter Beuth ruft seinen Ministerpräsidenten und CDU-Parteivorsitzenden an und sagt: „Volker, hör die Signale! Auf zum letzten Gefecht!“ – Fällt Ihnen eigentlich gar nichts mehr ein, Herr Kollege Beuth?
Herr Kollege Beuth, jetzt frage ich Sie allen Ernstes: Dienen Sie eigentlich Ihrem Ziel? – Sie sagen, Sie wollten, dass DIE LINKE nicht mehr dem Hessischen Landtag angehöre. Da sind wir vielleicht sogar noch einer Meinung. Das entscheiden aber weder Sie noch wir, sondern die Wählerinnen und Wähler. Ich frage Sie noch einmal: Dienen Sie Ihrem Ziel? – Herr Kollege Beuth, glauben Sie wirklich, dass diese Gruppe, so wie sie sich bisher im Hessischen Landtag dargestellt hat, es allein noch einmal über die 5-%-Hürde schafft? Glauben Sie das ernsthaft, oder sind nicht Sie, Herr Dr. Wagner, mit den Debatten, die Sie hier führen, der beste Wahlkampfhelfer der LINKEN?