tungsangebote vor. Wir kommen damit dem Informationsbedürfnis von immer mehr älteren Menschen nach solchen Wohnformen nach. Diese werden in Zukunft, wie ich es eben erwähnt habe, immer wichtiger und größere Bedeutung erlangen.
Ansonsten aber stellen wir diesen Bereich von Aufsicht frei. Es ist unser grundsätzliches Verständnis, dass Pflege in einem privaten und intimen Rahmen stattfindet.
Staatliche Aufsicht und Regulierung müssen in diesem Fall die notwendige Sensibilität und Zurückhaltung üben, um die gewünschte Selbstbestimmung nicht zu konterkarieren.
Aus demselben Grundverständnis heraus haben wir für den Heimbereich das Recht auf ein Einzelzimmer in unserem Gesetzentwurf verankert.
Wir tragen damit dem Wunsch der allermeisten Heimbewohnerinnen und Heimbewohner nach Privatheit und einem Rückzugsraum Rechnung. Die vorgesehene Übergangsfrist in bestehenden Einrichtungen von zehn Jahren stellt sicher, dass die Einrichtungen genügend Zeit haben, sich auf diesen Rechtsanspruch vorzubereiten.
Würde und respektvoller Umgang sind auch eng mit der personellen Ausstattung der Einrichtungen verknüpft. Um hoch qualifizierte Pflege zu ermöglichen, die mehr ist als ein Satt-und-sauber-Programm, bedarf es gut ausgebildeten Pflegepersonals und förderlicher Arbeitsbedingungen.
Unser Gesetzentwurf definiert daher Personalmindeststandards. Wir halten es im Gegensatz zu den Koalitionsfraktionen für angebracht, die Personalausstattung nicht nur auf dem Verordnungsweg zu regeln, sondern im Gesetz selbst zu verankern. Auch die Maßgabe, dass Fachkräfte möglichst mindestens die Hälfte der tariflichen Arbeitszeit beschäftigt werden sollen, dient der Sicherstellung einer zugewandten Pflege. So wird ermöglicht, dass Pflege auch im Aufbau von Beziehungen zwischen pflegebedürftigen Menschen und Pflegekräften bestehen kann und nicht in Routine erstarrt. Gerade das ist mit dem Blick auf die steigende Zahl demenziell erkrankter Menschen unerlässlich. Auch diesem Personenkreis ist eine menschenwürdige und respektvolle Betreuung zu garantieren.
Es wäre noch von Wichtigkeit, vom Verhältnis zum Pflegepersonal zu sprechen, wobei beim Koalitionsentwurf der Eindruck entstehen könnte, dass pflegebedürftige Menschen vor dem Pflegepersonal geschützt werden müssen. Auch da sind wir anderer Auffassung.
Meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf wird den Anforderungen der Wirklichkeit im Pflegebereich gerecht, bietet Raum für differenzierte neue Wohnräume, fachliche personelle Standards für gute Pflege, vor allem dient er dem Schutz, den Bedürfnissen und der qualifizierten Pflege der pflegebedürftigen Menschen.
Wir haben Ihnen einen Entwurf vorgelegt, der sich breiter Zustimmung erfreut. Da wir den Bereich im Interesse aller pflegebedürftigen und pflegenden Menschen sehr wichtig finden, beantrage ich für meine Fraktion eine dritte Lesung des Gesetzentwurfs. – Ich danke Ihnen sehr.
Danke sehr, Frau Müller. – Als Nächster wird Herr Dr. Jürgens für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu uns sprechen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf von CDU und FDP, über den wir heute in zweiter Lesung verhandeln, ist auch nach der zweiten umfangreichen Nachbesserung, die Sie vorgenommen haben, unvollständig, unsystematisch und unübersichtlich.
Ich habe in der ersten Lesung auf erhebliche Mängel des Gesetzentwurfs hingewiesen. Sie haben bereits – das war ungewöhnlich genug – vor der Anhörung einen umfangreichen Änderungskatalog vorgelegt,
dabei ein paar besonders krasse Fehler beseitigt, aber auch neue hineingeschrieben. Wir haben dann die Anhörung gehabt, wo Ihr Gesetzentwurf in der Luft zerrissen wurde. Danach brauchten Sie fünf weitere Monate, um ihn ein erneutes Mal zu verschlimmbessern. Es gilt, was ich auch in der ersten Lesung gesagt habe: Sie brauchen am meisten Zeit und legen uns den größten Mist vor. Das ist das Ergebnis.
Es gab von Anfang an einen Streitpunkt, das war die Einbeziehung von ambulanten Diensten in den Geltungsbereich des Gesetzes. Ich hatte auf Einladung des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste im Sommer letzten Jahres ein Gespräch bei einer Pflegestation in Pfungstadt. Anwesend waren auch Herr Dr. Bartelt für die CDU- und Herr Mick für die FDP-Fraktion. Es ging natürlich um den Gesetzentwurf, und es ging vor allem auch um den Änderungsantrag, der damals schon eingebracht war, wie gesagt, vor der Anhörung.
Auf Nachfragen erklärte der eine von beiden, nunmehr sei klargestellt, dass ambulante Dienste keinesfalls geprüft würden. Der andere sagte, es sei klargestellt, dass ambulante Dienste geprüft werden könnten. Ich weiß nicht mehr, wer welche Position vertreten hat. Wahr
scheinlich wissen sie es selbst nicht mehr. Das Problem war: Sie wussten selbst nicht, was im eigenen Gesetzentwurf steht. Dieser Eindruck hat sich bis heute fortgesetzt. Sie wissen selbst nicht, um was es eigentlich geht.
Das zeigt sich an der denkwürdigen Diskussion, die wir in der letzten Ausschusssitzung hatten. Wir haben verschiedene Fragen zu dem erneuten Änderungsantrag gestellt, was denn mit einzelnen Änderungen gemeint sei, was nunmehr gelten solle. Das Erschreckende war, dass kein einziger der anwesenden Abgeordneten der Koalition eine dieser Fragen beantworten konnte – weder falsch noch richtig, sondern überhaupt nicht beantworten konnte.
Auf die schlichte Frage, ob damit anlassbezogene Prüfungen nicht nur bei den stationären Einrichtungen in Halbsatz 1, sondern auch bei den ambulanten Diensten möglich sein sollten, die ja Bestandteil des Gesetzentwurfs sind, wusste niemand aus der Koalition eine Antwort.
Doch. – Auf die Frage, wo denn die anlassbezogenen Prüfungen, die nach Ihrer Vorschrift unberührt bleiben sollen, ihrerseits geregelt sind – sonst könnten sie nicht unberührt bleiben –, gab es wiederum keine Antwort. Es gibt auch keine Regelung im gesamten Landesrecht und schon gar nicht in Ihrem Gesetzentwurf.
Dann macht der Minister noch den allerdings untauglichen Versuch, zu begründen, in § 4 stehe dies. Wenn man sich § 4 anschaut, sieht man Regelungen zu Anregungen, Hinweisen und Beschwerden über Einrichtungen und die allgemeine Regelung, dass die Behörde verpflichtet sei, den Beschwerden unverzüglich nachzugehen. Da steht nichts von Prüfungen und gar keine Ermächtigung, einzelne Einrichtungen oder Büroräume von Diensten oder sonst irgendetwas zu betreten. Im Ergebnis ist nach Ihrem Gesetzentwurf vollkommen offen, ob, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Befugnissen anlassbezogene Prüfungen von wem, wo und wie überhaupt wahrgenommen werden können. Das ist völlig unklar.
Diese grenzenlose Ahnungslosigkeit der Mehrheitsfraktionen, die in dieser Ausschusssitzung offenbar geworden ist, lässt sich an verschiedenen Beispielen weiter fortsetzen. Sie wollen z. B. hineinschreiben, dass gerichtlich genehmigte freiheitsentziehende Maßnahmen „auf das notwendige Maß“ beschränkt werden sollen. In der Anhörung ist Ihnen gesagt worden, die Einrichtungen haben gar keinen Gestaltungsspielraum, weil die unterbringen
den Gerichte oder die Betreuer das Maß der freiheitsentziehenden Maßnahmen bestimmen. Da gibt es gar keinen Gestaltungsspielraum. Gleichwohl schreiben Sie das hinein.
An zwei Stellen erwähnen Sie in Ihrem Gesetzentwurf einen Einrichtungsfürsprecher. Den gibt es nach Ihrem eigenen Gesetzentwurf aber gar nicht.
Sie verwenden den Begriff des Betreibers. Aber wer ist eigentlich Betreiber? Das ist in vielen Fällen zweifelhaft. Wenn in einer Einrichtung der Vermieter von Wohnraum und der Erbringer von Pflegeleistungen nicht personenidentisch ist, wer ist Betreiber? – Schweigen in Ihrem Gesetz.
Wen treffen beim Einsatz von vermittelten Pflegekräften die Betreiberpflichten, den Vermittler oder die Pflegeperson? – Schweigen im Gesetz.
Wer ist Betreiber einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft? Sie schreiben ausdrücklich hinein: Eine ambulant betreute Wohngemeinschaft fällt in den Geltungsbereich des Gesetzes. – Sie definieren dann: Eine ambulant betreute Wohngemeinschaft liegt vor,
wenn die Bewohnerinnen und Bewohner in der Lage sind, ihre Lebens- und Haushaltsführung weitgehend selbstbestimmt zu gestalten, und die erbrachten Betreuungsleistungen nicht auf die ständige Anwesenheit des Betreuungspersonals ausgerichtet sind.