Protocol of the Session on December 15, 2011

Man muss sich das einmal anschauen. In Niedersachsen z. B. ist das Gemeindewirtschaftsrecht gerade wieder in die entsprechende Richtung liberalisiert worden. Da regiert Schwarz-Gelb. Sie hätten vielleicht einmal nach Niedersachsen schauen sollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Nancy Faeser und Timon Gremmels (SPD))

Es ist unverständlich, warum die Mitglieder der Regierungsfraktionen so stur an der Benachteiligung der kommunalen Unternehmen festgehalten haben. Immerhin geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die Energieerzeugung und -versorgung durch die Kommunen grundsätzlich zulässig ist. Die kommunalen Unternehmen würden in den nächsten Jahren gerne jährlich 400 Millionen € investieren, von denen besonders das örtliche Handwerk profitieren könnte. Denn die kommunalen Unternehmen wollen die Wertschöpfung in der Region stärken.

Ihr Motto „privat vor Staat“ wird vollends zur Farce, wenn sich ausländische Staatsunternehmen, wie z. B. Vattenfall, bei den Kommunen bei lukrativen Energieprojekten einklagen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Besonders ärgerlich ist der Umstand, dass ihnen die Früchte harter kommunaler Vorarbeit, wie z. B. die Standortrecherche, ohne eigenes Zutun förmlich in den Schoß fallen sollen. Unser Vorschlag zur Änderung des § 121 Hessische Gemeindeordnung, der leider abgelehnt wurde, hätte faire Wettbewerbsbedingungen und Chancengleichheit gegenüber den Stadtwerken aus anderen Bundesländern und sogar auch gegenüber ausländischen Staatsunternehmen gebracht – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Nancy Faeser und Heike Hofmann (SPD))

Abschließend bleibt nur festzustellen: Mit diesem Gesetzentwurf sind die Regierungsfraktion weit hinter den Erwartungen der Kommunen und der Bürgerinnen und Bürger zurückgeblieben. Anstatt mehr Bürgerbeteiligung zu ermöglichen, wird diese eingeschränkt. Die Kommunen erhalten bei den Kassenkrediten weniger Spielräume, und anstatt der Energiewende einen kräftigen Schub zu verleihen und die Rolle der Kommunen zu stärken, werden diese behindert.

Abschließend möchte ich noch auf einige Bemerkungen eingehen, die unter anderem der Kollege Rock zur Energiewende gemacht hat. Ihr Selbstverständnis von kommunaler Selbstverwaltung lässt tief blicken, wenn Sie den Kommunen aus reiner Fürsorge einen privaten Aufpasser zur Seite stellen wollen.

Frau Enslin, die Redezeit ist zu Ende.

Kommunale Selbstverwaltung hat mehr Vertrauen verdient. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vielen Dank für Ihren Beitrag. – Ich darf Frau Faeser bitten, für die SPD-Fraktion das Wort zu ergreifen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe bereits in der zweiten Lesung der HGO meine Enttäuschung zum Ausdruck gebracht. Das hat eben auch Frau Kollegin Enslin getan. Es ist in der Tat richtig, dass die HGO-Novelle hinter allen Erwartungen, hinter den Erwartungen der Kommunen, der Bürgerinnen und Bürger und, ich denke, auch der Fraktionen in diesem Hause, weit zurückbleibt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei der Bürgerbeteiligung – ich glaube, darauf hatten die Bürger sehr gesetzt – bleiben Sie weit hinter den Erwartungen zurück, weil Sie lediglich das Quorum für das Bürgerbegehren, also für die Einleitung, senken, aber den Bürgerentscheid lassen, wie er ist. Das bringt den Bürgerinnen und Bürgern überhaupt nichts. Insofern ist das

kein Mehr an Bürgerbeteiligung. Die Kollegin Enslin hat es gesagt: Mit der HGO-Novelle setzen Sie Ihre Kommunalfeindlichkeit fort.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Judith Lannert (CDU): Das ist nicht wahr!)

Frau Lannert, ich weiß, dass das sehr wehtut. Erst beschließen Sie, jährlich wiederkehrend 344 Millionen € aus dem KFA zu nehmen, dieses Jahr zusätzlich 20 Millionen € für den ÖPNV vor Ort,

(Peter Beuth (CDU): Das stimmt doch gar nicht! Frau Kollegin Faeser, waren Sie bei der Haushaltsberatung nicht dabei? Das ist objektiv falsch! Das ist unfassbar!)

und obendrauf auch noch die Kassenkredite. – Herr Kollege Beuth, das ist das, was den Kommunen nicht passt. Ich glaube, die 344 Millionen € haben Sie nicht zurückgegeben.

Aber jetzt kommen wir zu dem, was Sie in den letzten Wochen noch gebracht haben;

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

denn es war erstaunlich, Herr Kollege Beuth, dass Sie sieben Monate lang nichts zur wirtschaftlichen Betätigung getan haben,

(Peter Beuth (CDU): Das ist eine Unverschämtheit!)

sieben Monate lang gar nichts.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

In den letzten Wochen, nach dem Energiegipfel, nachdem sich dieses Haus darauf geeinigt hat, dass den Kommunen eine wichtige Rolle bei der Energiewende zukommt, haben Sie hier eine Regelung vorgelegt, die wirklich ein Trauerspiel ist,

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja!)

weil Sie mit Ihrer Regelung den Kommunen die wirtschaftliche Betätigung erschweren.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Der Kollege Bauer hat vorhin gesagt, man könne das so oder so machen. Das ist nicht richtig. Ihr Gesetzentwurf sieht vor, dass immer private Dritte beteiligt werden müssen, und nur dann, wenn sich überhaupt niemand finden lässt, könne man das machen. Das ist aber etwas anderes, als wenn Sie sagen: Man kann das so oder so machen. – Das ist ein riesiger Unterschied.

Kommunale Beteiligung eines privaten Dritten, und dann darf die Kommune sich nicht mehr als zu 50 % beteiligen. Mehr Anteile darf sie nicht halten.

(Heinz Lotz (SPD): Ein Witz!)

Jetzt kommen wir zu dem, was Ihnen die Praxis im Moment sagt. Reden wir über den Beschluss des Kreistags Marburg

(Günter Rudolph (SPD): Schwarz-Grün!)

regiert von Schwarz-Grün –, der einstimmig erfolgt ist, d. h. einschließlich der Abgeordneten Finanzminister Schäfer und Fraktionsvorsitzender Wagner der CDU.

(Günter Rudolph (SPD): Das ist interessant! – Brigitte Hofmeyer (SPD): Unglaublich!)

Der Kreistag hat diese Woche beschlossen, dass die Regelung so, wie Sie sie vorschlagen, nicht geht. Der Kreistag hat einstimmig beschlossen,

(Beifall des Abg. Timon Gremmels (SPD))

dass es eine Ausnahme der Subsidiaritätsregelung für die Energieversorgung geben muss.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Günter Ru- dolph (SPD): Heuchelei ist das!)

Herr Kollege Bauer, von Aufhetzen von unserer Seite kann hier wohl nicht die Rede sein, wenn ich von einer schwarz-grünen Regierung rede, von Ihrem Fraktionsvorsitzenden und Ihrem Finanzminister. Dann scheint doch an Ihrer Regelung etwas massiv nicht zu stimmen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann seht ihr mal, was Schwarz-Grün bringt!)

Schauen wir uns einmal an, was Ihnen die ÜWAG-Stadtwerke gesagt haben. Herr Kollege Bauer, zum Thema Aufhetzen: Wer ist denn Aufsichtsratsvorsitzender der ÜWAG in Fulda? Das ist Landrat Woide, CDU.

(Minister Boris Rhein: Guter Mann!)

Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende ist meines Wissens der Oberbürgermeister der Stadt Fulda, CDU.

(Minister Boris Rhein: Auch ein guter Mann! – Zu- ruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Die ÜWAG hat massiv interveniert und Sie gebeten, von dieser Regelung Abstand zu nehmen.

(Alexander Bauer (CDU): Quatsch!)

Herr Kollege Bauer, das kann ich Ihnen im „Fuldainfo“ von gestern, von vorgestern und von letzter Woche zeigen.