Herr Al-Wazir, um in Ihrer Diktion zu bleiben: Wir wollen einen leistungsfähigen Großflughafen Frankfurt. Wir wollen die Arbeitsplätze, die es dort gibt, erhalten. Wir wollen die Arbeitsplätze mehren. Aber wir wollen auch miteinander darum ringen, dass wir einen maximalen Schutz der Anwohner rund um den Flughafen vor dem Fluglärm bekommen, und dazu diskutieren wir heute hier. Dazu gibt es eine ganze Reihe von wichtigen Ansätzen.
Ich möchte eines hervorheben, was auch Boris Rhein gesagt hat. Wir haben nach dem Mediationsverfahren in diesem Landtag mehrfach darüber diskutiert, dass es zwei Seiten einer Medaille gibt: die Erweiterung des Flughafens und auf der anderen Seite gleichzeitig das Nachtflugverbot.
Das, was die Menschen im Moment in Flörsheim oder in Hochheim, aber auch am Lerchesberg, stört, ist nicht die Flugtätigkeit in der Nacht. Die gibt es im Moment nicht. Wir reden im Moment hauptsächlich über die Belastungen in der Tagzeit. Was dort neu ist, gerade auch in Flörsheim, ist durch die neue Landebahn Nordwest eine über die Maßen große Lärmbelastung der Anwohner. Ich glaube, es erschreckt jeden, wenn er in Flörsheim steht und in 275 m über sich die Maschinen hereinschweben sieht.
Ich bin dankbar dafür, dass Ministerpräsident Volker Bouffier noch in diesem Jahr die Verantwortlichen im Zusammenhang mit dem Flughafen – Fraport, Lufthansa, aber auch die Anrainer und viele Beteiligte – zusammenruft, um sehr konkret darüber zu reden, was wir tun können. Ich gehe fest davon aus, dass es im Januar oder Februar entsprechende Ergebnisse geben wird, die das Ganze vorantreiben.
Eines will ich aber deutlich sagen. Minister Alois Rhiel hat, als er uns 2007 letztlich den Planfeststellungsbescheid vorgestellt hat, deutlich gemacht: Ich kann es nicht verantworten, das absolute Nachtflugverbot, von dem wir bis jetzt in den Diskussionen der Fraktionen gesprochen haben, hineinzuschreiben, da man nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts klar von einem spezifischen Nachtflugbedarf in Frankfurt ausgehen muss. Das muss umgesetzt werden, indem wir ein eingeschränktes Nachtflugverbot mit 17 Ausnahmen in den Planfeststellungsbeschluss hineinschreiben.
Ich will an Folgendes erinnern, weil Sie es auch erwähnt haben, Herr Wagner: Der VGH hat deutlich gemacht, dass die Planfeststellungsbehörde die Abwägung der berechtigten Interessen der Anwohner, was den Fluglärm anbelangt, und auf der anderen Seite der Frage eines Großflughafens mit seiner wirtschaftlichen Bedeutung für die Region, für Hessen und für Deutschland richtig, rechtsfehlerfrei vorgenommen hat. Die einzige Ausnahme sind die 17 Nachtflugbewegungen.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat Herr Rentsch gerade noch bestritten! Aber macht ja nix!)
Der VGH hat zu den 17 Nachtflugbewegungen gesagt, dass deren Rechtssicherheit einer Überprüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Er hat gesagt: eine Regelung nahe null.
Genau diese Frage wird jetzt in Leipzig durch das Bundesverwaltungsgericht geklärt. Ich sage noch einmal: Wenn Leipzig die Entscheidung bestätigt, die der VGH im Grunde genommen vorbereitet hat, indem er gesagt hat, hier müsse eine neue Regelung, also ein Ergänzungsverfahren zum Planfeststellungsverfahren, gemacht werden, wenn Leipzig sagt, das absolute Nachtflugverbot muss in Frankfurt gelten, dann wird es umgesetzt.
Das ist genau die Frage, die Sie, Herr Al-Wazir, und ich selbst nicht beantworten können. Wir wollen eine Entscheidung – –
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh Herr, schmeiß Hirn vom Himmel! – Gegenrufe von der CDU: Das ist unverschämt!)
Hören Sie mir doch zu, dann können Sie gleich noch einmal in die Bütt gehen. Es mag sein, Herr Al-Wazir, dass ich hier etwas sage, was Ihnen nicht passt. Es mag auch sein, dass es Ihnen nicht gepasst hat bei Ihrem Landesparteitag, dass der Antrag kam, dass die Landebahn Nordwest wieder geschlossen werden soll. Da haben Sie sich
Ich will nur eines deutlich sagen: Wir brauchen für diesen Flughafen Frankfurt eine Entscheidung, die rechtssicher ist und die auch Rechtsfrieden schafft. Wir wissen – Herr Al-Wazir, das können Sie nicht wegdiskutieren –, auch der VGH hat von einem bestehenden spezifischen Nachtflugbedarf in Frankfurt gesprochen.
Was er damit meint, hat er nicht deutlich gemacht. Aber es steht drin, und das ist eine Tatsache, die man einfach feststellen muss. Wir erwarten vom Leipziger Gerichtshof eine Aussage, die dann auch der Planfeststellungsbehörde eine Richtschnur sein wird, um das Ergänzungsverfahren entsprechend zu gestalten.
Der Frankfurter Flughafen gibt vielen Menschen in der Region Brot und Arbeit, aber es gibt auch viele Menschen, die durch den Fluglärm belastet werden. Diese Belastung müssen wir, in welcher Form auch immer, mindern. Das wird die Aufgabe der nächsten Monate sein, ob durch eine Änderung der Flugrouten – wir haben gehört, dass es da eine Menge Ansätze gibt –
oder durch Änderungen hinsichtlich der Flugzeuge, die zu einer Lärmminderung führen. Ich glaube, da gibt es noch viel Optimierungsbedarf. Wir brauchen aber den Flughafen. Er ist wichtig für die Region und für die Menschen dieser Region.
Herr Al-Wazir, den zweiten Zwischenruf dieser Qualität lasse ich nicht durchgehen. Beim ersten habe ich Sie auf die Konsequenzen aufmerksam gemacht. Ich erteile Ihnen hiermit eine Rüge.
Ich bitte, solche Kommentierungen künftig zu unterlassen. Wir wollen etwas entemotionalisieren. Das ist bei dieser Debatte durchaus angebracht.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Rhein, ich will versuchen, einen Punkt an den Anfang zu stellen, damit auch nach den Ausführungen von Herrn Arnold klar ist, wo Konsens herrscht. Aber gerade deshalb, weil teilweise Konsens herrscht, bin ich so verärgert über das, was Sie gestern zu stellen versucht und heute wiederholt haben.
Es ist völlig klar – ich habe das in diesem Hause wiederholt gesagt, zuletzt in der Sondersitzung, und ich habe es auch eben noch einmal gesagt –, dass wir zum Ausbau des
Frankfurter Flughafens unter den Bedingungen der Mediation ausdrücklich Ja sagen – und zwar mit dem Hinweis darauf, dass der Frankfurter Flughafen Zigtausenden Menschen Lohn und Brot bietet und zur wirtschaftlichen Stärke der gesamten Region führt.
Herr Arnold, gerade deshalb muss man die Legitimation der größten Infrastruktureinrichtung des Landes erhalten, indem man die Zusagen, die man der Region gegeben hat, auch erfüllt.
Das ist der Punkt, warum wir Ihnen hinsichtlich des Mediationsergebnisses einen Wortbruch durch den Planfeststellungsbeschluss vorhalten, den nicht Herr Posch zu verantworten hat, sondern Herr Rhiel. Herr Rhein, Sie behaupten hier, es gebe keinen Dissens zwischen Ihnen und der Landesregierung, und Sie versuchen, sich hier durchzulavieren. Herr Rentsch hat eben in aller Klarheit gesagt, dass mit ihm dieses Durchlavieren nicht funktioniert, dass die Spielereien, die Sie gestern versucht haben, von der Koalition nicht akzeptiert werden, dass das dem Thema nicht angemessen ist. Da hat er sehr recht. Das ist dem Thema nicht angemessen. Deswegen will ich ein paar Punkte wiederholen, um das hier klarzustellen.
Sie haben gestern sehr deutlich gesagt: „Wir wollen ein Nachtflugverbot ohne Wenn und Aber. Wir wollen eine Lärmoptimierung beim Anflug und beim Startverkehr.“ Dafür wollen Sie sich mit Ihrer ganzen Kraft einsetzen, und Sie wollen, dass die Krachmacher unter den Flugzeugen in Frankfurt ausgesperrt oder mit so hohen Landegebühren belegt werden, dass ihr Einsatz nicht mehr attraktiv ist. Wenn das die Position des hessischen Innenministers ist – er ist ja nicht persönlichkeitsgespalten und hat gestern Abend als Frankfurter OB-Kandidat und heute als Mitglied der Landesregierung geredet,
zumindest gehe ich davon aus –, was heißt das denn dann für den Betrieb der MD 11 der Lufthansa Cargo? Sollen diese Flugzeuge aus dem nächsten Flugplan hinausgeworfen werden? Ist das Ihre Position, Herr Rhein? Was heißt das denn für den anderen Teil der Landesregierung, was heißt das für künftige Genehmigungen am Flughafen? Was heißt das denn für den Betreiber, der dem Land Hessen nach wie vor zu einem nicht unerheblichen Teil gehört? Ich hätte darauf gern eine klare Antwort. Ich sage Ihnen: Sie werden sich in den nächsten Monaten nicht weiter durchlavieren können.
Zweitens. Sie haben gesagt, Sie wollen die Menschen halten. Sie haben deswegen eine Taskforce eingerichtet. Das ist eben noch einmal beschrieben worden. Ich sage es noch einmal: Das Mediationsergebnis haben Sie im Jahr 2000 in namentlicher Abstimmung hier anerkannt und beschlossen. Es bestand aus fünf Punkten. Davon haben Sie eineinhalb Punkte umgesetzt. Aber genau die Punkte, die Sie jetzt in einer Arbeitsgruppe aufrufen, hätten Sie seit zwölf Jahren bearbeiten können. Das ist doch der Kern des Problems.
Sie erklären jetzt – wo alles zu spät ist, weil sich die Menschen beklagen –: „Wir kümmern uns darum.“ Sie hätten die letzten zwölf Jahre daran arbeiten müssen.
Herr Boddenberg, weil ich es besser weiß, sage ich hier immer wieder: Sie haben sich in die Büsche gemacht und sind Ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden.
Letzter Punkt. Der VGH hat Ihnen ins Stammbuch geschrieben, dass Sie Ihr Wort halten dürfen. Niemand hat Sie gezwungen, Revision gegen das Urteil des VGH einzulegen.
Sie haben immer mit der Erlangung von Rechtssicherheit argumentiert. Ich will mir für eine gedankliche Sekunde Ihre Position zu eigen machen, die sagt: Der Weg zu Rechtssicherheit und zu Nachtruhe – so, wie Sie es in Ihrem Antrag beschreiben – ist einfacher, wenn wir jetzt die Revision durchziehen. – Unsere Position ist: Fassen Sie einen neuen Beschluss; es wird danach sowieso ein neues Verfahren geben. – Das ist der Punkt, an dem wir uns unterscheiden.
Nun sage ich Ihnen, warum beide Positionen nicht vergleichbar sind: weil Sie in Leipzig nicht auf die Festsetzung der Nachtruhe klagen. Sie klagen in Leipzig mit Ihrem Schriftsatz auf die Durchsetzung von 17 Nachtflügen. Das ist nicht akzeptabel, liebe Kolleginnen und Kollegen.