Was wir tun müssen – ich versichere Ihnen an dieser Stelle, dass wir es tun –, ist erstens, die Hintergründe dieser abscheulichen Taten restlos aufzuklären. Das werden wir für Hessen transparent machen. Das werden wir für Hessen akribisch und mit Hochdruck betreiben. Ich werde das heute Abend in der PKV tun, und ich werde das natürlich im Innenausschuss des Hessischen Landtags fortsetzen, Herr Abg. Schaus. Ich sage Ihnen auch, dass ich ein ureigenes Interesse daran habe, dass der Sachverhalt lückenlos aufgeklärt wird. Weil wir nicht nur lückenlos aufklären, sondern dies auch mit Hochdruck tun wollen, sichere ich Ihnen an dieser Stelle zu, dass Sie über diesen Prozess kontinuierlich informiert werden und dass wir Ihnen, sobald das möglich ist, einen entsprechenden Bericht vorlegen werden.
Herr Schaus, ich will aber ganz besonders in Ihre Richtung sagen: Ich bitte auch um Verständnis dafür, dass wir bei aller Transparenz immer auch darauf achten müssen, dass wir die Ermittlungen des Generalbundesanwalts nicht gefährden. Es ist in unserem eigenen Interesse, dass wir die Ermittlungen des Generalbundesanwalts nicht gefährden, weil wir sonst nämlich den Opfern nicht den Respekt entgegenbringen können, den sie verdienen. Die Opfer verdienen es, dass die Fälle aufgeklärt werden. Des
halb ist unser Bestreben, dass wir die Fälle aufklären. Deswegen muss man hier sehr vorsichtig sein. Herr Schaus, ich bitte um Verständnis dafür, dass ich nicht jeder Zeitungsente und auch nicht jedem Gerücht, das irgendeiner streut oder kolportiert, hinterherrennen werde und auch nicht hinterherrennen kann.
Ja, aber die unterhalten sich über Artikel in der Zeitung mit den ganz großen Buchstaben. Daran will ich mich nicht beteiligen.
(Günter Rudolph (SPD): Zu denen haben Sie doch auch einen guten Kontakt! Seien Sie nicht so bescheiden!)
Zweitens. Ich will eines sehr deutlich sagen. Wir haben uns bei den Hinterbliebenen der Opfer ausdrücklich für das zu entschuldigen, was hier geschehen ist.
Wir haben uns auch deswegen bei ihnen zu entschuldigen, weil in der Ermittlungssituation teilweise der Verdacht geäußert worden ist, dass die Opfer in kriminelle Geschäfte verwickelt gewesen seien. Das kam für die Angehörigen zu all dem Schmerz hinzu. Ich finde es beschämend, dass eine solche Diskussion aufgekommen ist. Noch beschämender finde ich, wenn über „Dönermorde“ geredet wird. Auch das ist heute Morgen schon angeklungen. Allein schon diese Wortwahl muss dazu führen, dass wir uns zu entschuldigen haben, weil es alles andere als „Dönermorde“ sind.
Drittens. Ich will sehr deutlich unterstreichen, dass rechtsextreme Gewalt nicht unter den Teppich gekehrt werden darf. Darin sind wir uns in diesem Landtag alle einig. Wir müssen diesen braunen Spuk, diese rechtsextreme Gewalt mit aller Kraft bekämpfen. Wir tun das in Hessen. Ich denke, dass die Zahlen beweisen, dass wir das in Hessen sogar sehr ordentlich tun. Wir sind das Land, das in diesem Bereich die besten Erfolge vorzeigen kann.
Ich erinnere an unser IKARus-Aussteigerprogramm, das wir seit 2002 fahren. Dieses Aussteigerprogramm hat dazu geführt, dass wir 52 Personen aus der rechtsextremen Szene herausholen konnten. Ich erinnere an das Beratungsnetzwerk Hessen, mit dem wir der Verfestigung rechtsextremer Strukturen in den vergangenen Jahren, seit 2007, intensiv entgegengewirkt haben. Ich nenne das hessische Modellprojekt „Rote Linie“. Ich nenne das hessische Maßnahmenprogramm zur Bekämpfung rechtsmotivierter Kriminalität.
Ich nenne auch einen ganz aktuellen Fall, über den wir oft diskutiert haben. Ich erinnere an die enormen polizeilichen Anstrengungen, die wir im Schwalm-Eder-Kreis wegen der sogenannten Freien Kräfte Schwalm-Eder unternommen haben. Sie haben vor Ort zu einer Vielzahl von Verurteilungen geführt. Wenn die Polizei vor Ort mit einer besonderen Aufbauorganisation nicht so konsequent und entschlossen zugegriffen hätte, wie sie das getan hat, gäbe es heute eine ganz andere Situation im Bereich rechtsmotivierter Gewalt. Das war das genau richtige Handeln. Dazu stehen wir.
Meine Damen und Herren, es war mir wichtig, auch an der Stelle noch einmal deutlich zu machen, dass wir alles tun, um diesen Fall aufzuklären. Wir haben nichts zu verschweigen, und es wird hier auch nichts verschwiegen. Es wird vor den zuständigen Ausschüssen des Hessischen Landtags Rechenschaft abgelegt, um diesen Fall aufzuklären.
Ich wollte das sagen, weil ich deutlich machen will, dass wir auch in Zukunft entschlossen und entschieden gegen den Rechtsextremismus kämpfen werden; denn ich bin der festen Überzeugung – das soll mein letzter Satz sein –, dass der Rechtsextremismus keine Meinung ist, sondern ein Verbrechen. – Ich bedanke mich sehr herzlich bei Ihnen.
Schönen Dank, Herr Innenminister. – Damit sind wir am Ende der Beratungen über den Einzelplan 03 angelangt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein Haushaltsplanentwurf bildet die inhaltlichen Vorgaben einer Regierung ab, und es werden in ihm die finanziellen Mittel für deren Umsetzung hinterlegt. Gemessen an diesen Kriterien ist der uns vorliegende Haushaltsplanentwurf, gelinde gesagt, unzureichend. Er kommt planlos daher, und man scheint damit ebenso auf der Flucht vor klaren Aussagen zu sein wie diese Kultusministerin. Es hat keinen Sinn, in Reden gerechte Bildungschancen, frühe Förderung, Ganztagsschulen und individuelle Förderung zu thematisieren, wenn sich in dem hierzu vorgelegten Haushaltsplanentwurf überhaupt keine Entsprechung findet.
Das Bemerkenswerteste an diesem Einzelplan ist eigentlich, dass Sie inzwischen das Niveau der ehemaligen Kultusministerin Wolff erreicht haben, was die Einsparmaßnahmen in diesem Haushalt betrifft. Nach den 45 Millionen € im letzten Jahr sind wir jetzt bei 68 Millionen € angelangt. Wenn ich mich an die „Operation düstere Zukunft“ mit den 1.000 gestrichenen Stellen und den Kürzungen im Einzelplan in Höhe von 4,3 Millionen € erinnere, muss ich sagen: Frau Kultusministerin, Ihre Einsparungen haben diese Höhe inzwischen erreicht. Sie haben die Axt an die hessische Bildungspolitik angelegt.
Bemerkenswert ist auch, wie diese Kürzungen umgesetzt worden sind. Es genügt nicht, dass der Finanzminister zum Schluss noch einmal 5 Millionen € draufgelegt hat, um diese Kultusministerin im Amt zu halten. Die Umsetzung der Einsparungen mit einem geplanten Kahlschlag bei der Bildungsverwaltung und der Lehrerbildung kann man nur noch als dilettantisch und hilflos bezeichnen.
Als die Einsparsumme bekannt geworden war, folgte eine schier endlose Reihe von Dementis, Ausweichmanövern und Ankündigungen in der Öffentlichkeit. Meistens hatten die Aussagen aus dem Kultusministerium wegen der Proteste von allen Seiten und vor allem wegen der Proteste vonseiten des eigenen Koalitionspartners nur eine kurze Halbwertszeit. Ob sechs Schulämter, neun Schulämter oder 15 Schulämter, ob 5.300 Referendare, 4.800 Referendare oder 4.300 Referendare: Frau Kultusministerin, es ist deutlich geworden, dass es nicht Ihre Reformkonzepte und auch nicht Ihre Bedarfsprognosen waren, die zu diesen Vorschlägen führten, sondern dass es lediglich der vom Finanzminister diktierte Einsparrahmen war.
Diesem wurde die Realität schlicht und einfach angepasst, und das, Frau Kultusministerin, ist weder eine vorausschauende noch eine verantwortungsvolle Bildungspolitik. So etwas nennt man nicht „regieren“, sondern „reagieren“. Wenn man es allen Seiten recht machen will, werden die Reaktionen oft irrational. Versprechen wurden gebrochen, Zusagen wurden geleugnet, und die Realität wurde verzerrt. Das kennzeichnet Ihre Amtsführung immer mehr.
Frau Kultusministerin, wer noch eines Beweises dafür bedurft hätte, dem wäre die Teilnahme an der letzten Sitzung des Kulturpolitischen Ausschusses zu empfehlen gewesen, in der ein Berichtsantrag der SPD-Fraktion zur Lehrerbildung behandelt wurde. Die Beantwortung dieses Antrags war eine Farce. Sie konnten nicht erklären, wie der jährliche Bedarf von ca. 2.300 Neueinstellungen als Folge von Pensionierungen abgedeckt werden kann – auch in den Mangelfächern –, wenn die Zahl der Referendare so stark gesenkt wird, wie es im Koalitionsantrag steht.
Noch schlimmer ist: Sie konnten nicht erklären, ob die Kürzung bei den Ausbilderstellen zurückgenommen wird bzw. zurückgenommen wurde, nachdem es eine Aufstockung bei den Lehrerstellen gegeben hatte. Sie konnten auch nicht erklären, ob dies im Antrag der Regierungsfraktionen bereits mit berechnet wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ende dieser Sitzung waren die Mitglieder des Ausschusses fast genauso verwirrt, wie diese Ministerin argumentiert hatte. Viel mehr Klarheit haben wir inzwischen nicht.
Frau Ministerin, schlimm ist, dass das alles auf dem Rücken von Lehramtsstudierenden geschieht, denen noch vor zwei Jahren Mut gemacht wurde, dieses Studium zu beginnen. Für die Mangelfächer wurde geworben, Quereinsteigerprogramme wurden aufgelegt, und das Lehrerbildungsgesetz wurde dafür geändert. Das wird jetzt gerade zurückgenommen. Die Rolle rückwärts ist komplett. Eine vorausschauende und verantwortungsvolle Bildungspolitik – Frau Kultusministerin, das sage ich noch einmal – sieht in der Tat anders aus.
Bleiben wir bei der Lehrerbildung. Wir haben in diesem Haus gemeinsam eine erste Änderung des Lehrerbildungsgesetzes verabschiedet, bei der es um das Referendariat ging. Ich war damals sehr skeptisch, was die Zusage betraf, dass die Einsparungen aufgrund der Verkürzung des Referendariats im System bleiben und die Mittel daher der Ausbildung zugutekommen würden. Herr Dr. Herr, der damals für die Fraktion der CDU Stellung nahm, hat darauf geantwortet. Ich möchte ihn zitieren. Er sagte in der Debatte am 1. Februar:
Jetzt komme ich auf eine Frage zu sprechen, die Sie gestellt haben. Ich stelle ausdrücklich fest, dass die frei werdenden 8,7 Millionen € im System bleiben sollen. Sie sollen anderweitig genutzt werden, z. B. zur Entlastung der Mentoren. Wenn Sie die Vorlage aufmerksam gelesen haben sollten,
So Herr Dr. Herr. Ich habe schon damals aufmerksam gelesen, und ich habe tatsächlich den Satz in Ihrem Gesetzentwurf gefunden:
Die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes führt dazu, dass die eingesparte Vergütung für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst in Höhe von ca. 8,7 Millionen € anderweitig zur Ausbildung genutzt werden kann.
Meine Damen und Herren, es scheint so, als ob die Frau Kultusministerin ihre eigene Vorlage nicht ganz so aufmerksam gelesen hätte, oder – das ist wahrscheinlicher – der gute Wille war da, und es mangelte einmal mehr an der Durchsetzungsfähigkeit, um diese Position auch gegenüber dem Finanzminister zu vertreten. Auch die 8,7 Millionen € sind nämlich auf der Sparliste von Frau Henzler aufgeführt.
Über allem schwebt das Versprechen, es werde nicht beim Unterricht gekürzt. Auch dieses Versprechen ist mit der Vorlage des Haushaltsplanentwurfs wie ein Kartenhaus zusammengefallen. Das zeigt ein Blick auf weitere Positionen der Kürzungsliste. Ich will einige davon erwähnen.
Es gibt 5,5 Millionen € weniger für die Religionsstunden in der Teilzeitberufsschule. Die Berufsschulen erhalten eine Stunde weniger zugeteilt, weil sie keine Religionslehrer finden. Das ist genauso, als ob eine Schule keine Mathematiklehrer fände und man ihr dann die Mathematikstunden kürzen würde. Frau Henzler, ist das etwa keine Kürzung beim Unterricht?
Beim Lehrerzuweisungserlass gebe es Einsparpotenziale in Höhe von 3,134 Millionen €. Was sich hinter dieser ominösen Formulierung verbirgt, können Sie uns vielleicht noch erklären. Aber, Frau Henzler, ich frage Sie: Ist eine Kürzung beim Lehrerzuweisungserlass keine Kürzung beim Unterricht?
Minus 5,2 Millionen € durch die Erhöhung der Unterrichtsanrechnung bei den Referendaren auf acht Stunden: Ist es etwa keine Kürzung beim Unterricht? Wenn der Zuweisungsfaktor für die ausgebildeten Lehrkräfte gesenkt und bei den Referendaren eine größere Anzahl von Stunden angerechnet wird, ist das faktisch eine Kürzung beim Unterricht.
Ich möchte noch eine kleinere Position nennen, die ich aber auch für bemerkenswert halte: minus 465.000 € durch die Absenkung der Lehrerzuweisung an den Schulen für Kranke.
Das ist das Resultat dieses Haushalts. Das ist das Resultat Ihrer Sparbemühungen. Sie sollten nicht mehr mit der Behauptung an die Öffentlichkeit gehen, dass in Hessen nicht am Unterricht gespart wird.
Meine Damen und Herren, die Weiterbildungslandschaft wird ausgetrocknet. Seit 2001 führt der Stillstand faktisch